Steinerner Tisch
Ein Steinerner Tisch dient der Verortung und Vermarkung eines Gerichts- und Verhandlungsortes in der Landschaft. Er ist somit als Symbol für eine Gerichtshoheit anzusehen. Steinerne Tische dienen auch als Ruhe- und Rastplätze.[1] Aus Thüringen sind zahlreiche Steinerne Tische bekannt. Häufig sind sie auch mit Sitzbänken versehen. Als historische Orte werden sie häufig von Vereinen und Kommunen gepflegt.
Beispiele
- Steinerner Tisch unter der Mallinde bei Niederdorla
- Steinerner Tisch im Birkicht, bedeutendster Steinerner Tisch im Hainich: Er wird bereits 1588 urkundlich erwähnt, als er von dem Flarchheimer Holzförster Hans Ludwig restauriert wurde.
- Steinerner Tisch am Rennstieg: Er wurde am 5. Mai 1838 von Friedrich Wilhelm Carl von Seebach erbaut und als Ruhe- und Aussichtsplatz genutzt.
- Steinerner Tisch am Lehdeborn im Hainich bei Langula; der Tisch weist eine Inschrift von 1746 auf.
- Steinerner Tisch auf dem Gaiberg bei Hildebrandshausen (Eichsfeld)
- Steinerner Tisch am Rondel bei Langula
- Steinerner Tisch auf dem Anger von Bickenriede
- Steinerner Tisch östlich von Burgtonna am Fuß der Fahner Höhe
- Steinerner Tisch bei Stadt Wehlen in der Sächsischen Schweiz: Der Tisch aus Elbsandstein wurde 1710 anlässlich einer Jagd von August dem Starken errichtet.
- Steinerner Tisch bei Nieder-Beerbach im Odenwald: Der Tisch wurde Anfang des 18. Jahrhunderts von Pfarrer Heyer gespendet und an einem Aussichtspunkt oberhalb des Ortes auf einem alten Mühlrad errichtet.
- Der Steinerne Tisch, eine alte Gerichtsstätte bei Niddertal-Kaichen.
- Kulturdenkmal Steinerner Tisch bei Lobbach im Kleinen Odenwald[2]
- Steinerner Tisch im Nordsüntel (ehem. Münchhausengut Nienfeld, einst Besitz des Alexander von Münchhausen. Ein Knecht von dessen Vorfahre Claus soll hier erschlagen worden sein).[3]
- Im Grabfeldgau (Südthüringen/Nordbayern) markierten zwei steinerne Tische die Gerichtsstätte des südlichen Banzgaues, einer am Dorfausgang von Medlitz, einer ca. 5 km nördlich davon bei Messenfeld, wo auch eine Martersäule stand.[4]
- Noch im 20. Jh. fanden sich in der Soester Boerde „mit den Stadt-Siegel versehene steinerne Tische“ (Siegel auf der Tischplatte), die ursprünglich vom Freygericht aus dem 16/17. Jh. stammten.[5]
- Steinerner Tisch an der Lichtenauer Torfbruchstraße, mutmaßlich Frühe Neuzeit, im 19. Jh. zu einem Rastplatz für Waldarbeiter umfunktioniert.[6]
Sonstiges
Ein steinerner Tisch spielt auch in dem Phantasieroman Sternenschweif – Flug durch die Nacht eine Rolle. Durch ihn blicken Einhörner vom Ältestenrat von Arkadia, dem Einhornland, in die Welt der Menschen.
Die Kyffhäuser-Sagen um Kaiser Friedrich Barbarossa verorten selbigen in einer Höhle an einem steinernen Tisch (angeblich Marmor) sitzend[7] – ähnlich soll es bei Karl dem Großen im Untersberg sein.[8] Dergleichen gibt es legendenumwobene „Karlstische“ an mehreren Orten, bspw. in Baden bei Wien und oder Herstelle bei Höxter.[9]
In Heringsdorf wurde 1888, nach der Seebadgründung, durch Greifswalder Studenten ein an historischen Vorbildern orientierter Sandsteintisch errichtet, der als Verweileinrichtung am Buchenhallenwald gedacht war.[10]
Literatur
- Flori, R. (2014): Neckarweg: Neckarsteig von der Quelle bis zur Mündung. Bergverlag Rother GmbH, Seite 195.
Weblinks
Einzelnachweise
- Sühnekreuze und Mordsteine. Abgerufen am 2. November 2019.
- Der Überlieferung zufolge in der Walpurgisnacht ein „Hexentanzplatz“.
- Entsprechend bezieht sich die Sage „ein Münchhausen sitze zur Geisterstunde ruhelos am steinernen Tisch“ auf einen älteren Originaltisch an der Stelle, der schon vor 1914 existiert haben muss, da er bereits bei Meissel (1907, 1. Aufl.) – Beiträge zur Beschreibung, Geschichte und Sagenkunde des Kreises Springe – Erwähnung findet – und dort wird schon anmerkt, die Sage habe es bereits zu großelterlichen Zeiten, d. h. Mitte des 19. Jh., gegeben (vgl. Wildhagen, Gudrun/Mierau, Udo, Über den Deister gehn. Wahre Geschichte Sagen und Märchen von diesseits und jenseits des Deisters, 1996, S. 163f.; B. Althammer, Kriegsgefangene hinterließen ihre Namen, Schaumburger Nachrichten vom 4. Oktober 2014.). Für ein höheres Alter spricht auch das in der Sage verwendete, im 17./18. Jh. gängige, Sühnemotiv des "kopflosen Junkers". Im Süntel finden sich weitere steinerne Tische, z. B. am Hohenstein, am Süntelturm und nahe Welliehausen.
- Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst. Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte, 1962 (google.de [abgerufen am 2. November 2019]).
- In Diesterweg’s Rheinischen Blättern (1850er) werden solche Orte auch als Versammlungsplätze beschrieben, man versuchte damals wohl sie in eine Kontinuität zu germanischen Thing-Plätzen zu stellen: „Die Kommunalverwaltung der ländlichen Gemeinden ging fürher vom Magistrat zu Soest aus. In jedem Dorfe wurde unter den Bauern einer zum Vorsteher oder Bauerrichter gewählt. Sollte sich die Gemeinde versammeln, um über gemeinsame Angelegenheiten zu beraten, so wurde das ‚Bauernhorn‘ geblasen und der Versammlungsplatz war ein Erdhügel, auf dem unter einer Linde [Anm.: Femlinde] ein steinerner Tisch und eine steinerne Bank stand. Dieser Versammlungs- und Rathplatz hieß Tig (niedersächs. Tie oder Tih, althd. Zieh – das Wort gehört wohl zu gothisch teihan, melden, sagen, ansagen, und zeihen). Noch jetzt ist fast in jedem Dorfe ein solcher Tig zu sehen.“
- ASSELNonline – Steinerner Tisch in der Egge lädt zum Verweilen ein. Abgerufen am 2. November 2019.
- Barbarossahöhle. bad-sachsa.de. Abgerufen am 8. November 2019.
- Barbarossahöhle – Barbarossasage. Abgerufen am 2. November 2019.
- Herstelle. Abgerufen am 3. November 2019.
- Waldhistorie – 1. Kur und Heilwald in Europa – Gesundheitsstudio der Natur. In: Kur- & Heilwald. Abgerufen am 2. November 2019 (deutsch).