Seeschlacht bei Kap St. Vincent (1780)
Die Seeschlacht bei Kap St. Vincent fand am 16. Januar 1780 während des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs zwischen einer Flotte der britischen Royal Navy unter dem Kommando von Admiral Sir George Rodney und einer spanischen unter Don Juan de Lángara statt und endete mit einem britischen Sieg. Sie ist auch als Mondscheinschlacht bekannt, weil nächtliche Seegefechte im Zeitalter der Segelschiffe sehr ungewöhnlich waren. Kriegsschauplatz war das Meeresgebiet vor Cabo de São Vicente (Portugal).
Vorgeschichte
Rodney hatte im Dezember 1779 das Kommando über einen starken Flottenverband erhalten, um Verstärkungen in das von Spaniern und Franzosen belagerte Gibraltar und nach Menorca durchzubringen. Sein Geschwader bestand aus 22 Linienschiffen, 14 Fregatten und kleineren Kriegsschiffen sowie einer großen Anzahl von Versorgungsschiffen aller Art. Seine Flagge setzte Rodney auf dem 90-Kanonen-Linienschiff Sandwich. Vor Kap Finisterre löste sich am 7. Januar 1780 ein von einem Linienschiff und drei Fregatten eskortierter Konvoi in Richtung Karibik aus seinem Verband. Am folgenden Tag sichteten die Briten einen spanischen Konvoi aus 22 Schiffen und konnten nach einer mehrstündigen Jagd den gesamten Verband kapern, der aus dem Linienschiff Guipuscoana mit 64 Kanonen, einigen kleineren Kriegsschiffen und 12 mit Vorräten und Nachschub für die spanische Flotte in Cádiz beladenen Transportern bestand. Rodney schickte die erbeuteten Schiffe mit einer Eskorte nach Gibraltar und machte sich mit den verbleibenden 18 Linienschiffen auf die Suche nach einem elf Linienschiffe und zwei Fregatten umfassenden spanischen Verband, von dessen Anwesenheit im Seegebiet vor Kap St. Vincent (Südwest-Portugal) er von vorüberfahrenden Schiffen erfahren hatte. De Langaras' zur Blockade Gibraltars eingesetzte Flotte, die von der Anwesenheit Rodneys offenbar nichts wusste, wurde durch den Verlust von San Genaro (74 Kanonen) und San Justo (74 Kanonen), die durch einen schweren Sturm von ihrem Verband getrennt wurden, noch weiter geschwächt.
Verlauf der Schlacht
Am 16. Januar sichteten die Briten die Spanier gegen 13:00 Uhr im Südosten. Rodney ließ seine Schiffe eine Schlachtlinie bilden und segelte so auf die Spanier zu; De Langara, der vom Auftauchen des Gegners offenbar völlig überrascht wurde, befahl zunächst ebenfalls die Bildung einer Gefechtslinie, aber nachdem er die Überlegenheit der Briten erkannt hatte, gab er die Order, alle Segel zu setzen und in Richtung Süden nach Cadiz zu fliehen. Gegen 14:00 Uhr gab Rodney den Befehl zu einer allgemeinen Jagd (d. h. die Formation wurde aufgelöst), bei der die britischen Linienschiffe die Spanier nach und nach einholten, weil sie durch die Kupferverkleidung ihrer Rümpfe im Unterwasserbereich weniger Bewuchs hatten und deshalb schneller waren.
Kurz nach 16:00 Uhr eröffneten Defence, Bedford, Resolution und Edgar das Feuer auf die Spanier. 40 Minuten später explodierte die Santo Domingo (70 Kanonen), in dem Moment, als die Bienfaisant sich ihr näherte. Es gab keine Überlebenden. Die Jagd und die daraus resultierenden Einzelgefechte dauerten die ganze Nacht hindurch bis gegen 02:00 Uhr am folgenden Tag an, wobei Rodney die Verfolgung trotz Bedenken wegen des Wetters und der gefährlichen Küste fortsetzen ließ. Bis dahin war es den Briten gelungen, sechs spanische Linienschiffe zu nehmen, darunter De Lángaras Flaggschiff Fénix (80 Kanonen). Lediglich die San Augustín und die San Lorenzo sowie die beiden Fregatten konnten entkommen, als Rodney die „Jagd“ wetterbedingt schließlich doch abbrach.
