Vereinigte Hospitien
Die Vereinigten Hospitien sind eine gemeinnützige Stiftung des öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 4 des Stiftungsgesetzes Rheinland-Pfalz. Sitz der Stiftung ist Trier.
Stiftungszweck
Zweck der Stiftung „Vereinigte Hospitien“ ist die Pflege und Betreuung alter, kranker, behinderter und pflegebedürftiger Personen und bei Bedarf die Bereitstellung von Wohnraum. Ihrem Stiftungszweck folgend verfügt die Stiftung über entsprechende Einrichtungen. Der Stiftungszweck ist ausschließlich gemeinnützig und mildtätig. Die Satzung der Stiftung wurde am 15. November 1975 von der Bezirksregierung Trier als Stiftungsaufsichtsbehörde genehmigt.
Organe der Stiftung
Ausführendes Stiftungsorgan ist eine hauptamtliche Verwaltung, die seit 1. März 2019 erstmals mit einer Doppelspitze geführt wird. Yvonne Russell (u. a. ehemalige Referentin im GV Bistum Trier) als Stiftungsdirektorin, Tobias Reiland (u. a. ehemaliger persönlicher Referent des Oberbürgermeisters Leibe) als kaufmännischer Direktor (Stand 2019). Entscheidungs- und Aufsichtsorgan der Stiftung ist deren Verwaltungsrat, der sich aus neun Mitgliedern zusammensetzt. Geborene Mitglieder sind der Oberbürgermeister der Stadt Trier (Vorsitzender) und der Bischof von Trier (stellvertretender Vorsitzender). Der Stadtrat entsendet drei Mitglieder, vier Sitze werden von Trierer Bürgern, die von den geborenen Mitgliedern bestimmt werden, wahrgenommen. Laut Satzung müssen alle Mitglieder des Verwaltungsrats katholischen Glaubens sein. Aktuelle Vorsitzende ist Bürgermeisterin Elvira Garbes (Stand: 2021).
Leitbild
„Die Pflege orientiert sich am christlichen Menschenbild. Sie verbindet fachspezifisches Wissen und Handeln mit der Grundhaltung des Respekts und der persönlichen Zuwendung“.[1] definiert die Stiftung die Grundsätze ihres Leitbildes, das vom katholischen Glauben geprägt ist. Die Qualitätsstandards der Stiftung werden nach Eigendarstellung der Vereinigten Hospitien ständig dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst. Weiterhin ist die Stiftung zu wirtschaftlichem Handeln und zur Ressourcenschonung verpflichtet.
Geschichte
Gründungsgeschichte
Die Einrichtung der Vereinigten Hospitien geht auf Dekrete von Kaiser Napoleon Bonaparte vom 9. Oktober 1804, vom 24. Mai 1805 und dem dieses Dekret ergänzenden Ausführungsreskript vom 3. Mai 1806 zurück. Bis zu diesem Zeitpunkt existierten in Trier und seinen Nachbargemeinden etliche Hospitäler und Altenpflegeanstalten, die jedoch nicht organisatorisch miteinander verbunden waren. Sie wurden den napoleonischen Dekreten entsprechend unter eine gemeinsame Verwaltung gestellt, verloren dabei aber nicht ihren jeweils eigenen Stiftungscharakter. Dabei ließ sich die napoleonische Verwaltung nicht nur von uneigennützigen Absichten leiten; in dem Dekret von 1804 wurde festgelegt, dass neben 50 Betten für bedürftige Trierer kranke Menschen auch 100 Betten für verwundete Soldaten vorzusehen waren.
Als Domizil wurde der neuen Einheit das Katharinenkloster in der Nachbarschaft des Klosters St. Irminen zugewiesen. Bereits 1806 wurden Veränderungen vorgenommen, wonach das Bürgerhospital mit seinen 150 Betten im Katharinenkloster verblieb und die übrigen Anstalten und Hospitäler gemeinsam in das St.-Irminen-Kloster verlegt wurden. Im Jahr 1819 lösten die Vereinigten Hospitien dann durch eine Vertragsänderung mit der preußischen Regierung die Verpflichtung zur Unterhaltung der 100 Betten für das Militär ab. Seit 1811 wird der gesamte Innendienst und die Krankenpflege in den Vereinigten Hospitien durch Borromäerinnen aus dem Mutterhaus von Nancy wahrgenommen.
Übersicht über die einzelnen Anstalten
Im Kloster St. Irminen wurden folgende Anstalten und Hospitäler entsprechend der napoleonischen Dekrete zusammengefasst:[2]
- St.-Jakobs-Hospital aus dem 13. Jahrhundert
- St.-Elisabeth-Hospital der früheren Abtei St. Maximin, gestiftet von dieser Abtei im Jahr 1240
- St.-Nikolaus-Hospital der früheren Abtei St. Matthias, gestiftet von Abt Ludwig im 12. Jahrhundert
- St.-Nikolaus-Hospital beim Stift St. Simeon. Stiftungsjahr unbekannt
- Knabenwaisenhaus, gestiftet vom Kurfürsten und Erzbischof Karl Kaspar von der Leyen im Jahr 1676; bedeutende Zustiftungen durch dessen Nachfolger Johann Hugo von Orsbeck im Jahr 1712
- Mädchenwaisenhaus, gestiftet 1754 von Frau Kikel
- Spinnhaus, gestiftet von Stiftscanonicus Dahlstein, Zustiftungen durch Kurfürst Erzbischof Clemens Wenzeslaus und den 4 Benediktinerabteien in Trier
- Leprosen- bzw. Siechenhaus Estrich und das Leprosenhaus St. Jost zu Biewer kamen erst 1817 zu den Vereinigten Hospitien, wenngleich sie seit dem Dekret von 1805 rechtlich zu den Hospitien gehörten
- von Kaiser Napoleon dekretiertes Bürgerhospital für das Militär und bedürftige Kranke in Trier.
