Umspannwerk Hoheneck
Das Umspannwerk Hoheneck (auch Umspannanlage Hoheneck, Umspannwerk Ludwigsburg-Hoheneck oder Station Hoheneck) ist ein großes Umspannwerk im Ludwigsburger Stadtteil Hoheneck. Es verfügt über die Spannungsebenen 380, 220 und 110 kV und bildet damit einen der wichtigsten Knotenpunkte im südwestdeutschen Übertragungsnetz, insbesondere in der Region Stuttgart.
Umspannwerk Hoheneck | ||
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Ansicht aus westlicher Richtung | ||
Daten | ||
Ort | Ludwigsburg-Hoheneck | |
Bauherr | Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk | |
Baujahr | 1926 | |
Koordinaten | 48° 54′ 48″ N, 9° 11′ 38″ O | |
Gebaut wurde das Umspannwerk Hoheneck in den 1920er Jahren als Teil der Nord-Süd-Leitung des RWE, der damals weltweit längsten Verbundleitung zwischen dem Rheinland und den Alpen. Im Jahr 1957 wurde Hoheneck mit dem Bau einer Leitung nach Rommerskirchen südlicher Endpunkt der damals deutschlandweit ersten 380-kV-Leitung.
Eine Besonderheit der Anlage ist, dass sie von zwei unterschiedlichen Übertragungsnetzbetreibern (Amprion bzw. Transnet BW) betrieben wird.
Technischer Aufbau
Die Anlage erstreckt sich über eine Fläche von rund 24 Hektar auf der Anhöhe Kugelberg und befindet sich nur etwa 2 km nördlich der Ludwigsburger Innenstadt auf dem Gebiet des unmittelbar angrenzenden Stadtteils Hoheneck. Die Landeshauptstadt Stuttgart liegt etwa 15 km südlich.
Insgesamt befinden sich auf dem Werksgelände eine 380-kV-Schaltanlage mit drei Sammelschienen sowie – getrennt durch eine öffentliche Straße – zwei benachbarte Schaltanlagen für 220 kV mit zwei bzw. drei Sammelschienen und drei getrennte Schaltanlagen für 110 kV, mit je zwei Sammelschienen. Ein Kuppeltransformator wandelt von 380 kV in 220 kV Spannung um, zwei weitere von 380 kV in 110 kV und drei von 220 kV in 110 kV. Die Kuppelleitungen zwischen den Anlagenteilen verlaufen teils zusammen mit den von Hoheneck wegführenden Stromkreisen auf denselben Leitungstrassen mit.
Zum Transport der Leistungstransformatoren verfügt die Anlage über einen Gleisanschluss von der Bahnstrecke Backnang–Ludwigsburg, der das Werksareal von Südwesten her erreicht. Neben den zur Umspannung nötigen technischen Anlagenteilen befinden sich auf dem Gelände mehrere Servicegebäude, ein Richtfunkturm sowie die Leitstelle des Betreibers Amprion.
- Leistungsschalter der 380-kV-Anlage
- Die Trennschalter sind gelb angestrichen.
- »Übergabe RWE–EVS«
- die Höchstspannungs-Transformatoren
- Anschlussgleis an das Umspannwerk
Geschichte
Vorgeschichte
Mit Inbetriebnahme der Vorgebirgszentrale (ab 1917 Goldenbergwerk) im Jahr 1914 entwickelte sich das RWE unter Hugo Stinnes vom regionalen Kraftwerksbetreiber im Rheinland und Teilen Westfalens zum überregionalen Energieversorger. Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg gab es den ambitionierten Plan, die Kraftwerke des RWE und ihr Übertragungsnetz mit den Wasserkraftwerken in den Alpen zu verbinden.
Die allerersten Planungen vom Mai 1923 sahen bereits eine Anbindung der stark industrialisierten Region am mittleren Neckar vor. Ursprünglich sollte die noch mit 220 kV geplante Leitung in Meitingen bei Augsburg, wo bereits ein Umspannwerk des Bayernwerkes existierte, beginnen und über Heilbronn und Kelsterbach zum Goldenbergwerk führen.[1]
Als ersten Schritt, um dieses Vorhaben zu realisieren, erwarb das RWE Beteiligungen an vielen Energieversorgungsunternehmen im Südwesten Deutschlands, etwa an der Kraftwerk Altwürttemberg AG (KAWAG), die insbesondere im Winter durch das Kohlekraftwerk in Heilbronn der Großkraftwerk Württemberg AG (GROWAG), an dem die KAWAG eine Mehrheitsbeteiligung hielt, Überkapazitäten produzierte, die in ihrem Versorgungsgebiet in Württemberg nicht abzusetzen waren.[1] Daher sollte das Netz der KAWAG durch die RWE zunächst mit dem der Lechwerke in Meitingen verbunden werden, das durch ihre Wasserkraftwerke am Lech im Sommer häufig Überkapazitäten produzierte. Weiterhin war die Verbindung mit dem Kraftwerk der Main-Kraftwerke AG in Höchst und weiter mit dem Goldenbergwerk über Württemberg leichter zu realisieren als direkt von Meitingen.
Neben dem Strom aus dem Kohlekraftwerk Heilbronn der GROWAG und dem Wasserkraftwerk Pleidelsheim der KAWAG sollte auch die Energie der Neckar AG, die ebenfalls zahlreiche Wasserkraftwerke (Neckar-Staustufen) betrieb, in das Verbundnetz des RWE mit eingespeist werden.
