Schloss Neukirchen (Erzgebirge)
Das Schloss Neukirchen ist der Gebäudekomplex des früheren Rittergutes der heutigen Gemeinde Neukirchen/Erzgeb., der jetzt zum Ortsteil Klaffenbach der Stadt Chemnitz im Freistaat Sachsen gehört und in den letzten Jahren nur noch als Wasserschloss Klaffenbach bezeichnet wird und von dem der von Dietrich von Taube im Jahre 1616 errichtete neue Schlossteil ein für Sachsen nahezu einzigartiges Beispiel eines Wasserschlosses der Renaissance darstellt.
Geografische Lage
Der Schlosskomplex liegt südöstlich des Stadtzentrums unweit der Würschnitz und der Bundesstraße 95.
Geschichte
Erste Urkunden berichten, dass bereits vor 1200 am Würschnitzfluß ein „Festes Haus“ mit dem Namen „Warta“ vorhanden war. Es wird angenommen, dass dieses Objekt mit dem Torhaus des Neukirchner Schlosses identisch ist[1]. Dieses Objekt dürfte wohl im Besitz der Herren von Waldenburg gewesen sein, da Hugo von Wartha einer der Gründer der Burg Waldenburg war und seine Nachkommen sich nach Waldenburg nannten.
Am 16. Juni 1543 kaufte der finanzstarke Annaberger Bürger und Münzmeister Wolf Hünerkopf vom sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich I. aus dem Besitz des säkularisierten Chemnitzer Benediktinerklosters neben Burkhardtsdorf auch Neukirchen und Klaffenbach für die Summe von 6000 Gulden. Im ersten Lehnbrief, der Wolf Hünerkopf durch den neuen sächsischen Kurfürsten Moritz durch dessen Lehnhof in Dresden am 26. Mai 1548 ausgestellt wurde, ist bereits davon die Rede, dass Hünerkopf mit einem neugebauten Hof und Vorwerk in Neukirchen belehnt wird.[2] Hof und Vorwerk waren wie damals üblich ein Mannlehn und Hünerkopf war zur Leistung von Ritterdiensten mit einem Pferd verpflichtet. Die Belehnung musste beim Wechsel des Kurfürsten oder des Rittergutes beim Lehnhof in Dresden erneuert werden.
Aus der Zeit vor 1570 liegt die erste bildliche Darstellung des durch Hünerkopf errichteten Rittersitzes in Neukirchen vor. Er zeigt ein befestigtes, zweistöckiges Haus mit Fachwerkelementen und einem spitzen Türmchen auf dem Treppenturm. Es wird als Wolff Hünnerkopfs Haus bezeichnet. Eine zweite Darstellung mit der Bezeichnung Hunnerkops Haus stammt etwa aus dem Jahr 1570. Es handelt sich dabei um das heutige Torhaus des Schlosses – der älteste, noch vor der Mitte des 16. Jahrhunderts entstandene Teil des Gebäudekomplexes.
