Santa Maria Assunta (Pienza)
Santa Maria Assunta ist eine Konkathedrale in der toskanischen Stadt Pienza aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Wegen der Vermischung von Elementen der Renaissance und gotischer Bauelemente gilt sie als etwas eigenartig.[1]
Lage
Die Kirche liegt an der zentralen Piazza Pio II der Altstadt von Pienza zwischen dem Palazzo Vescovile, also dem Bischofspalast, auf der linken Seite und dem Palazzo Piccolomini rechterhand. Die Gruppe der drei Bauten nimmt Bezug aufeinander, wobei die Domfassade beherrschend wirkt[2] und insgesamt als edel gilt.[3]
Entstehung und Baugeschichte
Der Dom gehört zu einer Reihe von Bauten, mit denen Papst Pius II., bis zur Wahl Enea Silvio Piccolomini, seine Geburtsstadt, das damalige Corsignano, in eine Idealstadt der Renaissance umbauen lassen wollte. Ausführender Baumeister war der florentinische Architekt Bernardo Rossellino, der Dom entstand – wie die anderen Bauten der Gruppe – von 1459 bis 1462.[4] Da auf der Südseite des Platzes, dort, wo der Dom gebaut wurde, nicht genügend natürlicher Baugrund zur Verfügung stand, wurden, um den Chor mauern zu können, Substruktionen errichtet, was sich nachträglich als zum Schaden der Kirche herausstellte. Eine Besonderheit war, dass der Papst Rossellino ausdrücklich[5] mit dem Bau einer Hallenkirche beauftragte. Diesen Bautyp dürfte Piccolomini während seiner Zeit als Sekretär Friedrichs III. in Österreich und Süddeutschland kennengelernt haben.[6] Nach Fertigstellung 1462, am 29. August, wurde der Bau geweiht und zum Bischofssitz erhoben. Die Fertigstellung der Innenausstattung zog sich bis 1464 hin.[7]
Fassade
Die Fassade ist dreiachsig und zweigeschossig ausgeführt, Hauptgliederungselement sind die vier Kolossalpilaster grundlegend toskanischer Ordnung. Die Fassade gibt die innere Struktur des Baues insoweit wieder, als die Blendbogenarkaden zwischen den Pilastern in der gleichen Höhe abschließen. Die das Portal und die beiden anderen seitlichen Zugänge, sie entstammen mit den sie überwölbenden Segmentbögen Vorbildern ländlicher toskanischer Architektur[8], rahmenden Säulen folgen im Untergeschoss der Ionischen Ordnung, diejenigen des Obergeschosses der Korinthischen Ordnung. Die Stellung von Säulen in eine Fassade übernahm Rossellino von seinem Lehrer in der Architektur, Leon Battista Alberti[9]. Als Beispiele für von Alberti erbaute Vorgänger werden Santa Maria Novella in Florenz[10] und der Tempio Malatestiano in Rimini[11] genannt. In den Seitenachsen sind Ädikulanischen eingefügt, ein Element florentinischer Protorenaissance. In den die Fassade abschließenden Dreiecksgiebel laufen die inneren Pilaster durch, im Mittelteil des Giebels ist das päpstliche Wappen Piccolominis eingefügt.
Inneres und Ausstattung
Die Kirche ist der Grundstruktur nach eine Hallenkirche, verfügt also über drei Kirchenschiffe mit gleich hohen Gewölben, das gleiche trifft für das Querhaus zu. Der Raum ist an sich eine Konstruktion der Renaissance[12], enthält aber dennoch eine Reihe von gotischen Bauelementen, so dass der Raumeindruck gelegentlich an englische Kathedralgotik zu erinnern vermag[13]. Die die Arkaden- und Gurtbögen stützenden Bündelpfeiler tragen eigenartige[14], nicht der gotischen Baukunst entstammende Kapitelle. Wie wenig Rossellino mit den komplizierten Regeln gotischen Bauens vertraut war, zeigen auch die länglichen Kämpfer unterhalb der – in den Seitenschiffen – an sich gotischen Kreuzgratgewölben. Eine vergleichbare Kämpferstellung findet sich nur noch im Querhaus des Doms von Siena.
