Suppenküche
Eine Suppenküche oder Volksküche ist eine öffentliche Essensausgabe für Bedürftige, gratis oder gegen geringes Entgelt. Es gibt dort vor allem Suppe oder Eintopf, daher der Name Suppenküche.
Geschichte
Suppenküchen, früher auch Suppenanstalten genannt, entstanden als weltliche Gegenstücke zur Armenspeisung der Klöster und existierten schon im 18. Jahrhundert in vielen europäischen Großstädten, wie auch der Eintrag dazu in der Oeconomischen Encyclopädie von Johann Georg Krünitz belegt. Die bekannteste „Standardsuppe“ dieser Einrichtungen wurde die Rumfordsuppe, deren Rezept etwa 1790 Benjamin Thompson, Graf von Rumford, ersonnen hatte. Ihre Zubereitung war billig, gleichzeitig galt sie als nahrhaft. Alternativen waren Kartoffel- oder Kohlsuppe.
Für das 18. Jahrhundert nennt Krünitz Hamburg, London und München als Vorbilder bei der Armenversorgung durch öffentliche Küchen. Im Jahr 1797 wurde in München die Rumfordsuppe als optimale Speise eingeführt, und wenig später in Hamburg übernommen. Die Zubereitung einer Portion kostete weniger als sieben Pfennige. Laut Krünitz entstanden die ersten europäischen Suppenküchen in England (souphouses). In einem Londoner Bericht aus dem Jahr 1800 heißt es:
„Obgleich im Winter und Frühjahre von 1798 und 1799 kein besonderes Drangsal vorhanden war, so wurden doch nicht weniger, als 1.232.254 Mahlzeiten oder Winchester pints an Arme in den Suppenhäusern zu Spitalfields, Clerkenwell, Southwark und Westminster ausgetheilt […] und es leidet keinen Zweifel, daß, wenn alle entworfene neue Einrichtungen hinlänglich zur Vertheilung von Suppe ausgerüstet sind, über 40.000 Mahlzeiten oder Pinten (eine Pinte = reichlich ein halber Liter; entspricht nach heutigem Verständnis zwei Tellern Suppe) täglich zu halbem Preise an die Armen ausgetheilt werden können.“[1]
Zunächst gab es solche Einrichtungen in den meisten Städten jedoch nur während des Winters, so ab 1801 in Berlin. In Hamburg bestand sie jedoch von Anfang an ganzjährig. Über die Berliner Suppenküche heißt es bei Krünitz:
„Jeder Arme, der sich zu dieser Unterstützung eignet, bekommt aus dieser Anstalt auf eine Marke, die er sich vorher holt, in den vier Wintermonaten täglich eine Portion gut gekochter nahrhafter Suppe, des Sonntags mit Fleisch. […] Die Speisung geschah mit Rumfordscher Suppe, Mehlsuppe, Linsen, Erbsen, Bohnen, Graupen, Grieß, Hirse, Buchweizen-Grütze, Kartoffelsuppe, Fleisch mit Graupen an den Sonn- und Festtagen, und Erbssuppe […].“[1]
Von kirchlichen Organisationen sowie privaten wohltätigen Stiftungen und Vereinen wurden Suppenküchen betrieben, die Arbeiterfamilien sowie Arbeitslosen und anderen Armen eine billige oder kostenlose warme Mahlzeit pro Tag ausgaben. Die wurde teilweise dort in eigenen Töpfen abgeholt und dann zu Hause verzehrt. Die Heilsarmee spielte vor allem in England eine wichtige Rolle. In Deutschland übernahmen im 19. Jahrhundert vor allem die Frauenvereine die Suppenausgabe. In den „Hungerjahren“ 1813 und 1816 richteten viele deutsche Städte erstmals Volksküchen ein. Laut Meyers Konversationslexikon entstand die erste finanziell unabhängige deutsche Suppenküche 1849 in Leipzig. Dresden folgte 1851, Berlin 1866.
Ein Beispiel für sozialpolitisch motivierte Initiativen sind die Volksküchen in Berlin, die Lina Morgenstern 1866 begründete. Ein Teil christlich orientierter Gemeinschaften wie die Heilsarmee verfolgten mit der Essensverteilung gelegentlich auch missionarische Ziele.
„In allen Volksküchen wird durchschnittlich 1 Liter Gemüse in Bouillon gekocht und ca. 1/12 kg Fleisch gegeben, die Preise dafür schwanken zwischen 15 und 25 Pf. […] Die Erfahrungen […] lehrten, daß sogen. halbe Portionen für Frauen und Kinder zur Ernährung vollkommen ausreichen.“[2]
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts erhalten Suppenküchen und ähnliche Einrichtungen in Westeuropa und auch in den USA wieder deutlich Zulauf. Neben warmen Mahlzeiten wird mitunter auch gespendete Bekleidung ausgegeben. In den USA wurden zahlreiche Volksküchen in der Zeit der Großen Depression in den 1930er Jahren eröffnet, ehe die US-Regierung staatliche Hilfsprogramme für verarmte Familien beschloss. In den USA betreibt die private Organisation Feeding America – vormals America's Second Harvest – das größte Netz von Suppenküchen.[3]
Heute gibt es in Volksküchen nicht mehr ausschließlich Suppe oder Eintopf, sondern auch andere preiswerte Gerichte.
Die Arche, das zeitgenössische Kinder- und Jugendwerk, wird auch Kindersuppenküche genannt.
Siehe auch
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
- Lina Morgenstern: Die Berliner Volksküchen. Eine cultur-historische, statistische Darstellung nebst Organisationsplan. Berlin 1868.
- Josef von Kühn: Die Wiener Volksküche, unter Darlegung der Organisation des unter dem Protectorate Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth stehenden ersten Wiener Volksküchen-Vereines, 2., erweiterte und umgearbeitete Aufl. Wien 1894.
- Cecilia Blondet, Carmen Montero: Hoy: menú popular. Los comedores en Lima. Instituto de Estudios Peruanos (IEP), Lima 1997 (über die „Volksküchen“ in Lima).
- Caritas in NRW (Hrsg.): Brauchen wir Tafeln, Suppenküchen und Sozialkaufhäuser? Hilfen zwischen Sozialstaat und Barmherzigkeit. Lambertus, Freiburg im Breisgau 2011.
Weblinks
Einzelnachweise
- Oeconomische Encyclopädie von Krünitz, Artikel Speiseanstalt
- Meyers Konversationslexikon, ca. 1895, Artikel Volksküchen
- Artikel Soup kitchen in der Encyclopedia of Food and Culture.