Mit der Gründung der Vorarlberger Illwerke GmbH (VIW) im November 1924 und der Zusage an der Nutzung der Wasserkräfte im österreichischen Vorarlberg wurde die Trassenführung geändert, sodass die letztendlich realisierte Verbundleitung nicht in Meitingen, sondern in Bludenz begann.
Bau der Anlage
Alle sechs Umspannwerke, die an der Leitungstrasse liegen sollten, wurden nach einem einheitlichen Schaltungsschema geplant, so auch Hoheneck. Mit der Ausführung wurden die Siemens-Schuckertwerke beauftragt, die den Bau und die umfangreichen Lieferungen an technischem Großgerät übernahmen.[1] Mit dem Leitungs- und Umspannwerkebau wurde noch 1924 begonnen. Das Umspannwerk Hoheneck ging 1926 erstmals in Betrieb.
Im Zuge der Kapazitätserweiterungen an den Kraftwerken der Schluchseewerk-Gruppe (Erweiterung Kraftwerk Häusern 1941, Kraftwerk Witznau 1943) musste, um die zusätzlichen Kapazitäten zu transportieren, als Ergänzung zur Nord-Süd-Leitung eine weitere Fernleitung gebaut werden. Bis 1944 errichtete das RWE daher die sogenannte Schwarzwaldleitung, die, im Unterschied zur Nord-Süd-Leitung, direkt vom Umspannwerk Tiengen über 120 km Strecke nach Hoheneck führte, sowie eine Fortsetzung entlang des Neckars und durch den Odenwald zum Umspannwerk Kelsterbach. Somit entstand in Hoheneck einer der wichtigsten Netzknoten für Höchstspannung im RWE-Netz.
Am 5. Oktober 1957 wurde die Leitung Rommerskirchen–Hoheneck als erste 380-kV-Leitung Deutschlands und weltweit erste zweikreisige 380-kV-Leitung in Betrieb genommen, allerdings zunächst nur mit einem 380-kV-Stromkreis.
Weitere Entwicklung
In den 1950er Jahren entwickelte sich Hoheneck mit der Errichtung der RWE-Leitstelle zum zentralen Netzknoten für das südliche Teilnetz des RWE. Von dort wurden insgesamt vierzehn 220-kV-Umspannwerke und knapp fünfzig 110-kV-Umspannwerke gesteuert.[1]
Neben der Verbindung nach Rommerskirchen wurden weitere 380-kV-Leitungen gebaut. Im Jahr 1962 wurde der zweite Stromkreis der Leitung von Hoheneck nach Bürstadt auf 380 kV umgestellt. 1964 wurde ein Stromkreis der Nord-Süd-Leitung von Hoheneck über Herbertingen nach Tiengen auf 380 kV umgestellt. Mit der Fertigstellung einer zweikreisigen 380-kV-Leitung nach Dellmensingen bei Ulm im Jahr 1966 und einer Fortführung nach Meitingen war das Höchstspannungsnetz des RWE mit dem Verteilnetz der Lechwerke AG verbunden. Später wurde das Höchstspannungsnetz von Dellmensingen bis nach Tirol verlängert.
Auch das Übertragungsnetz der Energieversorgung Schwaben AG (EVS) wurde an das Umspannwerk Hoheneck angebunden, zunächst auf der 220-kV- und später auch auf der 380-kV-Ebene. Eine 380-kV-Leitung führt von Pulverdingen nach Hoheneck und weiter nach Wendlingen.
Mit der Fusion von KAWAG und GROWAG zusammen mit anderen regionalen Energieversorgern zur Süwag im Juni 2001 gingen Anlagenteile in den Besitz dieses Unternehmens über. Ebenso gingen die vormals von RWE betriebenen Teile 2003 zur RWE Transportnetz Strom GmbH über, die seit 1. September 2009 Amprion heißt. Die EVS fusionierte 1997 zusammen mit dem Badenwerk zur EnBW Energie Baden-Württemberg, dessen Übertragungsnetz seit 1. März 2012 als TransnetBW geführt wird.
Die ehemalige 220-kV-Leitung, die von Tiengen über Hoheneck nach Norden führte, gibt es heute nicht mehr. Zwischen Hoheneck und Großgartach wurde sie 2004 und zwischen Hoheneck und Aichschieß 2007 aufgrund ihres Alters und der nunmehr bestehenden Redundanz ersatzlos demontiert. Die Trasse der Nord-Süd-Leitung ist noch heute mit Originalmasten in Betrieb, wobei der Abschnitt von Hoheneck zum Umspannwerk Mannheim-Rheinau seit Ende 2003 nur noch mit einem Stromkreis betrieben wird.[2]
Die heute als Gruppenschaltleitung Süd geführte Leitstelle überwacht und steuert zusammen mit der Gruppenschaltleitung Nord in Rommerskirchen das Netz der Amprion.
Weblinks
Einzelnachweise
- Theo Horstmann, Klaus Kleinekorte: Strom für Europa – 75 Jahre RWE-Hauptschaltleitung Brauweiler 1928-2003. Klartext Verlag Essen 2003
- Demontage der 220kV-Leitung Hoheneck-Großgartach, abgerufen am 7. April 2018