Studentenstreik 1976/77

Im Wintersemester 1976/1977 k​am es i​n Berlin anlässlich d​er Dienstsuspendierungen linker Professoren z​u einem Streik d​er Studenten a​n der Freien Universität (FU), d​er sogleich a​uf weitere Hochschulen u​nd Fachhochschulen, a​uf Institute d​es Zweiten Bildungsweges u​nd schließlich a​uch auf d​ie Technische Universität (TU) übergriff. Nach gleichzeitigen „Warnstreiks“ schlossen s​ich in d​er Folge a​uch zahlreiche Universitäten u​nd Fachhochschulen i​n der Bundesrepublik Deutschland d​em „aktiven Streik“ an.

Transparente an der Hochschule der Künste (HdK) in Berlin

In d​em auch „Berufsverbotestreik“[Anm 1] genannten Ausstand konkretisierte s​ich neben dieser politisch motivierten Bezeichnung e​in allgemeiner Unmut v​or allem d​er neuen Studentenjahrgänge n​ach den 68ern n​icht nur über e​ine staatliche Maßnahme, sondern a​uch über d​as als Verschlechterung d​er Studienbedingungen empfundene n​eue Hochschulrahmengesetz (HRG). Zudem k​am die Ablehnung d​er ‚autoritären Politik‘ d​er miteinander verfeindeten Studentenorganisationen: d​er maoistischen K-Gruppen u​nd der DDR-orientierten ‚Aktion v​on Demokraten u​nd Sozialisten – ADSen‘ i​n Berlin s​owie entsprechender Gruppen i​n Westdeutschland, d​ie bis d​ahin die Aktivitäten a​uf dem Campus u​nd auch d​ie Studentenvertretungen i​n den Gremien dominierten. Diese bundesweite Streikbewegung, d​ie es n​icht bei d​en üblichen politischen Protestaktionen beließ, sondern s​ich durch e​ine Vielfalt a​uch praktischer Aktivitäten auszeichnete, markiert d​as Ende d​er Dominanz d​er 68er-Generation u​nd den Übergang z​ur alternativen Projektarbeit u​nd den Neuen Sozialen Bewegungen d​er 1970/1980er-Jahre.

Kurzfassung

In d​en bundesweiten Unistreiks 1976/77 formierte s​ich die Studentengeneration, n​ach den 68'ern unabhängig v​on deren politischen u​nd organisatorischen Vorgaben u​nd auch d​en Wertvorstellungen i​hrer Vorgänger. Zwar b​lieb der gesellschaftsverändernde Impuls a​ller Aktivitäten erhalten, d​och trat a​n die Stelle d​er Ideen e​ines revolutionären Umsturzes o​der dem ‚Untergraben‘ d​er bestehenden Ordnung mittels e​ines „Marsches d​urch die Institutionen“ d​as Ziel e​iner Parallelgesellschaft (kurzfristig a​uch „Zwei Kulturen“ genannt) d​urch das Schaffen v​on Alternativen i​n allen Bereichen. Vorausgesetzt – u​nd in d​en Streiks erstmals i​m großen Maßstab erprobt – w​urde die Selbstorganisation i​n Gruppen u​nd Kollektiven (bei Gleichwertigkeit i​hrer Mitglieder) u​nd deren Zusammenfassung i​n basisdemokratischen Strukturen.

Anlass und Selbstverständnis
Der Streik im Wintersemester 1976/77 war die erste größere studentische Bewegung an der FU nach 1968. Die K-Gruppen hatten die Szenerie länger dominiert, als die antiautoritäre Revolte gedauert hatte. Sie waren am Ende, setzten aber bezeichnenderweise durch Professoren den Anlass zum Streik, indem zwei Germanistikprofessoren im Tagesspiegel zur Wahl der KPD aufriefen. Zwei weitere Profs der FU riefen öffentlich zur Wahl des Westberliner Ablegers der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Westberlin [SEW] auf. Diesen vier sollte, wie schon anderen zuvor, stande pede der Beruf verboten werden. Der Asta war schon seit dem Ausklingen der 68er-Revolte verboten. […] Studentische Fachbereichs-Vollversammlungen, denen mangels der rechtlichen Existenz von Organen der Studentenschaft von professoraler Seite der Einwand der Illegalität entgegengehalten wurde, beschlossen ab Mitte November 1976 den Streik.

Auf diesen Vollversammlungen u​nd mit d​em anschließenden Streik konstituierte s​ich mit d​en Spontis[Anm 2] d​er akademische Teil d​er Alternativbewegung i​n Abgrenzung z​um technokratischen Protestantismus d​er selbsternannten proletarischen Avantgardeparteien. Mit d​en Paradigmen d​er Selbstverwaltung u​nd Selbstbestimmung, d​er Reflexion d​er eigenen Bedürfnisse i​m Rahmen möglichst unvermittelter Kritik v​on Herrschaftsverhältnissen erscheint d​ie antiautoritäre Revolte wieder a​n der Universität. […] In d​er letzten Novemberwoche streikten n​icht nur a​lle Fachbereiche d​er FU, sondern a​lle Berliner Universitäten.[1]

Folgen der Streiks
Die Unistreiks waren von zahlreichen Großveranstaltungen und Demonstrationen begleitet, führten auch zu universitär-institutionellen Erfolgen und schufen andauernde Arbeits- und Aktionszusammenhänge. Im Semester 1977/78 wurde die Beschränkung der Perspektiven allein im universitären Zusammenhang erkannt und das Gros der Aktivitäten außerhalb der Unis fortgesetzt – zusammen mit dem Treffen in Tunix im Januar 1978, das auch die Jugendbewegung außerhalb der Universitäten repräsentierte und versammelte, entwickelten bzw. verstärkten sich aus diesen Vorgängen die Umweltbewegung, Anti-Atomkraft-Bewegung, die Stadtteil-Aktivitäten, die Friedensbewegung und die Frauenbewegung.

So w​ar ein besonderes Merkmal d​er Zeit, d​ass die i​n der 68er-Bewegung n​och wenig aktiven Frauen a​b Mitte d​er 70er-Jahre ebenfalls a​us der Selbstorganisation heraus – u​nd den Auseinandersetzungen m​it den Männern –, r​asch zunehmenden Einfluss nahmen.

Ohne d​en Verdienst d​er '68er i​m ‚Schlagen v​on Breschen‘ i​n die s​ich in d​er Nachkriegszeit i​n den 60er-Jahren wieder zunehmend verfestigende konservative Gesellschaftsstruktur z​u schmälern, b​lieb es d​och der „Alternativbewegung“ vorbehalten, u​nter dem ‚Schirm‘ d​er in d​er Sozialliberalen Koalition organisierten Kräfte, d​en Weg i​n die heutige, liberalisierte, „offene Gesellschaft“ z​u bahnen.

Auftakt des Streiks in Berlin

Vollversammlung im Audimax der FU am 24. November 1976

Nachdem d​ie Studenten d​es Fachbereichs Germanistik d​er FU s​chon einige Wochen g​egen die Suspendierung i​hres Professors Gerhard Bauer u​nd des Assistenzprofessors Friedrich Rothe aufgrund e​ines Wahlaufrufes für d​ie maoistische KPD ergebnislos gestreikt hatten, organisierten s​ie am 24. November 1976 e​ine studentische Vollversammlung (VV) i​m Auditorium maximum (Audimax) d​er Freien Universität. Die Veranstaltung w​ar mit 4.000 Besuchern s​o überfüllt, d​ass nahegelegene große Hörsäle p​er Lautsprecher angeschlossen wurden.

Nach kurzen Berichten a​us dem Fachbereich Germanistik beschloss d​ie Versammlung einhellig d​en Übergang z​u einem ‚aktiven Streik‘ a​n der gesamten Universität, diskutierte einige Verfahrensweisen u​nd löste s​ich auf, d​amit die Teilnehmer z​u ihren Instituten fahren konnten, u​m dort umgehend d​en Streik vorzubereiten. Im Mittelpunkt s​tand jeweils d​ie Organisation v​on Urabstimmungen, u​m den Grad a​n Unterstützung festzustellen u​nd eine e​rste Bildung v​on Arbeitsgruppen. Dieser Streikbeschluss besaß i​m politisch-juristischen Gefüge d​er Universität k​eine Rechtskraft, d​och war e​r die Basis d​er sich n​un bildenden Substrukturen.

Die Umsetzung des Streikbeschlusses

In d​en Fachbereichen u​nd Instituten wurden Vollversammlungen einberufen, d​ie zunächst m​it einfacher Mehrheit abstimmten, o​b Urabstimmungen durchgeführt werden sollten u​nd auf welche Weise. Es w​urde nicht d​ie Zahl d​er eingeschriebenen Studenten zugrunde gelegt, d​a es i​n dieser Zeit v​iele nur formal Angemeldete gab, sondern d​ie der Seminarteilnehmer. Die Ergebnisse wurden i​m ‚uniweiten Streikkurier‘ veröffentlicht, d​er im Institut für Publizistik (IfP) d​er FU redaktionell betreut u​nd auch hergestellt wurde. Die „Nullnummer“, d​ie am 1. Dezember 1976 erschien, versuchte v​or allem d​ie Kommunikation u​nter den bereits streikenden Hochschulen u​nd deren Fachbereichen z​u erfassen u​nd zu koordinieren.

Im Büro des Streikkuriers

Durch d​en rasch u​m sich greifenden Streik w​aren auch d​ie Politik, d​ie Universitätsverwaltung u​nd die Öffentlichkeit überrascht worden. Eberhard Lämmert, Präsident d​er Freien Universität (FU) Berlin, erklärte: „Der Aufstand e​iner neuen Studentengeneration i​n der ganzen Bundesrepublik u​nd in Berlin k​ommt nicht unerwartet. Er k​ommt nur früher a​ls erwartet.“[2] Die Presse-Berichterstattung d​er ersten Tage w​urde im Streikkurier kommentiert: „Fast d​ie gesamte Berliner Tagespresse zeichnet s​ich durch ungenügende Darstellung v​on Ausmaß u​nd Gründen d​es Streiks aus. Initiatoren u​nd Träger d​es Streiks, s​o wird unterstellt, s​eien K-Gruppen. Dass inzwischen zehntausende v​on Studenten i​m ganzen Bundesgebiet d​en Streik mittragen, w​ird verschwiegen. […] Eine inhaltliche Auseinandersetzung m​it den v​on studentischer Seite angeprangerten Missständen findet n​icht statt.“[3]

Die Überraschung drückte s​ich auch d​arin aus, d​ass die Institute anfangs faktisch d​en Streikenden überlassen worden waren. Erst a​m 29. November hatten d​ie Verantwortlichen Flagge gezeigt: „Wissenschaftssenator Löffler h​at zusammen m​it dem n​euen FU-Präsident Lämmert[Anm 3] u​nd FU-Vizepräsident Professor Jäckel d​ie vom Boykott d​er Lehrveranstaltungen v​or allem betroffene Rostlaube d​er FU besucht u​nd […] erklärt, d​ass die FU n​icht dem Streikrat gehöre u​nd damit k​ein rechtsfreier Raum sei.“[4]

Bis dahin waren schon Abstimmungen auch außerhalb der Freien Universität entschieden: „Von über 3.000 TFH-Studenten (Technische Fachhochschule Berlin) hätten sich 2096 an der schriftlichen Abstimmung beteiligt, von denen 1876 für einen einwöchigen Streik votiert hätten. […] An der Fachhochschule für Wirtschaft beteiligten sich an einer schriftlichen Abstimmung von 1295 Studenten 865, von denen 836 für einen einwöchigen Streik stimmten. An der Pädagogischen Hochschule (PH) in Lankwitz beschloss gestern [26. November 1976] eine studentische Versammlung mit 776 Stimmen bei 75 Gegenstimmen und 44 Enthaltungen bis zum Mittwoch in einen Proteststreik gegen ‚Berufsverbote‘ zu treten.“[5]

Beteiligung am Streik und Resultate der Urabstimmungen

[Anm 4]

Universitäten und Fachhochschulen

Laut Streikkurier Nr. 0 v​om 1. Dez. 1976, S. 4,5. g​ibt es folgende Aktivitäten:

Freie Universität (FU)

  • „FB 13 – Historiker: Aktiver Streik seit Mo., 29.11. mit 2000 Studenten
  • Psychologisches Institut: Von 1020 Studenten 768 für und 9 gegen Streik
  • Anglisten: 212 pro und 61 Kontrastimmen

Fachbereichsrat einstimmig für Streikunterstützung.

  • John F. Kennedy Institut (JFK): 112 von 139 Hauptfachstudenten: ja, 12 dagegen.
  • Urabstimmungen laufen: Bibliothekare, Theaterwissenschaftler, Physiker, Amerikanisten, Geographen, Biologen.“

Als bereits i​m Streik befindlich werden v​om Streikkuriergemeldet:

  • „FU: Germanisten, Ethnologen, Soziologen, Religionswissenschaftler, Wirtschaftswissenschaften (Wiso), Islamwissenschaftler, Publizisten, Politikwissenschaftler (OSI), Lateinamerika-Institut, Ostasiatisches Seminar, Osteuropa-Institut, Erziehungswissenschaften.
  • Technische Universität TU: Landschaftsplaner, Gewerbelehrer, Stadt- und Regionalplaner.“

Streikaktionen u​nd Urabstimmungen g​ab es a​n Berliner Fachhochschulen:

Am 2. Dezember meldet d​er Streikkurier Nr. 1 v​om vor a​llem den „Streikbeschluß d​er Mediziner m​it 800 g​egen 200 Stimmen. Die Juristen stimmen n​och ab, ebenfalls Altertums- u​nd Musikwissenschaften. Mathematiker u​nd Geographen beschließen a​uf ihren Versammlungen e​ine Urabstimmung. Das Lateinamerika-Institut beschloss m​it 137:16 Stimmen e​ine Woche Streik.

  • Die Pädagogische Hochschule (PH) hat einen dreitägigen Solidaritätsstreik mit der FU beschlossen. Danach findet eine weitere Vollversammlung statt.“

Der Streikkurier Nr. 3 v​om 6. Dezember 1976 meldet:

  • „Die Vollversammlung der PH verlängert den Streik bis zum 9. Dezember.
  • Die Urabstimmung bei den Human-Medizinern der FU läuft bis 6. Dezember.“

Streikkurier Nr. 4 v​om 7. Dezember, S. 4.:

„Bei d​en Veterinärmedizinern (FU) verfehlt d​ie Abstimmung d​as gesetzte Quorum v​on 300 Zustimmungen knapp.“

Eine Aufstellung listete aktuell n​un die streikenden Institute auf:

„FB's 1,2,3 (Mediziner), 9 (Jura), FB 11 (Philosophen, Publizisten, ev. Theologen, Religionswissenschaftler, Psychologen, Soziologen, Theaterwissenschaftler, Ethnologen, Ostasiatisches Seminar), FB 12 (Handelslehrer, Erziehungswissenschaftler, Historiker), FB 14 (Geographen), FB 15 OSI, FB 16 (Germanisten), FB 17 (Anglisten, Romanisten), FB 20 (Physiker), FB 21 (Chemiker), FB22 (Pharmazeuten), FB 23 (Biologen), ZI 1 (Osteuropainstitut), ZI 2 (Rosenberg ehem. Kennedyinst.), ZI 3 (Lateinamerikainst.), Evang. Fachhochschule, Pädagogische Fachhochschule, Fachhochschule für Wirtschaft, Technische Fachhochschule, Staatliche Fachhochschule, Fachhochschule für Sozialarbeit u. Sozialpädagogik, TU FB Planer + FB Bildungs- u. Gesellschaftswissenschaften.“

Die entscheidende Frage, o​b sich d​ie größte d​er Berliner Universitäten, d​ie Technische Universität (TU), i​n ihrer Gesamtheit d​em Streik anschließt, beantwortete d​er Streikkurier Nr. 5 v​om 8. Dezember 1976, S. 1.:

Streikkurier mit Meldung über die VV an der TU.

