Schnellplan

Der Schnellplan war ein am 13. August 1938 vom Reichsamt für Wirtschaftsausbau beschlossener deutscher Rüstungsplan. Er diente zur Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges. In ihm wurde befohlen, die Kapazitäten der Pulver-, Sprengstoff- und Kampfstoffproduktion auf die Höhe des maximalen Ausstosses des Ersten Weltkrieges zu erhöhen.

Der Plan

Ausbauziele des Schnellplans (Angaben in Monatstonnen)
Bereich Ziel
1939
Ziel
1941
Max.
1. WK
Ist Nov.
1939[1]
Pulver 13.250 16.700 13.000 6.800
Sprengstoff 13.600 18.600 14.000 12.700
Kampfstoff 2.900 7.500 3.000 -

Mit dem Schnellplan wurde die Kriegsbereitschaft der deutschen Industrie für den Herbst 1939 zugesichert. Der Schnellplan war der Bestandteil des Wehrwirtschaftlichen neuen Erzeugungsplanes (auch Krauchplan oder Carinhallplan genannt). Ausgearbeitet wurde der Schnellplan von Carl Krauch (Vorstandsmitglied der I.G. Farben). Neben Mineralöl, synthetischem Kautschuk, Aluminium und Magnesium sollte vor allem die Produktion von Sprengstoff, Pulver und Kampfstoffen nicht nur sichergestellt, sondern auch erheblich gesteigert werden.

Das Dokument über den Schnellplan war Beweisstück im I.G.-Farben-Prozess mit der Nummer NI-8797.

Abgelöst wurde der Schnellplan durch den „Orangeplan“ vom 6. Dezember 1939. Er sah die Verdreifachung der Sprengstoffproduktion auf 55.050 Monatstonnen, und die Steigerung der Pulverproduktion auf 18.970 Monatstonnen schrittweise bis 1942 vor.[2]

Erreicht wurde bis 1945 eine Gesamtkapazität an Sprengstoff von 32.000 Monatstonnen.[3]

Originaltext

„Mit dem Schnellplan ist nach Ansicht der beteiligten Stellen sowie der durchführenden Industrie die maximale Steigerungsmöglichkeit bis Herbst 1939 erschöpft.
Der Schnellplan ist im einzelnen abgeglichen und volle Übereinstimmung erzielt zwischen
OKW (Wstb), OKH (Wa A), Dr. Krauch.
Der vorliegende Schnellplan ist ab jetzt die gemeinsame Grundlage des weiteren Vorgehens aller beteiligten Stellen.
Bis Ende 1939 wird nach dem Schnellplan die Kapazität so weit erhöht, daß auf allen Gebieten praktisch die größte im Weltkrieg noch erzielte deutsche Erzeugungsmöglichkeit erreicht wird
[...]
Die Durchführung des Schnellplans ist nur möglich, wenn ganz besondere (kriegsmäßige) Vollmachten der für die Durchführung verantwortlichen Stelle gegeben werden.“[4]

Bewertung

Laut Dietrich Eichholtz lieferte die IG Farben mit dem ausdrücklich genannten Datum „Herbst 1939“ bzw. „Ende 1939“ auf Grund scheinbar unangreifbarer wissenschaftlicher Analyse, die Grundlage für Görings und Hitlers politische und militärische Entscheidungen.[5]

Laut Bernd-Jürgen Wendt war der Herbst 1939 aus verschiedenen militärischen, politischen und wehrwirtschaftlichen Perspektiven eine Art „Schlüsseldatum“ und „zeitlicher Fluchtpunkt“. Zu den wehrwirtschaftlichen Gesichtspunkten zählt er die 1938 auftretenden Anzeichen für ein „Heißlaufen“ der deutschen Wehrwirtschaft. Als Alternative bot sich nur eine für die deutsche Führung nicht in Frage kommende Drosselung des Rüstungstempos oder eine Bündelung aller Ressourcen und Produktivkräfte auf den Mobilmachungsfall hin durch den „Wehrwirtschaftlichen neuen Erzeugungsplan“ und den Schnellplan an. Nicht zuletzt flossen die Rüstungsanstrengungen der potentiellen Gegner in die Entscheidung ein, bei denen der Chef des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes Georg Thomas für den Sommer 1939 mit der Neuausrüstung und wesentlichen Steigerung der Kriegsbereitschaft der französischen und britischen Luftstreitkräfte, rechnete.[6]

Hans-Erich Volkmann schreibt:

„Sicherlich überspitzt, aber im Kern zutreffend kann folgende These formuliert werden: Weil Hitler es ablehnte seine machtpolitischen Ziele und damit das forcierte Rüstungsprogramm zurückzustecken, geriet die nationalsozialistische Wirtschaft 1938/39 in eine unüberwindbare Krisensituation, die sich zum Krieg zuspitzte.“[7]

Siehe auch

Fußnoten

  1. Georg Thomas: Geschichte der deutschen Wehr- und Rüstungswirtschaft (1918-1943/45). Boppard am Rhein 1966, S. 176.
  2. Wolfgang Bleyer et al., Deutschland 1939 bis 1945, Deutschland während des zweiten Weltkrieges, Berlin 1975, S. 102 f.
  3. J. Preuß, R. Haas: Die Standorte der Pulver-, Sprengstoff-, Kampf- und Nebelstoffabriken im ehemaligen Deutschen Reich. In: Geographische Rundschau 39 (10), S. 578–584. Zit. n.: http://www.r-haas.de/V16.html
  4. Dietrich Eichholtz, Wolfgang Schumann: Anatomie des Krieges. Neue Dokumente über die Rolle des deutschen Monopolkapitals bei der Vorbereitung und Durchführung des Zweiten Weltkrieges. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin (Ost) 1969, S. 188 f.
  5. Dietrich Eichholtz: Das Expansionsprogramm des deutschen Finanzkapitals am Vorabend des zweiten Weltkrieges. In: Dietrich Eichholtz, Kurt Pätzold (Hrsg.): Der Weg in den Krieg. Berlin 1989, S. 34.
  6. Bernd-Jürgen Wendt: Deutschland 1933-1945. Das „Dritte Reich“ Handbuch zur Geschichte. Hannover 1995, S. 428–430.
  7. Hans-Erich Volkmann: Ökonomie und Expansion. München 2003, S. 131.
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