Veledahöhle
Die Veledahöhle ist eine natur- und kulturgeschichtlich bedeutende Höhle bei Bestwig-Velmede im Sauerland. Ihre gesamte Ganglänge beträgt 243 m. Sie steht als Bodendenkmal unter Schutz.[1]
Veledahöhle | ||
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Lage: | Velmede, Nordrhein-Westfalen, Deutschland | |
Höhe: | 437 m ü. NHN | |
Geographische Lage: | 51° 20′ 54,8″ N, 8° 22′ 44,5″ O | |
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Geologie: | Devonischer Sparganophyllum-Kalk | |
Typ: | Trockenhöhle | |
Beleuchtung: | Die Besucher bekommen vor der Führung von den Höhlenführern LED Taschenlampen ausgehändigt | |
Gesamtlänge: | 70 m | |
Niveaudifferenz: | 36 m | |
Mittlere jährliche Besucherzahl: | ca. 800 | |
Besonderheiten: | Die drei Höhleneingänge sind außerhalb der Führungen verschlossen. | |
Website: | www.veleda-hoehle.de |
Lage und äußere Erscheinung
Südlich von Bestwig-Velmede liegt die Veledahöhle im schmalen Band des mitteldevonischen Sparganophyllumkalk. Die Höhle besteht aus einer zweigeteilten großen Halle und einem Seitengang. Der Seitengang endet nach etwa 80 m im „Schusterstübchen“. Die Höhle ist insgesamt rund 50 m tief und zählt zu den tiefsten Höhlen Westfalens.[2]
Drei Eingänge ermöglichen den Zugang, von denen allerdings nur der westliche begehbar ist. Alle drei Eingänge liegen nach Norden. Der mittlere Eingang, das sogenannte Fuchsloch, ist nur kriechend zu durchqueren und mündet in der Oberen Halle. Der östliche Eingang, der der größte von allen Eingängen ist, wäre nur mit Leitern zu benutzen. Er erlaubt aber einen großartigen Überblick für die gesamte obere Halle.
Forschungsgeschichte
Die Veledahöhle mit ihren großen und auffälligen Eingängen ist seit langem bekannt. 1910 kam es zu größeren Ausgrabungen durch den Geologen Emil Carthaus, der um die Jahrhundertwende zahlreiche Höhlengrabungen im Sauerland durchführte. So zuerst 1887 in der Bilsteinhöhle bei Warstein, später auch in verschiedenen Höhlen des Hönnetals.
Die Funde dieser Grabung datieren hauptsächlich in die vorrömische Eisenzeit (späte Hallstattzeit bis Latènezeit).[3] Steinzeitliche Funde wurden nicht gemacht. In der Höhle wurden Reste – hauptsächlich Schädelknochen – von mindestens 32 Menschen gefunden. Daneben fanden sich verschiedene weitere eisenzeitliche Relikte wie Keramikscherben, Schmuckbestandteile und Spinnwirtel.
In den 1980er Jahren wurden die eisenzeitlichen Relikte (besonders in Veröffentlichungen von H. Polenz und Wilhelm Bleicher) als Opferreste gedeutet. Die damals vorgetragenen Deutungen als kultischer Ort, an dem den unterirdischen Mächten Opfergaben dargebracht, auch Menschen geopfert und verzehrt worden sein sollen (kultischer Kannibalismus), werden heute deutlich zurückhaltender beurteilt. Die Befunde lassen sich als Sekundärbestattungen deuten.
Volkskundliche Besonderheiten/Name/Sage
Aus volkskundlichen Quellen sind Brauchtumspraktiken aus der Veledahöhle bekannt, die spätere Forscher zu gewagten Kontinuitätshypothesen inspirierten. Verschiedene Bräuche um den Ostertag herum sind bezeugt.
