St. Peter und Paul (Neuwiller-lès-Saverne)
St. Peter und Paul (französisch Saints-Pierre-et-Paul) ist eine ehemalige Abtei- und heutige römisch-katholische Pfarrkirche in Neuwiller-lès-Saverne in der französischen Region Grand Est. Sie ist seit 1993 eingetragenes Monument historique.[1]
Geschichte
Die Gründung der Benediktinerabtei wird dem Metzer Bischof Sigebald zugeschrieben und soll 723 oder 727 erfolgt sein. Dabei wurde wohl eine ältere Klostergründung von Pirminius umgewandelt. 836 oder 846 veranlasste Bischof Drogo von Metz die Umbettung der Gebeine des heiligen Adelphus nach Neuwiller-lès-Saverne, was den Ort zu einem Wallfahrtsziel machte. Im 11. Jahrhundert schloss sich das inzwischen prosperierende Kloster der Reform des Abtes Poppo von Stablo an. Sein Schüler Dietrich übernahm 1029 als Abt die Leitung des Konvents. Immer wieder wurde das Kloster in der Folge erweitert und umgebaut. 1496 erfolgte die Umwandlung der Abtei in ein Kollegiatstift. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Kloster geplündert, doch man baute das Stift wieder auf und führte es weiter. Während der französischen Revolution kam es erneut zu Plünderungen und das Stift wurde schließlich im Zuge der Säkularisierungsmaßnahmen aufgehoben.
Die ehemalige Abteikirche entstand im 12. und der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Nach der Zerstörung des Klosters im Jahr 1177 begann man mit einem Neubau einer Kirche für die Abtei. Zum ältesten Teil der Kirche gehört ein tonnengewölbter Raum unter dem Chor, der wohl im 9. Jahrhundert als Confessio für die Gebeine des hl. Adelphus errichtet wurde. Nach Westen schloss sich das Querhaus mit drei quadratischen Jochen und Nebenchören an. Das Langhaus bestand anfangs nur aus einem Doppeljoch. Äußerlich sichtbar ist dies an den beiden Rundbogenfenstern im Langhaus. Der anschließende Ausbau der Kirche ist stark von der Gotik geprägt. Man baute die Seitenschiffe aus. Zwischen 1180 und 1210 wuchs das Langhaus um zwei weitere Joche. Strebepfeiler auf den Seitenschiffen halten das erhöhte Mittelschiff. Um 1225 übernahm die Straßburger Münsterbauhütte weitere Arbeiten. So wurden den bereits bestehenden Seitenschiffmauern Arkaden auf schlanken Säulen vorgelagert, die ein prachtvolles Säulenportal einrahmen. Bis in das 18. Jahrhundert war ein Westturm vorhanden.
Ab 1768 schuf Bistumsarchitekt François Pinot eine von einem breiten Turm überragte frühklassizistische Giebelfassade und erneuerte die Außenmauern des südlichen Seitenschiffs. Vorausgegangen war dem Bau eine Umgestaltung des Stifts. Westlich und nördlich der Kirche waren einige Stiftsherrenhäuser um einen großen Platz entstanden.
Architektur
Die Abteikirche ist eine dreischiffige Basilika mit geradem Chorschluss und mächtigem Vierungsturm. Der Vierungsturm mit gekuppelten Fenstern und Bogenfries wurde im 19. Jahrhundert verändert. Der rheinische Aufsatz mit Giebeln und Rhombenhelm entstand bei der Restaurierung durch Émile Boeswillwald. Der ehemals gotische Turmaufsatz war schon im 18. Jahrhundert durch ein Glockendach mit Laternenkrönung ersetzt worden. An den Chor schließt sich rückwärtig ein zweistöckiger romanischer Kapellenbau mit drei Schiffen und drei parallelen Apsiden an. Die untere Kapelle ist der hl. Katharina geweiht. Die vier Fensterachsen belichten Kreuzgratgewölbe. Säulen mit Würfelkapitellen gliedern den Raum. Reste einer karolingischen Chorschranke aus der Zeit um 840 sind erkennbar. Die obere Kapelle ist dem hl. Sebastian geweiht und als flachgedeckte Basilika ausgeführt. Auch hier tragen Säulen mit Würfelkapitellen die Gewölbe. Die Schilde der Kapitelle sind reich verziert mit Tier- und Pflanzendarstellungen. Die Apsiden sind über einem gestelzten Grundriss gewölbt und werden von einem Mittelfenster belichtet. Anlage und Schmuckformen lassen auf eine Entstehung in frühsalischer Zeit schließen.
Die Hochwände des Langhauses werden von betonten Strebebögen gehalten. Den Seitenschiffen wurden Arkaden mit schlanken Säulen vorgeblendet. Sie rahmen auf der Südseite ein Säulenportal („Totentor“) ein, dessen Säulen in zwei Reihen stehen. Im Bogenfeld wird der Weltenrichter zwischen Engeln dargestellt. An den Pfeilern beiderseits des Gewändes stehen Statuen von Petrus und Paulus unter Baldachinen. Auf der Nordseite liegt ein Portal aus dem 12. Jahrhundert im Querhaus und ein weiteres gotisches aus dem 13. Jahrhundert im Seitenschiff, das als Totentor mit von Säulen getragenem auffälligem Gewände gestaltet ist und früher auf den Friedhof der Kirche führte. In seinem Bogenfeld ist der Weltenrichter dargestellt.
