St. Marien (Volkmarsen)

Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Marien i​st eine frühgotische Hallenkirche i​n Volkmarsen i​m nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg. Sie gehört z​ur Kirchengemeinde St. Marien Volkmarsen i​m Dekanat Kassel-Hofgeismar d​es Bistums Fulda.

St. Marien, Volkmarsen
Ansicht von Osten mit Chor, Kirchenschiff, und Glockenturm
OrtVolkmarsen
Konfessionrömisch-katholisch
DiözeseFulda
PatroziniumMarienkirche
Baujahr1317
BautypHallenkirche
FunktionPfarrkirche

Geschichte

Die einheitliche frühgotische Hallenkirche m​it rechteckig schließendem, einschiffigem Chor w​urde im dritten Viertel d​es 13. Jahrhunderts begonnen u​nd war b​ei der Übertragung d​es Patroziniums a​n das Augustinerinnenkloster Aroldessen i​m Jahr 1317 nahezu vollendet. Im 16. Jahrhundert w​urde vermutlich d​ie gewölbte Sakristei a​n der Nordseite d​es Chores angebaut. Im Jahr 1504 w​urde das Beinhaus (Karner) m​it darüber liegender Marienkapelle a​n der Nordseite d​es Westturms erbaut. Das Turmobergeschoss entstand i​m Jahr 1564. Nach Brand i​m Jahr 1662 w​urde die Kirche i​m Jahr 1669 renoviert. Eine Restaurierung w​urde in d​en Jahren 1857–1859 n​ach Plänen v​on Georg Gottlob Ungewitter durchgeführt. In d​en Jahren 1903–1907 wurden d​ie Maßwerkfenster erneuert. Eine erneute Restaurierung w​urde 1995 durchgeführt.

Architektur

Äußeres

Südportal der Kirche St. Marien

Im Detail i​st eine fortschreitende Entwicklung d​er gotischen Formen v​on Ost n​ach West z​u erkennen. In d​er Mauertechnik i​st ein Wechsel v​on der Verwendung v​om Wolf z​ur Steinzange a​m Mauerwerk d​er Südwand östlich d​es Portals sichtbar. Eine Ritzzeichnung e​ines Baukrans m​it Steinzange lässt darauf schließen, d​ass diese Technik z​ur Bauzeit n​och nicht allgemein üblich war. Die Pfeiler u​nd deren Ornamente verweisen a​uf westfälische Bauwerke w​ie die Nikolaikapelle i​n Obermarsberg u​nd die Altstädter Marienkirche i​n Warburg, s​ind aber a​uch mit d​er Elisabethkirche i​n Marburg verwandt.

Beachtenswert sind die Portale des Langhauses. Das südliche Portal wurde um 1280 reich gestaltet mit Gewändesäulen, Mittelpfosten und Kleeblattbögen über den beiden Zugängen, Wimperg und seitlichen Fialen. Als unmittelbares Vorbild gelten die Portale des Paderborner Doms, ähnliche spätere Beispiele sind an der Altstädter Kirche in Warburg und in vereinfachter Form am Südportal der Stadtkirche Wolfhagen zu finden. Im Jahr 1404 wurden Figuren eingefügt, die heute in der Marienkapelle stehen und am Portal durch Kopien ersetzt sind. Sie zeigen im Tympanon die Muttergottes, unter den seitlichen Fialen Petrus und Paulus, ähnlich wie an der Kilianskirche Korbach. Das Westportal ist mit einem nur wenig zugespitzten Bogen ungeachtet der fortschrittlichen Einzelformen stilistisch konservativer ausgebildet. Im Tympanon aus der Zeit um 1300 ist eine Deesis dargestellt, die vermutlich auf das Vorbild am Lettner im Mainzer Dom zurückgeht. Der Turm hat ein eingezogenes Obergeschoss mit niedrigem Spitzhelm, dessen steinerne Brüstung mit Blendmaßwerk und Kurkölner Wappensteinen ausgestattet ist. Diese wurden ebenfalls durch Kopien ersetzt und werden heute im Turmuntergeschoss und an der Kirchhofsmauer aufbewahrt. An der früheren Marienkapelle ist eine Nische für eine Totenleuchte mit feinem Renaissancegitter zu finden. Am gesamten Außenbau sind verschiedene Grabinschriftsteine mit gotischen Minuskelinschriften eingemauert.