In der Velmeder Pfarrchronik von 1817 berichtet Pfarrer Eiffler:
„… die Velmeder jung und alt, haben eine Gewohnheit, die sich von urdenklichen Zeiten herschreibt, alle Ostern nachmittags in Prozession zu dieser Höhle zu gehen. Sie gehen so vor sich, ohne ein christliches Zeichen der Verehrung mit sich zu nehmen, weder finden sie dort eins. Sie gehen in die Höhle und singen und beten da nach christlicher Weise. Nachdem sie dort eine Zeitlang verweilt haben, kommen sie zurück und singen Osterlieder, just, wenn man zu Velmede in die Vesper läutet.“
Der Heimatforscher Kohle berichtet in seiner Chronik von 1958, dass man um 1860 am Ostersonntag vor dem Anzünden des Osterfeuers zur Höhle ging. Jeder, der in die Höhle hinabstieg, warf einen Stein in die untere Halle. Ein anderer Brauch sei das Aufsuchen des Teiches am Grunde der Höhle gewesen, um aus dem Wasserstand Voraussagen auf ein fruchtbares oder unfruchtbares Jahr zu treffen. Diese Bräuche sind nach dem Ersten Weltkrieg nicht weitergeführt worden.[4]
Der Name der Höhle wird mit der germanischen Seherin Veleda in Verbindung gebracht, die bei Tacitus erwähnt wird.[5] Allerdings gibt Tacitus den Wohnort der Veleda mit „in einem Turm an der Lippe“ an, was sich kaum mit der Höhle in der Nähe der Ruhr in Einklang bringen lässt. Möglich erscheint der Höhlenname als eine Gelehrtenerfindung der Neuzeit, bei dem der Ortsname des benachbarten Velmede (der allerdings nichts mit dem Personennamen Veleda zu tun hat) mit dem Tacitus-Bericht verbunden wurde.[6]
In Friedrich Albert Groeteken Buch Die Sagen des Sauerlandes ist die Sage „Das Hollenloch zu Velmede“ über die Veledahöhle abgedruckt. Nach dieser Sage hat die Seherin Veleda zeitweise in der Höhle gewohnt.
Nutzung als Bunker im Zweiten Weltkrieg
In der Nähe der Höhle wurden wegen der Luftangriffe auf die Bahnanlagen in Bestwig gegen Kriegsende 14 Wohnbaracken errichtet. Bei Fliegeralarm wurde die Veledahöhle als Bunker genutzt. Die Bevölkerung nannte die Siedlung Angsthausen. Neben dem Schieferstollen an der Halbestwiger Straße wurde ebenfalls eine Siedlung aus 10 Baracken errichtet, um die dortigen Stollen bei Angriffen zu nutzen.
Veledahöhle als Schutzgebiet
Die Veledahöhle ist Teil des Naturschutzgebiets „Hohler Stein“ und gleichzeitig Teil des noch weit größeren FFH-Gebiets „Höhlen und Stollen bei Olsberg und Bestwig“. Für ihre jahrtausendelange Nutzung durch Tiere und Menschen sprechen die umfangreichen Knochenfunde, über die Carthaus 1911 berichtete. Wie auch aus anderen westfälischen Höhlen haben Menschen in vergangenen Jahrhunderten die aufgrund der zahlreichen Tierreste mit Phosphaten und Nitraten angereicherten Bodeneinträge zur Düngung ihrer Felder aus der Höhle geholt. Dies wird dadurch dokumentiert, dass Freiherr von Kettler im Jahr 1788 mit der Veledahöhle als einer „Salpetergrube“ belehnt wurde. Die Höhle ist ein wichtiges Quartier für Fledermäuse. Die zahlreichen Fledermausknochen, die in Spalten und auf Felsvorsprüngen in der Höhle gefunden wurden zeigen, dass die Höhle seit undenklichen Zeiten besonders im Winter von Fledermäusen aufgesucht wird. Aber auch schon im Spätsommer besuchen Fledermäuse die Höhle, um von hier aus nachts in ihre Jagdgebiete zu fliegen.[7]
Insgesamt überwintern heute in der Veledahöhle nur noch wenige Fledermäuse, die sich zumeist auch gut verstecken. Von den hier seit der Mitte des 20. Jahrhunderts nachgewiesenen 12 Arten sind die Kleine Hufeisennase und die Mopsfledermaus inzwischen verschwunden. Ausnahmsweise wurde in der Höhle die in Nordrhein-Westfalen sehr seltene Bechsteinfledermaus nachgewiesen. Bemerkenswert sind einzelne Exemplare der Nordfledermaus, die die Höhle regelmäßig zum Winterschlaf nutzen. Diese Art hat im nordwestlichen Deutschland ihr einziges Vorkommen im östlichen Hochsauerland. Im Gebiet gibt es ferner spezielle höhlenbewohnende wirbellose Höhlenkrebse.[8] Die Höhle ist auch Winterquartier für Feuersalamander.
