Unvergessen (2017)
Unvergessen ist ein deutsches Dokumentardrama von Alexander Spöri und Luca Zug über die Verstorbenen des Münchner Anschlags am Olympiaeinkaufszentrum, das aufgrund der besonderen Betrachtungsweise zu einem Perspektivenwechsel von der täterfokussierten Berichterstattung zur Berichterstattung in Hinblick auf die Verstorbenen, Hinterbliebenen und Angehörigen aufrief.[1]
Film | |
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Originaltitel | Unvergessen |
Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 2017 |
Länge | 53 Minuten |
Altersfreigabe | FSK „Lehrprogramm“ gemäß § 14 Abs. 7 JuSchG |
Stab | |
Regie | Luca Zug, Alexander Spöri |
Produktion | Alexander Spöri |
Musik | Arno Brugger |
Kamera | Leon Golz,Paul Schweller |
Schnitt | Alexander Spöri |
Besetzung | |
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Handlung
Der Film zeigt, gemäß seinem Genre, eine Mischung aus cineastischen und dokumentarischen Schlüsselszenen. Beide basieren auf der Realität.[2]
Bruno Matijevic, der Lehrer des verstorbenen Can L., geht durch die Gänge der Grund- und Mittelschule Unterhaching, zeigt auf den leeren Platz des getöteten Schülers. Kinematisch erfährt der Zuschauer durch nachgestellte schauspielerische Szenen, wie der 14-jährige Jugendliche an seinem Platz saß. Nach einem detailreichen Einblick wird das Doku-Drama mit Opening-Titles und Musik von Buffalo Springfield unterbrochen. Im Nachhinein wird ein weiteres Opfer in seinem Alltagsleben gezeigt. Durch das Mischen elementarer Interviewaussagen von Angehörigen, Freunden, Bekannten, Mitschülern, originalen Videomaterial der neun jungen Opfer sowie nachgestellten Szenen kann der Film nicht vollends einem bestimmten Filmgenre zugeordnet werden.[3][4]
Nachdem das Leben von Can L. und Dijamant Z. durch zwei zehnminütige Sequenzen gezeigt wurde, kommt eine weitere Storyline hinzu. Nun werden Einzelschicksale der betroffenen Familien gezeigt, unter Einbeziehung von Aussagen der Polizei München und des Bayerischen Landeskriminalamts.[5]
Nachdem der Tatabend auf metaphorische Art und Weise, ohne eine einzige Nennung des Begriffes Täter, aufgearbeitet wurde, zeigt die Produktion das Ausmaß der Trauer bei der Mahnwache an der Hanauer Straße in München und die Solidarisierung mit den Opfern. In einer weiteren Filmsequenz werden auch der Status quo der betroffenen Familien sowie die mentale, psychische und körperliche Aufarbeitung des Ereignisses gezeigt.[6]
Zum Ende des Dokumentardramas zeigen die Filmemacher ihre Interpretation der Fakten. Entgegen dem LKA, der Staatsanwaltschaft München I, dem Gutachter Alexander Horn, der die operative Fallanalyse vollzog, und der Polizei München erhebt die Produktion Vorwürfe der Verschleierung rechtsextremistischer Straftaten wie im Fall des NSU.[7]
Hintergrund
Am 22. Juli 2016 erschoss David S. neun Menschen vor dem Münchner Olympiaeinkaufszentrum, darunter acht Jugendliche. Aufgrund der Altersparallele und der vermeintlich vorerst monotonen Berichterstattung, mit Fokus auf den Täter, wollen die Produzenten einen Blick auf die jungen Toten werfen, um der Öffentlichkeit ein erinnerndes Gedenken zu ermöglichen.[8]
Kritik
Das Vorhaben wurde zunächst äußerst kritisch medial reflektiert. Negativ bewertet wurde zu Beginn das mentale emotionale erneute Aufgreifen des Anschlags in Kooperation mit den Angehörigen sowie eine mögliche Profilierung des Täters. Im Nachgang wiesen alle Kritiker diese Behauptung zurück und revidierten ihre Aussagen.[9]
Die tz/merkur-Mediengruppe spricht von einem „filmischen Denkmal für die Ewigkeit“[5], die Süddeutsche Zeitung von einem „tief berührenden, unvergesslichen Werk“.[1]
Uraufführung und Fernsehausstrahlung
Unvergessen wurde am 29. Juli 2017 vor 400 Personen[10][11], darunter die beteiligten Familien, internationale Medienvertreter und Personen des öffentlichen Lebens, im Münchner Mathäser-Filmpalast uraufgeführt. Im Vorhinein zeigte der Chefredakteur von münchen.tv den Film partial in seiner Sendung Stadtgespräch.[12][13]
