Stephen Spender
Sir Stephen Harold Spender, CBE, (* 28. Februar 1909 in London; † 16. Juli 1995 ebenda) war ein englischer Dichter, Autor und Hochschullehrer, der sich in seinen Werken zeitweise auf soziale Ungerechtigkeiten und deren politische Überwindung konzentrierte.
Kindheit, Jugend und junger Erwachsener
Spender wurde in London als Sohn eines Journalisten geboren. Spender besuchte u. a. die Gresham’s School in Holt (Norfolk) und die Universität Oxford. An der Gresham's School begegnete er W. H. Auden. Spender beendete sein Studium nicht, sondern ging nach Deutschland (gleichwohl wurde er 1973 zum honorary fellow of the college erhoben). Zu dieser Zeit in Deutschland wurde er ein Freund von Christopher Isherwood, von Macspaunday-Mitglied Louis MacNeice sowie Cecil Day Lewis und dem deutschen Fotografen Herbert List.[1] In späterer Zeit lernte er William Butler Yeats, Allen Ginsberg, Ted Hughes, Joseph Brodsky, Isaiah Berlin, Mary McCarthy, Roy Campbell, Raymond Chandler, Dylan Thomas, Jean-Paul Sartre und T. S. Eliot, sowie als Mitglied der Bloomsbury Group insbesondere Virginia Woolf kennen.
Seine ersten Gedichte, veröffentlicht als Poems (1933), waren oft von sozialem Protest inspiriert.
Spender begann 1929 seine Arbeit mit dem Roman The Temple, der aber erst 1988 publiziert wurde. Der Roman handelt von einem jungen Mann, der nach Deutschland reist und dort mehr Kultur als in England findet und insbesondere einiges über Beziehungen zu Männern hinzulernt. In diesem Roman stellte die Figur des „Joachim“ Herbert List dar, der für ihn anfangs in Deutschland eine wichtige Bezugsperson war.[1] Für den Freund Joachims im Roman, „Willi Lassel“, nahm Spender mit hoher Wahrscheinlichkeit den späteren Pädagogen Willi Lassen als Vorbild.[2]
Kriegsjahre
Als der Spanische Bürgerkrieg begann, ließ Spender sich von dem Sekretär der britischen Kommunistischen Partei (CPGB) Harry Pollitt in die Partei aufnehmen. Spender berichtete für den Daily Worker über den Kampf der Internationalen Brigaden gegen putschenden Francotruppen. Er unterstützte die Volksfrontbewegung in Spanien.[3]
Mit Cyril Connolly und Peter Watson gründete Spender gemeinschaftlich das Magazin Horizon und half als Schreiber von 1939 bis 1941. 1949 trennte er sich von der kommunistischen Partei und veröffentlichte mit anderen Schriftstellern das Stalin-kritische Buch The God that failed. Des Weiteren war Spender von 1953 bis 1966 als Editor am Magazin Encounter beschäftigt. Diese Arbeit beendete Spender, als sich herausstellte, dass der Kongress für kulturelle Freiheit, der das Magazin publizierte, vom CIA finanziert wurde.
Zunächst übernahm er 1954 die „Elliston Chair of Poetry“-Professur an der University of Cincinnati.[4] 1961 wurde Spender Professor für Rhetorik am Gresham College in London.
Späte Jahre
Spender wurde Professor für Englisch am University College in London und lehrte von 1970 bis 1977. Danach wurde er Professor Emeritus. Spender erhielt 1962 den Titel Commander (CBE) des Order of the British Empire und wurde 1983 zum Ritter geschlagen. 1966 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences und 1969 in die American Academy of Arts and Letters[5] gewählt.
Trivia
1980 nach einer Vorlesung in Oneonta musste Spenders Flugzeug aufgrund schlechten Wetters landen. So nahm Spender ein Taxi für die 287 Meilen nach Manhattan, um ein Treffen mit Jacqueline Kennedy Onassis einzuhalten. Hierzu äußerte er: „I simply had to get there.“[6]
Debatte über die sexuelle Identität von Spender
Spenders Sexualität war Gegenstand einer Debatte. Spender griff 1994 den Autor David Leavitt für dessen Darstellung seiner Beziehung mit „Jimmy Younger“ in Leavitts While England Sleeps an. Der Fall wurde vor Gericht ausgetragen und Leavitt entfernte bestimmte Inhalte seines Textes.
Spenders sexuelle Identität scheint auf Bisexualität hinauszulaufen. Viele von Spenders Freunden in seinen frühen Lebensjahren waren schwul und Spender hatte in diesen Jahren mehrere Affären mit Männern, die bekannteste mit Tony Hyndman (der in seinen Memoiren World Within World als „Jimmy Younger“ bezeichnet wird). Nach seinen Affären mit Männern folgte eine Beziehung mit Muriel Gardiner. Er verlagerte seinen Fokus zur Bisexualität.[7] Die Beziehungen zu Hyndman und Gardiner verkomplizierten sich und so beendete er diese und heiratete 1936 Inez Maria Pearn. Die Ehe dauerte nur drei Jahre bis 1939. Seine zweite Heirat mit der Konzertpianistin Natasha Litvin erfolgte im Jahr 1941. Dies scheint das endgültige Ende seiner Beziehungen mit Männern zu markieren. Schrittweise verringerte er in den späteren Ausgaben seiner Gedichte homosexuelle Anspielungen. Die folgenden Zeilen entstammen einer älteren Ausgabe seines Gedichtes The Uncreating Chaos:
- Whatever happens, I shall never be alone.