Neuere Geschichte
Im Laufe der Jahre erweiterten sich die Vereinigten Hospitien baulich und dehnten ihre Aufgabenstellungen weiter aus. 1922 erwarben sie mit dem Helenenhaus ein Gebäude, dessen Bau vom Trierer Bischof Michael Felix Korum angeregt wurde und das 1891 vom „Verein weiblicher Dienstboten“ in Betrieb genommen wurde. Im Helenenhaus wurden taubstumme Kinder und ältere Frauen aufgenommen. Die Kapelle des Helenenhauses erhielt 1915 einen Altar im Empirestil der Gebrüder Moroder, auf dem unter anderem die Reliefs Jesus heilt einen taubstummen Knaben und Jesus bei Maria und Martha zu sehen ist.[3] Auch heute noch ist das Helenenhaus (108 Betten) ein Altenwohn- und -pflegeheim. 1927 wurde von der Stadt Trier auf dem Gelände von Sankt Irminen ein Krankenhaus für weibliche Geschlechtskrankheiten erbaut, aus dem sich später ein Wöchnerinnenheim und eine Hebammenschule entwickelte. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg vollkommen zerstört und nicht wieder aufgebaut.
In der nationalsozialistischen Zeit wurden die Vereinigten Hospitien wie andere christliche Einrichtungen auch völlig entrechtet. Es durften keine neuen Anbauten vorgenommen werden, der Tagesbetrieb wurde von den nationalsozialistischen Machthabern geduldet. Gegen Kriegsende wurden bei Bombenangriffen der Alliierten nahezu alle Gebäude der Vereinigten Hospitien zerstört. Der Bombardierung fielen auch 71 Mitarbeiter der Stiftung zum Opfer.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Wiederaufbau mit den Waisenhäusern für Jungen und Mädchen (1950) und dem Krankenhaus (1960). Im gleichen Jahr konnte auch die Rokoko-Stiftskirche Sankt Irminen, die in Gänze restauriert werden musste, eingeweiht werden. 1962 wurde ein Schwesternwohnheim errichtet, dem folgte 1963 die Inbetriebnahme eine Gehörloseninternats. 1967 wurde eine Fachschule für Altenpflege in Betrieb genommen, 1978 schloss sich eine Totalsanierung des Ruländer Hofs, eines Kinder- und Jugendheims, an. 1985 wurde mit dem Echternacher Hof ein Wohn- und Pflegeheim für Multiple-Sklerose-Kranke in Betrieb genommen.
Ein besonderes Augenmerk der Stiftung galt und gilt einer gestuften Altenbetreuung, deren Kern ein betreutes Wohnen mit unterschiedlichen Hilfegraden beinhaltet. In diesem Zusammenhang wurde 1981 das Jakobusstift eingeweiht, 2002 folgte das Willibrordstift, ein Wohnheim für Ruhestandsgeistliche des Bistums Trier. Als bisher letzte Maßnahme erfolgte 2009 der Bau einer Kinderkrippe im Ruländer Hof.
Besonderheiten
- Barockbau Stift Sankt Irminen (erbaut etwa 1740)
- Römersaal im Stift Sankt Irminen („Horreum“, ursprünglich spätantikes Lagerhaus, heute Veranstaltungsstätte)
- Ältester Weinkeller Deutschlands im Stift Sankt Irminen, unter dem Römersaal.[4]
- Neumagener Weinschiff, Grabmal eines römischen Weinhändlers. Replikat des Originals, das sich im Rheinischen Landesmuseum Trier befindet
- Hospitienpark, ein ca. 6,5 ha großer englischer Landschaftspark mit botanischen Besonderheiten
- Weinbau. Die Vereinigten Hospitien bauen unter eigenem Namen Wein auf einigen der besten Mosellagen an und vermarkten ihn auch selbst. Die Weine haben weltweit einen sehr guten Ruf.
Sonstiges
Andreas Becker, Küchenleiter bei den Vereinigten Hospitien in Trier, wurde im September 2013 zum Präsidenten des Verbandes der Köche Deutschlands gewählt.
Literatur
- Heinz Cüppers: Die Vereinigten Hospitien in Trier. Hrsg.: Hans Pilgram. Trier: Vereinigte Hospitien, 1980. 183 S., zahlr. Ill.
Weblinks
Einzelnachweise
- Leitbild der Vereinigten Hospitien
- Webseite der Vereinigten Hospitien
- Werner Scheurer: Die Altäre der Offenburger Altarbauer Moroder. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 147–182, hier: S. 177.
- Die Vereinigten Hospitien Trier haben den ältesten Weinkeller Deutschlands