Shishtavec
Shishtavec (albanisch auch Shishtaveci) ist ein Dorf in Albanien. Es liegt im Qark Kukës im äußersten Nordosten des Landes an der Grenze zum Kosovo.
Shishtavec Shishtaveci | |||
Basisdaten | |||
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Qark: | Kukës | ||
Gemeinde: | Kukës | ||
Höhe: | 1.350 m ü. A. | ||
Einwohner Ort: | 1800 (2011) | ||
Telefonvorwahl: | (+355) 24 | ||
Ansicht von Shishtavec (2012) |
Bis 2015 war Shishtavec eine eigenständige Gemeinde (komuna), die auch die Dörfer Novoseja, Borja, Oreshka und Cërnaleva umfasste; seitdem bildet diese ehemalige Gemeinde eine Verwaltungseinheit (njësia administrative) innerhalb der Bashkia Kukës.
Geografie
Der Ort liegt östlich der Gjallica in einem gebirgigen Gebiet auf rund 1350 m ü. A. Ein Hügel wenige 100 Meter östlich des Dorfes erreicht 1477 m ü. A. – auf ihm verläuft die Grenze zum Kosovo. Die Berge südlich des Orts übersteigen Höhen von 2000 Metern. Der höchste ist der Kallabak (2717 m ü. A.).
Das ganze Gebiet auf beiden Seiten der Grenze wird Gora genannt, eine von den Goranen bewohnte ethnographische Region.
Benachbarte Ortschaften sind auf albanischer Seite der Weiler Bala im Süden und Novoseja im Westen, östlich angrenzend liegt in einem Kilometer Entfernung Krusheva auf kosovarischer Seite der Grenze. Die Stadt Kukës liegt rund 30 Kilometer nordwestlich.
Bevölkerung
Zur Volkszählung 2011 hatte die gesamte Gemeinde Shishtavec 3835 Einwohner, davon bezeichneten sich 68,34 % als Albaner sowie 7,74 % als Mazedonier.[1] Tatsächlich ist Shishtavec größtenteils von Goranen besiedelt, einer muslimischen und slawischsprachigen Minderheit. Zwar sehen diese sich – zumindest auf der albanischen Seite der Gora – in der Regel zur albanischen Ethnie zugehörig, allerdings haben sie im häuslich-familiären Umfeld ihre sprachliche Identität bewahrt, sodass die meisten Kinder erst in der Schule Albanisch lernen, da zu Hause nur Goranisch gesprochen wird.[2]
Geschichte
Mit dem Ersten Balkankrieg und der damit einhergehenden serbischen Besetzung Kosovos und Nordalbaniens setzte die Regierung des Königreich Serbien eine Militärverwaltung vor Ort ein. Dabei wurde eine eigene Gemeinde mit Sitz in Shishtavec geschaffen, zu der auch die Dörfer Novoseja, Kollovoz und Shtreza gehörten. Bei einer 1919 durchgeführten Volkszählung wurden im Ort Shishtavec 320 muslimische Bewohner in 113 Haushalten gezählt.[3]
Der Landstrich um Shishtavec kam erst 1922, nach Festlegung der albanischen Grenze, endgültig zum Staatsgebiet Albaniens,[3] wodurch die Region Gora nunmehr auf zwei Staaten aufgeteilt war. 1924 wurde in Shishtavec erstmals eine albanischsprachige Schule eröffnet.[4]
Trotz der vom sozialistischen Regime Albaniens geschlossenen Grenzen durften Goranen – im Gegensatz zu ethnischen Albanern – die Grenze zu Jugoslawien passieren, um in Prizren Geschäfte abzuwickeln und Handel zu treiben.[5] Nach dem Ende des Sozialismus sind in den 1990er-Jahren viele Bewohner aus Shishtavec nach Großbritannien ausgewandert.[6]
Wirtschaft
Wichtigste Erwerbsgrundlage der in Shishtavec verbliebenen Bewohner ist die Subsistenzlandwirtschaft, wobei viele Familien auch von gelegentlichen Auslandsüberweisungen von ausgewanderten Angehörigen profitieren.[6]
Bekannt ist Shishtavec für den Anbau von Kartoffeln.[5] Auf den über 100 Hektar umfassenden Anbauflächen des Dorfes werden hauptsächlich Kartoffeln angebaut.[7] Jährlich wird ein Kartoffelfest veranstaltet.[8] Zu Zeiten des Sozialismus produzierte Shishtavec Kartoffeln für ganz Albanien, womit das Dorf eine wichtige Stütze für das autarke Versorgungssystem war. Heutzutage jedoch fehlt es den Kartoffelbauern an Marktzugängen.[9]
Tourismus
Zunehmend entwickelt sich auch der Tourismus zu einem Wirtschaftsfaktor in Shishtavec. Das Gelände eignet sich besonders für Skifahren, das hier erstmals während des Ersten Weltkriegs von österreichisch-ungarischen Truppen ausgeübt wurde und seitdem auch unter den Einheimischen zur Tradition geworden ist.[9] An der Abfahrtpiste oberhalb des Ortes öffnete 2015 eine Herberge. Im Sommer bietet sich die unberührte und panoramareiche Berglandschaft (einschließlich des Korabgebirges) für Wanderungen an, was bereits jetzt schon von vielen ausländischen Touristen genutzt wird.[2]
Weblinks
Einzelnachweise
- Ethnic composition of Albania 2011. In: pop-stat.mashke.org. Abgerufen am 15. Mai 2018.
- Frank Dietze, Shkelzen Alite: Reiseführer Albanien: Städte und Landschaften zwischen Mittelmeer und Balkan. Trescher Verlag, 2017, ISBN 978-3-89794-740-5, S. 327 (google.de).
- Sheradin Berisha: Ndarja administrative në Qarkun e Prizrenit - në vitin 1919. Archiviert vom Original am 24. Juli 2008; abgerufen am 24. Mai 2018 (albanisch).
- Skënder Gashi: Kërkime onomastike-historike për minoritete të shuara e aktuale të Kosovës. Hrsg.: Akademie der Wissenschaften und Künste des Kosovo. Focus Print, Pristina 2015, ISBN 978-9951-615-48-8, S. 561 (albanisch, ashak.org [PDF]).
- Robert Elsie: Historical Dictionary of Albania. Rowman & Littlefield, 2010, ISBN 978-0-8108-6188-6, S. 420 (englisch, google.de).
- Thomas Schmidinger: Gora: Slawischsprachige Muslime zwischen Kosovo, Albanien, Mazedonien und Diaspora. 2013, ISBN 978-3-944690-04-9, S. 101–104 (google.de).
- Martina Kaspar, Günther Holzmann: Albanien "offroad-guide": Ausgewählte Strecken für Abenteurer. 2017, S. 16 (google.de).
- Jürgen Sorges: Unterwegs in Albanien: Raki im Ramadan. In: kulinariker.de. 29. Juli 2016, abgerufen am 24. Mai 2018.
- Zylyftar Hoxha: Njihni mrekullinë natyrore që quhet Shishtavec. In: gazetadita.al. 5. November 2017, abgerufen am 25. Mai 2018 (albanisch).