Toubab
Toubab (für „Weißer Mann“) ist ein Film von Florian Dietrich, der am 23. September 2021 in die deutschen Kinos kam. Im Film muss der gerade aus der Haft entlassene Babtou, gespielt von Farba Dieng, seinen Kumpel Dennis, gespielt von Julius Nitschkoff, heiraten, um einer drohenden Abschiebung in den Senegal zu entgehen.
Film | |
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Originaltitel | Toubab |
Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 2020 |
Länge | 97 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12[1] |
Stab | |
Regie | Florian Dietrich |
Drehbuch | Florian Dietrich, Arne Dechow |
Produktion | Marcos Kantis, Louise von Johnston |
Musik | Jakob Vetter |
Kamera | Max Preiss |
Schnitt | Jörg Volkmar |
Besetzung | |
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Handlung
Nach seiner Haftentlassung freut sich Babtou riesig auf den Neuanfang mit seinem Kumpel Dennis. Sie wollen die neu gewonnene Freiheit genießen und mit den Behörden nichts mehr zu tun haben. Ausgerechnet bei Babtous spontaner Willkommensparty, auf der alle Gangster des Viertels versammelt sind, läuft alles schief. Noch am gleichen Abend klicken bei Babtou wieder die Handschellen. Wegen wiederholter Straffälligkeiten und einer veränderten Gefahrenlage im Senegal soll er daher in wenigen Wochen in sein „Heimatland“ ausgewiesen werden.
Babtou lässt sich juristisch beraten, wobei klar wird, dass nur noch eine Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen seine Abschiebung verhindern könnte. Doch die Suche nach einer passenden Kandidatin gestaltet sich schwierig, da der Macho bei den Frauen im Kiez einen legendär schlechten Ruf hat. So versucht er, Dennis zu einer Scheinehe zu überreden.[2][3][4]
Produktion
Stab und Besetzung
Regie führte Florian Dietrich, der gemeinsam mit Arne Dechow auch das Drehbuch schrieb.[3] Es handelt sich bei Toubab um Dietrichs Abschlussprojekt an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin und gleichzeitig sein Spielfilmdebüt.
Die Idee zu Toubab ist aus den Begegnungen mit jungen Gefangenen im Vollzug entstanden, mit denen Dietrich und Dechow in der JVA in Wiesbaden immer wieder bei Theater- und Kunstprojekten zusammengearbeitet hatten. Manche hatten ein Abschiebeverfahren am Hals, und das, obwohl sie in Deutschland geboren sind. Einige von ihnen wurden nach der Haft tatsächlich in die Länder abgeschoben, aus denen sie ihren Pass haben. Diese Ungerechtigkeit war für sie der erste Anstoß, sich dieses Themas anzunehmen.[5]
In den Hauptrollen von Babtou und Dennis sind Farba Dieng und Julius Nitschkoff zu sehen. Der Name Babtou ist Back Slang, eine kodierte Sprache, in der das geschriebene Wort phonemisch rückwärts gesprochen wird, in diesem Fall Verlan für den im Filmtitel genannten „Toubab“ (für „Weißer Mann“ oder „Der Weiße“).[6] Valerie Koch und Michael Maertens spielen Astrid Zeug und Horst Ruppert, die beiden Ermittler von der Ausländerbehörde.[7] Paul Wollin ist in der Rolle von Gangleader Cengo zu sehen, Nina Gummich spielt Dennis' Freundin Manu.[8] Weitere Rollen wurden mit Seyneb Saleh, Uwe Preuss und Christopher Vantis besetzt.[7]
Dreharbeiten und Filmmusik
Gedreht wurde der Film von Anfang Juli bis Anfang August 2018 in Frankfurt am Main, Darmstadt und Umgebung, unter anderem in einer Plattenbausiedlung in Darmstadt-Kranichstein und einer Werkstatt in Frankfurt.[9][4][10] Der Arbeitstitel war Manche lernen's nie, ein anderer Arbeitstitel lautete Homies.[10] Als Kameramann fungierte Max Preiss. Er und der Regisseur waren während einer ersten Location-Tour auf Kranichstein als idealen Hauptdrehort gestoßen. Kranichstein habe etwas von einem Mikrokosmos und funktioniere visuell als Parabel, so der Regisseur: "Es ist ein in sich geschlossener Satellit, wo vieles möglich ist. Es ist sehr schön dort, trotzdem ist natürlich auch die Brutalität der Architektur deutlich spürbar."[5]
Die Filmmusik komponierte Jakob Vetter.