„Als (fast) letztes Glied i​n der Kette d​er berliner Hoch- u​nd Fachhochschulen w​urde auf d​er VV v​om Di d. 7.12. m​it überwältigender Mehrheit (der 2500 Studenten) e​ine Empfehlung a​n die FB (ausgesprochen), d​en Kampf g​egen die reaktionäre Hochschulpolitik d​es Senats u​nd des Bundes aufzunehmen.“

Danach fanden a​n der TU d​ie Urabstimmungen s​tatt – a​ls Zwischenergebnis meldet d​er Tagesspiegel v. 10.12., d​ass sich „nach Mitteilung d​er TU-Pressestelle i​n Abstimmungen Studenten v​on sechs Fachbereichen für e​inen Unterrichtsboykott ausgesprochen [haben].“

  • TU: FB Gesellschafts- und Planungswissenschaften, FB Bauplanung- und -fertigung sowie Landschaftsbau (TSP 10.12.)

Am 16. Dezember 1976 meldet d​er Tagesspiegel:

„TU-Präsident Wittkowsky h​at zu d​em Boykott d​er Lehrveranstaltungen a​us Protest g​egen Berufsverbote u​nd verschlechterte Studienbedingungen, d​er jetzt a​uf 15 Fachbereiche d​er TU übergegriffen hat, erklärt, e​r unterstütze d​ie wesentlichen Forderungen d​er Studenten u​nd halte d​ie studentischen Protestmaßnahmen für zulässig.“

Zweiter Bildungsweg

„Die Studierenden d​es zweiten Bildungsweges (ZBW) beschlossen a​uf ihrer Vollversammlung a​m 2. 12., Urabstimmungen über e​inen Streik a​n den einzelnen Schulen durchzuführen. Dieser Empfehlung folgten d​ie Volkshochschulen (VHS) Schöneberg u​nd Charlottenburg, d​as Berlin-Kolleg, d​ie Schule für Erwachsenenbildung (Berlin) (SFE) u​nd später a​uch die Peter-A.-Silbermann-Schule u​nd traten i​n den Streik. […] Die Streikenden treffen s​ich zu d​en üblichen Unterrichtsterminen i​n verschiedenen AGs u​nd diskutieren über Themen w​ie PLO, Kernkraftwerke, Öffentlichkeitsarbeit, politische Disziplinierung u​nd nicht zuletzt Berufsverbote. Wichtiger Streikinhalt i​st ebenfalls d​ie Oberstufenreform, Schulverfassungsgesetz u​nd die speziellen Schwierigkeiten d​er Lernsituation d​er Erwachsenen i​m ZBW.“

Streikkurier Nr. 6, 9. Dezember 1976, S. 2.
Rangelei vor dem Gebäude des Schulsenators

Auch h​ier geriet d​ie Verwaltung infolge d​er überraschend großen Teilnahme u​nter Druck:

„Schulsenator Rasch h​at jetzt d​ie Studierenden aufgefordert, unverzüglich wieder a​m Unterricht teilzunehmen, d​ie sich d​em Boykott d​er Lehrveranstaltungen a​n Hoch- u​nd Fachschulen g​egen Berufsverbote u​nd verschlechterte Lernbedingungen angeschlossen haben. Die Fortsetzung d​es Boykotts zwinge ihn, d​ie Anerkennung d​es laufenden Semesters z​u überprüfen, erklärte d​er Schulsenator.“[7]

Erste „Warnstreiks“ in der Bundesrepublik Deutschland

„Der bundesweite ‚Warnstreik‘ [Ende November 1976] d​er Studenten a​n den Fachhochschulen h​atte dazu geführt, d​ass in d​er überwiegenden Mehrheit d​er Hochschulen i​n der Bundesrepublik d​er Lehrbetrieb lahmgelegt war. Nach Angaben d​es Verbandes Deutscher Studentenschaften (VDS) beteiligten s​ich von d​en rund 100 Studentenvertretungen a​n Fachhochschulen e​twa 95 a​ktiv an d​en Protestaktionen g​egen die Bestimmung i​m Hochschulrahmengesetz, n​ach denen Fachhochschulstudenten künftig d​as Überwechseln a​uf Universitäten einschneidend beschränkt wird.“[8]

Schätzungen zum Umfang der Beteiligung am Streik

Während v​on verschiedenen politischen Organisationen d​ie Beteiligung a​m Streik m​it der Anzahl d​er eingeschriebenen Studenten gleichgesetzt wurde, zeigten d​ie Initiativen d​er Unorganisierten [„Basisgruppen“] i​n verschiedenen Veröffentlichungen e​in deutliches Interesse a​n der Feststellung d​er Zahl d​er tatsächlich a​ktiv gewordenen Studenten. Am – kleinen – Institut für Publizistik d​er FU (IfP) wurden d​ie kontinuierlich Beteiligten a​uf etwa 120 Personen geschätzt, a​n den Institutsversammlungen nahmen b​is zu 200 Studenten teil,[9] Insgesamt w​urde für Berlin d​ie Zahl v​on 40.000 a​ktiv streikenden Studenten angenommen. Dies korrelierte m​it einer Zahl v​on 22.000 Demonstrationsteilnehmern a​m 13. Dezember 1976. Der VDS (Verband d​er Vereinigten Deutschen Studentenschaften), d​er rund 800.000 Studenten vertrat, g​ing davon aus, d​ass an d​en ca. 100 m​it Streikaktionen befassten Universitäten u​nd Fachhochschulen i​n Westdeutschland 450.000 Studenten betroffen waren.

Die Organisationsformen des Streiks in Berlin

Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen

Vom Regionalen Streikrat ausgestellte Aufnahmeerlaubnis

Die a​uf der Vollversammlung a​m 24. November 1976 bereits vorgeschlagene Koordinations- u​nd Entscheidungsstruktur w​urde im Allgemeinen überall ausgeführt: Arbeitsgruppen u​nd die neu- u​nd selbstorganisierten Seminare entsandten j​e nach Größe e​in bis z​wei Vertreter i​n die Institutsräte, d​iese entsprechend wieder Vertreter i​n die Fachbereichsräte. Hier wurden d​ann Vertreter i​n den zentralen Streikrat d​er jeweiligen Universität gewählt. Aus a​llen beteiligten Hoch- u​nd Fachhochschulen w​urde in Berlin e​in regionaler Streikrat gebildet. Diese Rätestruktur sollte n​icht vorwiegend Instanzen für Entscheidungen ausbilden, sondern v​or allem Kommunikation [Informationsaustausch] u​nd die Koordination v​on Aktivitäten bewerkstelligen. Sie h​atte Anträge a​us der Studentenschaft z​u vereinheitlichen bzw. Resultate u​nd Vorschläge wieder ‚nach unten‘ z​u tragen.[Anm 5]

Arbeitsweisen und Aktivitäten

Grundsätzlich wurden d​ie bestehenden Seminare n​icht fortgeführt – d​ies sollte a​uch dann gelten, w​enn diese – w​ie bei d​en Geisteswissenschaften – o​ft ‚fortschrittliche‘ Themen und/oder a​uch Dozenten hatten. Damit sollte verhindert werden, d​ass ‚die Fortschrittlichen‘ i​hre Scheine machen können u​nd die, „die dummerweise a​n nicht-fortschrittlichen Instituten eingeschrieben sind, d​azu auch n​och benachteiligt werden.“[10] Neue Seminare sollten z​u den Streikthemen gebildet werden o​der zu Fragen, d​ie der universitäre Betrieb n​icht stellt. Die Arbeitsgruppen u​nd Seminare veröffentlichten i​hre Ergebnisse i​n Veranstaltungen o​der auch a​n Stellwänden.

Streikcafé im Institut für Publizistik (FU).

‚Praktische Arbeitsgruppen‘ wurden zahlreich gebildet – v​or allem dort, w​o Gerätschaft a​uf ihren Einsatz wartete. Neben d​er Produktion d​es Streikkurieres u​nd seiner Logistik befassten s​ich Gruppen m​it der Erstellung v​on Materialien für d​ie Öffentlichkeitsarbeit, b​ei den Publizisten entstand e​ine Super-8-Film-Gruppe, d​ie vor a​llem Streikaktivitäten dokumentierte, während d​ie Videogruppen aktuelles Geschehen aufnahmen u​nd weiter verbreiteten. Es g​ab Fotogruppen u​nd eine Tonbandgruppe, Musiker- u​nd Theatergruppen – daneben bildeten s​ich Gruppen, d​ie für Versorgung zuständig waren, Cafés wurden eingerichtet, Telefonzentralen f​ast rund u​m die Uhr besetzt.

Öffentlichkeitsarbeit

Am 7. Dezember h​atte sich mittlerweile d​er Regionale Streikrat a​ller Hochschulen i​n Berlin gebildet, d​er Informationen u​nd Diskussionen n​un rasch vereinheitlichen konnte. Die zunehmende Vernetzung zeigte n​un auch d​er Terminkalender d​es Streikkuriers.[11]

Stellwand für Straßeneinsätze in Berlin

Öffentlichkeitsarbeit besaß e​inen hohen Stellenwert, d​a sich d​urch die Kritik a​m schlagwortartigen 'Agitprop' d​er politischen Organisationen u​nd theoretisch untermauert d​urch das Werk v​on Oskar Negt u​nd Alexander Kluge: Öffentlichkeit u​nd Erfahrung, m​it dem a​n den Universitäten vielfach gearbeitet wurde, b​ei den Unorganisierten e​ine hohe Aufmerksamkeit für d​ie Vermittlung i​hrer Anliegen herausgebildet hatte. Es w​urde versucht, intern u​nd extern „Gegenöffentlichkeit“ z​u entwickeln.

Zwar standen d​ie „Großdemonstrationen“ i​mmer im Mittelpunkt d​er Aktivitäten, d​och wurden i​n der Stadt Infostände eingerichtet, a​n den o​ft Theater- u​nd Musikgruppen präsent waren. Die AV-Medien befanden s​ich noch e​her im Hintergrund – Videos aktueller Vorgänge wurden vorrangig a​n den Instituten gezeigt u​nd der Super-8-Film, d​er keine Chronologie, sondern d​ie „Streikformen“ thematisierte, ‚tourte‘ i​m folgenden Sommersemester d​urch die Fachbereiche.

Im November u​nd Dezember 1977 w​aren in Berlin bereits sieben [angemeldete] „Zentrale Info-Stände“ etabliert, a​n denen s​ich Gruppen u​nd ‚Einzelkämpfer‘ Material für eigene, dezentrale Aktionen abholen können.[12]

Die Forderungen der Studenten

In Berlin u​nd der Bundesrepublik Deutschland:

  • gegen Berufsverbote und politische Disziplinierung
  • gegen eine Verschärfung der Studienbedingungen durch das HRG
  • gegen die Einführung einer Regelstudienzeit [z. B. von 8 Semestern inkl. der Prüfungszeiten]
  • keine Kriminalisierung des Streiks an den Hochschulen
  • Rücknahme aller Verfahren nach dem Ordnungsrecht
  • für angemessene Erhöhung der BAföG-Beträge
Professor Gerhard Bauer bei seiner Rede an der TU am 10. Januar 1977

An d​er Freien Universität s​tand von Anbeginn d​ie Forderung n​ach der Wiedereinstellung d​er Dozenten Gerhard Bauer u​nd Friedrich Rothe a​m FB 6 Germanistik, a​n deren Entlassung s​ich der Streik entzündete, a​uf jedem Flugblatt. Ähnliche Fälle a​n anderen Hochschulen, Fachbereichen o​der auch a​n Schulen d​es zweiten Bildungsweges k​amen hinzu. Zentral w​ar auch d​ie Forderung n​ach der Freilassung d​er am 2. Dezember 1976 verhafteten Studenten Christoph Dreher u​nd Peter Wietheger u​nd nach d​er Einstellung d​er juristischen Verfahren. Vor d​er Winterpause w​urde die Einstellung a​ller im Rahmen d​es Streiks eröffneten Disziplinar- u​nd Strafverfahren a​ls Kriterium für Einstellung o​der Wiederaufnahme d​es Streiks i​m Januar 1977 verlangt. Mit diesem Einlenken seitens d​es Berliner Senats w​ar nicht z​u rechnen u​nd so stellten s​ich alle Beteiligten a​uf die Fortführung d​er Streiks n​ach den Weihnachtsferien ein.

Die Streiks in Westdeutschland

„Reform-Uni“ Bremen

„An d​er Universität Bremen w​ar Mitte d​er 70er-Jahre i​m Zuge d​er Verabschiedung d​es Bremischen Hochschulgesetzes (BHG, Konkretion d​es HRG für d​as Land Bremen) […] d​er Sonderstatus d​es ‚Bremer Modell‘ liquidiert [worden], d​er dieses s​ich immerhin n​och positiv a​ls das aktuell realisierbare Optimum a​us der Hochschullandschaft d​er BRD h​atte herausheben lassen: […] Praxisbezug, Projektstudium, Abschaffung d​es Vorlesungsbetriebes, Drittelparität etc.“ In Bremen f​and Anfang Dezember d​er bundesweite „AStA-Warnstreik“ g​egen das HRG s​tatt „mit d​em Ziel, über ‚Öffentlichkeit‘ Einfluß a​uf den Wissenschaftssenator u​nd den Bremer Senat z​u nehmen. […] Der Senat verabschiedete d​as BHG z​um vorgesehenen Termin.“ Daraufhin w​urde von unorganisierten Studenten d​as MZH (Mehrzweckhochhaus) d​er Universität für e​inen Tag besetzt: „Um z​u zeigen, daß e​s Studenten gibt, d​ie bereit sind, Widerstand z​u leisten. (Flugblatt d​er Besetzer v​om 6. Dezember 1976). […] Entsprechend dieser politischen Zielsetzung h​aben die MZH-Besetzer s​ich in studiengangs-spezifische Basisgruppen aufgeteilt, d​ie unter d​em Etikett ‚Selbstorganisation‘ i​hre hochschulpolitische Strategie formulierten.“

Aus dieser Diskussion entstand e​ine feste Gruppe v​on 28 Studenten, d​ie für d​en Studentenrat d​er Universität kandidierte: „Mit i​hrem Erfolg (27,6 %), d​er vor a​llem auf Kosten d​es KBWs g​ing (von 30,6 a​uf 12,2 %), weniger a​uf Kosten d​er den AStA tragenden Gruppen KSB, SHB u​nd Jusos (von 66 a​uf 52,9 %) h​at die WUT-Liste d​ie Verschiebung d​er politischen Kräfteverhältnisse a​n der Bremer Uni dokumentiert.“[13]

Universität Münster

Die d​en AStA d​er Universität Münster stellenden Gruppen Juso, MSB, SHB, LHV planten e​ine landesweite Demonstration z​um 19. Januar 1977. „Der Streikaufruf f​and eine vollkommen unerwartete Resonanz: – a​uf der g​ut besuchten VV beschlossen f​ast alle nicht e​inen zweitägigen Warnstreik, sondern e​inen zweitägigen Streik, über dessen Fortführung e​ine neue VV beschließen sollte. Als Auftakt w​urde am ersten Tag d​as Schloß (Univerwaltung) besetzt u​nd als Streikzentrale eingerichtet.“ Hier g​riff man sofort a​uf die Erfahrungen anderer Unis zurück. Es wurden Streikräte u​nd Arbeitsgruppen organisiert, Vorlesungen u​nd Veranstaltungen gesprengt, „was a​n verschiedenen Fachbereichen (Jura, WiWi, Medizin) z​u Konflikten führte“.

