St. Johann (Bremen)
St. Johann ist eine römisch-katholische Propsteikirche in Bremen. Sie wurde im 14. Jahrhundert als Klosterkirche des Franziskanerordens erbaut und steht seit 1917 unter Denkmalschutz.[1]
Geschichte und Architektur
Franziskaner sind in Bremen seit 1237 chronikalisch erwähnt, und 1241 ein „Gardianus“ (Klostervorsteher), der konvent als solcher allerdings erst 1288. Wie die erste Franziskanerkirche in Bremen beschaffen war, ist nicht bekannt, nicht einmal wo sie stand, ist gewiss.
Eine Urkunde aus dem Jahr 1294 deutet darauf, dass der Bremer Franziskanerkonvent in dieser Zeit auf den Erwerb von Grundstücken aus war.[2] Nicht unwahrscheinlich ist, dass so der Baugrund für eine neue, größere Kirche bereitgestellt werden sollte. Deren Bauzeit kann an zwei Jahren abzulesen sein, in denen das deutsche Provinzialkapitel der Franziskaner in Bremen tagte, 1300 als Jahr des Baubeginns, 1327 als Jahr der Weihe.[3] So entstand die heutige dreischiffige Hallenkirche, in allen Teilen gewölbt und mit langem einschiffigen Chor.[4]
In der Reformation wurde das Kloster 1528 geschlossen und im Kloster mit Zustimmung der Mönche 1538 Bremens erstes Kranken- und Irrenhaus errichtet. Kirche und Kloster dienten unterschiedlichen Zwecken; die Klosterkirche wurde als Krankenhauskirche genutzt und diente gelegentlich reformierten Gemeinden, wenn deren Kirchen renoviert oder repariert wurden. Von 1684 an fanden Gottesdienste der Hugenotten und später belgischer Glaubensflüchtlinge in der Kirche statt. Das Kloster war bis Mitte des 17. Jahrhunderts Bremens Krankenhaus. Es erlangte dann die Funktion eines Altenheims, in dem Prövener (von Präbende) wohnten: Es waren Bürger, die sich ein dauerhaftes Wohnrecht erkauft hatten.
Ab 1802 wurde nur noch der Chor gottesdienstlich genutzt. Das Kirchenschiff sollte als Warenlager umgebaut werden. Dazu kam es auf Grund der napoleonischen Besetzung Bremens nicht mehr. Die 1806 erstmals seit der Reformation in Bremen anerkannte katholische Gemeinde erwarb 1816 auf Anraten des Rats die Kirche. Nach Restaurierungsarbeiten wurde sie am 17. Oktober 1823 wieder als katholisches Gotteshaus eingeweiht. Mit dem Schutt des 1834 aus hygienischen Gründen abgerissenen Klosters wurde das Straßenniveau rund um die Kirche um zwei Meter angehoben, um Überschwemmungen zu vermeiden; in der Kirche wurde der Fußboden um drei Meter erhöht. So entstand ein großzügiger Keller, der zur Schuldentilgung vermietet wurde und seit 1992 eine Krypta enthält, die u. a. für Schul- und Studentengottesdienste und Gebets- und Meditationskreise genutzt wird. Im Vorraum der Krypta sind aus dem 13. Jahrhundert stammende Gründungspfähle des Klosters ausgestellt.[5] Der Hauptraum der Kirche wirkt durch die Hebung des Fußbodens vergleichsweise niedrig. Den Umbau von 1822/23 kann man vor allem außen an den unten zugemauerten Chorfenstern erkennen.
St. Johann ist die einzige erhaltene Klosterkirche der Stadt. Vom früheren Dominikanerkloster mit der Kirche St. Katharinen stehen nur noch Reste des Refektoriums (Gaststätte „Stadtwirt“) bei derKatharinenpassage im Stadtzentrum. Das St.-Pauls-Kloster vor dem Ostertor wurde bereits 1523 abgerissen, seine Wirtschaftsgebäude 1546 im Schmalkaldischen Krieg zerstört.
Das Kirchengebäude ist ein überaus prägnanter Vertreter der Backsteingotik. Alle drei Kirchenschiffe werden von einem einzigen großen Satteldach überdeckt. Durch diese Bauform erhält der Westgiebel seine außergewöhnliche Form und Größe. Er ist in drei Geschosse unterteilt, die ihrerseits durch paarweise angeordnete Spitzbogenblenden gegliedert werden. Der Grund der Spitzbogenblenden ist ornamental ausgemauert, die Spitzbogenfelder sind verputzt. In die Giebelspitze ist eine Kreisblende mit einem Hexagramm eingepasst, das keinen anderen als dekorativen Sinn hat. Es befindet sich dort auch erst seit 1878, als das Dach erneuert, der Giebel neu gefasst und mit einem steinernen Kreuz verziert wurde.
