Schwarzgesicht-Uakari
Der Schwarzgesicht-Uakari oder Schwarze Uakari (Cacajao melanocephalus) ist eine Primatenart aus der Gattung der Uakaris innerhalb der Neuweltaffen (Platyrrhini). Er bewohnt das nordwestliche Südamerika, nördlich des Rio Negro, einem großen Nebenfluss des Amazonas. Er lebt in größeren Gruppen und frisst vorwiegend hartschalige Früchte und Samen.
Schwarzgesicht-Uakari | ||||||||||||
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Zeichnung aus den Proceedings of the Zoological Society of London (vol. 1849, page 9) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Cacajao melanocephalus | ||||||||||||
(Humboldt, 1811) |
Merkmale
Das Gesicht ist, wie es für die Uakaris typisch ist, nackt. Es ist schwarz gefärbt, ebenso wie die unbehaarten Handflächen und Fußsohlen. Schwarz ist auch das Fell am Kopf, an den Armen und an den Hinterbeinen. Die Flanken, die Oberschenkel und der Schwanz sind dagegen zimtrot. Der Bauch ist nahezu unbehaart, wird aber von den langen Flankenhaaren überdeckt. Das Rückenfell ist goldgelb gefärbt.
Männchen sind größer als Weibchen. Ihre Kopf-Rumpf-Länge beträgt 44 bis 49 Zentimeter, bei Weibchen 37 bis 45 Zentimeter. Der Schwanz ist wie bei allen Uakaris verkürzt und nicht zum Greifen geeignet, er misst 15 bis 19 Zentimeter. Das Gewicht dieser Art beträgt 2,5 bis 3,7 Kilogramm, wobei nur Männchen schwerer als 3 Kilogramm werden.
Verbreitung und Lebensraum
Schwarzgesicht-Uakaris leben im nordwestlichen Südamerika im Amazonasbecken. Ihr Verbreitungsgebiet liegt im nordwestlichen Brasilien und im äußersten Süden Venezuelas zwischen dem Rio Negro im Süden und Westen, dem Oberlauf des Orinoko im Norden und dem Rio Aracá im Osten.[1] Ihr Lebensraum ist der tropische Regenwald, wo sie entlang der Ufer von Schwarzwasserflüssen leben, und dort bevorzugt im Igapó, einem Waldtyp, der durch jahreszeitliche Überschwemmungen gekennzeichnet ist.
Schwarzgesicht-Uakaris bewegen sich meistens auf allen vieren fort. Sie können bis zu zehn Meter weite Sprünge vollführen.
Lebensweise
Schwarzgesicht-Uakaris sind tagaktive Baumbewohner. Im Geäst bewegen sie sich meistens auf allen vieren fort, sie können bis zu 10 Meter weite Sprünge vollführen. In der Trockenzeit kommen sie gelegentlich auf den Boden. Diese Primaten leben in Gruppen mit mehreren Männchen und Weibchen, die aus 20 bis 30 Tieren bestehen. Es gibt auch Berichte über kleinere, 3 bis 10 Tiere umfassende Verbände. Möglicherweise liegt eine Fission-fusion-Organisation (zeitweiliges Zusammengehen und Sich-wieder-Trennen) vor, bei der sich größere Verbände bei der Nahrungssuche in kleinere Untergruppen aufspalten. Durch ständige Rufe bleiben die Tiere miteinander in Kontakt. Aggressives Verhalten zwischen Gruppenmitgliedern wurde nicht beobachtet.
Über die Fortpflanzung ist wenig bekannt. Es wird generell ein einziges Junges zur Welt gebracht. Die Geburt erfolgt zwischen Februar und April, wenn die Regenzeit beginnt.
Nahrung
Die Nahrung besteht hauptsächlich aus unreifen, hartschaligen Baumfrüchten. Insgesamt wurden die Früchte von 120 verschiedenen Pflanzenarten als Bestandteil der Nahrung des Schwarzen Uakaris ausgemacht. Am begehrtesten sind Kautschukbaum, Micrandra, Eperua und Eschweilera. Neben Früchten werden auch Blätter, Blüten und Insekten gefressen, dies aber nur in Zeiten, wenn an Früchten Mangel herrscht. Da der Schwarzgesicht-Uakari auf sehr harte Früchte spezialisiert ist, gibt es unter den anderen Primaten seines Verbreitungsgebiets keine Nahrungskonkurrenten.
Gefährdung
Einige Indianervölker jagen Schwarzgesicht-Uakaris. Vor allem vom Kanu aus sind sie leicht zu erjagen, da sie stets an Flussufern leben. Für die Stämme der Yanomami und Tucano spielt die Jagd auf Schwarze Uakaris allerdings keine große Rolle.
