Schloss Wörlitz
Schloss Wörlitz in Sachsen-Anhalt gilt als Gründungsbau des deutschen Klassizismus und ist eines der wenigen deutschen Bauwerke des Palladianismus.[1] Das in Wörlitz gelegene Schloss ist wie der zugehörige Wörlitzer Park Teil des UNESCO-Welterbes.
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Geschichte
Ab 1769 wurde der Wörlitzer Park auf Veranlassung des damals 29-jährigen Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau im Stil eines englischen Landschaftsgartens eingerichtet. Zugleich begann der Bau des Schlosses, für den der Vorgängerbau, ein barockes Jagdschloss, abgerissen wurde. Baumeister war Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff. Das Schloss wurde für den Fürsten und seine Frau Luise Prinzessin von Brandenburg-Schwedt errichtet und sollte der Repräsentation des Fürstenhauses dienen. Der Bau wurde 1773 vollendet.
Er gilt als Gründungsbau des deutschen Klassizismus. Als Vorbilder dienten antike und englische Bauwerke sowie die Architektur Andrea Palladios (1508–1580). Das Wörlitzer Parkschloss ist zugleich die stilistische Fortführung eines Lustschlosses (vom Typus der barocken Maison de plainsance) in das neue Zeitalter des Klassizismus hinein. Als Vorbilder dienten zeitgleiche englische Landhäuser im Adamstyle; auf den britischen Inseln hatte der dort „Neo“-Klassizismus genannte Stil, insbesondere in der Form des Palladianismus, bereits um 1720 mit dem Bau von Chiswick House begonnen und prägte inzwischen die Georgianische Architektur.
Beim Bau des Schlosses wurden damals fortschrittliche Einrichtungsgegenstände wie gusseiserne Öfen, Wandklappbetten, eine Wasserpumpe zur Versorgung des oberen Stockwerks, ein Eisschrank,[2] Essensaufzüge und versenkbare Türen[3] verwendet, die bis heute vorhanden sind. Auch gab es ein Badezimmer für das Fürstenpaar, das jedoch zwischenzeitlich entfernt wurde.[3]
1770 bis 1772 entstand ein rund 50 Meter südwestlich liegendes Küchengebäude, das seit dem Bau durch einen unterirdischen Gang mit dem Schloss verbunden ist.
Schon im 18. Jahrhundert war das Schloss, wie auch der gesamte Park, für die Öffentlichkeit zugänglich.[2]
- Leopold III. Friedrich Franz, Porträt von Christoph Friedrich Reinhold Lisiewski (1762)
- Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1796)
Lage, Architektur und Ausstattung
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Das Schloss steht im Park und ordnet sich somit in die künstlich geschaffene, aber naturnahe Umgebung ein. Es steht nördlich der Stadt, von ihr getrennt durch Baumgruppen und Wiesen. Die Rückseite des Schlosses zeigt zum nahen Wörlitzer See und ist vom gegenüberliegenden Seeufer vor der Silhouette der Stadt gut sichtbar.
Das symmetrische, im Grundriss rund 36 Meter × 24 Meter[4] große Gebäude weist zwei Geschosse sowie ein Souterrain und ein abschließendes Mezzanin auf. Es wird durch einen Portikus mit vier korinthischen Säulen geprägt, zu dem eine Freitreppe führt. Der Dreiecksgiebel ist antiken Giebeln in Palmyra und Baalbek nachempfunden.[1] Im Inneren befindet sich ein Lichthof, der von einem erst später angebrachten[3] Glasdach überdeckt ist. Dahinter befindet sich ein eingeschossiges Belvedere mit rechteckigem Grundriss, der von einer Kuppel gekrönt wird und mit der Rückseitenfassade bündig abschließt. Die Fenster sind abhängig vom Stockwerk unterschiedlich groß und durch unterschiedliche Verdachungen und Simse geschmückt.
Um den Lichthof gruppieren sich symmetrisch zehn Räume und zwei Säle. Die Decken und die Kuppel sind mit Stuck reich verziert, an den Decken findet man Malereien. Im Speisesaal stehen ebenfalls vier korinthische Säulen.[5] Zahlreiche Kunstwerke sind im Schloss ausgestellt, etwa Gemälde alter Meister, eine Antikensammlung und eine Keramiksammlung, die vor allem aus Repliken antiker Arbeiten aus der Porzellanmanufaktur Wedgwood besteht. Die Möbel stammen aus der Werkstatt von Abraham und David Roentgen. Die ursprüngliche Einrichtung ist fast vollständig erhalten.[6] Im Belvedere befindet sich der „Palmensaal“.
Nutzung
Das Schloss kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Das Küchengebäude wird als Restaurant genutzt. Es diente 2013 als Kulisse für den Märchenfilm Die kleine Meerjungfrau.
Literatur
- Erich Paul Riesenfeld: Das Schloss zu Wörlitz. In: Kunst und Künstler 11, 1913, S. 110–118 (Digitalisat).
- Kulturstiftung DessauWörlitz (Hrsg.): Schloss Wörlitz. Architektur, Interieur, Sammlungen, Bewohner / Architecture, Interior, Collections, Residents (deutsch/englisch). Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 2017, ISBN 978-3-95462-770-7
Weblinks
Einzelnachweise
- Jens Bisky: Als wenn ich ein Baumeister wäre: Er hat Schloss Wörlitz erbaut und die Königskammern im Berliner Schloss eingerichtet: Vor 200 Jahren starb Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff in Dessau. Berliner Zeitung vom 4. März 2000, abgerufen am 30. Oktober 2015
- Beschreibung bei woerlitz-information.de, abgerufen am 30. Oktober 2015
- E. Flohr: Von der Untersuchung bis zur Bauausführung – Standard- und Sonderverfahren im Holzschutz und deren Umsetzung. In: Helmuth Venzmer (Hrsg.): Altbausanierung 4: Feuchte und Altbausanierung. 20. Hanseatische Sanierungstage. Beuth, Berlin 2010, ISBN 978-3-410-17613-8, S. 173ff. Auszüge bei books.google.de
- Grundriss bei pmp-architekten.de, abgerufen am 30. Oktober 2015
- Reinhard Alex, Elke Borkowski: Wörlitz. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1993, ISBN 3-87584-456-4, S. 12.
- Reinhard Alex, Elke Borkowski: Wörlitz. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1993, ISBN 3-87584-456-4, S. 6.