Der Zugang zur Höhle ist nur mit Genehmigung der Gemeinde Bestwig erlaubt. Um die Höhle vor unbefugtem Zugang zu sichern, ist sie mit einem Absperrgitter verschlossen. Dieses Absperrgitter musste mehrfach repariert werden, da es von illegalen Höhlenbesuchern zerstört wurde.
Im Verlaufe des Jahres 2014 sind Treppen und Bühnen im Eingangsbereich und in der oberen Halle eingebaut worden. Am 30. und 31. Mai 2015 hat die Dorfgemeinschaft Velmede-Bestwig die Höhle feierlich eröffnet, sodass nun wieder geführte Besichtigungen möglich sind. Die Öffnungszeiten sind auf der Homepage des Dorfvereins Velmede-Bestwig ersichtlich.
Siehe auch
Literatur
- H. Behaghel: Die Eisenzeit im Raume des Rechtsrheinischen Schiefergebirges. Wiesbaden 1949. (Fundabbildungen auf Tafel 22).
- Emil Carthaus: Über die Ausgrabungen in der Veledahöhle unweit Velmede im oberen Ruhrtale. Prähistorische Zeitschrift. Berlin 1911, S. 132–144 (mit Abbildungen ausgewählter Funde).
- Friedrich Albert Groeteken: Die Sagen des Sauerlandes. Nachdruck der zweite verbesserte Auflage. Jos. Grobbel KG, Fredeburg 1983. S. 21.
- Hochsauerlandkreis – Untere Landschaftsbehörde: Landschaftsplan Bestwig (PDF; 915 kB). Meschede 2008.
- Albert Huyskens: Der Kreis Meschede unter der Feuerwalze des Zweiten Weltkrieges – Aus den Erlebnisberichten vieler Mitarbeiter aus dem ganzen Kreisgebiet zusammengestellt und dargestellt im Auftrage der Kreisverwaltung. W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 1949. S. 19.
- Adalbert Kuhn: Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen und einigen anderen besonders der angrenzenden Gegenden Norddeutschlands. Zweiter Theil: Gebräuche und Märchen. Leipzig 1859.
- F. Kohle: Die Gemeinde Velmede. Aus ihrer Vor- und Heimatgeschichte. Bigge 1958, darin „Die Höhle bei Velmede“ S. 19–28.
- R. Schröpfer, R. Feldmann, H. Vierhaus: Die Säugetiere Westfalens. Abhandl. Westf. Mus. Naturk. 46 (4), Münster 1984.
- H. Vierhaus: Geheimnisvolle Nachtjäger – Die Fledermäuse im Hochsauerland In: Verein für Natur- und Vogelschutz im Hochsauerlandkreis e. V. (Hrsg.): Handbuch Natur: Tier- und Pflanzenwelt im Hochsauerland, Arnsberg 1998, ISBN 3-00-003345-9, S. 137–145.
Weblinks
Einzelnachweise
- Flächennutzungsplan Gemeinde Bestwig, Erläuterungsbericht 2005. (PDF; 1,3 MB) Architekten Wolters Partner, Coesfeld, S. 85, abgerufen am 26. September 2017.
- Franz Lotze: Zur Geologie des westfälischen Karstes. In: Jahresheft 1961: Karst und Höhlen in Westfalen und im Bergischen Land (= Jahreshefte f. Karst- und Höhlenkunde. Heft 2). Münster 1961, S. 11 f.
- Detlef Rothe: Ur- und frühgeschichtliche Funde in südwestfälischen Höhlen. Karst und Höhle – Beiträge zur Karst- und Höhlenforschung in Westfalen, 1982/83, München, S. 105.
- Franz-Josef Kohle: Der Sagenkreis um die westfälischen Höhlen. In: Jahreshefte für Karst- und Höhlenkunde. 2. Jahresheft, Münster 1961, S. 291–291.
- Tacitus, Historiae 4,61 und 4,65.
- In einem Land vor unserer Zeit. woll-magazin.de, 3. Februar 2019, abgerufen am 23. Oktober 2021.
- Naturschutzgebiet „Hohler Stein“ (HSK-453) im Fachinformationssystem des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 9. März 2017.
- Natura-2000-Gebiet „Höhlen und Stollen bei Olsberg und Bestwig“ im Fachinformationssystem des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 9. März 2017.