Innenansicht (2014)

Inneres

Das Innere ist als Hallenkirche mit 3 × 3 Jochen (Westfälisches Quadrat) gestaltet, deren Seitenschiffe halb so breit wie das Mittelschiff sind. Kräftige Rundpfeiler mit vier alten und vier hoch ansetzenden jungen Diensten und reichen Laubwerkkapitellen tragen die Gewölbe. In den Seitenschiffen sind diese als Kreuzgratgewölbe mit rundprofilierten Gurtbögen, im Mittelschiff mit Birnstabbögen gebildet. Die verzierten Schlusssteine zeigen im mittleren Langhausjoch das Wappen des Kölner Erzbischofs Adolf III. von Holstein und Schaumburg (1546–1556). Im südlichen Seitenschiff sind gotische Wandmalereien mit einer Gerichtsszene zu finden. In der Ostwand ist eine szenische Glasmalerei von Ludwig Bauer aus dem Jahr 1965 eingesetzt. Die Marienkapelle wird durch ein Gewölbe mit einer Mittelsäule, die zweijochige Sakristei mit einem Rippengewölbe abgeschlossen.

Ritzzeichnung eines Baukrans mit Steinzange am Südportal

Ausstattung

Der steinerne, neugotische Hochaltaraufsatz wurde 1867 nach Entwurf des Kölner Architekten Peter Zindel geschaffen und 1965 aus der Kirche entfernt. Nach einer Restaurierung wurde er 1995 wieder aufgestellt. Drei Wandtabernakel stammen vom Ende des 13. bis Anfang des 15. Jahrhunderts. Der von drei Löwen getragene Taufstein mit Apostelreliefs zeigt auffallend romanisch beeinflusste Formen und wurde um 1570 von Andreas Herber geschaffen. Das überlebensgroße Kruzifix aus der Zeit um 1500 ähnelt dem Schnitzaltar von Bergheim. Ein Gemälde aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stellt den heiligen Vitus dar. Teilweise sind noch alte, geschnitzte Gestühlswangen aus drei Perioden des 17. Jahrhunderts zu finden. Im Turmuntergeschoss ist eine Muttergottesfigur aus dem 14, Jahrhundert erhalten.

In d​er Marienkapelle s​ind die Figuren Maria, Petrus u​nd Paulus v​om Südportal aufgestellt. Ein Alabasterrelief v​om früheren barocken Hochaltar z​eigt die Anbetung d​er Hirten u​nd wurde 1671 v​on Heinrich Papen geschaffen.

Orgel

Die elektropneumatische Orgel i​st ein Werk v​on Friedrich Euler a​us dem Jahr 1955 m​it 30 Registern a​uf drei Manualen u​nd Pedal.[1]

I Hauptwerk C–g3
Gedacktpommer16'
Prinzipal08'
Spitzflöte08'
Oktave04'
Rohrflöte04'
Nasat0223'
Oktave02'
Mixtur IV-VI
Trompete08'
II. Manual C–g3
Gedackt08'
Weidenpfeife08'
Prinzipal04'
Waldflöte04'
Sifflöte02'
Quinte0113'
Sesquialtera III
Scharff IV
Dulzian16'
III. Manual C–g3
Rohrflöte08'
Gemshorn04'
Prinzipal02'
Terzian II
Zimbel III
Krummhornregal08'
Pedalwerk C–
Subbass16'
Prinzipal08'
Flötenbass08'
Choralbass04'
Rauschpfeife IV
Posaune16'

Literatur

  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hessen I. Regierungsbezirke Gießen und Kassel. Deutscher Kunstverlag, München 2008, ISBN 978-3-422-03092-3, S. 900–902.

Einzelnachweise

  1. Informationen zur Orgel auf der Website der Gemeinde. Abgerufen am 21. Dezember 2019.
Commons: St. Marien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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