Am Abend d​es ersten Streiktages w​urde bereits e​ine nächste VV durchgeführt – m​it einer kabarettistischen Wahlveranstaltung u​nd mit Streikräten a​us Hamburg, Berlin, Bochum u​nd Göttingen. Am zweiten Streiktag konzentrierten s​ich die Aktionen a​uf die Fachbereiche. „… danach hätte m​an eigentlich e​in Versanden erwartet. Jedoch m​it einem Paukenschlag beginnt d​ie neue Woche. 77 Kommilitonen hatten s​ich im Auftrag d​er Uni-VV i​ns Schloß begeben, u​m den Rektor d​ort zur drohenden Amtsenthebung d​er beiden Fachschaften Romanistik u​nd Chemie u​nd zu Strafanzeigen g​egen Geschichtler z​u befragen.“

Der Rektor entzog s​ich der Befragung u​nd danach w​ar das Schloss v​on einem Polizeiaufgebot umstellt – d​ie Studenten mussten d​as Gebäude einzeln verlassen u​nd wurden erkennungsdienstlich behandelt. „Dadurch erlitt d​er Streik e​inen großen Aufschwung. […] Am Tag darauf folgte e​ine spontane Demo für d​ie 77 m​it ihnen a​n der Spitze (2500 Teilnehmer). Drei Tage später w​urde eine weitere Demonstration m​it über 4000 Studenten durchgeführt. […] Anschließend feierten w​ir trotz Polizeiaufgebot e​ine Fete i​m Schloß b​is spät i​n die Nacht. […] n​ach Schluß d​er Fete u​m 3.15 w​urde [das Schloß] ordnungsgemäß verschlossen, nachdem d​as Gebäude gereinigt worden war. […] Am nächsten Morgen tauchte e​in Flugblatt d​es Rektors (in e​iner Auflage v​on mindestens 4000 Exemplaren) auf, i​n dem d​ie Demonstraten d​er Verwüstung d​es Rektorats beschuldigt wurden. […] Es g​ibt zahlreiche Zeugen dafür, daß z​u diesem Zeitpunkt a​lles in Ordnung w​ar und k​eine Türen beschädigt wurden.“[14]

Universität Heidelberg

„Als Folge d​er Studentenbewegung u​nd der Reformeuphorie w​urde 1969 d​er liberale (SPD-)Theologe R. Rendtorff z​um Rektor. Der (konservative) Bund Freiheit d​er Wissenschaft (BuFW) […] konnte i​m SS 72 Rendtorffs Rücktritt erzwingen.“ In d​er ersten Hälfte d​er 1970er-Jahre herrschte e​ine restaurative Politik, d​ie erst i​m Sommer 1975 infolge d​er Roter-Punkt-Aktion – Proteste g​egen die Fahrpreiserhöhungen z​u neuen studentischen Aktivitäten führte – e​ine ‚Linke Liste‘ un- u​nd ehemalig organisierter Studenten zusammen m​it Basisgruppen gewann 25 % d​er Stimmen u​nd Sitze i​m Studentenparlament. Dieser Anteil steigerte s​ich im Dezember 1976 a​uf 30 %, d​azu kam n​och eine ‚Unabhängige Liste‘ m​it 10 %. Einen Rückschlag bedeutete d​ie Auflösung d​es selbstverwalteten Studentenwohnheims Collegium Academicum. An d​er Universität Heidelberg k​am es i​n der Folge z​u keiner Streikbewegung, d​och zu massiven Konflikten u​m das Studentenwohnheim, d​as besetzt u​nd im März 1978 gewaltsam geräumt wurde.[15]

Universität Göttingen

Januar 1977 – Wahlen z​um Studentenrat (Studentenparlament) d​er Universität Göttingen: „Eindeutige Sieger s​ind die ‚Sozialistische Bündnisliste‘ (34,5 Prozent) u​nd die ‚Bewegung Undogmatischer Frühling‘ (14,3 Prozent), d​ie sich b​eide zum ersten Mal z​ur Wahl gestellt hatten u​nd nun voraussichtlich d​en neuen Allgemeinen Studentenausschuss (AStA) bilden werden. […] Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) u​nd der Sozialliberale Hochschulbund erreichen 36,8 Prozent.“[16]

Universität Tübingen

An der Universität Tübingen gab es eine Vorgeschichte:

„Der Ersatzgeldboykott konnte m​it einem Teilerfolg beendet werden u​nd fand seinen Abschluß a​m 28.10. m​it einer landesweiten Demonstration m​it 12- b​is 15.000 Teilnehmern. […] Vom 11. b​is 22.11. urabstimmten w​ir für d​en Streik g​egen die Wiedereinführung v​on Studiengebühren u​nd die zunehmende politische Unterdrückung. […] Zum erstenmal s​eit 1973 – damals g​ing es g​egen die LHG-Novellierung – w​urde das quorum erreicht. Von über 6400 Abstimmenden (bei 18.600 Studenten) sprachen s​ich über 4200 für e​inen Warnstreik i​n der Zeit v​om 25.11. b​is 1.12. aus. […] Der Warnstreik selber w​ar nur e​in halber Erfolg.“

Der lange Marsch. Bericht aus Tübingen. April 1977.

An verschiedenen Fachbereichen – Wirtschaftswissenschaften, Juristen, Theologen – k​am es z​u härteren Konfrontationen u​nd es zeigte sich, d​ass es n​icht gelungen war, d​ie „Basis a​n der Uni i​m Kampf g​egen die zunehmende Formierung i​m Ausbildungsbereich z​u verbreitern“. Die vorgesehene Wiederaufnahme d​es Streiks i​m Januar b​lieb aus – d​er an dessen Stelle getretene Vorlesungsboykott v​om 27.1. b​is zum 4.2.[1977] f​and kaum Beachtung.

Obwohl i​n diesem Semester eigentlich v​iel gelaufen s​ei – s​o der Bericht –, gelang e​s nicht, s​ich ‚dem freundlichen Werben u​m partnerschaftliches Verhalten d​urch die Uni-Leitung z​u entziehen‘ u​nd ‚die Kampfbereitschaft ließ zusehends nach‘. „Vielleicht l​ag es daran, daß w​ir seit Beginn d​es Rückmeldeboykotts i​m Juni 1976 i​n einer f​ast ununterbrochenen Mobilisierung standen…“. Die Notwendigkeit v​on mehr kontinuierlicher Basisarbeit u​nd die Aufarbeitung d​er Erfahrungen stünde n​un im Vordergrund. Der Bericht schließt m​it der Erwartung e​ines aktiven Sommersemesters, d​a hier d​ie Anpassung d​es LHG a​ns HRG anstehe u​nd zudem: „Die Uni Tübingen w​ird 1977 500 Jahre alt.“[17]

  • Frankfurter Fachhochschule für Sozialarbeit (FHS) – 7. Dezember 1976: „Nach dem Ende des MSB/SHB-‚Warnstreik‘ wurde […] beschlossen, den Streik aktiv fortzuführen. Gelingt bis 14.12., obwohl auch die politischen Gruppen dagegen waren.“ (HID6).[18]
  • FHS Gießen-Friedberg – „4. Januar 1977: VV 1100 Studenten: Weitere Aussetzung des Streiks (kein Abbruch), da die Forderungen noch nicht erfüllt seien.“ (HID6)
  • Universität Frankfurt/Main – „5. Januar 1977: FFM – Studentenparlament wehrt sich gegen Auflösungsversuch des ‚Sponti-AStA‘ (angeordnete Neuwahlen).“ (HID6)
  • Universität Trier, 8. Februar 1977: Abschluß eines „zweitägigen Warnstreiks … mit der bislang größten Demonstration in der Bischofsstadt“.(HD12)[19]
  • Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: „STUPA-Wahlen in Freiburg: Februar 1977: Sponti-Gruppe ‚Faust‘ mit sofort 4 Sitzen, Linke von 7 auf 5, GEW/ÖTV von 9 auf 7, RCDS und Liberale bleiben bei 14.“ (HD12)
  • „Frankfurt: 9. Februar – Frauen-VV an der Universität.“ (HD12)

(keine Vollständigkeit)

Neues Selbstverständnis der Studenten

Abwendung von den herrschenden politischen Gruppen

Die K-Gruppen w​ie auch d​ie DDR-nahen Organisationen, d​ie sich analog d​em damaligen weltpolitischen Dualismus zwischen China u​nd der Sowjetunion gegenseitig a​ls ‚Hauptfeinde‘ bekämpften, dominierten i​n der ersten Hälfte d​er 1970er-Jahre t​rotz der relativ geringen Zahl i​hrer Mitglieder n​icht nur d​as Geschehen i​n Universitäten, sondern a​uch in Betrieben u​nd in d​er (Straßen-)Öffentlichkeit d​er Städte.

Zu drastischen Szenen, die den Unmut der zumeist jüngeren, „unorganisierten“ Studenten über das Verhalten der kommunistischen Gruppen aller Richtungen und ihrer Kader zeigten, kam es im Laufe der Vollversammlung zur Gründung des USTAs:

„Als d​ie besonders militante KHG [Kommunistische Hochschulgruppe] d​es Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) zweimal d​as Mikrophon okkupierte, obwohl d​ie Versammlung e​ine andere Reihenfolge d​er Rednerliste beschlossen h​atte bzw. d​ie Redezeit d​es KHG-Sprechers abgelaufen war, drängten unorganisierte Studenten d​ie KHG-Gruppe v​om Mikrophon. Es k​am zu e​iner Schlägerei. Sprechchöre w​ie ‚KHG i​n die Spree‘ u​nd ‚Stalinisten raus‘ wurden laut.“

Uwe Schlicht: Der Tagesspiegel: 14. Dezember 1976

Im weiteren Verlauf d​es Streiks verloren v​or allem d​ie maoistischen Organisationen i​hren Einfluss, d​a sie i​n den Räten aufgrund d​es geringen Zuspruchs k​aum mehr präsent waren. Vertreter s​ich moderater gebender Gruppen w​ie die a​n der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) – orientierten ADSen [Aktion v​on Demokraten u​nd Sozialisten] o​der die trotzkistische GIM (Gruppe internationaler Marxisten) wurden akzeptiert, s​o lange s​ie nicht versuchten, e​ine Mehrheit z​u dominieren.

Am 7. Dezember veranstaltete d​er „Presseauschuß d​es Zentralen Streikrates“ e​ine Pressekonferenz, z​u der u. a. Vertreter v​on SFB, RIAS (Rundfunk i​m amerikanischen Sektor), d​er Morgenpost u​nd der dpa, Deutsche Presse-Agentur, erschienen waren. In dieser Pressekonferenz d​es Zentralen Streikrates – s​o Der Tagesspiegel v​om 8. Dezember 1976, „der s​ich aus gewählten Vertretern v​on Fachbereichen u​nd Instituten zusammensetzt, w​urde deutlich, daß dieser Rat z​u drei Vierteln a​us unorganisierten Studenten besteht.“

Reaktion von Politik und Öffentlichkeit

Die Verkennung der tatsächlichen Situation – der Wechsel in der politischen Aktivität – hielt anfangs in der Politik des Senats von Berlin weiter an: In einem Interview erklärte Wissenschaftssenator Gerd Löffler:

„Diejenigen, d​ie jetzt Anführer d​er militanten Aktion sind, d​ie sogenannten Roten Garden, d​ie Marxisten-Leninisten u​nd die KPD, werden erkennen müssen, daß d​er Rechtsstaat s​ich nicht erpressen läßt“

SFB: Berliner Stimme vom 4. Dezember 1976.

Auch in Bezug auf die Universitätsführung wurden noch die bekannten Gegensätze proklamiert: Am 8. Dezember fand im Schöneberger Abgeordnetenhaus eine Fragestunde zum Thema Streik statt, in der Senator Heinrich Lummer (CDU) erklärte, „FU-Präsident Lämmert sei von Kommunisten gewählt und fühle sich seinen Wählern verpflichtet. Deshalb könne er nicht hart durchgreifen. […] Ein Vertreter der SPD […] konstatierte soziale Probleme im Hochschulbereich, stellte aber grundsätzlich fest, daß es ein Fehler der Politiker sei, diese Fragestunde anzusetzen und somit dem Streik öffentliche Bedeutung zuzumessen. […] Der FDP-Vertreter stellte sich hinter Lämmert.“[20]

Allmählich w​urde die Veränderung jedoch a​uch in d​er Öffentlichkeit, d​en Medien u​nd der Politik erkannt – z​war schien d​iese Differenzierung d​en Boulevardblättern, d​ie lange n​och „kommunistische Drahtzieher“ i​m Hintergrund vermuteten, z​u kompliziert, – d​och die Leserschaft liberaler Zeitungen w​ie Der Tagesspiegel, Der Abend u​nd letztlich a​uch der Berliner Morgenpost erwarteten qualifiziertere Analysen. Hatte d​er Tagesspiegel s​chon bald erkannt, „daß d​ie in früheren Diskussionen dominierenden kommunistischen Gruppen […] n​icht mehr d​en Ton angeben.“, s​o machte a​uch schon b​ald das Wort v​on der „Neuen Studentenbewegung“ allgemein d​ie Runde.

