Vertragspartei
Als Vertragspartei (oder Vertragspartner) wird im Vertragsrecht das an einem Vertrag beteiligte Rechtssubjekt bezeichnet.
Allgemeines
In Rechtsstaaten kennt man das Prinzip der Vertragsfreiheit als Ausprägung der Privatautonomie, die es jedermann gestattet, Verträge zu schließen, die sowohl hinsichtlich der Auswahl des Vertragspartners als auch des Vertragsgegenstandes frei bestimmt werden können, sofern sie nicht gegen zwingende Vorschriften des geltenden Rechts verstoßen. Lediglich beim Kontrahierungszwang kann man sich den Vertragspartner nicht frei aussuchen. Als vertragschließende Rechts- oder Wirtschaftssubjekte kommen Privathaushalte, Unternehmen oder der Staat mit seinen Untergliederungen (öffentliche Verwaltung, Staatsunternehmen) in Frage. Privatpersonen schließen beispielsweise Kaufverträge mit Unternehmen (Consumer-to-Business), Unternehmen schließen Verträge jeder Art untereinander (Business-to-Business), die öffentliche Hand mit nicht-öffentlichen Vertragspartnern (Administration-to-Consumer, Administration-to-Business) oder Staaten untereinander (Staatsverträge) ab. Sie alle sind Vertragspartner.
Die Vertragspartner einer Geschäftsbeziehung werden zuweilen im Finanzwesen bei Finanzkontrakten auch als Kontrahenten oder Gegenpartei bezeichnet. Im Prozessrecht heißen die an einem Gerichtsverfahren beteiligten Rechtssubjekte schlicht Partei.
Rechtsfragen
Um Verträge schließen zu dürfen, muss jeder Vertragspartner seine Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB) – oder zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit (§ 106 BGB) für bestimmte Vertragstypen – nachweisen. Vertragspartner müssen nicht für sich handeln, sondern können als Stellvertreter für Dritte im Rahmen der Stellvertretung auftreten. Sogar der Vertreter ohne Vertretungsmacht (§§ 177, § 178 und § 179 BGB) kann mit nachträglicher Genehmigung des Vertretenen als Vertragspartei auftreten oder Selbstkontrahieren (§ 181 BGB) ist bei der Erfüllung einer Verbindlichkeit möglich.
Die Identität der Vertragspartner ist in Verträgen durch Legitimationsprüfung eindeutig festzustellen, um deren vollständigen Namen/Firma nebst Wohnsitz/Geschäftssitz zu erfassen und Verwechslungen zu vermeiden. Im Falle der Stellvertretung durch Vertretungsmacht sind Vollmachten (völkerrechtliche Vollmacht) sowie die Einsicht in ein öffentliches Register (Genossenschaftsregister, Handelsregister, Partnerschaftsregister, Vereinsregister) erforderlich.
Aufgrund des Transparenzgebots aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Vertragspartner verpflichtet, ihre Rechte und Pflichten im Vertrag möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Jeden Hauptleistungsschuldner trifft damit gegenüber jeder anderen Vertragspartei die Pflicht, die vereinbarte Leistung an den Gläubiger zu erbringen.[1]
Die Berufung auf einen offenen Einigungsmangel ist ein Verstoß gegen Treu und Glauben und unbeachtlich, wenn „die eine Vertragspartei auf diesem Wege sich nur ihrer eigenen Verpflichtung entziehen, die erlangten Vorteile aus der Vereinbarung aber für sich behalten will“.[2] Es verstößt auch dann gegen Treu und Glauben, den Vertragspartner in Unkenntnis über dessen Geschäftsunfähigkeit ein Rechtsgeschäft abschließen sowie erfüllen zu lassen, die Gegenleistung zum großen Teil für sich zu nutzen und später unter Berufung auf die schon zuvor bekannte Geschäftsunfähigkeit sich auf die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zu berufen, wenn dieses Verhalten der behaupteten vorgefassten Absicht entsprach.[3]
Typische Vertragsparteien
Meist sind die Vertragsparteien nach dem Vertragstyp benannt, den sie schließen. So heißen die Vertragsparteien aus einem Kaufvertrag Käufer und Verkäufer, aus einem Mietvertrag Mieter und Vermieter, aus einem Pachtvertrag Pächter und Verpächter, beim Arbeitsvertrag Arbeitgeber und Arbeitnehmer, beim Auftrag Auftraggeber und Auftragnehmer, beim Behandlungsvertrag Arzt und Patient, beim Ehevertrag handelt es sich um Ehepartner, beim Kreditvertrag um Kreditgeber und Kreditnehmer, beim Sicherungsvertrag gibt es Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer. Beim öffentlich-rechtlichen Vertrag ist als Vertragspartei mindestens eine juristische Person des öffentlichen Rechts beteiligt.
Diese und andere Vertragsparteien treten zunächst in Vertragsverhandlungen ein, treffen sich zum Vertragsabschluss und unterzeichnen Verträge mit Schriftformerfordernis. Viele Verträge des Alltags werden auch mündlich, per Handschlag oder durch schlüssiges Handeln rechtswirksam.
Wirtschaftliche Aspekte
Vertragspartner gehen mindestens eine Rechtsbeziehung miteinander ein, verfolgen meist jedoch auch wirtschaftliche Interessen. Erfolgt keine Leistung Zug um Zug wie beim Kaufvertrag des Alltags, sondern die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sehen Zahlungsziele oder Lieferantenkredite vor, besteht für mindestens einen der Vertragspartner ein Erfüllungsrisiko (Zahlungsrisiko, Lieferrisiko). Um dieses zu vermindern, muss jeder Vertragspartner vor Vertragsabschluss den anderen Vertragspartner hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit oder Kreditwürdigkeit prüfen oder prüfen lassen. Bei einem Vertrag mit der öffentlichen Verwaltung ist der private Vertragspartner wegen der Insolvenzunfähigkeit öffentlicher Stellen vollständig entlastet.[4] Im Bankwesen ist das Insolvenzrisiko als Kontrahentenausfallrisiko oder Gegenparteiausfallrisiko bekannt. Hier soll der Zentrale Kontrahent als Vertragspartei zwischen Verkäufer und Käufer dafür sorgen, dass Erfüllungsrisiken (englisch settlement risks) nicht auftreten.
International
International sind die rechtlichen und wirtschaftlichen Anforderungen an Vertragspartner (englisch contracting party, parties, französisch contractant) weitgehend mit den deutschen identisch.
Einzelnachweise
- Michael Zwanzger, Der mehrseitige Vertrag: Grundstrukturen, Vertragsschluss, Leistungsstörungen, 2013, S. 80
- BGH, Urteil vom 20. Januar 1954, Az.: II ZR 1/53
- BGHZ 44, 367
- Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 374