Stefan Petzner
Stefan Petzner (* 17. Jänner 1981 in Tamsweg, Land Salzburg[1]) ist ein ehemaliger österreichischer Politiker (Bündnis Zukunft Österreich; BZÖ). Von 2008 bis zum 1. Oktober 2013[2] war er Abgeordneter des BZÖ im Nationalrat und dessen stellvertretender Klubobmann. Heute ist Petzner als Buchautor über Populismus und als PR-Berater tätig.
Leben
Petzner wuchs am elterlichen Hof im steirisch-kärntnerischen Grenzland in Laßnitz bei Murau auf und entstammt einer politischen Familie.[3] Sein Ururgroßvater, Ökonomierat Friedrich Kocher, war von 1919 bis 1920 Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung, dem ersten vom Volk frei gewählten Parlament in der Geschichte der Republik Österreich: Er beschloss unter anderem die bis heute gültige österreichische Bundesverfassung mit.[4] Sein Vater, Hubert Petzner, engagierte sich als Gemeinderat und Ortsparteiobmann jahrzehntelang für die FPÖ. Nach der Matura im Jahr 1999 studierte Stefan Petzner Publizistik an der Universität Klagenfurt, brach das Studium aber 2004 ohne Abschluss ab.[1]
Politische Laufbahn
An der Universität trat er als Sprecher des – mandatslosen – Rings Freiheitlicher Studenten auf. 2004 wurde er vom damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, zu diesem Zeitpunkt noch Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), als Pressesprecher und Spin-Doctor engagiert und wird daher zur sogenannten Buberlpartie gezählt. Nach der Gründung des BZÖ durch Haider im Jahr 2005 war Petzner von 2006 bis 2008 sowie von 2009 bis 2011 geschäftsführender Landesparteiobmann des BZÖ Kärnten, von Juni 2006 bis Oktober 2008 auch stellvertretender Bundesparteiobmann des BZÖ und von 2008 bis 2010 mit einer kurzen Unterbrechung Generalsekretär des BZÖ.[1]
Als BZÖ-Wahlkampfleiter leitete Petzner erfolgreich die Wahlkämpfe der Partei bei den Nationalratswahlen 2006 für das Bundesland Kärnten, den Nationalratswahlen 2008 bundesweit, den EU-Wahlen 2009 bundesweit sowie den Kärntner Landtagswahlen 2009 und 2013. Er zeichnete auch verantwortlich für zahlreiche Kampagnen für das BZÖ, die immer wieder für heftige öffentliche Debatten und politische Kontroversen sorgten und mitunter sogar die Justiz beschäftigten.[5] So wurde Petzner von den Kärntner Grünen im Mai 2007 wegen seines Slogans „Wollen Sie eine endgültige Lösung der Ortstafelfrage?“ wegen des Verdachts der Verhetzung angezeigt.[6] Im Juli 2008 trat die damalige Kärntner Landeshauptmannstellvertreterin Gabriele Schaunig-Kandut als Folge der permanenten Kampagnisierung gegen ihre Person zurück.[7] Petzner hatte sie zuvor unter anderem als „rote Quak-Ente“ karikiert und im Rahmen von Inseraten ihre Familie angegriffen.[8] Im Oktober 2011 sorgte ein Zeichentrick-Werbespot von Petzner für Proteste der römisch-katholischen Kirche.[9] Im Jahr 2013 verweigerten Kinobetreiber die Ausstrahlung eines von Petzner produzierten Kinospots, in welchem damals amtierende Kärntner Landespolitiker mit Diktatoren wie Erich Honecker, Slobodan Milošević oder Nicolae Ceaușescu gleichgestellt werden, da dieser Spot „verhetzend und menschenverachtend“ sei. In der Folge stellte Petzner den Spot auf Youtube, wo er innerhalb weniger Stunden über 50.000 Zugriffe erreichte.[10]
Nach Haiders Unfalltod wurde Petzner vom Parteivorstand des BZÖ am 12. Oktober 2008 einstimmig zum neuen Parteichef nominiert. Er trat für die Eigenständigkeit seiner Partei und gegen eine Vereinigung mit der FPÖ ein. Als erstes Ziel nannte er das Verhindern einer Neuauflage der rot-schwarzen Koalition in Österreich.