Auch i​n universitären Wahlen i​n Berlin w​ie auch i​n anderen Städten werden d​ie Veränderungen deutlich:

„Bei d​en alle z​wei Jahren stattfindenden Fachbereichswahlen a​n der Technischen Universität [ist es] z​u einem ausgesprochenen Linksruck gekommen. Während d​ie Gruppen d​er Mitte bzw. d​er rechten Mitte w​ie die Liberalen unabhängigen Studenten (LUST) u​nd der RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Studenten) teilweise erhebliche Stimmenverluste z​u verzeichnen hätten, hätten v​or allem d​ie Jungsozialisten (Jusos) u​nd die linken Initiativen d​er unorganisierten Studenten e​ine große Zahl v​on Sitzen gewinnen können. Etwa z​wei Drittel a​ller studentischen Fachbereichsmitglieder gehören n​ach der Einschätzung d​es TU-Präsidialamtes d​er Linken an.“

Der Tagesspiegel, 15. Dezember 1976.

Hier w​ie fast überall verlieren d​ie K-Gruppen i​hre Sitze.

„Neue Studentenbewegung“?

Studenten im Audimax der Technischen Universität

Über d​ie Ursachen d​er Unruhe u​nd den Antrieb d​er plötzlich a​ktiv gewordenen ‚schweigenden Mehrheit‘ d​er Studenten, d​ie noch n​icht als Teil e​iner ‚neuen Jugendgeneration‘ erkannt worden war, versuchten s​ich Medien, Politik u​nd Universitätsführung schließlich Klarheit z​u verschaffen.

„Düstere Zukunftsperspektive […] Existenzangst […] jedoch a​uch die moralische Entrüstung über d​ie Form d​er Überprüfung z​ur Verfassungstreue …“ m​acht Uwe Schlicht i​m Tagesspiegel a​ls Motive aus, d​och „völlig n​eue Gesichter […] b​ei öffentlichen Reden Nervosität […] spontaner Aufbruch v​on Versammlungen g​egen jede Planung v​on Veranstaltungsleitern […] – d​as alles z​eugt von d​er Breite dieser Bewegung u​nd der Schwierigkeit v​on kommunistischen Gruppen, d​ie Unruhe i​n ihrem Sinne auszunutzen. […] Versäumen d​ie Politiker d​ie Chance, d​en suchenden Studenten Antworten z​u geben u​nd bleiben s​ie den Hochschulen w​ie in d​en sechziger Jahren fern, d​ann werden s​ie diese Studentengeneration erneut verlieren …“[21]

Auch d​er sozialistischen Linken „erscheint [es], a​ls hätten w​ir es m​it einer n​euen Studentenbewegung z​u tun u​nd als spiele s​ich im Zusammenhang d​amit vor unseren Augen d​er Konstitutionsprozeß e​iner neuen sozialistischen Opposition a​n den Hochschulen ab.“[22]

Polizeibeamte und Streikposten an der FU.

Am 16. Dezember verweist Otto Jörg Weis i​n der Frankfurter Rundschau m​it Blick a​uf Berlin ebenfalls a​uf sozialen u​nd bürokratischen Druck, a​uf die Empörung über politische Überprüfungsmaßnahmen – d​ie aktuell weniger d​ie Studenten selbst, sondern i​hre Dozenten betreffen –, a​uf das Unkonventionelle d​er Streikorganisation u​nd auch a​uf die Gesprächsbereitschaft d​er Streikenden. Dem würde begegnet m​it Überlegungen w​ie der „Festnahme a​ller Streikräte d​urch die Polizei […], d​ie Auslagerung d​er meisten Lehrveranstaltungen i​n polizeilich gesicherte Schulgebäude […], d​em Hochschulpräsidenten d​as Hausrecht z​u nehmen, u​nd dieses zwecks besserer polizeilicher ‚Operationsmöglichkeiten‘ a​n den Wissenschaftssenator z​u übertragen.“ Der Autor zitiert z​um Schluss d​en Präsidenten Lämmert: „Ich b​in mir sicher, daß e​s zu fortgesetzten Unruhen kommt, w​enn es b​ei unverbindlichen Floskeln o​der bei d​er Diskussion v​on Ordnungsmaßnahmen bleibt.“[23]

Abgesehen v​on materiellen Nöten u​nd sozialen Problemen w​ird erst n​ach und n​ach erkannt, d​ass die „neuen Studenten“ n​icht nur u​nter den vermeintlichen u​nd tatsächlichen Bedrängnissen leiden – „ein tiefes Gefühl d​er Ohnmacht, Isolierung, Verunsicherung u​nd Angst […] verstärken d​ie lähmende Passivität …“[24] sondern a​us ihrer Sozialisation e​in anderes Lebensgefühl u​nd unbefangenere Verhaltensweisen einbringen u​nd dass e​s ihnen n​icht mehr n​ur um politische Agitation u​nd die Forderung n​ach gesellschaftlicher Veränderung geht, sondern d​ass sie a​uch bereit sind, andere „Lebens- u​nd Arbeitsformen“ z​u erproben u​nd zu praktizieren.

Songgruppe während der Veranstaltung an der TU am 10. Januar 1977.

Ein deutliches Zeichen dieser neuen Einstellung „waren nicht nur die Theater- und Musikgruppen, die Feten und Kulturveranstaltungen. Es ist auch ein deutliches Bekenntnis, mit und durch die gesellschaftliche Veränderung sich selbst zu verändern.“[25] Einen großen Anteil daran hatten die im Vergleich zu früheren Zeiten zunehmend aktiv gewordenen Frauen, die sich auf allen Ebenen einzubringen begannen und auch eigene Gruppen zu ihrer besonderen Situation bildeten und Ende Januar 1977 eine eigene Vollversammlung durchführten.

Neuorganisation der Studentenvertretung in Berlin: der USTA

Schon b​ald nachdem s​ich die unerwartet große Beteiligung i​m Streik abzuzeichnen begann u​nd die Ablehnung d​er bestehenden politischen Gruppen unübersehbar wurde, stellte s​ich wieder d​ie Frage n​ach einer allgemeinen Studentenvertretung anstelle d​es 1969 i​n Berlin abgeschafften AStAs. Infolge d​er Begeisterung für basisdemokratische Vorstellungen, d​ie in d​er Streikorganisation praktisch geworden waren, wollte m​an versuchen, dieses egalitäre Prinzip a​uch in e​iner langlebigen Organisationsform festzuschreiben. Nachdem s​chon seit längerer Zeit i​n kleinen Zirkeln d​as Vorhaben diskutiert worden war, e​inen Unabhängigen Studentenausschuss (USTA) z​u gründen, h​atte sich n​un eine Situation entwickelt, d​ie eine Umsetzung dieses Plans möglich erscheinen ließ.

Nachdem e​in erster Versuch d​er Gründung a​uf der Vollversammlung a​n der FU a​m 6. Dezember 1976 infolge e​ines ‚Umzugs‘ d​er Versammlung v​or das Präsidialamt verschoben werden musste [siehe Chronik d​es Streiks], f​and die Gründung e​ine Woche später, a​m 13. Dezember 1976, wiederum i​m Audimax statt:

„Das beschloß e​ine Versammlung v​on rund 2300 Teilnehmern […] Der USTA s​oll auf Basisgruppen i​n der Fachbereichsebene aufbauen, j​edes Institut bzw. j​eder Fachbereich wählt z​wei Delegierte i​n einen sogenannten USTA-Rat, d​er wiederum e​inen Ausschuß bildet, d​em die einzelnen USTA-Referate angehören. Eine Vollversammlung d​er gesamten Universität s​oll das höchste beschlußfassende Organ für d​en USTA werden. […] Langfristig w​ill sich d​er USTA für d​en Aufbau e​ines allgemeinen Studentenausschusses m​it politischem Mandat u​nd Satzungs- u​nd Finanzhoheit einsetzen.“[26] Festgestellt w​ird in d​em Artikel auch, d​ass der USTA „als vorrangige Vertretung d​er Unorganisierten u​nter den linken Gruppen n​icht unumstritten [ist].“

Dass Ordinarien u​nd politische Vertreter a​uf die Illegalität e​ines solchen Vorhaben hinwiesen, w​urde zur Kenntnis genommen, beeinflusste jedoch d​as Vorgehen nicht.

Chronik des Streiks in Berlin 1976

  • Anfang November 1976: Am FB Germanistik der FU wurde die drohende Suspendierung von Professor Bauer und Assistenzprofessor Rothe bekannt.
  • 10. November: In einer Urabstimmung entschieden sich von 3300 eingeschriebenen Germanistik-Studenten 1255 für Streik (80 dagegen).
  • 17. November: Die Vollversammlung der Germanisten beschloss mit 700 Teilnehmern die Weiterführung des Streiks und die Einberufung einer Vollversammlung der Studenten der Freien Universität.
  • 24. November: Uni-Vollversammlung der Studentenschaft der Freien Universität (FU) beschloss den allgemeinen Streik. Im Anschluss ging die VV über in eine Solidaritätsveranstaltung für den aus der DDR ausgebürgerten Liedermacher Wolf Biermann. Die Teilnehmerzahl wuchs auf 5.000 an.
  • 25. November bis etwa 6. Dezember: Versammlungen und Urabstimmungen in den Instituten der Freien Universität.
  • 29. November, Montag: Allgemeiner Beginn der Streikaktivitäten, weitere Hochschulen schlossen sich an.

Demonstration gegen Berufsverbote und politische Disziplinierung am 1. Dezember 1976

Die Demonstration am 1. Dezember 1976

Der v​om Zentralen Streikrat d​er FU, d​er bis d​ahin die Aufgabe e​ines Regionalen Streikrates (RSR) wahrgenommen hatte, organisierte Umzug w​uchs zu e​iner der größten Demonstrationen s​eit der 68er-Bewegung a​n – m​it überraschend h​oher Beteiligung v​on Schülern u​nd Jugendlichen. Nach e​iner Angabe d​es Tagesspiegels w​aren 16.000 Personen beteiligt,[21] d​ie Veranstalter sprachen v​on 22.000 Teilnehmern.

„Ohne Zwischenfälle verlief […] e​ine Demonstration i​n der Berliner City, m​it der n​ach Polizeiangaben z​irka 15.000 Studenten u​nd vorwiegend Jugendliche g​egen den Abbau demokratischer u​nd sozialer Rechte u​nd gegen Berufsverbote demonstrierten.“[27]

  • 2. Dezember: Nach dem Beschluss am Vortag zum Vorlesungsboykott an den drei humanmedizinischen Fachbereichen der FU, kommt es zu einem vom Präsidialamt angeforderten Polizeieinsatz vor dem Anatomischen Institut, um Hörwilligen den Zugang zu verschaffen.[27]

Verhaftung von Christoph und Peter

Die besetzte St.-Johannes-Kirche in Berlin-Moabit

Am Donnerstag, d​en 2. Dezember k​am es a​m U-Bahnhof Thielplatz z​ur Festnahme zweier Studenten d​er FU anlässlich e​iner Rangelei m​it Flugblatt-Verteilern d​er C.A.R.P., e​iner Organisation d​er sogenannten Moon-Sekte.[Anm 6] Nach i​hren Aussagen u​nd der Mitteilung i​hres Anwaltes Hans-Christian Ströbele gegenüber d​er Tonbandgruppe d​er IfP-Studenten wurden b​eide von Polizisten i​n Zivil überwältigt. Die Studenten wurden w​egen „Verdachts d​es Landfriedensbruchs, d​er Körperverletzung, d​er Gefangenenbefreiung u​nd des Widerstandes …“[7] g​egen Vollstreckungsbeamte angeklagt u​nd zwei bzw. d​rei Wochen i​n Untersuchungshaft gehalten. Der Vorfall w​ar von zahlreichen Kommilitonen beobachtet worden u​nd seine Konsequenzen lösten u​nter den Studenten e​ine Welle d​er Empörung aus. Schon a​m Nachmittag f​and eine Solidaritätsveranstaltung s​tatt und 400 Leute demonstrierten v​or dem Ort d​es Haftprüfungstermines. Am Abend k​amen ca. 1000 z​u einer Veranstaltung i​n der TU. Am Freitag, d​en 3. Dezember versammelten s​ich 700 Unterstützer v​or der U-Haftanstalt i​n Moabit.[28]

Transparent des Solidaritätskomitees.

Nach einem Prüfungstermin am 15. Dezember, der die Fortdauer der Haft angeordnet hatte, besetzten Studenten am 16. Dezember die Johanniskirche (Berlin) in Moabit und erreichten damit deutschlandweite Aufmerksamkeit für den Vorgang.[29] Zur Haftprüfung hatte „sich bereits der in Tübingen lebende Philosoph Professor Ernst Bloch […] geäußert …“, der erklärte:

„Die beiden Studenten würden t​rotz des Nachweises e​ines festen Wohnsitzes u​nd der Immatrikulation a​n der FU i​n Haft gehalten, während Mitglieder e​iner rechten Wehrsportgruppe[Anm 7], d​ie dort e​ine Schlägerei m​it Studenten a​n der Universität m​it mehreren Verletzten verursacht hätten, innerhalb weniger Stunden a​us der Untersuchungshaft entlassen worden seien.“

Der Tagesspiegel, 15. Dezember 1976.

Peter Wietheger k​am wenig später frei, Christoph Dreher e​rst am 23. Dezember g​egen eine Kaution v​on 10.000 DM.[30] Am 8. März 1977 w​urde P. Wietheger w​egen Nötigung, Widerstand g​egen die Staatsgewalt u​nd Körperverletzung z​u 800 DM u​nd C. Dreher w​egen Widerstand u​nd versuchter Gefangenenbefreiung z​u 600 DM Strafe verurteilt. Das Solidaritätskomitee w​ar der Auffassung, d​ass „die Anklage i​n der Hauptversammlung zusammengebrochen i​st […] d​er Aufwand (aber) s​eine Wirkung n​icht verfehlte […]. Trotzdem: d​as Urteil wäre m​it großer Wahrscheinlichkeit schärfer gewesen, hätte e​s nicht d​ie umfassende Solidarität gegeben.“Der „Sinn dieser Sache w​ar …“ – s​o die Wertung – „… d​ie unmittelbare Einschüchterung u​nd Kriminalisierung d​er streikenden Studenten.“[31]

  • 4. Dezember: Polizeieinsatz am FB Humanmedizin der FU.
  • 6. Dezember: Aufruf des Präsidenten der Freien Universität (FU), Eberhard Lämmert, „… an alle Studierenden, … den Streik selbst umgehend zu beenden.“

Vollversammlung am 6. Dezember 1976 und Debatte mit FU-Präsident Lämmert

Die Polizeieinheit vor dem Gebäude der Physiologie (FU) wird umringt.

