Skikda
Skikda (arabisch سكيكدة, DMG Sukaikida, Zentralatlas-Tamazight ⵙⴽⵉⴽⴷⴰ Skikda), zu französischer Zeit Philippeville, ist eine Hafenstadt im Nordosten Algeriens an der Bucht von Stora. Sie ist Hauptstadt der Provinz Skikda. Östlich und westlich säumen malerische Buchten die Stadt.
سكيكدة ⵙⴽⵉⴽⴷⴰ Skikda | |||
---|---|---|---|
| |||
Koordinaten | 36° 52′ N, 6° 55′ O | ||
Basisdaten | |||
Staat | Algerien | ||
Einwohner | 174.554 (2012) | ||
Straßenszene in Skikda |
Geschichte
In phönizischer Zeit nannte sich die Stadt Thapsus nach dem nahe gelegenen Fluss, der zwischen den beiden Hügeln Beni-Melek und Skikda ins Meer strömt. Die Geschichte Skikdas ist eng mit der Storas, heute ein Stadtteil Skikdas, verbunden. Stora war schon zu phönizischer Zeit ein wichtiger Handelshafen, welcher der Stadt Cirta, heute Constantine, einen Zugang zum Mittelmeer ermöglichte. Durch Herkunft des Namens Stora aus Astora, Astarte wird der phönizische Ursprung deutlich. Astarte ist eine Gottheit aus dem phönizischen Pantheon. Zu karthagischer oder punischer Zeit (7.–1. Jahrhundert v. Chr.) erweiterte sich der Name zu Thapsus Rusikada. Der Namensbestandteil Rus, phönizisch Rš = „Kap“ deutet auf karthagische Herkunft aus dem sich die heutige Langform des Namens Ras Skikda herleitet.
Nach dem Untergang Karthagos begann die römische Epoche. Die Vielzahl römischer Ruinen und Grabstätten unter anderem auch ein Amphitheater und ein Aquädukt, deuten darauf hin, dass auch in dieser Zeit Rusikada ein bedeutendes Handelszentrum war. Die Stadt wurde 430 n. Chr. von den Vandalen erobert und ins vandalische Reich eingegliedert. Diese Epoche endete mit dem Niedergang des Vandalenreichs 533 n. Chr. Danach geriet die Region unter Kontrolle Ostroms (Byzanz).
Die Region wurde sehr früh, Ende des 7. Jahrhunderts, von den Arabern erobert und islamisiert. Im 16. Jahrhundert geriet sie unter türkische Herrschaft.
1838 wurde Skikda im Zuge der Eroberung und Kolonisation Algeriens von französischen Truppen besetzt. Zuerst erhielt die Stadt den Namen „Hafen Frankreichs“, einige Jahre später wurde sie umbenannt in Philippeville, im Gedenken an den französischen König Louis Philippe. Die Kolonisation wurde von Philippeville rasch in Richtung Süden über das Saf-Saf Tal nach Constantine vorangetrieben. Um diesen Korridor zu sichern, wurden europäische Siedlungen angelegt. Zur wirtschaftlichen Stärkung der Region wurde 1859 mit der Errichtung der Eisenbahnstrecke zwischen Constantine und Philippeville und fast zeitgleich 1860 mit den Bauarbeiten für einen modernen Hafen begonnen. 1883 wurde die Stadt von einem Erdbeben erschüttert.[1] Zu Beginn des Ersten Weltkriegs – am Morgen des 4. August 1914 – beschoss ein Schiff der deutschen Mittelmeerdivision – die SMS Goeben – Philippeville. Die SMS Breslau beschoss zeitgleich den Hafen von Bône.