Die IUCN stufte die Art bis 1994 als „stark gefährdet“ ein, dann wurde sie wegen neuer Erkenntnisse über ihre Häufigkeit auf „nicht gefährdet“ heruntergestuft. Die fortschreitende Zerstörung der Regenwälder könnte diesen Status aber bald wieder ändern.
Systematik
Die Systematik der Arten innerhalb der Uakaris ist umstritten. Bis 2008 verzeichneten die Bücher über Primaten nur den Roten und den Schwarzen Uakari, die äußerlich leicht auseinanderzuhalten sind. Häufig wurden innerhalb des Schwarzen Uakari zwei Unterarten unterschieden: die von Alexander von Humboldt 1811 beschriebene Nominatform Cacajao melanocephalus melanocephalus mit schwarzem Rückenfell und die von Johann Baptist von Spix 1823 erstmals beschriebene Form mit goldgelbem Rückenfell, die im späten 20. Jahrhundert meist als Unterart Cacajao melanocephalus ouakary oder als eigene Art Cacajao ouakary verzeichnet wurde. Boubli u. a. (2008) hielten diese Aufteilung des Schwarzen Uakari für ungerechtfertigt. Sie führten an, dass Humboldt sein Typusexemplar (das später verlorengegangen ist) deutlich mit gelblichem Rückenfell beschrieb und dass die Fundstelle nicht bekannt sei, da Humboldt das Tier von einem Einheimischen erwarb, der es als Haustier hielt. Die beiden Unterarten wurden daher zusammengefasst. Gleichzeitig beschrieben die Autoren um Boubli zwei nördlich des Rio Negro, also im ursprünglich für den Schwarzgesicht-Uakari angegebenen Verbreitungsgebiet lebende Populationen als neue Arten: den Neblina-Uakari (Cacajao hosomi), der etwas größer ist und ein längeres, dichteres Fell hat, bei dem der Rücken rötlichbraun gefärbt ist, und den Aracá-Uakari (Cacajao ayresi), der etwas kleiner ist und ein deutlich dunkleres Fell hat.[2] 2014 widersprachen Ferrari und Kollegen dieser Aufteilung in neue Arten und installierten das von Spix beschriebene Tier erneut als eigene Art unter dem Namen Cacajao ouakary. Den Aracá-Uakari können sich diese Autoren aufgrund ihrer Forschungsergebnisse als Unterart des Schwarzgesichtigen Uakari mit dem Namen Cacajao melanocephalus ayresi vorstellen. Der Neblina-Uakari ist für sie die nominotypische Unterart wie sie von Humboldt 1811 beschrieben wurde. Sie wird folglich unter dem Namen Cacajao melanocephalus melanocephalus geführt. Die Übergänge bzw. Abgrenzungen zwischen den beiden Unterarten sind noch nicht ausreichend erforscht.[1]
Unterarten
Seit 2014 werden zwei Unterarten des Schwarzgesicht-Uakari verzeichnet:
- Neblina-Uakari Cacajao melanocephalus melanocephalus
- Aracá-Uakari Cacajao melanocephalus ayresi
Die frühere Unterart Cacajao melanocephalus ouakary südlich des Rio Negro gilt als eigenständige Art Cacajao ouakary.
Einzelnachweise
- Stephen F. Ferrari, Patricia G. Guedes, Wilsea M.B. Figueiredo-Ready & Adrian A. Barnett: Reconsidering the taxonomy of the Black-Faced Uacaris, Cacajao melanocephalus group (Mammalia: Pitheciidae), from the northern Amazon Basin. Zootaxa 3866, 3, S. 353–370, September 2014 doi:10.11646/zootaxa.3866.3.3
- Jean P. Boubli, Maria Nazareth F. da Silva, Manuella V. Amado, Tomas Hrbek, Francisco Boavista Pontual, Izeni P. Farias: A Taxonomic Reassessment of „Cacajao melanocephalus“ Humboldt (1811), with the Description of Two New Species. International Journal of Primatology, Bd. 29, 3, S. 723–741, 2008 ISSN 0164-0291
Literatur
- Adrian A. Barnett: Cacajao melanocephalus. In: Mammalian Species. Nr. 776, 2005, ISSN 0076-3519, S. 1–6, online (PDF; 340 kB)
- Thomas Geissmann: Vergleichende Primatologie. Springer-Verlag, Berlin u. a. 2003, ISBN 3-540-43645-6
Weblinks
- Cacajao melanocephalus_old in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2009. Eingestellt von: A. A. Barnett, J.-P. Boubli, L. M. Veiga, E. Palacios, 2008. Abgerufen am 5. November 2009.
- Informationen und Fotos bei Primate Factsheets (englisch)