I shall always have a boy, a railway fare, or a revolution.
Später ist in einer Neuveröffentlichung desselben Gedichts zu lesen:
- Whatever happens, I shall never be alone.
I shall always have an affair, a railway fare, or a revolution.
Ausgewählte Werke
Gedichte
- Nine Experiments, 1928 (privat gedruckt)
- Twenty Poems, 1930
- Poems, 1933 (2. Ausgabe 1934)
- Vienna, 1934
- The Still Centre, 1939
- Ruins and Visions, 1942
- Spiritual Exercises, 1943 (privat gedruckt)
- Poems of Dedication, 1947
- The Edge of Being, 1949
- Collected Poems, 1928-1953; 1955
- Selected Poems, 1965
- The Generous Days, 1971
- Selected Poems, 1974
- Recent Poems, 1978
- Collected Poems 1928-1985, 1986
- New Collected Poems, (ediert von Michael Brett), 2004
Briefe und Journals
- Letters to Christopher: Stephen Spender's Letters to Christopher Isherwood, 1980
- Journals, 1939-1983, 1985
Rezensionen, Reiseliteratur und Sachliteratur
- The Destructive Element, 1935
- Forward from Liberalism, 1937
- Life and the Poet, 1942
- European Witness, 1946
- Poetry Since 1939, 1946
- The God That Failed. Hrsg. Richard Crossman. Zusammen mit Arthur Koestler, Ignazio Silone, André Gide, Louis Fischer, Richard Wright. Hamilton, London 1949. Auf Deutsch: Ein Gott der keiner war. Verlag der Parma Edition, Frankfurt 1950
- Learning Laughter, 1952
- The Creative Element, 1953
- The Making of a Poem, 1955
- The Struggle of the Modern, 1963
- The Year of the Young Rebels, 1969
- Love-Hate Relations, 1974
- Eliot, 1975 (Modern Masters Serie)
- W. H. Auden: A Tribute (ediert von Spender), 1975
- The Thirties and After, 1978
- China Diary (gemeinsam mit David Hockney), 1982
Drama
- Trial of a Judge, 1938
- The Oedipus Trilogy, 1985
Libretto
- Rasputin’s End. Oper (1958). Musik: Nicolas Nabokov
Memoiren
- World Within World. Hamilton, London 1951. Auf Deutsch Welt zwischen Welten. Verlag der Parma-Edition, Frankfurt a. M. 1952.
Fiktion
- The Burning Cactus, 1936 (Geschichten)
- The Backward Son, 1940
- Engaged in Writing, 1958
- The Temple (geschrieben 1928; publiziert 1988)
Literatur über Spender (Auswahl)
- Samuel Hynes: The Auden Generation. 1976, ISBN 0370103815.
- John Sutherland: Stephen Spender: The Authorized Biography, 2004, ISBN 0-670-88303-4; US-Ausgabe: Stephen Spender: A Literary Life, 2005; ISBN 0-140-27889-3
- Matthew Spender: A House in St John's Wood: in Search of My Parents. William Collins, 2015, ISBN 978-0-00-813206-4
Einzelnachweise
- Stephen Spender in Herbert Lists Fotoband Söhne des Lichts. Hamburg 1988, S. 2.
- Nicolaus Schmidt: Willi Lassen – eine biografische Skizze. In: Demokratische Geschichte. Bd. 26, 2015, S. 196.
- Stephen Spender: Welt zwischen Welten. Verlag der Parma Edition, Frankfurt 1952, S. 244.
- George Elliston Poetry Foundation. McMicken College of Arts and Sciences, Universität Cincinnati (Memento vom 26. Dezember 2004 im Internet Archive).
- Honorary Members: Stephen Spender. American Academy of Arts and Letters, abgerufen am 23. März 2019.
- Stephen Metcalf: Stephen Spender, Toady. Was there any substance to his politics and art? In: Slate, 6. Februar 2005.
- MS letter, 14. September 1934. Huntington Library. Zitiert nach John Sutherland: Spender, Sir Stephen Harold (1909–1995). In: Oxford Dictionary of National Biography. Oxford University Press, 2004.
Weblinks
- Literatur von und über Stephen Spender im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Stephen Spender in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Stephen Spender in der Internet Movie Database (englisch)
- Stephen Spender Memorial Trust
- Beiträge zu Stephen Spender in der New York Review of Books
- Ian Hamilton: Spender’s Lives. Artikel aus The New Yorker, 28. Februar 1994 (Auszüge)
- Stephen Metcalf: Stephen Spender, Toady. Was there any substance to his politics and art? Slate, 6. Februar 2005