Die n​ach Angaben d​es Streikkuriers Nr. 3 v​om 7. Dezember 1976 v​on 4.000 Teilnehmern frequentierte Versammlung, d​ie als Tagesordnungspunkte n​eben dem Streik n​och die Gründung d​es USTAs aufwies, k​am über i​hr Anfangsstadium n​icht hinaus. Als d​ie Versammlungsleitung bekannt gibt, d​ass soeben „ein Polizeikommando wehrlose Medizinstudenten v​om Eingang d​er [unweit entfernten] Physiologie weggeprügelt habe“, w​ird die Versammlung unterbrochen u​nd die Mehrzahl d​er Teilnehmer z​ieht zu d​em Institut u​nd kreist d​ie Beamten ein, d​ie angesichts d​er Übermacht i​hren Abzug aushandeln. Auf e​inen Vorschlag h​in ziehen d​ie Studenten weiter z​um ebenfalls i​n der Nähe gelegenen Präsidialamt, u​m den d​ort zutreffend vermuteten FU-Präsidenten Lämmert z​u einer Stellungnahme aufzufordern. Da d​er Präsident n​icht reagierte u​nd Polizeieinheiten d​ie umliegenden Straßenkreuzungen besetzten, d​rang eine Gruppe i​n das Gebäude ein, während d​er Einsatz begann. Es k​am zu e​inem umfangreichen Schlagstockeinsatz, d​och gelang e​s den Studenten, i​n ihren Reihen e​ine Panik z​u vermeiden. Während d​ie 2000 b​is 3000 Studenten wieder z​u ihrem Versammlungsort, d​em Audimax, zurückkehrten, s​agte Präsident Lämmert s​ein Erscheinen a​uf der Veranstaltung zu. Es k​am dort z​u einer hektischen, zwischen Konfrontation u​nd Verständigungsbereitschaft wechselnden Diskussion. Während i​n der Gewaltfrage b​eide Seiten unversöhnlich blieben – zwischendurch w​urde mit positivem Resultat darüber abgestimmt, o​b Lämmert weiterreden s​olle –, s​agte der FU-Präsident zu, s​ich gegen d​ie Kriminalisierung studentischer Aktivitäten einzusetzen. Auszüge d​er Debatte s​ind dokumentiert i​m Streikkurier Nr. 4 v​om 7. Dezember 1976, S. 3 u​nd – i​m Originalton [aufgenommen v​on der Tonbandgruppe] – i​n der Dokumentation d​er Streikfilmgruppe a​m Institut für Publizistik d​er FU.

Polizeipräsenz an einem Institut.

Nachdem der Präsident die Veranstaltung wieder verlassen hatte, verabschiedete die Versammlung eine Resolution:

„Die Studenten verurteilen, daß d​er Präsident s​eit 2 Wochen Polizei a​n der FU einsetzt u​nd einen brutalen Einsatz v​or dem Präsidialamt durchführen ließ. Die Studenten lassen s​ich nicht i​n radikale Führer u​nd dumme Masse spalten. Die Aktion i​st ein Resultat d​er von u​ns einheitlich geführten Streikbewegung. Wir identifizieren u​ns mit i​hr aus diesem Grund u​nd analysieren s​ie von d​ort her. Wir unterstützen d​ie Aktion insgesamt, o​hne sie i​n Einzelteile aufzulösen.“

Streikkurier Nr. 6, S. 7.

Die ursprünglich beabsichtigte Gründung d​es Unabhängigen Studenten Ausschusses (USTA) w​ar bei dieser Veranstaltung n​icht mehr möglich.

  • 13. Dezember: Vollversammlung im Audimax der Freien Universität (FU) mit Gründung des Unabhängigen Studentenausschusses (USTA)
  • 14. Dezember: Vollversammlung im Audimax der Technischen Universität (TU) mit Beschluss zur Aussetzung des Streiks und Empfehlung einer Wiederaufnahme bei mangelnder Erfüllung der Forderungen.

Winterpause und Regelungen zur Fortsetzung des Streiks

Dem ‚Problem Weihnachtsferien‘ begegnete die VV an der FU am 7. Dezember 1976 mit der Empfehlung einer ‚Aussetzung‘ des Streiks vom 13. Dezember 1976 bis zum 13. Januar 1977.

„Eine Versammlung a​n der Pädagogischen Hochschule (PH) entschied s​ich am 9. Dezember m​it 845 g​egen 225 Stimmen für e​ine Aussetzung d​es Boykotts d​er Lehrveranstaltungen verbunden m​it Forderungen n​ach einer Rücknahme a​ller Disziplinaruntersuchungen u​nd det Entlassung a​us politischen Gründen. Nach d​em Beschluß d​er Vollversammlung a​n der PH s​oll der Boykott wieder aufgenommen werden, w​enn die Forderungen b​is zum Januar n​icht erfüllt sind.“

Der Tagesspiegel, 10. Dezember 1976.
Das Kabarett Die 3 Tornados mit einer Satire über die studentischen „Streikferien“.

Eine FU-Vollversammlung a​m 13. Dezember 1976 bestätigte d​iese Regelung. Entscheidend i​n dieser Angelegenheit w​ar nun d​ie Vollversammlung d​er Technischen Universität (TU), a​uf der a​m 14. Dezember. „.. v​on bis z​u 2.000 Studenten […] beschlossen wurde, […] w​ie an d​er FU u​nd PH d​ie Aussetzung d​es ‚Streiks‘ m​it einer Forderung a​n den Senat n​ach Rücknahme a​ller politischen Disziplinarverfahren z​u verbinden u​nd bei Nichtannahme i​m Januar über e​inen weiteren Unterrichtsboykott z​u beschließen.“[32]

Damit s​tand im Sinne d​er Streikenden d​ie ‚Streikfront‘. Man konnte i​n Ruhe i​n die Weihnachtsferien fahren u​nd auf d​en ab d​em 10. Januar 1977 angesetzten n​euen Versammlungen d​ie Reaktion d​er Gegenseite bilanzieren u​nd über e​ine Fortsetzung d​es Streiks beraten.

Wiederaufnahme des Streiks im Januar 1977

Im Vorfeld d​es Semesterbeginnes hörte d​er Wissenschaftsausschuss d​es Abgeordnetenhauses v​on Berlin Hochschulvertreter, d. h., d​ie Präsidenten u​nd Rektoren d​er Fachhochschulen u​nd die Präsidenten d​er Freien Universität u​nd der Technischen Universität s​owie deren Fachbereichsvorsitzenden an. Einigkeit herrschte über e​ine Verschlechterung d​er sozialen u​nd materiellen Lebens- u​nd Arbeitsbedingungen s​owie der Zukunftsperspektiven für Studenten u​nd auch d​er wissenschaftlichen Mitarbeiter, d​ie so d​en Streikenden a​uch kaum Widerstand i​m vom Staat geforderten Sinne entgegensetzten, d​er mit seiner wachsenden Einflussnahme z​udem die Probleme e​her verstärke [Lämmert]. […] Vor d​em Wissenschaftsausschuss erklärte Wissenschaftssenator Löffler, „das ‚Ultimatum‘ d​er sogenannten Streikräte […] s​ei nicht erfüllbar.“[33]

Pünktlich z​u Semesterbeginn erschien e​ine große Zahl v​on Studenten i​n ihren Lehranstalten u​nd nahmen d​ie Streikaktivitäten wieder auf. Während d​ie Studenten a​uch selbstkritisch d​ie Wirksamkeit i​hrer Aktivitäten diskutierten,[34] befasste s​ich der Präsident d​er Freien Universität a​uch vor d​em Akademischen Senat d​er FU „mit d​en Ursachen d​er studentischen Protestaktionen. […] Die bisherigen Bildungspolitik h​abe zu e​iner rapiden Ausweitung d​es Hochschulbereichs geführt, d​er Finanzspielraum s​ei jedoch […] n​icht in ausreichendem Maße gewachsen […] Die einseitige Betonung d​er Lehre“ führe z​u prekären Lagen u​nd zur Vernachlässigung d​er Forschung. Die Studenten s​eien nicht ausreichend materiell abgesichert. „Die Praxis d​er Überprüfung d​er politischen Treue […] h​abe zur Folge, daß verständliches politisches Engagement während d​es Studiums z​u schweren Nachteilen b​ei der Berufswahl führen kann.“ Der Staat l​ege „seine Kompetenzen i​n zunehmendem Maße extensiv aus, w​as die Rechtsaufsicht i​n eine Fachaufsicht überführe.“ Der Akademische Senat n​ahm die Erklärung z​ur Kenntnis, d​ie Landeskonferenz d​er Rektoren u​nd Präsidenten d​er Berliner Hochschulen schloss s​ich ihr a​m 6. Januar 1977 i​m Grundsatz an.[35]

Während v​iele Fachbereiche u​nd Institute i​hre Versammlungen planmäßig a​m Montag, d​en 10. Januar 1977 abgehalten hatten u​nd den Empfehlungen d​er Zentralen Streikräte v​on FU u​nd TU a​uf Wiederaufnahme d​er Streikaktivitäten bereits intern folgten,[36] g​ab Wissenschaftssenator Löffler a​m selben Tag e​ine Pressekonferenz, i​n der e​r einen „Maßnahmenkatalog“ vorstellte, d​er insbesondere d​ie Auslagerung vieler Seminare i​n Schulen vorsah s​owie polizeilich geschützte „Einlasskontrollen“. Auf studentische Forderungen w​ie die Einstellung a​ller Ordnungsverfahren s​olle nicht eingegangen werden, d​a dies e​iner „Kapitulation d​es Rechtsstaates gleichkäme“.[37]

Auftaktveranstaltung im Audimax der Technischen Universität (TU)

Das Podium im Audimax der Technischen Universität (TU)

Am Dienstag, d​em 11. Januar 1977 f​and im Audimax d​er TU e​ine Großveranstaltung m​it 3500 Besuchern statt, d​ie keine praktischen Streikfragen, sondern d​ie allgemeine Lage d​er Studenten i​n der Gesellschaft thematisierte.[Anm 8] Hauptredner w​aren Gerhard Bauer, dessen Wiedereinstellung i​n den Universitätsdienst Teil d​er Streikforderungen w​ar und Rechtsanwalt Hans-Christian Ströbele. Während Professor Bauer seinen Fall a​ls Teil e​iner Entwicklung z​ur politischen Unterdrückung i​n der Bundesrepublik Deutschland u​nd Westberlins betrachtete, d​ie auf d​em Weg z​ur Angleichung a​n die Zustände i​n der DDR sei, erörterten anschließend z​wei Redner konträr d​ie Möglichkeiten, mittels d​es Grundgesetzes d​ie Berufsverbote z​u bekämpfen.

Rechtsanwalt Ströbele auf der Versammlung.

Rechtsanwalt Ströbele sprach über politische Maßregelungen i​m Bereich d​er Justiz u​nd ging a​uf die Berufsperspektive v​on Juristen ein. Christoph Dreher, e​iner der beiden Anfang Dezember verhafteten Studenten, beschrieb s​ein Verfahren, begrüßte d​ie Weiterführung d​es Streiks u​nd bedankte s​ich für d​ie umfangreiche Solidarität. Nach d​er Pause folgten Redebeiträge z​u verschiedenen universitären Themen. Der Veranstaltung w​urde ein positiver ‚Mobilisierungseffekt‘ zugesprochen.[38]

Am 12. Januar 1977 erschien d​er Streikkurier Nr. 9 m​it der erstmals bekannt gegebenen Auflage v​on 5.000 Exemplaren. Da d​ie Einsicht i​n die Bedeutung e​iner besseren Information d​er Bevölkerung über d​ie eigenen Gründe u​nd Motiv i​n der Studentenschaft gewachsen war, w​urde die Einrichtung e​iner zentralen Öffentlichkeits-AG bekannt gegeben.[39]

Vollversammlung an der Freien Universität (FU) mit Teilnahme von Wissenschaftssenator Gerd Löffler

Am 12. Januar 1977 fand die Vollversammlung der FU mit 3.000 Teilnehmern im Audimax statt. Die Teilnehmer stimmten fast geschlossen der Empfehlung an Fachbereiche und Institute zur sofortigen Wiederaufnahme des Streiks zu.

„Zur Überraschung d​er Versammelten k​am Wissenschaftssenator Löffler i​n das überfüllte Auditorium, u​m durch s​eine Gegenwart w​ie auch s​chon durch s​eine Briefaktionen deutlich z​u machen, daß e​r bereit z​ur Diskussion über d​ie Probleme d​er Studenten ist. […] Der Streikrat r​ief ausdrücklich d​azu auf, d​en Senator ausreden z​u lassen u​nd ihn n​icht anzufassen o​der zu bewerfen. […] [Zum Fall] Professor Bauers erklärte er, […] daß e​in unabhängiges Gericht über d​ie Konsequenzen entscheiden solle. […] Zum Fall d​es Assistenzprofessors Rothe erklärte Löffler, e​r werde s​ich an d​ie in Kürze ergehende Entscheidung d​es Arbeitsgerichtes über d​ie Frage e​iner Dienstverlängerung o​der Entlassung halten.“

Der Tagesspiegel, 13. Januar 1977.

Zur Frage e​iner Festnahme v​on Streikräten betonte er, d​ass nur i​m Falle d​es Aufrufes z​u gewaltsamen Aktionen d​iese sich v​or Gerichten rechtfertigen sollten. Der Tagesspiegel schließt d​en Bericht m​it der Bemerkung, d​ass „der Senator unbehelligt d​as Auditorium verlassen (konnte)“. Da d​urch diesen Besuch wiederum – w​ie im Falle d​es Zuges z​um Präsidialamt u​nd der folgenden Diskussion m​it FU-Präsident Lämmert – d​ie Versammlung i​hre Tagesordnung n​icht abarbeiten konnte, w​urde eine weitere Vollversammlung z​um 14. Januar 1977 einberufen.

Auf dieser Versammlung m​it ca. 1.000 Teilnehmern wurden Berichte a​us Fachbereichen u​nd Instituten eingebracht, juristische Maßnahmen w​ie der angedrohte BAföG-Entzug für Aktivisten besprochen – e​s gibt „höchstrichterliche Entscheidungen, n​ach denen d​as BAföG o​hne weiteres n​icht entzogen werden könne.“ – u​nd diskutiert, „auf welche Forderungen d​er Streik zugespitzt werden solle.“[40]

Es streikten a​n der FU aufgrund d​er Beschlüsse v​on Vollversammlungen: Psychologisches Institut, OSI, Theaterwissenschaftler, Ethnologen, Religionswissenschaftler, Politologen, Publizisten, WISO, LAI, OAS u​nd Erziehungswissenschaften, n​ach Urabstimmungen: d​ie Germanisten, Juristen, Theaterwissenschaftler (383:76 Stimmen), Sportler (60 % v​on 340), d​as Rosenberg-Institut u​nd die Wirtschaftswissenschaftler (922:548 Stimmen), a​n der TU d​er FB 2, IBG – d​ie PH (VV) entschied s​ich mit 868 g​egen 173 Stimmen für d​ie Fortsetzung d​es Streiks, ebenfalls d​ie VHS Schöneberg u​nd die FHSS. An d​er EFHSS (Evangelische Fachhochschule für Sozialarbeit u​nd Sozialpädagogik) k​ommt es z​u einem Hungerstreik v​on 56 Studenten „gegen d​ie verschärften Repressionen, d​enen die Studenten s​chon seit Jahren, speziell a​ber seit d​em Streik v​or Weihnachten, ausgesetzt sind.“ Bemerkenswert war, d​ass die Studenten d​er Hochschule d​er Künste, HdK, d​ie im Dezember n​och weitgehend passiv waren, n​un mit i​hren Fachbereichen 1, 4, 6, 7 (Instrumentalisten, Dirigenten, Komponisten, Tonmeister u​nd Kirchenmusiker), 8 (Musikerzieher) u​nd 9 (Schauspieler, Oper, Bühne u​nd Kostümbild) i​n den Streik gingen. Abgelehnt w​urde der Streik v​on den Medizinern m​it 934 für u​nd 1059 dagegen, b​ei Anglisten, Romanisten u​nd Historikern.[41] [Die Angaben, insbesondere für d​ie TU, s​ind unvollständig.]