Veröffentlichung
Bei der digitalen Ausgabe des Marché du film, dem Festivalmarkt der Internationalen Filmfestspiele von Cannes, wurde der Film im Juni 2020 vorgestellt. Seine Premiere feierte der Film im September 2020 im Rahmen der Filmkunstmesse Leipzig.[11] Der deutsche Kinostart erfolgte am 23. September 2021.[12]
Rezeption
Kritiken
Björn Schneider schreibt in seiner Funktion als Filmkorrespondent der Gilde deutscher Filmkunsttheater, Toubab schaffe es, das ernste, herausfordernde Thema des drohenden Heimatverlusts mit erstaunlicher Leichtigkeit und gut getimter Situationskomik zu behandeln. Auch die starren Regeln des Systems sowie behördliche Bürokratie mit den Umgangsformen der Behördenmitarbeiter hinterfrage Regisseur Florian Dietrich auf kluge Weise, ohne dabei auf frechen Dialogwitz und punktgenaue One-Liner zu verzichten. Den komödiantischen Höhepunkt sieht Schneider in dem Besuch der beiden humorlosen Ermittler, die Babtous und Dennis Wohnung begutachten um zu prüfen, ob die Beiden tatsächlich in einer Ehe leben. Der verhandele neben brisanten, komplexen Inhalten wie Schwulen- und Ausländerfeindlichkeit auch die Beziehung zu den Eltern und die Macht der sozialen Medien. Die beiden Hauptdarsteller Farba Dieng und Julius Nitschkoff begeisterten, egal ob als beste Kumpels oder erzwungenermaßen als homosexuelles Ehepaar, mit einem unbekümmerten Auftreten und ihrem energetischen Spiel.[13]
Barbara Schweizerhof schreibt in der Berliner Morgenpost, neben den üblichen slapstickhaften Szenen mit tölpelhaften Polizisten und cool auftretenden Pseudo-Gangstern finde Florian Dietrich wunderbare Szenen des Aufbrechens vorgefasster Urteile. So schienen sich Babtou und Dennis besser zu kennen, als so manches Liebespaar es täte, und beim Ausgehen mit den queeren Freunden der Nachbarin entdeckten die beiden Minimachos, wie befreiend es sein kann, beim Tanzen, Berühren und Küssen einfach mal Grenzen zu überwinden. So gelinge dem Regisseur mit seiner Komödie eine feine Gratwanderung.[14]
Die Jugend-Filmjury der Deutschen Film- und Medienbewertung empfiehlt den Film, weil er auf sehr humorvolle und lebensnahe Weise wichtige Themen wie Homosexualität, Abschiebungen und Rassismus beleuchtet und wegen seiner Authentizität, die durch die Schauplätze und die sehr guten Schauspieler entsteht. Auch von den Leistungen der Schauspieler zeigte sich die Jury sehr überzeugt.[15]
Auszeichnungen
Toubab wurde Ende Februar 2022 in die Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis aufgenommen.[16] Im Folgenden eine Auswahl von Auszeichnungen und Nominierungen.