Da die Franzosen den Aufständischen im Algerienkrieg häufig nicht habhaft werden konnten, töteten[2] sie wahllos Zivilisten, oder folterten[2] Gefangene und machten sich an die Zerstörung[2] ihrer Dörfer. Als Reaktion darauf ermordete im August 1955 die FLN 123[2] Menschen (71 Europäer, darunter Kinder)[2] und der Kollaboration verdächtige Araber. Die Franzosen antworteten mit weiteren Repressalien. Durch massenhafte Erschießungen sowie Artillerie- und Luftbombardements töteten sie zwischen 3000 und 5000 Algerier.[3] Der britische Historiker Alistair Horne gibt die Zahl der allein für die Rächung dieses Terrorakts getöteten Algerier mit 12.000[4] an. Nach der Unabhängigkeit von Frankreich 1962 wurde die Stadt in „Skikda“ umbenannt.
Skikda heute
Nach einer Berechnung für 2012 zählt die Stadt 174.554 Einwohner.[5] Sie wächst stetig durch den wirtschaftlichen Sog der petrochemischen und Gas-Industrie, die die Umwelt sichtbar stark belastet. Die Stadt ist dennoch in den Sommermonaten ein beliebtes Reiseziel inländischer Touristen und verfügt neben dem weiträumig liegenden Hafengelände über Badestrände entlang einer der Nordseite angegliederten Strandpromenade.
Der blutige Bürgerkrieg in den 1990er Jahren ging großteils an Skikda vorbei. Nur vereinzelt kam es zu willkürlichen Terrorakten, wobei die weiter anhaltenden Spannungen im politischen Geflecht Algeriens auch in Skikda für eine Radikalisierung von Ansichten gesorgt haben, und die Freizügigkeit der Einwohner einer starken, gesellschaftlichen Kontrolle gewichen ist.
Wirtschaft und Infrastruktur
Die Wirtschaft der Region basiert auf den regen Hafenaktivitäten. Es gibt einen Fischereihafen, einen Containerhafen und einen Gas- und Ölhafen. Hauptexportartikel sind verflüssigtes Erdgas und petrochemische Produkte. Skikda verfügt über eine der weltgrößten Heliumgewinnungsanlagen, einer deutsch-algerischen Gesellschaft (Linde-Sonatrach). Das Helium wird aus Erdgas gewonnen, das in den 600 km süd-westlich gelegenen Lagerstätten Hassi R’Mel gefördert und via Pipeline nach Skikda transportiert wird. In den 750 km südlich gelegenen Feldern um die Oase Hassi Messaoud wird Erdöl gefördert und ebenfalls via Pipeline nach Skikda transportiert. In der mehreren km² großen Industriezone sollen bis in das Jahr 2008 weitere Projekte verwirklicht werden unter anderem ein 825 MW Kraftwerk zur Versorgung der Region und der Industriezone.
Der Hafen verfügt über einen Gleisanschluss und einen Kopfbahnhof der Société nationale des transports ferroviaires algériens. Die Stadt ist Ausgangspunkt einer der längsten Fernstraßen des Landes, der Nationalstraße 3.
Söhne und Töchter der Stadt
- Ahmed Oudjani (1937–1998), algerisch-französischer Fußballspieler
- Dalil Boubakeur (* 1940), liberaler muslimischer Geistlicher
- Abdellah Dschaballah (* 1956), algerischer Politiker
Klimatabelle
Skikda | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Skikda
Quelle: wetterkontor.de |
Weblinks
Einzelnachweise
- The New York Times: Earthquake Shock in Algeria. 10. Oktober 1883
- Walter Schicho: Handbuch Afrika – Nord- und Ostafrika. Band 3/3. Brandes & Apsel Verlag / Südwind, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-86099-122-1, S. 89.
- Roger Vétillard: « 20 août 1955 : le jour où l'Algérie a basculé ». In: La Nouvelle Revue d'Histoire, n⁰ 9H, Automne-Hiver 2014, S. 22–24.
- Alistair Horne: A savage war of peace. Algeria 1954–1962. Macmillan, London 1977, S. 118 ff. (zitiert bei Walter Schicho: Handbuch Afrika – Nord- und Ostafrika. Band 3/3, S. 89, 103).
- Skikda: Die wichtigsten Orte mit Statistiken zu ihrer Bevölkerung. World Gazetteer