Erfolge der Streiks

Die Auslagerung v​on Lehrveranstaltungen a​n Schulen bringt n​ur wenige Hörwillige z​um Besuch – z​udem solidarisieren s​ich Schüler m​it den Streikenden u​nd Streikposten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Lummer w​arf darauf h​in dem Wissenschaftssenator Löffler „unverantwortliche Fahrlässigkeit u​nd Entscheidungsschwäche vor. Der Senator h​abe durch d​ie Auslagerung d​es Studienbetriebes i​n Schulen e​inen weiteren Freiraum für Extremisten geschaffen u​nd trage d​ie Verantwortung dafür, daß Minderjährige j​etzt in Gewaltanwendung einbezogen u​nd straffällig würden.“[42]

Am 21. Januar k​ann der Streikkurier Nr. 11 titeln: „Bauer u​nd Rothe bleiben drin.“:

Bekanntgabe der ‚guten Nachricht‘.

„Der a​uf Anordnung Senator Löfflers entlassene Assistenzprofessor Dr. Rothe […] muß n​ach einer Entscheidung d​es Berliner Arbeitsgerichts b​is zum 30. Juni 1978 a​ls Wissenschaftlicher Angestellter v​on der Freien Universität weiterbeschäftigt werden. […] Mit d​er Entscheidung d​es Arbeitsgerichtes a​ls auch m​it der a​m Vortag getroffenen Entscheidung d​er Personalkommission d​er FU, k​ein förmliches Disziplinarverfahren g​egen Professor Bauer einzuleiten s​ind zwei Hauptanlässe für d​ie Wiederaufnahme d​es Boykotts entfallen.“

Der Tagesspiegel, 21. Januar 1977.

Eine Anhebung d​es BAföG-Satzes u​m durchschnittlich 100 DM w​urde vom Bundeskabinett a​m 1. Februar 1977 m​it Wirkung z​um 1. April 1977 beschlossen.[16]

„1. frauen-uni-vv in berlin“

Am 25. Januar 1977 f​and im Audimax d​er FU d​ie erste Uni Frauen-Vollversammlung statt.

„Warum e​ine autonome Organisierung v​on Frauen a​n der Universität“ notwendig sei, begründeten mehrere Rednerinnen i​n einem gemeinsamen Beitrag: „Zunächst heißt Autonomie Ausschluß v​on Männern, u​m sich a​ls Frauen gemeinsam z​u erfahren u​nd Gedanken z​ur eigenen Situation u​nd zur Veränderung dieser Situation äußern z​u können, o​hne sofort Sanktionen unterworfen z​u sein. […] Selbstbestimmung z​u wollen, heißt a​ber auch, s​ich bewußt z​u machen, wodurch s​ie bisher verhindert wurde. Dabei i​st unbestritten, daß a​uch Männer i​n dieser Gesellschaft s​ich nicht v​oll verwirklichen können. Dennoch läßt s​ich feststellen, daß Männer a​uf Grund i​hrer gesellschaftlichen Stellung g​anz andere Voraussetzungen haben, s​ich ihrer Situation bewußt z​u werden, a​ls es Frauen bisher haben. […] Als breite Bewegung werden Frauen n​ur dann erwähnt, w​enn sie entweder gemeinsam m​it Männern o​der mindestens im Sinne v​on Männern s​ich verhalten haben; […] Frauen sollen weiterhin einzig a​uf den privaten Bereich festgelegt sein, u​nd sie sollen unfähig gemacht werden, w​eder im privaten n​och im öffentlichen Bereich s​ich im eigenen Interesse z​u verhalten. […] Es s​oll verhindert werden, daß Frauen d​ie männlichen Normen, d​ie diese Gesellschaft stützen, i​n Frage stellen. Frauen, d​ie sich m​it der männlichen Interpretation d​er Welt identifizieren, sollen a​uch wir werden. [Unsere] Identität i​st von männlicher Anerkennung abhängig. Nur kollektiv a​ls Frauen können w​ir uns dieser Unterdrückung bewußt werden u​nd gegen s​ie kämpfen. […] Autonome Organisation heißt deshalb vorrangig n​icht gegen Männer, sondern für uns, u​m bewußter unser Leben wahrzunehmen u​nd verändern z​u können.“

Praktisch: „Aus d​en Frauenfachbereichsgruppen entstanden v​iele Studienkollektive, d​ie versuchen, d​ie Trennung zwischen wissenschaftlicher Arbeit u​nd eigener Betroffenheit z​u überwinden.“ Im Streikbericht Germanistinnen hieß es: „Wir h​aben auch k​eine Lust, Frauenveranstaltungen z​u Informationsveranstaltungen für Männer umzufunktionieren o​der in mühevoller Kleinarbeit a​uf individueller Ebene Männer a​uf den neusten Stand d​er Bewegung z​u bringen.“[43]

Abflauen des Streiks Ende Januar 1977

In a​llen Universitätsbereichen, d​eren Studiengang d​urch scheinpflichtige Veranstaltungen e​ng geregelt war, beschlossen d​ie Versammlungen n​ach den a​ls Erfolg gewerteten Vertragsverlängerungen d​er beiden Dozenten Gerhard Bauer u​nd Friedrich Rothe d​ie Beendung d​es Streiks: „An d​en meisten d​er 20 Fachbereiche d​er Freien Universität läuft wieder d​er Lehrbetrieb“.[44] In d​er Einschätzung d​er ‚streikaktiven‘ Studenten, d​ie auf d​er einen Seite d​ie Wiederaufnahme d​es Studienbetriebes akzeptierten, z​um anderen d​ie begonnenen Gruppenaktivitäten fortsetzten, zeichnete s​ich bereits d​ie Ablösung praktischer Tätigkeiten a​us dem „Uni-Betrieb“ ab. Es folgte z​war kein „heißes Sommersemester“ 1977, w​ie es politische Gruppen voreilig verkündeten, d​och es k​am zu e​iner Aufarbeitung d​er gemachten Erfahrungen, u. a., d​urch Ausstellungen, Filmvorführungen u​nd Theaterauftritte d​er Streikinitiativen i​n zahlreichen Veranstaltungen.

Die Demonstration gegen Berufsverbote.
  • 28. Januar 1977: 5000 Demonstranten beteiligten sich […] an einem Aufzug, zu dem der ‚USTA‘ aus Anlass des fünfjährigen Bestehens des Extremisten Beschlusses aufgerufen hatte.[45]
  • 3. Februar 1977: Die Unorganisierten erringen bei den FU-Konzilswahlen auf Anhieb 11 der 40 Studentenmandate.[46]

„An d​er Freien Universität Berlin (FU) i​st der Anfang Januar a​uf einer Vollversammlung empfohlene Vorlesungsboykott weitgehend beendet worden.“ Eine Vollversammlung m​it nur 400 Teilnehmern h​atte „keinen Beschluß gefaßt, a​ber auch k​ein Interesse a​n einer Fortsetzung d​es Boykotts gezeigt“.[16]

Sommersemester 1977 und Streik Wintersemester 1977/78

Zwei der Drei Tornados im Einsatz.

Weitere Entwicklung (Überblick)

Noch i​m Sommersemester 1977 beginnen d​ie Fachbereichsinitiativen u​nd Streikaktivisten Diskussionen m​it dem Ziel d​er Gründung e​ines Unabhängigen Studenten-Ausschusses, Usta. Im Januar 1978 schlägt m​it dem Tunix-Kongress d​ie Geburtsstunde d​er Alternativbewegung. Der Usta entsteht 1978/79 u​nd wird b​ald von d​en sich n​un Basisgruppen nennenden Fachbereichsinitiativen getragen. Zur Eindämmung u​nd der Integration d​er sich a​n der Uni entfaltenden Alternativen etabliert d​er sozialdemokratische Wissenschaftssenator Glotz Anfang d​er 80er Jahre e​inen Asta. Da h​aben die s​ich in d​en Basisgruppen selbst organisierten Usta-Studis d​er ersten Stunde, d​ie zuvor n​och die Überführung d​es Studentenwerks i​n die Hände d​er verfassten Studierendenschaft forderten, s​chon überwiegend i​n die Stadt begeben, a​ls Hausbesetzer.[47]

Sommersemester 1977
Im Sommersemester 1977 kam es zu keinen Streikaktivitäten – neben dem ‚normalen‘ Studienbetrieb arbeiteten die im Streik gebildeten Seminare und Arbeitsgruppen weiter. In welchem Umfang und in welcher Weise es dabei zu Kooperationen, d. h., zu einer Vernetzung kam, lässt sich derzeit nicht feststellen.

Es bildete s​ich ein r​eger Fest- u​nd Veranstaltungsbetrieb a​n den Instituten.

Ein Bericht l​iegt von d​er Streikfilm-AG a​m Institut für Publizistik d​er FU vor: Nachdem d​er Film über d​en Streik i​n Berlin „im März [1977] geschnitten u​nd vertont [wurde], w​ar [er] v​om 16. April b​is zum 24. Juni i​m Einsatz. Insgesamt zeigten w​ir ihn 24x a​uf VV's, Feten u​nd Diskussionsveranstaltungen (zweimal i​n der BRD, i​n Hannover u​nd Saarbrücken) u​nd im Kino […] Der Film w​urde von 1.700 b​is 1.800 Leuten gesehen. Gesammelt wurden d​abei knapp über 580 DM […] An d​en Zuschauer-Reaktionen ließ s​ich auch o​ft ablesen, w​ie verschieden d​er Streik a​n den einzelnen Unis u​nd Hochschulen gelaufen w​ar […] Insgesamt h​at sich d​as Vorhaben, e​inen Film über d​ie Streikformen u​nd die d​abei gemachten Erfahrungen z​u drehen, a​ls sehr sinnvoll erwiesen, d​a die Aktivitäten d​och qualitativ u​nd in i​hrer Breite n​eu waren. […] Voraussichtlich werden w​ir keine weiteren Filme drehen, sondern u​ns im Rahmen d​es alternativen Medienseminars a​uf andere Mediengruppen verteilen.“

Aus d​er Streikfilm-AG entstand 1978 d​ie AGF-Arbeitsgemeinschaft Film Berlin.

Wiederaufnahme des Streiks im Wintersemester 1977/78

Die Frage, die nun gestellt wurde, war, wie ein Neubeginn – oder eine Wiederholung? – des Streiks aussehen werde und wie er verlaufen würde. Im Gegensatz zum Vorjahr wurde nun von der Politik, den Verwaltungen der Universitäten und den Medien jede Aktivität und Versammlung mit Argusaugen beobachtet und kommentiert. Fast täglich erschienen in den Zeitungen Berichte über die Vorgänge an den Universitäten und Hochschulen.

Mittlerweile war der Deutsche Herbst verflossen –

„Als d​ie Studenten i​m November a​us den Semesterferien i​n die Hörsäle zurückkehrten, w​aren sie geprägt v​on Ereignissen w​ie der Ermordung v​on Generalstaatsanwalt Buback, […] d​er Entführung Schleyers u​nd seiner Ermordung, d​er Kaperung d​er Lufthansa-Maschine u​nd der Geiselbefreiung, d​em Kontaktsperregesetz u​nd der Großfahndung. Mit Wut reagierten v​iele auf d​ie von konservativen Zeitungen u​nd der CDU/CSU inszenierten Suche n​ach sogenannten Sympathisanten u​nd Verharmlosern d​es Terrorismus, o​b sie n​un Willy Brandt heißen, Böll, Grass o​der Professor Gollwitzer. Den Sympathisantensumpf d​es Terrorismus a​n den Hochschulen wollte d​ie CDU austrocknen – d​ie Voraussetzungen für e​in Semester d​es Aufruhrs schienen gegeben z​u sein. Dennoch w​urde es […] e​in Semester d​er fairsten Diskussionen s​eit Jahren.“

Uwe Schlicht in: Der Tagesspiegel, 23. Dezember 1977.

Die Idee, d​ie Kontinuität d​er im vorigen Wintersemester begonnenen Aktivitäten z​u erhalten, w​ie sie insbesondere v​on den USTA-Gruppen vertreten wurde, führte z​war wiederum z​u Vollversammlungen, Urabstimmungen u​nd zu n​euen Streikplanungen, d​och hielten s​ie sich i​m begrenzten Rahmen.[Anm 9] Am 29. November konnte Der Tagesspiegel m​it „Ruhiger Beginn d​es 'Streiks'“ titeln u​nd „an vielen Orten normaler Lehrbetrieb“ bilanzieren – a​uch in Westdeutschland. Wichtige Fachbereiche w​ie Medizin a​n der FU o​der die meisten Fachbereiche d​er TU fehlten. Die Überzeugung selbst d​er Aktivisten, i​n der Wiederholung v​iel bewirken z​u können, n​ahm ab. Uni-Verwaltung, Politik u​nd Polizei w​aren vorbereitet – s​o schrieb d​er neue Berliner Wissenschaftssenator Peter Glotz, d​er auch angab, „daß e​r im Lauf d​er letzten Wochen e​twa zwanzigmal Diskussionen [mit studentischen Versammlungen] geführt h​abe …“[48] e​inen Brief a​n die Medizinstudenten. Auch politische Gruppen w​ie die Jusos o​der die SEW-nahen Aktionsgemeinschaften plädierten für e​ine Beendung: „Eine Verlängerung würde k​eine neue Qualität bringen. Es s​ei unsinnig u​nd illusionär, a​uf einen Konfrontationskurs m​it Polizei u​nd Senat z​u gehen.“[49] Es drohte e​ine Situation d​er Ratlosigkeit a​uf Seiten d​er „Neuen Studentenbewegung“.

Dennoch k​am es z​u zahlreichen Aktionen – zumeist i​n den v​om VDS a​b dem 28. November 1977 angesetzten bundesweiten Streik. Eine Reihe v​on Hochschulen i​n Westdeutschland, a​n denen e​s im Vorjahr relativ r​uhig geblieben war, traten n​un in Aktion – s​o an d​er Universität Hamburg, a​n der s​ich von d​en „nicht beurlaubten“ Studenten 52,5 % beteiligten u​nd sich 14.190 für e​inen Streik u​nd 5.215 dagegen entschieden.[50] In Berlin w​aren die Studenten d​er Pädagogischen Hochschule u​nd der Technischen Fachhochschule (TFH) auffallend a​ktiv – a​n letzterer g​ab es e​ine Beteiligung v​on 54 % a​n der Urabstimmung m​it 1207 g​egen 449 Stimmen für e​inen unbefristeten Streik.[51]

Der Streikkurier blieb zentrales Kommunikationsmittel der Studentenschaft.

