St. Stephan (Mindelheim)
St. Stephan ist eine katholische Stadtpfarrkirche in der oberschwäbischen Kreisstadt Mindelheim im Landkreis Unterallgäu. Sie ist die Hauptkirche des Dekanats Mindelheim. Ihr Patrozinium ist das Fest des heiligen Stephanus am 26. Dezember.
Lage
Die Kirche mit der Adresse Pfarrstraße 1 steht innerhalb Mindelheims Altstadt in direkter Nähe zur Stadtmauer. Nach Süden wird die Kirche vom weitläufigen Kirchplatz begrenzt, nach Osten schließt der Stadtgraben an. Im Westen befindet sich das Kloster Heilig Kreuz, das über einen Verbindungsgang direkt mit der Stadtpfarrkirche verbunden ist.
Baugeschichte und -beschreibung
Im Jahr 1409 ließen Herzog Ulrich von Teck und seine Frau Anna von Polen eine gotische Basilika innerhalb der Stadtmauer errichten und übertrugen die Pfarrrechte auf die neue Stephanskirche.[1] 1462 wird in einer Steuerliste der Stadtchronik ein Organist erwähnt. Den Dienst dürfte ein Lehrer der „Latein-Schule“ geleistet haben.
Ab 1712 entstand ein barocker Neubau von Schiff und Chor unter Baumeister Valerian Brenner. 1862 bis 1867 folgten nach einer Entbarockisierung die Neueinwölbung durch Matthias Berger und die neuromanische Ausgestaltung des Raums, die im 20. Jahrhundert wiederum entfernt wurde und ältere Ausstattungsstücke (Silberarbeiten der Seitenaltäre, Skulpturen und Gemälde) zurück in die Kirche brachte.
1851 bekam der auf einer quadratischen Grundfläche errichtete Kirchturm einen Turmhelm. In den Jahren 1958–1963 fanden eine Umgestaltung sowie die Innen- und Außenrenovierung der Kirche statt. Eine Außenrenovierung der Kirche fand im Jahre 2007 statt. In den Jahren 2012 bis 2013 wurden eine Innenrenovierung und Neugestaltung des Altarraums durchgeführt.[2]
Die Kirche ist ein pilastergegliederter Saalbau mit eingezogenem Chor und einem nördlichen Glockenturm mit Spitzhelm.
Die Kirche, das Kloster Heilig Kreuz mit dem Verbindungsgang zur Kirche und die doppelstöckige Gruftkapelle umgeben den weitläufigen Kirchplatz von St. Stephan.
Auf dem Kirchplatz steht auch die Doppelkapelle Maria Schnee und St. Michael. Diese ist eine zweistöckige Doppelanlage mit dreiseitigem Schluss und Dachreiter mit Zwiebelhaube. Der nördliche Kapellenanbau ist mit Volutengiebel. Im Kern ist es eine spätgotische Friedhofskapelle, die Anfang des 18. Jahrhunderts und um 1726 umgestaltet wurde.
Ausstattung
Im Zentrum des Chors dominiert seit 1962 das Hochaltarretabel von Erwin Holzbaur. Im Mittelteil zeigt es unten in dunkel gehaltenen Farben die Steinigung des heiligen Diakons Stephanus, darüber leuchtend die Heilige Dreifaltigkeit mit dem Geist in Gestalt einer Taube, der über dem Rahmen des Gemäldes und damit auch symbolisch ausgedrückt über der ganzen Welt schwebt. In den kleinen Tafeln sind die abendländischen Kirchenväter sowie die Apostel Petrus und Paulus dargestellt.
Im Kirchenschiff befindet sich ein Kreuzweg von Johann Michael Ziegler von 1777 mit der Auffindung des heiligen Kreuzes und der Ansicht der Stadt Mindelheim mit dem heiligen Sebastian. Am linken Seitenaltar sieht man eine Verkündigungsgruppe dargestellt und Figuren mit Sockeln aus Silber von Ignaz Caspar Berthold, die in den Jahren 1769/1770 in Augsburg geschaffen wurden. Direkt darüber ist ein Wandgemälde von Gebhard Fugel von 1934.
