Kämpfer (Architektur)
Der Kämpfer oder Impost ist der oberste Teil des Widerlagers eines Bogens oder Gewölbes.[1] Traditionell bilden Mauersteine oder eine Steinplatte den Kämpfer, der zwischen Wand, Säule oder Pfeiler und dem Anfängerstein des Bogens oder Gewölbes eingefügt wird. In der Regel springt der Kämpfer ein wenig vor den darunterliegenden Bauteilen hervor.[2]
Als Kämpfer (lateinisch incumba) wurde ursprünglich jeder aus der Mauerflucht hervorstehende, lasttragende Stein bezeichnet. Wenn dieser besonders weit auskragt und insbesondere als Auflager etwa für Balken oder Bögen dient (die vor der eigentlichen Wand sitzen), heißt er auch Kragstein oder Konsole.[3]
Ein durchgehender Kämpfer zur Auflage eines Gewölbes wird auch als Gewölbekämpfer, Kämpferschicht oder Kämpferlinie sowie als Kämpfergesims bezeichnet, wenn er verziert bzw. profiliert ist.[1]
Beim Fenster wird der Querstab (Riegel), der das Oberlicht vom Hauptflügel trennt, als Kämpfer bezeichnet (siehe Kämpferfenster). Zusammen mit einem senkrechten Setzholz (Pfosten) bildet der Kämpfer das Fensterkreuz.
In der Schweiz wird auch der Fenster- oder Türsturz als Kämpfer bezeichnet.
Konstruktion
Der Kämpfer liegt auf einer Wand, einem Pfeiler oder dem Kapitell einer Säule. Häufig ist er profiliert und springt etwas vor.
- Bei einer Säule wird in der Regel die Deckplatte auf dem Kapitell als Kämpfer bezeichnet, die in der klassisch antiken Säulenordnung auch Abakus heißt. Oft liegt aber auf dem Abakus noch ein Fries- und ein Gebälkstück auf, so dass erst darüber der Bogen aufsetzt. In der spätantiken christlichen Architektur wird der Kämpfer zu einem eigenen Block über dem Kapitell ausgebildet. Dieser ist in der Regel trapezoidal geformt und entlastet so die Ecken des darunterliegenden Kapitells. Wenn Kämpferprofil und Kapitell aus einem einzigen Werkstück bestehen, ist dieses statisch-konstruktiv insgesamt der Kämpfer, formal-ästhetisch wird jedoch zwischen Kämpferplatte und Kapitell unterschieden.
- Ein in einer Wand liegender Kämpfer kann als Kragstein deutlich aus der Wand vortreten. Werden profilierte Kämpfer wie ein Gesims fortlaufend angewendet, so bilden sie ein Impost (continue) oder Kämpfergesims.
- Vom Kämpfer zu unterscheiden ist der Gewölbefuß oder Anfänger, der erste Wölbstein des Jochs über der Kämpferlinie. Gelegentlich wird dieser Stein als Kämpferstein des Bogens bezeichnet, da er auf dem Kämpfer aufliegt (was zur Verwechslung des Kämpfersteins mit dem Kämpfer selbst führen kann). Bei Gratgewölben spricht man vom Gratstein.
Beim Aufmauern von Gewölben und Bögen konnte die Stützkonstruktion, das Lehrgerüst, sicher auf den Kämpfer aufgelegt werden, bis der Schlussstein gesetzt war und der Bogen sich selbst trug. Dieses Vorgehen hatte mehrere Vorteile: da der Kämpfer die Stützkonstruktion während der Gewölbeerrichtung trug, konnten die Gerüste entfernt werden und die Nutzung der darunter liegenden Etage beginnen. Gerade wenn sich wie bei Kathedralen oder Festungsbauten die Konstruktion über Jahrzehnte hinzog, war eine frühzeitige – auch provisorische – Nutzung ein enormer Vorteil. Außerdem konnte bei mehreren parallel liegenden Tonnengewölben wie bei Basiliken der Gewölbeschub während der Konstruktionsphase an horizontal in die Lehrgerüste eingefügte Träger abgegeben werden, bis eine äußere Rippenkonstruktion diese auffing.
Ornamentale Ausbildung
Die Kämpfer werden glatt gelassen oder profiliert, und „sprechen dann eine bestimmte Sonderung zwischen Widerlager und Bogen aus“.[4] Die byzantinischen Kämpfer sind hohe Blöcke, die manchmal bzw. fremdsprachlich auch als Pulvino bezeichnet werden.[5] Die Romanik gestaltet den Kämpfer ähnlich den Kapitellen ornamental oder figürlich aus. In der Gotik verschwindet beim Kelchknospenkapitell der Kämpfer fast völlig. Die Renaissancearchitektur kehrt zur Kämpferausbildung der antiken Säulenordnungen zurück.
- Kämpferaufsatz (Impost/Pulvino) auf Akanthuskapitell in der Höchster Justinuskirche
- Kapitell mit Impost in der Stiftskirche Quedlinburg
- Romanisches Pfeilerbündel mit umlaufendem Impost
(Vorhalle der Klosterkirche Denkendorf) - Kelchknospenkapitell
- Kämpfer als profiliertes Gesims hervorgehoben
Literatur
- Eintrag 2. Kämpfer, L. Incumba, Fr. Imposte, Ital. Imposto. In: J. G. Krünitz: Oeconomische Encyclopädie. Band 34. Pauli, Berlin, S. 63 ff. (zeno.org – 1773–1858).
- Gewölbe. In: Lexikon der gesamten Technik
Weblinks
Einzelnachweise
- Hermann Alexander Müller: Illustrirtes archäologisches Wörterbuch der Kunst des germanischen Alterthums: des Mittelalters und der Renaissance, sowie der mit den bildenden Künsten in Verbindung stehenden Ikonographie, Kostümkunde, Waffenkunde, Baukunde, Geräthkunde, Heraldik und Epigraphik, S. 562, Verlag O. Spamer, 1878
- Uwe Miersch/ Rose Engelberger: Glossar (Fachworte), In: Dresden-und-Sachsen.de; abgerufen im Dezember 2019
- Rudolf Redtenbacher: Die Architektonik der modernen Baukunst, Verlag Ernst & Korn, 1883
- Kämpfer. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 10, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1907, S. 524.
- pulvino. In: treccani.it. Abgerufen am 15. November 2021 (it-IT).