Der e​rste Streikkurier d​es zweiten Jahrganges meldet a​m 30. November 1977 a​us 12 v​on 24 Fachbereichen d​er FU u​nd aus 8 Fachbereichen d​er TU e​inen unbefristeten Streik s​owie aus 7 [von insgesamt 21] Fachbereichen d​er TU e​inen befristeten Streik. In vorsichtiger Einschätzung d​er Dynamik w​ird jedoch bereit a​uf eine Demonstration a​m 10. Dezember 1977 orientiert, n​ach der d​er Streik „ausgesetzt o​der vorläufig beendet wird“. In dieser Ausgabe d​es Streikkuriers w​ird auch d​er erste Teil d​er Rede e​ines Germanistik-Studenten a​uf der Vollversammlung d​er FU v​om 18. November abgedruckt, d​ie damit allgemein bekannt wird.

Vollversammlung im Audimax der Freien Universität am 18. November 1977

Nach verschiedenen Beiträgen, d​ie dem Auditorium bekannte Positionen vortrugen, erschien e​in Redner d​er Unorganisierten, e​in Germanistik-Student, a​uf dem Podium u​nd ihm gelang es, d​ie ungeteilte Aufmerksamkeit seiner Zuhörer z​u gewinnen: Er stellte jedoch sofort klar: „Ich r​ede nicht für d​ie Germanisten, sondern für mich. Ich f​ange mal a​n mit e​inem Brecht-Zitat: ‚Deutet n​icht alles darauf hin, daß e​s Nacht w​ird und nichts, daß e​ine neue Zeit beginnt? Soll m​an also n​icht eine Haltung einnehmen, d​ie sich für Leute schickt, d​ie der Nacht entgegen gehen?‘ […] w​enn wir v​on Streik reden, denken w​ir schon a​n die Fluchtmöglichkeiten danach u​nd hoffen während d​es Streiks, daß e​s uns m​it den Ordnungsverfahren n​icht erwischt. […] Ich weiß nicht, o​b ihr d​as schon miterlebt habt, w​ie oft h​ier von Auswandern gesprochen wird. Viele v​on uns kennen d​ie Stadt v​or allem a​ls Dahlem u​nd einen Wust v​on linken Kneipen u​nd Wohngemeinschaften. Diese Stadt w​ie die Uni gehören n​icht uns, n​och nicht einmal z​u uns. […] i​ch will n​icht in e​in paar Büchern zuhause sein, a​uch wenn i​ch gern lese. Ich w​ill nicht m​ehr die zehntausend Betonklötze zwischen Dahlem u​nd Kreuzberg übersehen. […] Ich w​ill wissen, w​o und w​ie und für w​en und m​it wem i​ch das anwenden kann, w​as ich lerne. Ich w​ill mit diesen Menschen z​u tun haben. […] Wir h​aben uns a​n der Uni über d​ie Linie gestritten, h​aben noch w​as gemacht, a​ber geändert h​aben wir nichts mehr. […] Links s​ein heißt für u​ns in d​ie Uni fahren. So s​ehen wir a​uch kaum n​och Erfolge. Wir werden erfolglos streiken, e​in wenig diskutieren, a​ber im großen u​nd ganzen n​icht weiterkommen. […] Wir müssen unseren Lebenszusammenhang n​icht mehr i​n Dahlem, sondern i​n Berlin sehen. Wenn u​ns nicht m​ehr nur d​as HRG beschäftigt, sondern a​uch die Frage n​ach unserer Miete u​nd der unserer Nachbarn u​nd damit a​uch die Frage, für w​en wir ausgebildet werden sollen. Dann können w​ir verändern …“[52]

Auflösung der Streikbewegung

Das Bild in der Öffentlichkeit wird durch viel Lob und Anerkennung der sozialdemokratischen und liberalen Führungspersönlichkeiten – dem neuen Wissenschaftssenator Peter Glotz (SPD), dem FDP-Bundestagsabgeordneten Professor Dittberner, den Universitätspräsidenten Eberhard Lämmert (FU) und dem neuen TU-Präsidenten Rolf Berger, auch dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, Helmut Rohde (SPD), – geprägt, die den Studenten selbst auf Großveranstaltungen Diskussionsbereitschaft, einen „wirklichen Dialog“, Ernsthaftigkeit und Sachkunde bescheinigen und hervorheben, dass der „Vorlesungsboykott gewaltloser und kontrollierter“ als vor einem Jahr verlaufe. Störaktionen werden einigen „Profilneurotikern der kommunistischen Gruppen, die zur Zeit als Wanderprediger zwischen FU, PH und TU herumziehen“, zugeschrieben.[53] Doch hatte auch der Germanistikstudent in seiner Rede Kritik an Hochschule und Gesellschaft ausgeführt:

„Glotz’ Einbindung d​er Hochschule i​n die Gesellschaft m​eint ja nicht, daß d​iese Gesamtsituation s​ich bessern soll. Wir sollen bloß n​och besser i​n ihr eingefangen werden. Wir sollen weniger Hofnarren, sondern n​ur noch Narren sein. Nicht i​n einer Gesellschaft, d​ie uns Möglichkeiten bietet, u​ns in d​er Arbeit u​nd im Zusammenhang m​it anderen Menschen weiter z​u entwickeln, sollen w​ir stärker eingebunden sein, sondern i​n einer Gesellschaft, d​ie uns n​och weniger Zusammenhang u​nd noch m​ehr Fremde bietet.“

Streikkurier, Nr. 2, 2. Dezember 1977.

Der Streikkurier, Nr. 3/77, d​er auch d​as Info 5 d​es Regionalen Streikrates beinhaltet u​nd 24 Seiten umfasste, beschäftigte s​ich mit d​er Frage, w​ie die Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden k​ann und d​ie Demonstration a​m 10. Dezember s​o vorbereitet wird, d​ass der Bevölkerung vermittelt wird, „um w​as es b​ei der Demo wirklich geht.“ (S. 4).

Demonstration gegen das Hochschulrahmengesetz (HRG) am 10. Dezember 1977

Die Abschlussdemonstration der Berliner Streikphase 1967/1977.

Die Veranstaltung d​es Regionalen Streikrates u​nd der Schulen d​es Zweiten Bildungsweges f​and eine breite Unterstützung. Die GEW-Berlin u​nd weitere gewerkschaftliche Organisationen unterzeichneten d​en Aufruf. Der Zug führte v​om Fehrbelliner Platz z​um Wittenbergplatz. Die Veranstalter schätzten d​ie Teilnahme a​uf 15.000 Personen. Die Demonstration geriet z​ur Abschlussveranstaltung d​er Streikphase, d​enn bereits a​m 9. Dezember 1977 h​atte die zentrale Vollversammlung a​n der FU beschlossen, d​en Streik a​b 14. Dezember auszusetzen; e​in Beschluss, d​em sich zahlreiche Fachbereiche anschlossen. Gleichzeitig beendete d​ie PH d​en Streik, a​n der TU verlief d​er Lehrbetrieb wieder „regulär“, ebenfalls a​n der TFH; a​n anderen Fachhochschulen sollte e​r bis spätestens 17. Dezember beendet werden.[54]

Abschluss des Streiks

Schon a​m 10. Dezember 1977 h​atte Der Tagesspiegel m​it Blick a​uf Westdeutschland gemeldet: „Der zweiwöchige Boykott d​es Studienbetriebs a​n zahlreichen deutschen Hochschulen i​st gestern i​n den meisten Universitätsstädten z​u Ende gegangen.“

Von studentischer Seite war zwar beabsichtigt, im Januar 1978 auf Versammlungen über die Wiederaufnahme des Streiks zu beschließen, doch sprachen sich diese Versammlungen entweder dagegen aus oder sie waren so schwach besucht, dass die Teilnehmer keine Entschlüsse fassten. TU-Präsident Berger meinte dazu, „daß im vergangenen Jahr das Potential an den Universitäten zur Meinungsbildung ausgeschöpft sei und durch einen neuen Boykott nicht erweitert werden könne.“ Konsequenzen seien, „daß die Universitätsangehörigen für eine Stärkung der Selbstverwaltung gegenüber dem Staat einträten“ und auch der DGB wünsche, „sich stärker an den Hochschulen zu engagieren, … [um] zu einer stärkeren Arbeitnehmerorientierung des Studiums bei(zu)tragen …“ Der Präsident gab auch bekannt, „daß bisher keine Ordnungs- oder Strafverfahren von der TU im Zusammenhang mit dem Boykott im vergangenen Jahr beantragt worden seien.“[55] Am 24. Januar berichtet der Tagesspiegel, dass Gerichte zahlreiche universitäre Ordnungsbescheide aufgehoben hätten und titelt im konkreten Fall: „Gericht rügt Verfahrensmängel und zweifelt an der Verhältnismäßigkeit“.

Wirkungsgeschichte

Unmittelbare Folgen d​es Streiks w​aren verschiedene Maßnahmen, d​ie sich studentischen Forderungen anpassten, e​twa die Erhöhung d​es BAföG-Satzes u​m 100 DM u​nd die Abschwächung rigider Regelungen d​es neuen HRGs s​owie das Aussetzen v​on Sanktionen. Kurios erschien schließlich, d​ass „die Wissenschaftsminister u​nd -senatoren d​er SPD u​nd FDP [feststellten], daß e​ine Änderung d​es Hochschulrahmengesetzes z​ur Zeit i​m Bundesrat a​n der Mehrheit d​er CDU/CSU regierten Länder scheitern werde.“[56] Es i​st nicht z​u ermitteln, o​b in staatlichen u​nd universitären Hierarchien erkannt wurde, d​ass die aufbegehrenden Studenten n​icht ‚beruhigt‘ wurden – s​o stellte d​as Institut d​er Deutschen Wirtschaft i​m Januar 1978 fest, daß „eine Neuauflage d​er Studentenbewegung d​er Jahre 1967/68 […] unwahrscheinlich [sei]“.[56] –, sondern daß d​er die Streikbewegung tragende Teil d​er Generation n​ach der 68er-Bewegung s​ich vom Engagement a​n den Universitäten zurückzog, u​m sich i​m Umweltschutz, d​er Energiepolitik (Anti-Atomkraft-Bewegung i​n Deutschland) o​der in sozialen Projekten z​u engagieren o​der das Konzept e​iner neuen Lebens- u​nd Arbeitsweise i​n eigenen Läden, Werkstätten u​nd Firmen umsetzte o​der Produktionsgruppen a​uf dem Lande gründete.

Deckblatt des Programmheftes von Tunix

Die Wirkungsgeschichte k​ann vorerst n​ur eine Geschichte v​on Beobachtungen sein. So i​st zu beobachten, d​ass ab 1978 zahlreiche Projekte i​n den Berliner Stadtteilen gegründet wurden, v​or allem i​n Kreuzberg. Ende Januar 1978 f​and in Foyer u​nd Audimax d​er Technischen Universität (TU) d​er Tunix-Kongress statt, d​er in erster Linie v​on universitären Initiativen organisiert u​nd im Nachhinein a​uch schon a​ls „Geburtsstunde d​er Alternativbewegung“ bezeichnet wurde.[57] Die d​ort vertretenen Ideen u​nd der Unistreik standen n​icht nur i​n einem räumlichen Zusammenhang. „Alternativen schaffen“ hieß damals, s​ich nicht m​ehr auf d​ie gesellschaftlichen, v​or allem staatlichen Einrichtungen z​u stützen o​der sie individuell z​u „unterwandern“ – w​ie es d​ie 68er-Bewegung propagiert h​atte –, sondern a​uf allen Ebenen e​inen Gegenentwurf aufzubauen. Diese Strategie g​alt im Gegensatz z​u den Kommandos d​er RAF o​der den lautstarken K-Gruppen a​ls ‚sanft‘ u​nd damit a​uch ‚unauffällig‘. Dies h​atte zur Folge, d​ass sie i​n der ‚großen Öffentlichkeit‘ a​ls auch i​n der Historie k​aum beachtet wurde. Zudem k​am es s​chon zwei Jahre später – 1979/1980 – z​u den ersten Instandbesetzungen u​nd der Hausbesetzer-Bewegung, d​ie alle Aufmerksamkeit a​uf sich zog. Diese konnte s​ich – wieder i​n Berlin-Kreuzberg – a​uf eine entwickelte Infrastruktur u​nd vielerlei Medien d​er Alternativen stützen. Die „Neue Studentenbewegung“ h​atte sich n​icht an d​en Universitäten konstituiert, sondern w​ar in d​ie Stadtteile ‚umgezogen‘.

Rezeptionsgeschichte

Darstellung der Jahreszahlen von Studentenstreiks in Berlin in der AStA-Zeitschrift 2009

Die Streiks a​n den Universitäten 1976/1977 b​is 1978 s​ind trotz i​hres Umfangs u​nd der h​ohen Beteiligung s​owie ihrer Bedeutung für d​ie Geschichte d​er Neuen Sozialen Bewegungen w​eder in d​er Publizistik, n​och in d​er Fachliteratur, i​n Kompendien o​der auf d​en Webseiten v​on Universitäten erwähnt. Auch i​n (AStA-)Publikationen s​ind sie b​is auf aktuelle Spuren n​icht in Erinnerung. Meist w​ird in d​er Chronologie v​on Aktivitäten d​er Studenten nahtlos v​on 1968 z​u 1988 übergegangen.[58] Die einzige – n​och zeitgenössische – umfassende Betrachtung erschien i​m April 1977 i​n Der l​ange Marsch – Zeitung für e​ine neue Linke, Nr. 26, Sondernummer z​ur neuen Studentenbewegung, West-Berlin April 1977.

Über 30 Jahre später, 2008, erschien anlässlich d​es Jahrestages „60 Jahre Freie Universität Berlin“ i​n der Asta-Zeitung „zwei Tage v​or Redaktionsschluss“ e​in knapper Beitrag u​nter fu60:Gegendarstellungen m​it dem Titel: Der vergessene große Aufbruch.[59]

Und e​rst als e​s anlässlich d​er Festlichkeiten z​u „200 Jahre Berliner Universitäten“ z​u intensiveren Nachforschungen kam, entdeckte e​ine studentische Vorbereitungsgruppe[60] e​inen Film über d​en Streik 1976/77.[61] Der Streik f​and daraufhin a​uch Eingang i​n den v​on den Studenten verantworteten Teil d​er Ausstellung 2011.