Mediale Rezeption
Das Dokumentardrama wurde nach einer zunächst kritischen Auffassung fast durchgehend positiv von der bundesweiten Presse bewertet, darunter die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Handelsblatt, der Stern, das ZDF und die Süddeutsche Zeitung.[14][15][16][17][18]
Auszeichnungen
„Unvergessen“ wurde für den Camgaroo Filmaward[19] nominiert und gewann den Haupt-Tassilokulturpreis 2018/19 der Süddeutschen Zeitung.[20][21][22]
Weblinks
- Unvergessen in der Internet Movie Database (englisch)
- Offizielle Seite zum Film
Einzelnachweise
- Franziska Gerlach Taufkirchen: Überwältigende Kraft der Erinnerungen. In: sueddeutsche.de. 23. Juli 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- „Unvergessen“: Aus dem Leben der Amoklauf-Opfer. In: Münchner Merkur. 21. Januar 2017 (merkur.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- Christina Hertel Taufkirchen: "Unvergessen": Jugendliche drehen Film zum OEZ-Amoklauf. In: sueddeutsche.de. 12. Januar 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- OEZ-Amoklauf: Unterhachinger Schüler drehen Doku-Drama. In: tz. 21. Februar 2017 (tz.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- Schüler schaffen Amoklauf-Opfern ein filmisches Denkmal. In: tz. 21. Juli 2017 (tz.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- Gedenkfeier für Amok-Opfer: „Unendlicher Schmerz“. (rtl2.de [abgerufen am 1. August 2017]). Gedenkfeier für Amok-Opfer: „Unendlicher Schmerz“ (Memento des Originals vom 25. Juni 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Münchener Amoklauf: Junge Filmemacher betrachten aus Opferperspektive. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Juli 2017.
- Münchener Amoklauf – Dokumentation aus der Opferperspektive. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 1. August 2017; abgerufen am 1. August 2017. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- STERN.de. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 1. August 2017; abgerufen am 1. August 2017. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Jugendliche aus dem Hachinger Tal drehen Film über den Amoklauf. In: Hallo München. 8. Februar 2017 (hallo-muenchen.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- Ein Film für die Opfer. In: Hallo München. 25. Januar 2017 (hallo-muenchen.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- Unvergessen- ein filmisches Denkmal für die Opfer des Amoklaufs in München. Abgerufen am 1. August 2017.
- Produzenten der Amoklauf-Doku ‚Unvergessen‘. Abgerufen am 1. August 2017.
- Cans Tod geht noch immer nahe. In: Münchner Merkur. 8. Juli 2017 (merkur.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- Die Opfer im Fokus. In: sueddeutsche.de. 17. März 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 1. August 2017]).
- Bayerischer Rundfunk: "Unvergessen" vom 1. März 2017: Schüler drehen Doku über Münchner Amoklauf | BR Mediathek VIDEO. Abgerufen am 1. August 2017 (deutsch).
- 17:30 SAT.1 Bayern – München nach dem Amoklauf: Unvergessen. Abgerufen am 1. August 2017.
- Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF): München: Ermittler: Mobbing als Motiv für Amoklauf – heute-Nachrichten. Abgerufen am 1. August 2017.
- Die Nominierten für den Camgaroo Award 2017. Abgerufen am 20. April 2018 (englisch).
- Stosiek, Tobias, Bayerischer Rundfunk: Tassilo-Kulturpreis: Jungfilmer aus Taufkirchen ausgezeichnet | BR.de. 18. April 2018, abgerufen am 20. April 2018 (deutsch).
- Tassilo-Hauptpreis für junge Filmemacher. In: sueddeutsche.de. 19. April 2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 20. April 2018]).
- Interview von Christina Hertel: Coole Oberstreber. In: sueddeutsche.de. 19. April 2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 20. April 2018]).