Sebastian Bohrn Mena
Sebastian Bohrn Mena (* 21. März 1985 in Wien[1]) ist Aktivist, Kolumnist und Autor[2] sowie ehemaliger österreichischer Politiker (parteilos; zuvor Liste Peter Pilz, davor SPÖ, außerdem vormals Mitglied bei der ÖVP).
Familie
Sebastian Bohrn Mena wurde in Wien als Nachkomme politischer Flüchtlinge aus Chile geboren, er ist Angehöriger der zweiten Generation von Exil-Chilenen. Sein Vater Karl Bohrn[3] ist ein österreichischer Psychotherapeut und klinischer Gesundheitspsychologe. Seine Mutter Aida Bohrn[4], geboren als Aida Alejandra Mena Olivares in Vicuña, wurde für Verdienste um das Gemeinwesen unter anderem mit dem Bundesehrenzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet[5] und ist ebenfalls Psychotherapeutin. Sie ist die Tochter des chilenischen Politikers Gregorio Mena Barrales[6], Unterstützer von Präsident Salvador Allende, der von 1970 bis zu seiner Absetzung 1973 durch die Militärdiktatur unter Augusto Pinochet als sozialistischer Gouverneur der Provinz Puente Alto wirkte. Die Familie mütterlicherseits konnte 1975 nach zweijähriger Internierung des Vaters im Wüsten-Lager Chacabuco nach Österreich fliehen. Die Fluchtgeschichte der eigenen Familie beschreibt Sebastian Bohrn Mena als stark prägend und weitestgehend handlungsleitend für seinen beruflichen und politischen Werdegang.[7][8]
Ausbildung und Beruf
Bohrn Mena absolvierte von 2000 bis 2003 eine kaufmännische Lehre als Buchhändler in der Wiener Buchhandlung Kuppitsch.[1] Von 2003 bis 2005 war er als Landesorganisationsreferent beim Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund, einer Teilorganisation der ÖVP, tätig. Während dieser Zeit schloss Sebastian Bohrn Mena berufsbegleitend die Berufsreifeprüfung ab.[9]
Von 2005 bis 2008 arbeitete er als Assistent der Geschäftsführung und in der Projektkoordination für Suchtprävention am Institut für Sozial- und Gesundheitspsychologie[10], einer 1994 von seinen Eltern gegründeten Gemeinschaftspraxis und außeruniversitären Forschungseinrichtung. Dort arbeitete er in der Traumatisierungsforschung.[11] 2008 wurde er zum Geschäftsführer bestellt. Im September 2004 nahm er das Diplomstudium Unternehmensführung an der Fachhochschule der Wirtschaft Wien auf. Er schloss es im Juni 2008 mit der Sponsion zum Magister der Wirtschaftswissenschaften ab. Im Anschluss daran wechselte Sebastian Bohrn Mena an die Sigmund Freud Privatuniversität Wien (SFU), wo er ab September 2008 das Doktoratsstudium Psychotherapiewissenschaften betrieb. Seine Promotion behandelte die Auswirkungen von Flucht und extremer Traumatisierung auf nachfolgende Generationen[12] Er schloss sie im Juli 2010 mit Auszeichnung ab.[1]
Zwischenzeitlich absolvierte Bohrn Mena den Zivildienst beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Juli 2008 bis April 2009).[1] 2009 wurde er Universitätsassistent prae doc und persönlicher Referent am Lehrstuhl von Universitätsprofessor Thomas Druyen an seiner Heimatuniversität.[13] Ab 2010 war er am Institut für vergleichende Vermögenskultur und Vermögenspsychologie der SFU auch als Leiter der Kommunikations- und Kooperationsagenden tätig.[9] Im August 2011 gründete Sebastian Bohrn Mena die SBM Consult Unternehmensberatung,[1] im April 2012 wurde er als Direktor der Volkshochschule Penzing eingesetzt. Daneben koordinierte er auch die gesellschaftspolitischen Veranstaltungsreihen der Wiener Volkshochschulen GmbH (VHS Wien). Von Ende 2017 bis Herbst 2018 war Bohrn Mena als Bereichssprecher für Tierschutz und Kinderrechte im Parlamentsklub der Liste Jetzt tätig.[14][15]
Seit November 2019 ist Sebastian Bohrn Mena hauptberuflich als Geschäftsführer der Common Affairs GmbH[16] tätig, eines auf soziale und ökologische Veränderung ausgerichteten Beratungsunternehmens. Nebenberuflich publiziert er regelmäßig Kommentare in diversen Zeitungen, unter anderem in Die Furche[17], Der Standard[18][19] oder Wiener Zeitung[20][21]. Seit Jänner 2019 ist er darüber hinaus als ständiger Kolumnist[22] und politischer Kommentator bei der Tageszeitung Österreich und dem zugehörigen Sender oe24 tätig. Im Format Fellner! Live auf oe24.tv diskutiert er wöchentlich mit dem ehemaligen Bundesparteiobmann des BZÖ Gerald Grosz.