Unterhalb der Altarstufen auf der rechten Seite steht der Taufstein vom Anfang des 16. Jahrhunderts. An der Nordwand, direkt gegenüber dem Südportal, steht eine lebensgroße Pieta, die der Bildhauer Georg Schenk um 1650 schuf.
Die Turmkapelle und die nördliche Chorkapelle beherbergen bedeutende Epitaphe. Das Rotmarmorgrabmal des Herzogs Ulrich von Teck mit seiner zweiten Gemahlin Ursula von Baden und die Sandsteingrabplatte der Anna von Polen (um 1432) zählen zu den bedeutenden Zeugnissen schwäbischer Skulpturen jener Zeit. In der kreuzrippengewölbten Turmkapelle steht das Doppelgrabmal für Herzog Ulrich von Teck und Ursula von Baden aus Rotmarmor von Meister Ulrich aus Augsburg. Am Eingang zur Turmkapelle befindet sich der Wappenstein des Georg von Frundsberg, der wohl aus dem Jahr 1538 stammt. Daneben beherbergt die Kirche auch die Grabplatte der Anna von Polen (1366–1425), der ersten Gemahlin des Herzog Ulrich von Teck.
Über dem Eingang des Südportals hängt die Stiftungstafel der Pfarrkirche durch Herzog Ulrich von Teck und Anna von Polen.
Orgeln
Vorgängerinstrumente
Ihr Jahr 1620 wurde auf der zweiten Westempore der Kirche eine neue große Orgel errichtet, die 1713/1714 durch ein Instrument von Johann Georg Hofer (Ottobeuren) ersetzt wurde. 1767/1768 erbaute Johann Georg Hörterich eine neue Orgel mit 30 Registern auf zwei Manualen und Pedal.
Das bis dato größte Werk wurde 1867 durch die Firma G. F. Steinmeyer (Oettingen) als Opus 65 errichtet: ein mechanisches Kegelladen-Instrument mit 33 Registern, die auf Hauptwerk, Schwellwerk und Pedal verteilt waren. In den Jahren 1952 und 1958 wurde diese Orgel durch Josef Zeilhuber & Sohn (Altstätten) umgebaut, erweitert und modernisiert. Sie hatte fortan 47 Register auf 3 Manualen und Pedal.[3] 1994 wurde eine Generalüberholung durch die Orgelbauwerkstatt Kubak (Augsburg) durchgeführt.[4]
Chororgeln lassen sich für die Stadtpfarrkirche sehr weit zurückverfolgen. Vor 1462 dürfte die früheste Orgel wohl an der linken Wand im Chorraum beim Hauptaltar in der gotischen Kirche ihren Platz gehabt haben. Bis 1819 gab es eine sog. „liegende Orgel“ im Chor der barocken Kirche hinter dem sog. Choraltar. Im Jahr 1819 wurde eine Chororgel an der linken Seitenwand beim Chorgestühl unter Verwendung der Pfeifen der „liegenden Orgel“ erbaut. Dies führte Peter Paul Hörmüller (Landsberg/Lech) durch. Die Orgel hatte sechs Register. 1868 lieferte Otmar Sauter (Mindelheim) für die umgestaltete und entbarockisierte Kirche eine neue Chororgel. Diese ist im Inventarverzeichnis des Kirchenchores noch 1902 aufgeführt, jedoch nicht mehr im Inventarverzeichnis von 1911.[5]
Hauptorgel
Die Orgel wurde von der Orgelbauwerkstätte Siegfried Schmid gebaut und am Pfingstmontag 2015 geweiht. Bei der Erstellung der Disposition galt es, mit den brauchbaren Registern der Vorgängerinstrumente von Steinmeyer und Zeilhuber ein Klangkonzept zu entwickeln, welches an die Tradition der deutsch-romantischen Orgel anknüpft, aber auch dem Anspruch an ein Instrument zu Beginn des 21. Jahrhunderts gerecht wird.[6]
Die Spieltraktur wurde mechanisch angelegt. Die Registersteuerung erfolgt elektrisch mittels besonders geräuscharm arbeitender Schleifenzugmagneten. Eine moderne Setzeranlage verfügt neben den verschiedenen Speichermöglichkeiten über weitere Funktionen (z. B. Stimmsystem, Aufnahme- bzw. Abspielfunktion usw.). Ebenfalls elektrisch sind die Koppeln ausgeführt, samt den zahlreichen Oktavkoppeln. Eine weitere Spielhilfe stellt der Registerschweller mit vier Crescendoprogrammen dar. Die Gestaltung des Spieltisches orientiert sich, bei zeitgemäßer Ausführung, an Vorbildern von Cavaillé-Coll.