Petzner galt zunächst auch als alleiniger Kandidat für die Position des Klubobmanns im Nationalrat. Nach emotionalen Statements und Interviews, in denen er Jörg Haider nach dessen Tod unter anderem als seinen „Lebensmenschen“ bezeichnet hatte, geriet Petzner jedoch in die parteiinterne Kritik.[11] Am 22. Oktober 2008 wurde in der Folge Josef Bucher einstimmig zum Klubobmann gewählt. Petzner erklärte nach der Abstimmung, er selbst habe Bucher vorgeschlagen. Petzner wurde in der Sitzung zu einem der fünf Stellvertreter Buchers gewählt.[12] Am 19. November 2008 trat er als geschäftsführender BZÖ-Chef zurück, sein Nachfolger bis zum Konvent im Frühjahr 2009 war Herbert Scheibner.[13] Petzner leitete den Landtagswahlkampf 2009 in Kärnten, bei dem das BZÖ seine Spitzenposition eindeutig verteidigen konnte.
Infolge der Abspaltung von Mitgliedern der „Freiheitlichen in Kärnten“ kam es am 30. Jänner 2010 zu einem Gründungskonvent, bei dem das BZÖ Kärnten neugegründet wurde. Josef Bucher wurde hierbei zum Landesobmann gewählt und Stefan Petzner einstimmig zum geschäftsführenden Landesobmann.[14]
Am 8. April 2010 trat Petzner als Generalsekretär des BZÖ zurück, weil er sich auf seine Aufgabe als geschäftsführender Landesparteiobmann des BZÖ Kärnten konzentrieren wollte.[15] Am 9. März 2011 verpflichtete er sich im Rahmen einer Diversion zu einer Zahlung von 38.000 Euro. Er hatte im Jahr 2007 in seiner Funktion als Sprecher des ehemaligen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider die Inhalte eines Negativ-Bescheides zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft unrechtmäßig veröffentlicht und damit das Amtsgeheimnis verletzt.[16]
Am 25. März 2011 trat Petzner vom Posten des geschäftsführenden Kärntner BZÖ-Landesparteichefs zurück. Auslöser war sein Verhalten im Straßenverkehr, nachdem er im Frühjahr 2011 zweimal beim Lenken eines Kraftfahrzeugs ohne Berechtigung erwischt worden war. Der Führerschein war ihm im Dezember 2010 wegen massiver Geschwindigkeitsübertretung entzogen worden. Petzner behielt sein Nationalratsmandat, neuer geschäftsführender BZÖ-Landesparteiobmann wurde Sigisbert Dolinschek.[17][18]
Nachdem Petzner gemeinsam mit Ewald Stadler den Rückzug von Landesobmann Josef Bucher gefordert hatte, wurden beide am 1. Oktober 2013 wegen „parteischädigenden Verhaltens“ aus dem BZÖ ausgeschlossen.[19] Einen Tag später zog Bucher sich aus der Politik zurück.
PR-Beratungsagentur
Im Herbst 2014 gründete Petzner mit Partnern eine PR-Beratungsagentur, die sich auf die Beratung von Kunden in politischen Krisen spezialisiert hat.[20]
Broschüren-Affäre
Am 5. November 2013 erhob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Petzner, Uwe Scheuch, Harald Dobernig und Gerhard Dörfler Anklage in der sogenannten „Broschüren-Affäre“ wegen Untreue. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, eine Werbebroschüre für den Wirtschaftsstandort Kärnten in leicht abgewandelter Form als Wahlkampfbroschüre des BZÖ im Landtagswahlkampf 2009 verwendet zu haben. Der Schaden soll laut Anklageschrift 219.000 Euro betragen haben.[21] Im Jahre 2014 wurde die Anklage vom Oberlandesgericht Graz nach Einsprüchen der Verteidiger zurückgewiesen.[22] Die Staatsanwaltschaft erneuerte jedoch nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Georg Jeitler[23] die Anklage, wie sie am 2. November 2015 bekanntgab.[24] Diese wurde rechtskräftig, da diesmal nicht die Anklage, sondern die Einsprüche der Beschuldigten vom Oberlandesgericht Graz zurückgewiesen wurden.