Fallweise betätigt er sich im Sozialcoaching sowie in der Beratung für Privatpersonen, gemeinnützige Vereine und Initiativen.[9]
Seit März 2021 ist er Herausgeber des Onlinemediums oekoreich.com[23]
Ehrenamtliches und politisches Engagement
Sebastian Bohrn Mena ist seit seinem 16. Lebensjahr ehrenamtlich und politisch engagiert. So wirkte er während seiner Lehrzeit unter anderem als Jugendvorsitzender[24] der ÖVP-nahen Fraktion Christlicher Gewerkschafter in Wien, später, während des Studiums, als Sprecher der Studierenden im Akademischen Senat der Sigmund Freud Privatuniversität. Er übte auch danach zahlreiche Ehrenämter aus; so fungierte er unter anderem als Vorsitzender des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes in Klosterneuburg[25], als Mitglied im niederösterreichischen Landesvorstand des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker oder im Vorstand der Kinderfreunde Penzing. Von 2009 bis 2017 war er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs.
Im Jahr 2015 kandidierte Sebastian Bohrn Mena für die SPÖ bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2015, konnte aber einen parteiinternen Vorzugsstimmenwahlkampf nicht für sich entscheiden.[26] Bei der Nationalratswahl in Österreich 2017 kandidierte er im Rahmen der Liste Peter Pilz für ein Nationalratsmandat,[27] das er knapp nicht erreichen konnte.[28] Im Anschluss daran wurde er Klubmitarbeiter des Parlamentsklubs der Liste Pilz und deren Bereichssprecher für Kinderrechte und Tierschutz. Nach einem persönlichen Zerwürfnis mit dem Parteigründer Peter Pilz trat Bohrn Mena im Juli 2018 aus der Partei aus.[29] Anschließend wurde er vom Parlamentsklub mit der Begründung, sich klubschädigend verhalten zu haben, aus seiner Anstellung fristlos entlassen. Er kündigte in der Folge arbeitsrechtliche Schritte an.[30] Im September 2019 wurde der Rechtsstreit, der über Monate mediales Aufsehen erzeugt hatte,[31] mit einer gerichtlichen Einigung beendet.