Das Schleifladen-Instrument hat 52 Register[7] (48 klingende Stimmen, 4 Transmissionen), die sich auf drei Manualwerke und Pedal verteilen. Die Prospekte vom Hauptgehäuse und Rückpositiv gliedern sich in drei Teile und stellen so ein gestalterisches Pendant zum Hochaltar dar.
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- Koppeln
- Normalkoppeln: I/II, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Sub- und Superoktavkoppeln: jeweils: I/I, I/II, II/II, III/I, III/II, III/III; zusätzlich III/P (Superoktavkoppel)
- Spielhilfen: Setzeranlage, Crescendo-Walze
- Anmerkungen
- (S) = Historisches Register von Steinmeyer (1867)
- Sammelzug für Nr. 19–21
- Sammelzug für Nr. 15+18+19+20+21
- C–H akustisch
Truhenorgel
Des Weiteren beherbergt die Pfarrkirche eine Truhenorgel von Gunnar Schmid (Westendorf) aus dem Jahr 2018. Das Instrument ist aus Ulme gearbeitet, hat einen Tastenumfang von C–f3, geteilte Schleifen und eine Transponiervorrichtung (440/415 Hz). Die Disposition lautet:
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- Anmerkung
- ab c0
Gemeinde
Die Pfarrei von St. Stephan mit der Kuratie Mariä Verkündigung (Jesuitenkirche) setzte sich bis August 2018 aus dem gesamten Stadtgebiet zusammen. Im September 2018 wurde die Pfarrei St. Stephan Mitglied der Pfarreiengemeinschaft Mindelheim. Diese besteht aus acht Einzelpfarreien und umfasst rund 10.700 Katholiken. Zu ihr gehören die Stadtpfarrei Mindelheim, die Pfarrei St. Bartholomäus Apfeltrach, die Pfarrei St. Jakobus maj. Mindelau mit St. Franziskus und St. Georg Altensteig, die Pfarrei St. Vitus Nassenbeuren, die Pfarrei St. Mauritius Oberauerbach mit St. Michael Unterauerbach, die Pfarrei Mariä Himmelfahrt Oberkammlach, die Pfarrei Maria-Königin des hl. Rosenkranzes Unterkammlach – und die Pfarrei St. Andreas Westernach.[8]
Weblinks
- Pfarrkirche St. Stephan Mindelheim auf der Website des Bistums Augsburg
Einzelnachweise
- https://www.allgaeu.de/a-die-pfarrkirche-st-stephan (zuletzt aufgerufen am 4. Mai 2020)
- https://www.kurierverlag.de/mindelheim/stephan-wird-renoviert-modernisiert-2615381.html (zuletzt aufgerufen am 4. Mai 2020)
- Richard Paletta: Die Orgel in der Stadtpfarrkirche St. Stephan in Mindelheim. Kurzmonographie. Mindelheim 1994.
- Festschrift zur Orgelweihe der neuen Stephanus-Orgel, Pfingstmontag, 25. Mai 2015 Stadtpfarrkirche Mindelheim. 2015.
- Richard Paletta: Die Orgel in der Stadtpfarrkirche St. Stephan in Mindelheim. Kurzmonographie. Mindelheim 1994.
- https://stephanuskonzerte.de/orgel (zuletzt aufgerufen am 28. April 2020)
- https://bistum-augsburg.de/Pfarreien/St.-Stephan_Mindelheim2/Kirchenmusik/Orgel (zuletzt aufgerufen am 28. April 2020)
- https://www.kurierverlag.de/mindelheim/mindelheimer-pfarreiengemeinschaft-klingt-erstmals-zusammen-10409729.html (zuletzt aufgerufen am 4. Mai 2020)