Einen Turm wies das Gebäude in Einklang mit den Ordensregeln der Franziskaner ursprünglich nicht auf, allerdings besitzt die Kirche einen Dachreiter mit einem aus drei Glocken bestehenden Geläut. Die Glocken wurden 1964 durch die Glockengießer Otto aus Bremen-Hemelingen geliefert. Die Schlagtöne der Glocken lauten: d′′ – e′′ – fis′′. Die Glocken haben folgende Durchmesser: 678 mm, 604 mm und 538 mm.[6][7]
Das Taufbecken wurde 1845 im neugotischen Stil vom Bildhauer Georg Andreas Steinhäuser geschaffen. Dargestellt ist, wie ein Täufling durch die Taufe in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen wird, während sich die Schlange als Symbol des Bösen davonschleicht.[5]
Die Kirchenfenster wurden in den Jahren 1955 bis 1957 durch den Künstler Walter Klocke geschaffen. Dargestellt sind bedeutende Heilige wie der Namenspatron Johannes der Täufer sowie Petrus, Paulus, Franziskus, Gertrud von Helfta und Elisabeth von Thüringen, aber auch Heilige aus dem Bremer Raum, nämlich Willehad, Ansgar, Rimbert und Emma von Lesum.[5]
Auf dem Klostergelände wurden 1965 nach Plänen von Bernhard Wessel für die Propstei St. Johannis an der Hohen Straße 2–3/Franziskanerstraße 7 eine Reihe zweigeschossiger rotsteinsichtiger Wohnhäuser gebaut. Die Gebäude stehen seit 1973 unter Denkmalschutz.[8]
Im Rahmen einer gründlichen Renovierung wurden 1994 ein neues Ensemble von Altar, Ambo und Tabernakel aufgestellt. Der Bildhauer Johannes Niemeier aus Rietberg hat diese aus Savonnières-Kalkstein geschaffen.
Ab April 2016 war die Kirche für Gottesdienstbesucher wegen Renovierungsarbeiten geschlossen und wurde vom Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode am 29. Oktober wieder eröffnet.[9] Während dieser Zeit wurden eine neue Sakristei errichtet, die Backsteinfassaden saniert, der Kirchenraum farblich neu gestaltet und mit aktueller Licht- und Tontechnik ausgestattet.
Orgel
Die Orgel von St. Johann wurde 1965 von der Orgelbaufirma Franz Breil (Dorsten) erbaut. 1994 erfolgte eine Überarbeitung durch Siegfried Sauer (Höxter) mit Erneuerung der Spieltraktur, dem Einbau eines neuen Spieltisches und dem Austausch mehrerer Register. Nach Beendigung der Kirchensanierung 2016/2017 führte Sauer & Heinemann Orgelbau (Höxter) umfassende Arbeiten[10] durch (Generalreinigung, Neuintonation, Einbau einer neuen Setzeranlage, Registeraustausch im I. Manual). Das Instrument hat 47 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltraktur ist mechanisch, die Registerschaltung elektrisch.
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- Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P (Erweiterung durch Suboktavkoppeln ist geplant)
- Spielhilfen: Setzeranlage, Crescendowalze
Propstei St. Johannis
Am 15. Februar 1953 wurde die St.-Johannis-Kirche aufgrund ihrer Bedeutung als zentrale katholische Kirche in Bremen vom Osnabrücker Erzbischof Hermann Wilhelm Berning zur Propsteikirche ernannt und deren Pfarrer zum Propst.[11]
Die Pfarrgemeinde St. Johann und die Pfarrgemeinde St. Elisabeth in Hastedt wurden zum 1. Januar 2007 zur Propsteigemeinde St. Johann vereinigt. Der neuen Gemeinde gehörten 10.500 Katholiken aus mehr als hundert Nationen an.[4] Sie hat ihr Büro an der Hohe Str. 2 bis 7. Die Kindertagesstätte St. Johann, Kolpingstraße 2, die St.-Johannis-Schule Grundschule, Tiefer 12, die St.-Johannis-Schule Sekundarstufe I und II, Dechanatstraße 9, und das Birgittenkloster u. a. sind Einrichtungen auf dem Gemeindegebiet.
Hermann Lange war von 1911 bis 1931 Kaplan bzw. Pastor an der Kirche.
Siehe auch
Literatur
- Achim Todenhöfer: Die ehemalige Franziskanerkirche St. Johann im Schnoor. In: Georg Slalecki (Hrsg.): Denkmalpflege in Bremen. Bd. 18: Gotik. Edition Temmen, 2021, ISBN 978-3-8378-1060-8, S. 44–73.
- Wilhelm Tacke: St. Johann in Bremen. Edition Temmen, Bremen 2006, ISBN 3-86108-583-6.
- Hans-Christoph Hoffmann: Bremen. 4. Auflage. DuMont, Köln 1991, ISBN 3-7701-1754-9, S. 136–138.
Einzelnachweise
- Kirche St. Johann in der Datenbank des Landesamtes für Denkmalpflege Bremen
- Bremisches Urkundenbuch, Bd. 1, Lieferung 2, S. 531, Nr. 498 (1294)
- Achim Todenhöfer: Die ehemalige Franziskanerklosterkirche St. Johann im Schnoor. In: Denkmalpflege in Bremen. Heft 18: Gotik. 2021, S. 44–74.
- Faltblatt der Katholischen Propsteigemeinde St. Johann, Bremen o. J.
- Katholische Propsteikirche St. Johann Bremen, Kirchenführer, abgerufen am 21. Dezember 2019.
- Gerhard Reinhold: Otto-Glocken. Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 588, hier insbesondere S. 559.
- Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 556, hier insbes, S. 513, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).
- Propstei St. Johann in der Denkmaldatenbank des LfD
- Erster Gottesdienst in renovierter Propsteikirche St. Johann mit Bischof Bode, Katholischer Gemeindeverband in Bremen, 29. Oktober 2016.
- Informationen zu den Arbeiten 2016/2017 an der Orgel auf der Webseite von Sauer & Heinemann, Höxter.
- In: Kirchenführer der Propsteikirche St. Johann Bremen.