Im Februar 2019 präsentierte Bohrn Mena das von unabhängigen Experten erarbeitete Programm des von ihm initiierten österreichischen Tierschutzvolksbegehrens,[32] dem er zunächst als Geschäftsführer und ab Oktober 2019 als ehrenamtlicher Obmann diente.[9] Dieses wurde am 25. Januar 2021 mit über 416.000 Unterschriften beendet.[33] Als Nachfolge-Initiative zum Volksbegehren, die auch seine Arbeit fortsetzen wird, wurde im Februar 2021 die Initiative oekoreich präsentiert.[34][35]
Im Juni 2020 wurde Sebastian Bohrn Mena als Ratsmitglied in den Österreichischen Rat für Nachhaltige Entwicklung berufen.[36]
Aufgrund seiner öffentlichen Unterstützung für Flüchtlinge wird Sebastian Bohrn Mena von Rechtsextremen angefeindet und ist mit rassistischen Hasspostings und Morddrohungen[37][22] konfrontiert. Seit Dezember 2020 steht er in Folge mehrfacher konkreter Drohungen, mutmaßlich aus Neonazi-Kreisen, gegen seine Familie und sich unter Polizeischutz.[38]
Im Dezember 2021 gründete Sebastian Bohrn Mena gemeinsam mit seiner Frau Veronika Bohrn Mena die Gemeinwohlstiftung COMÚN, deren Vorstand er auch ist.[39] Dabei handelt es sich um eine gemeinnützige Stiftung, die sich nach eigenen Angaben der Förderung des sozialen und ökologischen Fortschritts widmen möchte. Die verfügt über einen zehnköpfigen Beirat, in dem unter anderem Ex-Volkshilfe-Präsident Josef Weidenholzer, Klima-Aktivistin Lena Schilling, Journalist Eugen Freund, Schauspielerin Martina Ebm und Magdalena Baran-Szoltys, Finanzvorständin des Frauenvolksbegehren, mitwirken.[40]
Publikationen
- Konzerne an die Kette! So stoppen wir die Ausbeutung von Umwelt und Menschen, mit einem Vorwort von Kathrin Hartmann, 2021, Brandstätter Verlag, Wien[41]
- Besser Essen. Wie wir über unseren Teller die Welt gestalten, mit einem Vorwort von Jane Goodall, 2020, Goldegg Verlag, Wien[42]
- Einflüsse der biografischen Entwicklung auf den Prozess des Erbens und Vererbens. in Druyen, T.: "Verantwortung und Bewährung. Eine vermögenskulturelle Studie", 2012, Springer Verlag, Wiesbaden[43]
Privatleben
Sebastian Bohrn Mena ist mit der ehemaligen Gewerkschafterin und Autorin[44] Veronika Bohrn Mena (geb. Kronberger) verheiratet und Vater eines gemeinsamen Sohnes. Er wohnt mit seiner Familie in Wien.[9]
Ehrungen und Auszeichnungen
- 2020: Albert Schweitzer Medaille für humanitäre Verdienste der Österreichischen Albert Schweitzer Gesellschaft[45]
- 2021: Ehrenmitglied von Euro-Toques Österreich[46]
Weblinks
Einzelnachweise
- Curriculum Vitae Dr. Sebastian Bohrn Mena. In: Website des Instituts für Sozial- und Gesundheitspsychologie. Juni 2012, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Besser essen. Abgerufen am 29. April 2020 (deutsch).
- Karl Bohrn. Abgerufen am 22. Februar 2020.
- Aida Bohrn. Abgerufen am 22. Februar 2020.
- Staatssekretärin Marek überreichte Bundes-Ehrenzeichen an Aida Bohrn. Abgerufen am 3. März 2020.
- 'Yo le negué la mano a Pinochet'. 21. Februar 2013, abgerufen am 3. März 2020 (spanisch).
- Wien: Enkel eines chilenischen Sozialisten kandidiert für die SPÖ « M-MEDIA. Abgerufen am 3. März 2020.
- ORF-Radiothek. Abgerufen am 22. April 2020.
- Person. In: Persönliche Website von Sebastian Bohrn Mena. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Team. Abgerufen am 19. Februar 2019.
- Stefan Beig: Traumatisiert, nicht unqualifiziert. Abgerufen am 3. März 2020.
- Jürgen Wiesenhütter: Auszug PSYNDEX-Datenbank zu Flüchtlinge & Psychologie. In: www.zpid.de. Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation, November 2015, abgerufen am 3. März 2020 (deutsch).
- Sebastian Bohrn Mena. In: Website des Instituts für Sozial- und Gesundheitspsychologie. Abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Kolba/Bohrn Mena: Rauchfreie Zukunft für unsere Kinder statt schwarz-blauer Qualm. Abgerufen am 26. Oktober 2019.