Die längsrechteckige Grundrissform des Chores mit Kreuzrippengewölbe der Hauptkirche orientierte sich an der Krypta, die aus dem 9. Jahrhundert stammt und wohl Confessio für die Gebeine des hl. Adelphus war. Beiderseits des Chores schließen sich tiefrechteckige Baukörper an, in denen Treppen zu der Doppelkapelle führen. Im Süden befindet sich außerdem eine Sakristei, im Norden ein weiterer Raum sowie zwei Seitenkapellen mit Oberkapellen. Daran schließen sich nach Westen die drei quadratischen Joche des Querhauses an. Es folgen die ersten beiden Joche des Langhauses, die älter sind, dann die vier Westjoche aus gotischer Zeit.
Dem Langhaus nach Westen vorgelagert ist ein mächtiges klassizistisches Portal mit einem quadratischen Turm. Dieser wird oben von einer hohen Balustrade mit Figuren auf den Eckpfeilern abgeschlossen. Dem Turm vorgelagert ist eine mächtige Blendfassade, die als Ädikula ausgeführt wurde. Der Mittelteil wird von einem typischen Dreiecksgiebel bekrönt, der von breiten Pilastern getragen wird. Außen verschlanken im oberen Teil Voluten das Bauwerk. In den Pilastern stehen die beiden Heiligen Peter und Paul in Nischen, darüber Kartuschen. Im Zentrum liegt das mächtige Holzportal, das von profilierten Laibungen umrahmt und von einem querrechteckigen Tympanon mit Verdachung überkrönt wird. Darüber ein einfaches querrechteckiges Fenster.
Vom Kloster selbst sind nur Reste erhalten. So ist der Kreuzgang noch erkennbar an einem Portal mit profiliertem Gewände und sieben Blattrosetten. Im noch erhaltenen Ostflügel des Konventgebäudes ist der Kapitelsaal mit Gratgewölbe erhalten.
Ausstattung
Taufstein
Der romanische Taufstein in zylindrischer Ausführung stammt aus der Zeit um 1200 und ist mit auffälligen Blendbögen verziert.
Adelphigrab
Das Grabmal stammt aus der Adelphikirche und wurde Ende des 13. Jahrhunderts geschaffen. Der säulengetragene Schrein ist reich verziert und hinter Wimpergen verborgen. In den Zwickeln sind Tierszenen dargestellt. Darunter steht eine Holztruhe mit den Reliquien des Heiligen.
Heiliges Grab
Das Heilige Grab stammt wie der Adelphischrein aus der Adelphikirche. Der architektonische Aufbau ist mit Figuren reich verziert und ist eine Beweinung Christi. Im Zentrum der Leichnam Christi, dahinter drei Frauen (Maria Magdalena und Maria Kleophae oder Salome). Im Sockel verzierte spitzbogige Nischen mit den Wächtern. Die Arbeit stammt wohl aus der Schule von Conrat Seyfer oder von Seyfer selbst.
Kanzel
Die Kanzel aus Stein stammt aus dem Jahr 1683. Sie wurde von Propst de Lair errichtet. Der ornamentierte Korpus mit Reliefs steht auf einer romanischen Bündelsäule.
Chorgestühl
Das Chorgestühl mit Wandvertäfelung stammt aus der Abtei Sturzelbronn. Es wurde im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts geschaffen.
Wandteppiche
Zum Besitz der Kirche gehören einige Tapisserien, die heute in der Sebastianskapelle ausgestellt sind. Sie zeigen Bilder aus dem Leben des hl. Adelphus und stammen aus der Zeit um 1470. Ursprünglich sollten sie wohl als Dorsalen dienen.
Orgel
Das Orgelprospekt stammt aus der Zeit 1772 bis 1777. Die Bildhauerarbeit des Aufbaus mit fünf großen Türmen und dreitürigem Positiv stammt wohl von Jean-Étienne Malade. Die Orgel erbaute Nicolas Dupont aus Nancy im Jahr 1778. Im Prospekt hängt ein Uhrglöckchen von 1327.
Literatur
- Walter Hotz: Elsaß-Lothringen. Handbuch der Kunstdenkmäler. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1973, S. 172–175
- Hans Haug, Robert Will: Alsace romane. Editions Zodiaque, Saint-Léger-Vauban 1982, S. 305–308
- Dominique Toursel-Harster, Jean-Pierre Beck, Guy Bronner: Alsace. Dictionnaire des monuments historiques. La Nuée Bleue, Straßburg 1995, S. 269–272
- Stephan Gasser: Neuwiller-lès-Saverne, église des Saints-Pierre-et-Paul. Société française d'archéologie, Paris 2006, S. 69–77