[25] In dem Prozess, der am 17. Jänner 2017 am Landesgericht Klagenfurt begann,[26] bekannte sich Petzner schuldig.[27] Er wurde am 16. März 2017 zu einer bedingten Haft von zehn Monaten verurteilt. Nach der Urteilsverkündung verzichtete er auf Rechtsmittel, da er das Urteil als „verhältnismäßig milde Strafe“ sah. Das Verfahren sei „positiv für die politische Hygiene in diesem Land“ gewesen.[28] Hinsichtlich des Privatbeteiligtenzuspruchs fand am 19. April 2018 eine Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof statt. Der Berufung über die privatrechtlichen Ansprüche wurde Folge gegeben und die Privatbeteiligten mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.[29][30]
Rassismus
Im Jahr 2020 bezeichnete Petzner in einem Fernsehinterview „die Chinesen generell“ als „dreckige, schmutzige Leut’“, die nicht nur „keine Manieren“ hätten, sondern auch „keine Kultur“. Er bezeichnete COVID-19 mehrmals als „Schlitzaugen-Virus“ und rief zur „Gegenwehr gegen die gelbe Gefahr“ auf. Der Standard verglich die Wortwahl mit dem „rhetorischen Arsenal des deutschen Imperialismus“ (siehe Hunnenrede).[31]
Sonstiges
Bei einer im Internet abgehaltenen Abstimmung wurde der Ausdruck „Lebensmensch“ zum österreichischen Wort des Jahres 2008 gewählt.[32] Als Autor landete Petzner im Herbst 2015 mit dem biographischen Politik-Sachbuch Haiders Schatten – An der Seite von Europas erfolgreichstem Rechtspopulisten einen Bestseller und platzierte sich auf Platz 1 der Buchverkauf-Charts.[33]
Die Hauptfigur in David Schalkos Roman Weiße Nacht ist Stefan Petzner nachempfunden.[34] Petzner hat den Czernin Verlag, in dem das Buch 2009 erschien, wegen angeblicher Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte geklagt.[35][36] Petzner scheiterte in erster Instanz mit seiner Klage gegen den Verlag.[37] Das Wiener Straflandesgericht wertete das Buch als „fiktives Märchen“. Petzner legte dagegen Berufung ein, scheiterte jedoch auch in zweiter Instanz am Oberlandesgericht Wien.[38]
2016 war er Gast in den ORF-Sendungen Wir sind Kaiser[39] und Willkommen Österreich[40].
Von 15. März 2019 bis 3. Mai 2019 war er Kandidat der zwölften Staffel der ORF-Tanzshow Dancing Stars. Seine Tanzpartnerin war die Profitänzerin Roswitha Wieland. Das Paar erreichte im Semifinale den vierten Platz.[41]
Publikationen
- Haiders Schatten: An der Seite von Europas erfolgreichstem Rechtspopulisten. edition a, Wien 2015, ISBN 978-3-99001-144-7.
- Trump to go: Eine kleine Erklärung, wie Populismus funktioniert, edition a, Wien 2017, ISBN 978-3-99001-210-9.
Literatur
- Lionel Baland: Jörg Haider le phénix: Histoire de la famille politique libérale et nationale en Autriche, Paris, Éditions des Cimes, coll. «Politica» 2012, ISBN 979-10-91058-02-5.
Weblinks
- Stefan Petzner auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
- Biografie, 13. September 2006, auf ORF.at
- Stefan Petzner in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- Stefan Petzner, Biografie. Abgerufen am 24. Juli 2018.
- BZÖ schließt Petzner und Korak aus. kaernten.orf.at, 1. Oktober 2013, abgerufen am 1. Oktober 2013.
- Das ist Stefan Petzner. 12. Oktober 2008, abgerufen am 25. November 2021.
- Friedrich Kocher auf der Seite des Parlaments
- Kleine Zeitung: Strutz und Petzner: Ihre Karriere (Memento vom 21. September 2013 im Internet Archive), 19. Februar 2012
- SPÖ-Chefin als "rote Quak-Ente". In: oesterreich.orf.at. 17. August 2006, abgerufen am 21. November 2018.
