St. Michael (Göttingen)
St. Michael ist eine katholische Pfarrkirche in der historischen Innenstadt von Göttingen in Niedersachsen. Sie ist das Zentrum der katholischen City-Pastoral in Göttingen; die gleichnamige Pfarrgemeinde gehört zum Dekanat Göttingen des Bistums Hildesheim.
Geschichte
Baugeschichte
Mit Einführung der Reformation 1529 wurde in Göttingen der katholische Gottesdienst verboten. Da nach der Gründung der Georg-August-Universität Göttingen 1734 zunehmend Katholiken in der Stadt heimisch wurden, lockerte man auch die strikten religiösen Beschränkungen; ab 1747 waren wieder öffentliche katholische Gottesdienste zugelassen.
Zunächst fanden die Gottesdienste in privaten Wohnhäusern statt, erst 1787 begann man eine Kirche zu errichten. Baumeister war Georg Heinrich Borheck. Da das Gotteshaus nicht als ein solches erkennbar sein sollte, musste es sich zunächst turmlos mit einer zweigeschossigen Wohnhausfassade aus verputztem Bruchsteinmauerwerk mit Werksteingliederung[1] und einem Walmdach in die Häuserreihe der Kurzen Straße einpassen. Auch die Seitenfassaden der mit starker Südabweichung nach Westen ausgerichteten Kirche erinnerten eher an ein zweigeschossiges Wohnhaus. Über dem östlichen Eingang, im ersten Geschoss, war zunächst eine Priesterwohnung eingerichtet. Dahinter öffnete sich die 1789 geweihte Saalkirche.
1815 wurde auf dem östlichen Ende des Walmdaches ein hölzerner, achteckiger Dachreiter zur Aufnahme eines kleinen Geläutes errichtet, der mit einer flachen Welschen Haube bekrönt war.
Bis 1873 war die Gemeinde auf über 1200 Mitglieder gewachsen. Um den Gläubigen mehr Platz zu bieten, wurde nach den Entwürfen von Johann Eduard Friese damit begonnen, den Kirchenraum gen Westen durch einen Chor mit polygonalem Abschluss und Sakristei zu erweitern. Da der so gewonnene Platz aufgrund der schnell wachsenden Gemeinde bald schon nicht mehr ausreichte, erwog man 1893, den Kirchenraum auch nach Osten hin zu erweitern. So wurde die Priesterwohnung entfernt und der dadurch entstandene Platz in den Kirchenraum integriert. Zudem wurde das Äußere der Kirche, ebenfalls nach Plänen von Friese, verändert. So trug man den Dachreiter ab und setzte auf die straßenseitige Ostfassade den heutigen neobarocken Turm, der eine Höhe von 27 Metern erreicht. Aktuell beherbergt er drei Glocken.
Ausstattungsgeschichte
Auch die Innenausstattung wurde mehrfach verändert. So zierte die Kirche bis zur Erweiterung des Chores ein klassizistischer Altar mit Tabernakel, der von einem baldachinähnlichen Aufbau „überdacht“ war.
Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erhielt die Kirche eine Ausstattung im Stil der Neuromanik. Dabei kamen ein neuer Altar mit Tabernakel (1901), eine aufwendige Innenausmalung (1907) und eine Kreuzigungsgruppe (1909) in das Gotteshaus. Im Laufe des Jahrhunderts wurde die Kirche wiederum mehrfach umgestaltet. Dabei setzte man die Kreuzigungsgruppe, die einst als Triumphkreuz gedacht war, ans Chorhaupt, wo sie bis 2014 ihren Platz hatte.
In den 1950ern brach man das Mauerwerk zwischen den oberen und unteren Fenstern des Kirchenschiffs aus, um dadurch die heutigen länglichen Fenster zu erhalten.
1986 brachte man eine von Josef Baron gestaltete Bronzeplastik an die rechte Ecke der Ostfassade an. Sie zeigt den Patron der Kirche, den hl. Erzengel Michael.
Heute ist das Innere von der jüngsten Innensanierung geprägt, die durch das Architekturbüro soan architekten (Bochum) geleitet und 2015 abgeschlossen wurde. Seither ist der Raum schlicht gestaltet und von einem kalten Weiß dominiert. Neben einem modernen Altarkreuz und einem Kruzifix aus dem 16. Jahrhundert beherbergt die Kirche seit 2015 auch eine Figur der hl. Edith Stein, die vom Künstler Peter Marggraf geschaffen wurde.[2]
„[Marggraf] sieht in [der Skulptur] „eine weibliche Figur für einen Ort, an dem Edith Steins gedacht werden kann“ – keine „Edith-Stein-Büste“. Wie bei der Heiligen stehe der Mensch im Mittelpunkt seiner Arbeit: „Das Leid aller Menschen soll darin Platz finden“, sagt Marggraf.“
- Bronzeplastik des Erzengels Michael von Josef Baron
- Figur der hl. Edith Stein von Peter Marggraf
- Schriftplatte aus Bronze, eingelassen in einen Marmorblock neben der Figur der Edith Stein
Orgel
Die Orgel von St. Michael wurde 1989 durch die Orgelbaufirma Eisenbarth (Passau) erbaut. Das Instrument hat 34 Register auf Schleifladen. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen mechanisch und elektrisch. Teilweise fand Pfeifenmaterial der Vorgängerorgel(n) Wiederverwendung.[4]
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- Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: 32-fache Setzeranlage
Literatur
- Sabine Wehking: St. Michael – Göttingen 1789–1989. Glotze-Druck, Göttingen 1989.
Weblinks
Einzelnachweise
- Ilse Röttgerodt-Riechmann: Stadt Göttingen. In: Christiane Segers-Glocke (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen. Band 5.1. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1982, ISBN 3-528-06203-7, S. 49.
- Kirchenführer Sankt Michael. samiki.de, abgerufen am 4. Oktober 2017.
- Johannes Broermann in "Kirchen Zeitung - Die Woche im Bistum Hildesheim" 13. November 2015
- Näheres zur Eisenbarth-Orgel