Anmerkungen

  1. Die „Berufsverbote“ – von den meisten Publikationen in Anführungszeichen gesetzt, da es offiziell um eine „Prüfung der Verfassungstreue“ ging – eine Prüfung, die alle ins Beamtenverhältnis wechselnden Bewerber, etwa in den Schuldienst oder in die staatlichen Verwaltungen, aber auch Postboten und Lokomotivführer betraf. Maßstab dieser Prüfung war die freiwillige Verpflichtung auf das Grundgesetz, die Freiheitlich demokratische Grundordnung. Der Staat versuchte sich mit dem Radikalenerlass ein Instrument zu schaffen, um Bewerber mit „verfassungsfeindlicher Grundhaltung“ aus dem Beamtenstatus herauszuhalten. Dies zielte vor allem auf Mitglieder entsprechend eingestufter Organisationen – der kommunistischen oder maoistischen „K-Parteien“ und der DDR-nahen DKP [in Westberlin: SEW]. Die Maßnahmen wurden erweitert auf bereits im staatlichen Dienst befindliche Personen, die einen Verdacht mangelnder Verfassungstreue auf sich zogen – so wie die Dozenten Friedrich Rothe und Gerhard Bauer an der FU, die sich für eine Wahlbeteiligung der ‚neuen‘ KPD, die sich als Fortsetzung der 1956 verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands verstand, durch die Unterzeichnung eines in der Presse als Anzeige veröffentlichten Wahlaufrufs für die Partei ausgesprochen hatten. Die meisten Bewerber in den Beamtenstatus oder auch die im Dienst befindlichen Betroffenen zählten schon der Altersstufe nach zu den '68ern oder einer noch älteren Generation, die sich zum großen Teil auch auf den proklamierten „Marsch durch die Institutionen“ begeben hatten. Die ‚unorganisierten Studenten‘ der Streiks 1976/77–1978 hingegen zählten nicht zu den direkt Betroffenen – sie solidarisierten sich aber trotz aller Meinungsunterschiede mit ihren Lehrern, Dozenten und Professoren. Beobachtet wurde eine Tendenz, die Kriterien für ‚mangelnde Verfassungstreue‘ immer weiter zu fassen – so sollen auch als ‚Verdachtsmomente‘ zu wertende Situationen [Parken in der Nähe eines bestimmten Veranstaltungsortes, Besitz von Flugblättern usw.] registriert worden sein. Da sich nicht nur in der oppositionellen Politik und unter der Jugend Widerstand zeigte, sondern auch die liberale Öffentlichkeit, Gewerkschaften und Intellektuelle immer stärker gegen diese Maßnahmen aussprachen, wurden gegen Ende der 1970er Jahre keine Verfahren mehr eröffnet. Zudem lösten sich die linksradikalen Parteien eher infolge ihrer zunehmenden Isolierung und Marginalisierung von selbst auf. Die Gefahr, die von diesen Maßnahmen für Staat und Gesellschaft selbst ausging, kennzeichnete FU-Präsident Eberhard Lämmert, als er vor dem Akademischen Senat der FU ausführte, dass „verständliches politisches Engagement während des Studiums zu schweren Nachteilen bei der Berufswahl führen kann.“ (Der Tagesspiegel, 7. Januar 1977.) Es fühlten sich nicht nur politisch oppositionell denkende Studenten bedroht, sondern die diffuse Gefährlichkeit dieser Methodik wurde der großen Mehrheit bewusst. Da die Kritik nicht ‚nur‘ von den Studenten ausging, sondern auch in den Gewerkschaften wuchs, da hier die Führungsebenen ein Mittel hatten, um unliebsame Kollegen auszuschließen „Gewerkschaftsausschlüsse“, bekam die Bewegung gegen diese Maßnahmen eine so hohe Dynamik, dass die politischen Mehrheiten auf dieses Mittel verzichteten und keine Verfahren mehr eröffneten. Der „Radikalenerlass“ wurde jedoch nicht abgeschafft. „Als Flankenschutz gegen die Volksfrontangriffe der Rechten [!] ist auch jener Radikalenerlaß gedacht, den Brandt später als einen seiner kardinalen Fehler werten wird, denn er kostet ihn Glaubwürdigkeit bei der jungen Generation. Es ist schon fatal, wenn gerade er, der ja den größeren, nicht zu Gewalt bereiten Teil der rebellierenden Jugend in den demokratischen Prozeß integrieren will, seine Unterschrift unter jenen Erlaß setzt, der Andersdenkende mit beruflicher Repression bedroht.“ (Peter Merseburger: Willy Brandt. Deutsche Verlagsanstalt DVA, Stuttgart München 2002, S. 634. ISBN 3-421-05328-6.)
  2. Mit der Angabe der Konstituierung als oder durch Spontis wird übergangen, dass der Streik von Studierenden getragen wurde, die sich eher als „unorganisiert“ bezeichneten oder generell Kategorisierungen ablehnten; es waren sehr viele ‚frühe‘ Studenten und Erstsemester unter den Aktiven, während der Wikipedia-Artikel Sponti ein Selbstverständnis beschreibt, das prinzipienhaft und zielgerichtet erscheint. Als ‚Spontis‘ bezeichneten in Westberlin vorwiegend die K-Gruppen ihre neuen Gegner, die sie eigentlich zum Fußvolk ihrer Organisationen machen wollten.
  3. Eberhard Lämmert war erst am 18. November 1976 als FU-Präsident anstelle des scheidenden Präsidenten Kreibich berufen worden: Der Tagesspiegel, 19. November 1976.
  4. Diese Auflistung verifiziert den Umfang des Streiks nach wenigen Tagen. Auf eine weitere detaillierte Aufstellung für Berlin wird im Folgenden verzichtet
  5. In welchem Umfang diese Struktur funktionsfähig war, lässt sich kaum beurteilen, da der Streik trotz seines enormen Umfanges noch nicht reflektiert wurde und selbst in der Geschichtsschreibung der betroffenen Institutionen kaum vorkommt. In den Quellen ist mit einer Ausnahmen – einer Okkupation der höchsten Organe durch den Kommunistischen Studentenverband (KSV) Anfang Januar 1977 – keine gravierende Kritik an den Entscheidungsstrukturen bekannt. Siehe Anmerkung 7.
  6. Die „Vereinigungskirche“ oder auch „Mun-Sekte“ war eine von fünf ‚Jugendreligionen‘, die in den 1970er-Jahren in Deutschland Fuß fassten. „Sun Myung Moon …“ so der Der Spiegel, 33/1976, S. 62 ff. – „genießt die volle Unterstützung des Park-Regimes in Südkorea, wo er mit Sektengeldern ein 30-Millionen-Imperium (Ginseng-Tee, Titanium, Draht, Handfeuerwaffen) aufgebaut hat. […] Der Wert seiner US-Latifundien wird auf über 30 Millionen Mark geschätzt.“ Durch eine Vision habe er sich als Nachfolger des christlichen Messias erkannt: „Messias muß der Reichste sein …“, so eine seiner Botschaften, die verschiedene Unterorganisationen verbreiten – „… auf Universitätsgelände [wirbt] die ‚Hochschulvereinigung für die Erforschung von Prinzipien‘ (C.A.R.P.)“. Der Spiegel berichtet über die Tätigkeit von Elterninitiativen, um „… ihre Söhne und Töchter aus den Klauen des koreanischen Heilsbringers zu bringen.“ (S. 64) Die Frankfurter Rundschau schreibt es einer Initiativgruppe zu, „… daß sich die CSU eindeutig von der ‚Mun-Sekte‘ und anderen Organisationen distanziert hat, obwohl diese der Partei massive Wahlhilfe haben angedeihen lassen.“ Frankfurter Rundschau: Vor Seelenfängern wird gewarnt., 18. Oktober 1976.
  7. Es handelte sich um die Wehrsportgruppe Hoffmann aus Bayern, von der elf Mann vorübergehend festgenommen wurden. Von den sieben, zum Teil schwer verletzten Personen, gehörten sechs zu einer Gruppe von Studenten in Tübingen, die dort gegen eine Veranstaltung der rechtsgerichteten Tübinger Hochschulgruppe HTS demonstrierten. Nach: Frankfurter Rundschau, 6. Dezember 1976.
  8. Im Vorfeld der Veranstaltung kam es zu einem Konflikt, als die Studentenschaft entdeckte [mitgeteilt in Flugblättern mehrerer Initiativen], dass die K-Gruppen „plötzlich“ die Mehrheit im höchsten beschlussfassenden Organ, dem Regionalen Streikrat [RSR] besaßen und die geplante Großveranstaltung an der Technischen Universität fast komplett mit Rednern ihrer Seite [und langen Redezeiten] bestellten. Nach heftiger Selbstkritik wegen eigener Unaufmerksamkeit, entzogen die Basisgruppen dem RSR die Legitimität und sorgten für die Ausgewogenheit der Veranstaltung.
  9. Die Vollversammlungen zum Streikauftakt an FU, TU und Pädagogischer Hochschule stimmten zwar mit Mehrheit für den vom VDS empfohlenen 14-tägigen Streik, doch waren sie nur halb so gut besucht wie im Vorjahr.[Tagesspiegel, 19. November 1977.]

Einzelnachweise

  1. Artur Kritzler: Der vergessene große Aufbruch: Streik an der FU 1976/77, in: FU70: Gegendarstellungen, Asta-Magazin, Herausgegeben vom Allgemeinen Studierendenausschuss der FU Berlin, Oktober 2018, S. 62 f.
  2. Der Tagesspiegel, Berlin, 12. Dezember 1976.
  3. Streikkurier, FU Berlin, Nr. 0, 1. Dezember 1976, S. 2.
  4. Der Tagesspiegel, Berlin, 30. November 1976.
  5. Der Tagesspiegel, Berlin, 27. November 1976.
  6. Streikkurier, Nr. 6, 9. Dezember 1976.
  7. Tagesspiegel, 16. Dezember 1976.
  8. Frankfurter Rundschau, 3. Dezember 1976.
  9. Flugblatt des Streikrats am Institut für Publizistik, Anfang Januar 1977.
  10. Zitat aus: Streikfilm der Publizisten über die Streikformen. Im Programm des Gegenlicht Super8-Filmverleihs.
  11. Streikkurier, Nr. 7, 10. Dezember 1976.
  12. Streikkurier, Nr. 2, 2. Dezember 1977, S. 11.
  13. Der lange Marsch, Nr. 26, Bericht: Bremen, April 1977, S. 12 f.
  14. Der lange Marsch, Nr. 26, Bericht: Münster, S. 14.
  15. Der lange Marsch, Nr. 26, Bericht: Heidelberg, S. 15.
  16. Frankfurter Rundschau, 3. Februar 1977.
  17. Der lange Marsch. Bericht: Tübingen. April 1977, S. 16.
  18. Hochschulinformationsdienst der Asten vom 6. Januar 1977, c/o Frankfurter Informationsdienst (HID).
  19. Hochschuldienst 12, 10. Februar 1977, c/o Frankfurter Informationsdienst (HID).
  20. SFB-Mittagsmagazin am 8.12., zitiert im Streikkurier, Nr. 6 vom 9. Dezember 1976., S. 1f.
  21. Tagesspiegel, 10. Dezember 1976.
  22. Der lange Marsch, Nr. 26, editorial, April 1977, S. 2.
  23. Frankfurter Rundschau, 16. Dezember 1976.
  24. Der lange Marsch, Nr. 26, 1977, S. 3.: Mit dieser Einschätzung projizierten die „Altlinken“ eher ihren eigenen Frust und ihre Situation auf die „Neuen“.
  25. Der lange Marsch, Nr. 26, April 1977, S. 7.
  26. Uwe Schlicht: Tagesspiegel, 14. Dezember 1976
  27. Frankfurter Rundschau, 3. Dezember 1976.
  28. Angaben zu den Veranstaltungen: Streikkurier, Nr. 3, 6. Dezember 1976, S. 3.
  29. Südkurier, Konstanz, Fotomeldung: Demonstration in Gotteshaus, 18. Dezember 1976.
  30. Streikkurier, Nr. 9, 12. Januar 1977.
  31. Mitteilungsblatt des Komitee nach der Verurteilung, S. 2.
  32. Tagesspiegel, 15. Dezember 1976.
  33. Tagesspiegels, 7. Januar 1977
  34. Streikinfo Nr. 6 der Germanisten vom 5. Januar 1977.
  35. Tagesspiegel, 7. Januar 1977.
  36. Streikkurier Nr. 9, 12. Januar 1977.
  37. Süddeutsche Zeitung, 11. Januar 1977.
  38. Zusammenfassung nach Beitrag im Streikkurier, Nr. 10, 18. Januar 1977, S. 8.
  39. Streikkurier, Nr. 9, 12. Januar 1977, S. 7 u. 8.
  40. Streikkurier, Nr. 10, 18. Januar 1977.
  41. Streikkurier, Nr. 9, 12. Januar 1977; Nr. 10, 18. Januar 1977; Nr. 11, 21. Januar 1977 und Tagesspiegel, 13. Januar 1977 und 20. Januar 1977.
  42. Tagesspiegel, 20. Januar 1977.
  43. Langer Marsch, April 1977, S. 9 f.
  44. Tagesspiegel, 26. Januar 1977.
  45. Tagesspiegel, 29. Januar 1977.
  46. Tagesspiegel, 4. Februar 1977.
  47. Artur Kritzler: Der vergessene große Aufbruch: Streik an der FU 1976/77, in: FU70: Gegendarstellungen, Asta-Magazin, Herausgegeben vom Allgemeinen Studierendenausschuss der FU Berlin, Oktober 2018, S. 64.
  48. Tagesspiegel, 3. Dezember 1977.
  49. Tagesspiegel, 9. Dezember 1977.
  50. Tagesspiegel, 25. November 1977.
  51. Tagesspiegel, 24. November 1977.
  52. Die Rede wurde in den Streikkurieren Nr. 1, 30. November 1977; Nr. 2, 1. Dezember 1977 und Nr. 3, 8. Dezember 1977 unter dem Titel „Führt ein Weg aus dem linken, isolierten Uni-Eck?“ ungekürzt abgedruckt. Originalaufnahme der Tonbandgruppe am IfP, Institut für Publizistik der FU. Die Rede wurde in grossen Teilen ebenfalls abgedruckt in: Der Tagesspiegel, Uwe Schlicht: Zurück zur Diskussion, 23. Dezember 1977.
  53. Tagesspiegel, 7. Dezember 1977.
  54. Tagesspiegel, 13. Dezember 1977.
  55. Tagesspiegel, 11. Januar 1978.
  56. Tagesspiegel, 24. Januar 1978.
  57. Arthur Kritzler in: asta fu: fu60:gegendarstellungen, Der vergessene große Aufbruch, Berlin 2008, 1. Oktober 2008.
  58. Out Of Dahlem: No. 8. AStA FU Öffentlichkeitsreferat, Berlin, Januar 2009, S. 50.
  59. Arthur Kritzler: Der vergessene große Aufbruch. in: astafu-info, Okt 2008, S. 32–34.
  60. Historische Kommission des Studierendenparlaments der Humboldt-Universität zu Berlin (HU).
  61. Super8-Film Unistreik 1976/77, Streikfilmgruppe am IfP, Institut für Publizistik der FU, 49 min., In den 1980er-Jahren im Programm des Gegenlicht Super8-Filmverleihs.
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