- Jörg Haiders Witwer – Die Tränen von Stefan Petzner. In: die tageszeitung vom 25. Oktober 2008
- BZÖ: Josef Bucher zum Klubobmann gewählt. In: www.orf.at vom 22. Oktober 2008
- BZÖ: Petzner tritt als BZÖ-Chef zurück. In: www.orf.at vom 19. November 2008
- ots.at: Bucher mit 99,6 Prozent zum BZÖ-Landesobmann gewählt. 30. Januar 2010.
- Rücktritt Petzners vom Amt des Generalsekretärs
- Stefan Petzner belastet Jörg Haider schwer In: Die Presse 9. März 2011 ORF: Petzner-Prozess endet mit Diversion, 9. März 2011
- BZÖ-Chef Bucher bestätigt Petzners Ablöse. In: oesterreich.orf.at. 25. März 2011, abgerufen am 2. November 2018.
- Petzner als geschäftsführender BZÖ-Landesparteichef abgelöst. In: derStandard.at. 25. März 2011, abgerufen am 7. Dezember 2017.
- Stefan Petzner aus BZÖ ausgeschlossen. In: Der Standard vom 1. Oktober 2013
- Petzner steigt ins PR-Geschäft ein, Artikel des Kurier vom 30. September 2014
- Untreue und Bestechung: Anklage gegen Ex-FPK-Spitze. In: orf.at. 5. November 2013, abgerufen am 5. November 2013.
- BZÖ-Wahlbroschüre: Weitere Ermittlungen nötig. In: kaernten.ORF.at. 26. August 2014. Abgerufen am 24. August 2015.
- Wolfgang Rössler: Dieses Gutachten stützt Anklage gegen Kärntner BZÖ-Politiker | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. 19. Mai 2017, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 6. August 2018]).
- Anklagen wegen BZÖ-Wahlkampfbroschüre. In: orf.at. 2. November 2015, abgerufen am 2. November 2015.
- BZÖ-Wahlbroschüre: Anklage fix. In: kaernten.ORF.at. 24. Mai 2016. Abgerufen am 25. Mai 2016.
- Prozess gegen Scheuch, Dörfler und Dobernig startet am 17. Jänner. In: www.kleinezeitung.at. 6. Dezember 2016. Abgerufen am 7. Dezember 2016.
- Wahlbroschüre: Petzner legt Geständnis ab. In: orf.at. 18. Januar 2017. Abgerufen am 16. März 2017.
- Vier Schuldsprüche im BZÖ-Prozess. In: orf.at. 16. März 2017. Abgerufen am 16. März 2017.
- Terminhinweis: Öffentliche Verhandlung in der Strafsache gegen Stefan P, Gerhard D, DI Uwe S und Mag. Harald D. In: Oberster Gerichtshof. 23. März 2018, archiviert vom Original am 28. März 2018; abgerufen am 28. März 2018.
- OGH bestätigt die Schuldsprüche gegen Gerhard D. und DI Uwe S. In: OGH. 19. April 2018, abgerufen am 20. April 2018.
- Bernhard Weidinger: „Gelbe Gefahr“: Hass mit Zukunft und Vergangenheit Der Standard, 5. Juni 2020.
- «Lebensmensch» Haider – Wort des Jahres. (Memento vom 5. Oktober 2013 im Internet Archive) In: Basler Zeitung vom 11. Dezember 2008
- Ein schwarzer Karl-May-Roman. In: Der Standard vom 24. September 2009
- profil Nr. 3, 41. Jg., 18. Jänner 2010, S. 15
- Ralf Leonhard: Rechtsstreit in Österreich – Petzner will keine Romanfigur sein. In: die tageszeitung vom 1. Februar 2010
- Bericht der Tageszeitung Die Presse über den Prozess Petzner vs. Czernin Verlag. (Memento vom 23. Februar 2010 im Internet Archive)
- Kleinen Zeitung: Petzner mit Klage gegen Schalko erneut gescheitert (Memento vom 4. Oktober 2013 im Internet Archive)
- oe24.at: Schreiduell zwischen Petzner und Kaiser. Bericht vom 21. Dezember 2015, abgerufen am 8. April 2019.
- diepresse.com: „Willkommen Österreich“: Kritik an Umgang mit Stefan Petzner. Bericht vom 28. September 2016, abgerufen am 8. April 2019.
- Endstation Semifinale: Aus für Stefan Petzner - Dancing Stars 2019. 3. Mai 2019, abgerufen am 5. Mai 2019.