Vernon Kell
Sir Vernon George Waldegrave Kell (* 21. November 1873 in Great Yarmouth; † 27. März 1942 in London) war ein englischer Offizier und der Gründer und erste Generaldirektor des britischen Geheimdienstes MI5.[1]
Abstammung
Kells Vater Waldegrave Kell diente als Major im 38. Infanterieregiment. Seine Mutter war Georgiana Augusta Kell, geborene Konarska. Sie war die Tochter des polnischen Emigranten Aleksander Konarski, der als Feldchirurg im 1. Podhalian Rifle Regiment gedient und am polnischen Novemberaufstand teilgenommen hatte. Er war Träger der Victory-Medal 4. Klasse in Gold. Konarskis Frau war geborene Britin.
Karriere
Nach einem Abschluss an der Royal Military Academy Sandhurst nahm Kell im South Staffordshire Regiment im Jahr 1900 an der Niederschlagung des Boxeraufstandes teil. Kell beherrschte die Sprachen Deutsch, Italienisch, Französisch und Polnisch. Während längerer Dienst- und Studienaufenthalte in China und Russland erlernte er auch Chinesisch und Russisch. In Tianjin arbeitete er nebenbei als Auslandskorrespondent des Daily Telegraph. 1902 kehrte Kell aus China nach London zurück. Von 1902 bis 1906 arbeitete er für das Kriegsministerium an einer Analyse des deutschen Geheimdienstes. Möglicherweise wurde er in dieser Zeit zum Hauptmann befördert. Die zunehmende Sorge vor deutscher Spionage führte 1909 zur Gründung des ersten professionellen britischen Geheimdienstes. Kell wurde vom Kriegsministerium und von der Admiralität gemeinsam mit Mansfield Smith-Cumming mit dem Aufbau dieses Geheimdienstes beauftragt.[2] Die beiden entschieden, ihre Verantwortlichkeiten zu teilen. Ab 1910 leitete Kell die Abteilung für innere, Smith-Cumming die Abteilung für ausländische Angelegenheiten.[3] Diese zwei Abteilungen erhielten später die Namen Security Service und Secret Intelligence Service (besser bekannt unter ihren Abkürzungen MI5 und MI6). Während des Ersten Weltkriegs leitete Kell die Sektion MI5(g), die sich mit indischen Unabhängigkeitsbestrebungen in Europa und indisch-deutscher Konspiration befassten. Kell unterstanden unter anderen die Offiziere Robert Nathan und H. L. Stephenson.[4] Kell arbeitete auch mit Scotland Yard zusammen, der zu diesem Zeitpunkt von Basil Thomson geleitet wurde. Kell gelang es während des Krieges, deutsche Unterstützernetzwerke der indischen Unabhängigkeitsbewegung aufzuspüren.[5] Im Mai 1940 wurde Kell von Winston Churchill nach dreißigjährigem Dienst in den Ruhestand versetzt. Er war der am längsten amtierende britische Geheimdienstchef im zwanzigsten Jahrhundert.[6] Kurz vor seinem Tod wurde er in den Ritterstand erhoben.[7]
Auszeichnungen
Kell erhielt folgende Auszeichnungen:
- Offizier des Leopoldsordens (Belgien)[8]
- Offizier der Ehrenlegion (Frankreich)[9]
- Knight Commander of the Order of the British Empire[10]
- Companion of the Order of the Bath
- Lazarus-Orden[11]
- The Campaign medal for China and the 1914 War Medal[12]
Rezeption
Kell diente als Vorbild für den Hauptcharakter in Bert Couless Radiohörspielfassung nach Sir Arthur Conan Doyles Erzählung „His Last Bow“. Darin wird er als hochintelligenter und polyglotter Offizier dargestellt, der großen Respekt vor Sherlock Holmes empfindet und alle seine Werke gelesen hat. Kell überzeugt Holmes, die britischen Kriegsbemühungen zu unterstützen, indem er den Leiter einer deutschen Spionageorganisation aufspürt.
Literatur
- Thomas Parschik: Regnum defendere. In: Schattenblick vom 25. Juli 2017
- Major-General Sir Vernon Kell (Director 1909–40). Biographie auf der Internetseite des Security Service (engl.)
- Paddy Dinham: Secret family life of the man who set up MI5 before being sacked by Churchill during WWII is revealed in a book being published 80 years after it was written by his Wife. In: Daily Mail Online vom 20. April 2017 (engl.)
- Jon Locket: King of spies : Secret life of MI5 founder Sir Vernon Kell who was one of the most powerful figures of World War Two before being sacked by Churchill revealed in never-before-seen family pics. In: The Sun vom 20. April 2017 (engl.)
- Richard J. Popplewell: Intelligence and Imperial Defence. British Intelligence and the Defence of the Indian Empire 1904–1924. Cass, London 1995, ISBN 0-7146-4580-X.
Einzelnachweise
- H. Montgomery Hyde, A matter of official secrets, The Times, 4 December 1976
- Christopher Andrew: The Defence of the Realm. The Authorized History of MI5. London 2009, S. 21.
- Christopher Andrew: The Defence of the Realm. The Authorized History of MI5. London 2009, S. 25–27.
- Richard J. Popplewell: Intelligence and Imperial Defence. London 1995, S. 218.
- Richard J. Popplewell: Intelligence and Imperial Defence. London 1995, S. 220.
- Christopher Andrew: The Defence of the Realm. The Authorized History of MI5. London 2009, S. 227.
- HISTORY: WORLD WAR II – During World War II, the Security Service played a key role in combating enemy espionage, intercepting German communications and feeding misinformation back to Germany. (Memento vom 19. August 2011 im Internet Archive)
- London Gazette 21 September 1917 P9863
- London Gazette 25 September 1917 p9946
- London Gazette 6 June 1919 p7426
- Portrait photograph of Kell at Plate 1 of Christopher Andrew's Authorised History of MI5
- Portrait photograph of Kell at Plate 1 of Christopher Andrew's Authorised History of MI5 (partly obscured)