Das fünfjochige Mittelschiff der Kirche läuft in der Chorkapelle aus, die beiden seitlichen Nebenchorkapellen sind, abermals gotischen Vorbildern folgend, um 45 Grad zu dieser versetzt. Die erwähnten Substruktionen waren insoweit schädlich, als sie sich im Verlauf der Jahrhunderte setzten. Daher sind die Pfeiler des Chores im Vergleich zu denen des Mittelschiffes um einige Grad hangabwärts nach Süden geneigt und mussten verstärkt werden.[15] Ebenfalls gotischen Vorbildern folgen die Spitzbogenfenster mit ihrem Maßwerk.
An der Ausstattung zeigen sich die Unterschiede zwischen den einzelnen Künstlerschulen der Zeit. Während Pius II. für die Bildhauerei Rossellinos Werkstatt bevorzugte, gingen die Aufträge für die Bilder der Altarretabel an sienesische Künstler. So verfügt die Kirche über eine Anzahl an Altargemälden bedeutender Künstler des Quattrocento, so von Vecchietta, Sano di Pietro, Matteo di Giovanni, Giovanni di Paolo und Stefano di Giovanni Sassetta. Sie arbeiteten noch im „gotischen Stil“ des Trecento[16].
Literatur
- Heinz Schomann: Kunstdenkmäler in der Toskana. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, ISBN 978-3-534-06894-4.
- Klaus Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren. 9. Auflage, Du Mont Buchverlag, Köln 1986 ISBN 3-7701-1050-1.
- Max Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden. 3. Auflage, Bd. III aus Wilhelm Lübke, Grundriss der Kunstgeschichte, 14. Auflage, Paul Neff Verlag, Esslingen 1912.
- Conrad Streit: Florenz – Toskana – Umbrien, Land der Etrusker. Walter-Verlag, Olten und Freiburg im Breisgau 1972 (Sonderausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt), ISBN 978-3-530-85806-8.
- Werner Goez: Von Pavia nach Rom. 4. Auflage, DuMont Buchverlag, Köln 1980 ISBN 3-7701-0542-7.
- Jan Pieper: Pienza – Der Entwurf einer humanistischen Weltsicht. Edition Axel Menges, Stuttgart 1997, ISBN 3-930698-06-4.
- Andreas Tönnesmann: Pienza – Städtebau und Humanismus. 2. Auflage 1996, Hirmer Verlag München, ISBN 3-7774-5410-9.
- Johann Josef Böker: Ita Pius iusserat, qui exemplar apud Germanos in Austria vidisset: Die spätgotischen Vorbilder des Domes von Pienza in Österreich. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 49, 1996, S. 57–74 und 301–306.
Einzelnachweise
- Goez: Von Pavia nach Rom, S. 150.
- Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren, S. 250.
- Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden, S. 24.
- Schomann: Kunstdenkmäler in der Toskana, S. 430.
- Schomann: Kunstdenkmäler in der Toskana, S. 430.
- Johann Josef Böker: Ita Pius iusserat, qui exemplar apud Germanos in Austria vidisset: Die spätgotischen Vorbilder des Domes von Pienza in Österreich. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 49, 1996, S. 57–74.
- Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren, S. 252.
- Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren, S. 251.
- Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren, S. 251.
- Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren, S. 251.
- Schomann: Kunstdenkmäler in der Toskana, S. 430.
- Schomann: Kunstdenkmäler in der Toskana, S. 430.
- Streit: Florenz – Toskana – Umbrien, Land der Etrusker, S. 170.
- Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren, S. 251.
- Streit: Florenz – Toskana – Umbrien, Land der Etrusker, S. 170.
- Zimmermanns: Toscana – Das Hügelland und die historischen Stadtzentren, S. 251.