- Bohrn Mena: Tierversuche müssen endlich reduziert werden! Abgerufen am 26. Oktober 2019.
- Dr. Sebastian Bohrn Mena. Abgerufen am 7. Januar 2021 (deutsch).
- Die FURCHE: Intransparenz mit System. Abgerufen am 22. April 2020.
- Warum es eine Wende in der Landwirtschaft braucht - derStandard.at. Abgerufen am 22. April 2020 (österreichisches Deutsch).
- Die Klimakrise im Billigfleischsystem - derStandard.at. Abgerufen am 22. April 2020 (österreichisches Deutsch).
- Sebastian Bohrn Mena: Der Scheinheiligkeit widerstehen. Abgerufen am 22. April 2020.
- Sebastian Bohrn Mena: Es geht auch anders. Abgerufen am 22. April 2020.
- oe24.TV-Experte mit Mord bedroht. 4. März 2020, abgerufen am 4. März 2020.
- Sagen, was ist, gestalten, was wird: Neues Medium „oekoreich“ startet. Abgerufen am 31. März 2021.
- FCG-Bohrn: Gleichstellung von Universitäts- und Fachhochschulabschlüssen muss kommen! Abgerufen am 3. März 2020.
- SWV-Bohrn Mena: ÖVP interessieren Fehlentwicklungen in Klosterneuburg nicht! Abgerufen am 3. März 2020.
- Conrad Seidl: Sebastian Bohrn Mena: Ein politisch kratzbürstiger Katzenfreund. In: derStandard.at. 29. November 2018, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Michael Völker: Peter Pilz kandidiert mit eigener Liste – Stern, Cox, Bohrn Mena und Kolba als Mitstreiter. In: derStandard.at. 25. Juli 2017, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Peter Mayr, Michael Völker: Pilz-Wähler vermissen zwei Abgeordnete. In: derStandard.at. 20. Oktober 2017, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Tierschutzsprecher Bohrn Mena tritt aus Liste Pilz aus. In: derStandard.at. 7. Juli 2018, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Maria Sterkl: Liste Pilz: Bohrn Mena will sich gegen Entlassung "mit allen Mitteln wehren". In: derStandard.at. 10. Juli 2018, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- derStandard.at. Abgerufen am 18. April 2020 (österreichisches Deutsch).
- Dank des Initiators. Abgerufen am 3. März 2020 (deutsch).
- Tierschutzvolksbegehren auf Platz eins. Abgerufen am 26. Januar 2021.
- Aus Tierschutzvolksbegehren wird oekoreich: Gestalten, was wird. Abgerufen am 10. Februar 2021.
- Aus Tierschutzvolksbegehren wird Bürger-Bewegung. 9. Februar 2021, abgerufen am 10. Februar 2021 (österreichisches Deutsch).
- Schreiben Sie uns. Abgerufen am 18. Juni 2020 (deutsch).
- derStandard.at. Abgerufen am 4. März 2020 (österreichisches Deutsch).
- leo: Bub darf wegen Morddrohung nicht mehr in Kindergarten. Abgerufen am 7. Januar 2021.
- Gemeinwohlstiftung COMÚN – Gemeinnützige Bundesstiftung. Abgerufen am 27. Dezember 2021.
- Erste Gemeinwohlstiftung in Österreich offiziell gegründet. Abgerufen am 27. Dezember 2021.
- Konzerne an die Kette! – Brandstätter Verlag. Abgerufen am 18. September 2021 (deutsch).
- Besser essen. Abgerufen am 29. April 2020 (deutsch).
- Verantwortung und Bewährung. 2012, doi:10.1007/978-3-531-19705-0 (springer.com [abgerufen am 29. April 2020]).
- Die neue ArbeiterInnenklasse. Abgerufen am 3. März 2020.
- Österreichische Albert Schweitzer Gesellschaft. Abgerufen am 4. Mai 2020.
- Euro-Toques Österreich. Abgerufen am 5. November 2021.