Hier nahm Wolf Hünerkopf seinen Alterssitz, wo er auch im Frühjahr 1566 starb und sein Sohn Daniel Hünerkopf aufwuchs, bevor er später die Stelle als Münzmeisters im entfernten Magdeburg erhielt. Er als Lehnserbe seines Vaters verkaufte das von ihm nicht mehr benötigte Rittergut im Jahre 1570 an den sächsischen Kurfürsten August für die Summe von rund 26.250 Gulden. Sein Enkel Kurfürst Christian II. von Sachsen verschenkte das Rittergut Neukirchen für ergebene Dienste seinem Amtshauptmann Georg von Schönberg im Jahre 1602. Bereits zwei Jahre später veräußerte dieser das Rittergut gewinnbringend an den Jägermeister Paul Gröbel, der es jedoch aufgrund fehlender Lehnserben auf Dauer nicht halten konnte, so dass es wieder an den Kurfürsten, diesmal Johann Georg I. zurückfiel. Dieser überließ das Rittergut an Dietrich von Taube, der damit vom Lehnhof Dresden am 17. November 1615 belehnt wird. Er errichtete 1616 in der Mitte des auf dem Rittergutgelände befindlichen Teiches das neue Schloss Neukirchen, das heute als Wasserschloss Klaffenbach bezeichnet wird. Der Schlosskomplex von Neukirchen blieb bis 1819 im Besitz der in den Grafenstand erhobenen Familie von Taube und ging dann in bürgerliche Hände über. Zuvor hatte es 1790 hier in Folge der Revolution in Frankreich einen Bauernaufstand gegeben, wobei der Rittergutsbezirk von Neukirchen mit den Dörfern Neukirchen/Erzgeb., Burkhardtsdorf, Klaffenbach und Stelzendorf das Zentrum der bäuerlichen Unruhen bildete. Zu den Anführer der Aufständischen zählten die Bauern Schmidt und Blitz aus Neukirchen, die als Abgeordnete der Bauern an den Dresdner Hof gesandt, anschließend auf der Festung Königstein inhaftiert wurden.[3]
In den Jahren 1926 und 1934 erwarb die Gemeinde Klaffenbach in zwei Etappen den Schloss- und Gutskomplex Neukirchen und sorgte als Eigentümer dafür, dass der historisch gewachsene Name immer mehr zurücktrat. Ab 1935 ließ die Gemeinde Klaffenbach das Schloss für den deutschen Reichsarbeitsdienst und ab 1947 als Jugendwerkhof für Mädchen, die aus damaliger Sicht schwer erziehbar waren, nutzen. In dieser Zeit verfielen Gebäude und Gelände. Zwischen 1991 und 1995 fand mit maßgeblicher Unterstützung von europäischen Fördermitteln eine umfangreiche Sanierung statt.
Siehe auch
- Wasserschloss Klaffenbach (Schloß Neukirchen), neuer Neukirchener Schloßbau, Wasserschloss.
Literatur
- Joachim Seyffarth: Das Schloß Neukirchen in frühen kartographischen Darstellungen. In: Der Heimatfreund für das Erzgebirge, 14, 1969, H. 1, S. 11–13.
- Horst Strohbach: Der Bauernaufstand 1790 um das Rittergut Neukirchen. In: Der Heimatfreund für das Erzgebirge, 14, 1969, H. 1, S. 14–17.
- Werte unserer Heimat: Karl-Marx-Stadt, Bd. 33, Akademie-Verlag Berlin, DDR, 1979 (Artikel: Schloß Neukirchen)
- ohne Autor: Der Landkreis Chemnitz in historischen Ansichten, Geiger Verlag Horb am Neckar, 1992, ISBN 3-89264-730-5 (zur Geschichte der Orte des Landkreises: Klaffenbach mit Schloß Neukirchen S. 116 u. 119; Neukirchen S. 146 mit Infos zum Festen Haus Warta in Neukirchen)
- Wolf-Dieter Röber: Kapitel "Exkurs II", In: Schriftenreihe Heft 3", Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau, Stadt Glauchau, 1981, DDR, S. 30 (Diskussion zur Lokalisation des Stammsitzes der Herren von Wartha/Waldenburg bei "Wartha bei Naumburg" oder bei "Wartha/Harthau bei Schloss Neukirchen im Erzgebirge", die hier vermutete Burg Wartha soll nach einer Theorie eine Vorgängeranlage des Schlosses Neukirchen gewesen sein)
Weblinks
Einzelnachweise
- ohne Autor: Der Landkreis Chemnitz in historischen Ansichten, Geiger Verlag Horb am Neckar, 1992, ISBN 3-89264-730-5 (Neukirchen S. 146 mit Infos zum Festen Haus Warta)
- Joachim Seyffarth: Das Schloß Neukirchen in frühen kartographischen Darstellungen. In: Der Heimatfreund für das Erzgebirge, 14, 1969, H. 1, S. 12.
- Horst Strohbach: Der Bauernaufstand 1790 um das Rittergut Neukirchen. In: Der Heimatfreund für das Erzgebirge, 14, 1969, H. 1, S. 14–17.