Folgen
Obwohl zwei der Prisen, die San Julián und die San Eugenio, wieder verlorengingen, da es den Besatzungen gelang, die britischen Kommandos zu überwältigen und die Schiffe wieder in ihre Hand zu bekommen, war die Seeschlacht ein wichtiger Erfolg für die Royal Navy. Die verbliebenen vier Schiffe konnten sicher eingebracht werden und wurden – abgesehen von der Fénix, die den Namen Gibraltar erhielt – unter ihren alten Namen in die Royal Navy übernommen. Die britischen Verluste betrugen lediglich 32 Tote und 102 Verwundete, die spanischen sind unbekannt, umfassen aber – allein durch den Untergang der Santo Domingo – mehrere Hundert Tote und zahlreiche Gefangene. Rodney konnte nun unangefochten in Gibraltar einlaufen, wo ihm ein triumphaler Empfang bereitet wurde. Der Erfolg von Kap St. Vincent war nicht nur wichtig, weil durch ihn die spanische Marine eine verlustreiche Niederlage erlitt und Verstärkungen nach Gibraltar durchgebracht werden konnten, sondern hatte auch eine erhebliche psychologische Wirkung – nicht nur auf die Garnison der belagerten Festung, sondern auch auf die britische Öffentlichkeit, die im Verlauf des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs kaum eindeutige Erfolge dieser Art erlebt hatte. Die Dimension des Erfolgs lässt sich daran erkennen, dass bis dahin weder in diesem noch im vorhergehenden Siebenjährigen Krieg in einer Seeschlacht eine so große Anzahl gegnerischer Schiffe genommen werden konnte.
Beteiligte Schiffe
Großbritannien
- Sandwich, 90 Kanonen (Flaggschiff)
- Royal George 100 Kanonen
- Prince George, 90 Kanonen
- Ajax, 74 Kanonen
- Alcide, 74 Kanonen
- Alfred, 74 Kanonen
- Bedford, 74 Kanonen
- Culloden, 74 Kanonen
- Cumberland, 74 Kanonen
- Defence, 74 Kanonen
- Edgar, 74 Kanonen
- Invincible, 74 Kanonen
- Marlborough, 74 Kanonen
- Monarch, 74 Kanonen
- Montagu, 74 Kanonen
- Resolution, 74 Kanonen
- Terrible, 74 Kanonen
- Bienfaisant, 74 Kanonen
Spanien
- Fénix, 80 Kanonen (Flaggschiff) – von den Briten genommen
- Diligente, 70 Kanonen – von den Briten genommen
- Monarca, 70 Kanonen – von den Briten genommen
- San Augustín, 70 Kanonen
- Santo Domingo, 70 Kanonen – explodiert und gesunken
- San Eugenio, 70 Kanonen – von den Briten genommen, zurückerobert
- San Lorenzo, 70 Kanonen
- San Julian, 70 Kanonen – von den Briten genommen, zurückerobert
- Princesa, 70 Kanonen – von den Briten genommen
Literatur
- William Laird Clowes: The Royal Navy. A History from the Earliest Times to 1900, Bd. 3. Chatham Press, London 1996, ISBN 1-86176-012-4, S. 448 ff. (Nachdruck der Ausg. London 1898).
- David Spinney: Rodney. Allen & Unwin, London 1969.
- Peter Trew: Rodney and the Breaking of the Line. Pen & Sword Military Books, Barnsley 2006, ISBN 1-84415-143-3.