- Auszeichnung in der Kategorie Nachwuchsdarsteller (Farba Dieng)
- Auszeichnung in der Kategorie Nachwuchsdarsteller (Julius Nitschkoff)[17]
Fernsehfilmfestival Baden-Baden 2021
- Nominierung für den MFG Star (Florian Dietrich)[18]
Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern 2021
- Auszeichnung mit dem NDR-Regiepreis (Florian Dietrich)
- Auszeichnung mit dem Darstellerpreis (Farba Dieng und Julius Nitschkoff)
- Auszeichnung mit dem Publikumspreis[19]
First Steps – Der deutsche Nachwuchspreis 2020
- Nominierung als Bester abendfüllender Spielfilm (Florian Dietrich)
- Nominierung für den Götz-George-Nachwuchspreis (Farba Dieng)
- Nominierung für den Götz-George-Nachwuchspreis (Julius Nitschkoff)[20][21]
Hessischer Filmpreis 2020
- Nominierung in der Kategorie Spielfilm[22]
Internationales Filmfestival Warschau 2021
New Faces Awards 2021
- Auszeichnung als Bester Debütfilm (Florian Dietrich)
Weblinks
- Toubab in der Internet Movie Database (englisch)
- Toubab bei crew united
- Toubab - Website von Schiwago Film
Einzelnachweise
- Freigabebescheinigung für Toubab. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüfnummer: 203447/K).
- Toubab. In: schiwagofilm.de. Abgerufen am 28. Oktober 2020.
- Toubab. In: filmkunstmesse.de. Abgerufen am 28. Oktober 2020.
- Drehstart für ZDF-Kinokoproduktion "Manche lernen's nie" in Darmstadt. In: presseportal.de, 3. Juli 2018.
- Mit Humor gegen Rassismus. In: freitag.de, 20. September 2021.
- Christoph Schütte: Frankfurt statt Berlin. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. September 2021.
- Maximilian Brock: Kinofilm „Manche lernen's nie“ spielt zwischen Kranichsteiner Hochhäusern – Dreharbeiten in diesen Wochen. In: echo-online.de, 7. August 2018.
- Drohende Abschiebung. In: freitag.de, 20. September 2021.
- Heike Angermaier: Drehstart zu "Manche lernen's nie". In: Blickpunkt.Film, 4. Juli 2018.
- Der hessische Drehsommer 2018 – Klappe, die 1. In: hessenfilm.de, 18. Juli 2018.
- https://filmkunstmesse.de/assets/files/fkm2020_bkatalog_web.pdf
- Toubab (2020) – Film, Trailer, Kritik. In: kino-zeit.de. Abgerufen am 23. September 2021.
- https://www.programmkino.de/filmkritiken/toubab/
- Barbara Schweizerhof: Hochzeit statt Abschiebung: „Toubab“. In: Berliner Morgenpost, Beilage Berlin Live, 23. September 2021.
- Toubab. In: jugend-filmjury.com. Abgerufen am 23. September 2021.
- Barbara Schuster: Deutscher Filmpreis 2022: 46 Titel in der Vorauswahl. In: Blickpunkt:Film, 28. Februar 2022.
- Anders als sonst: Bayerische Filmpreise online vergeben. In: br.de, 28. April 2021.
- Jochen Müller: Vier Kandidat*innen für MFG Star. In: Blickpunkt:Film, 11. Oktober 2021.
- Jochen Müller: „Toubab“ in Schwerin dreifach ausgezeichnet. In: Blickpunkt:Film, 6. September 2021.
- Nominierte 2020: Abendfüllender Spielfilm. In: firststeps.de. Abgerufen am 28. Oktober 2020.
- Nominierte 2020: Götz-George-Nachwuchspreis. In: firststeps.de. Abgerufen am 28. Oktober 2020.
- Hessischer Film- und Kinopreis 2020. In: hessischerfilmpreis.de. Abgerufen am 12. August 2021.
- Warszawski Festiwal Filmowy: "Toubab" z nagrodą publiczności. In: filmweb.pl, 18. Oktober 2021. (Polnisch)
- Toubab. In: wff.pl. Abgerufen am 7. Oktober 2021.