Roselyne Crausaz
Roselyne Crausaz (* 19. März 1943 in Freiburg im Uechtland) ist eine schweizerische Politikerin und ehemalige Staatsrätin des Kantons Freiburg.
Leben und Wirken
Die Katholikin Roselyne Crausaz stammt aus Cheiry und kam durch ihre Heirat nach Freiburg. Ihre Eltern sind Aloys Crausaz, Dienstchef der kantonalen Polizeidirektion, und Yvonne geb. Ayer. Sie ist das einzige Kind. 1988 heiratete sie den Ungarn Zoltan Németh.
Roselyne Crausaz besuchte nacheinander die öffentliche Schule der Stadt Freiburg, die Schule der Ursulinen, das Institut St. Joseph in der Gauglera (Sensebezirk) und das Kollegium Gambach, das sie 1962 mit der Matura abschloss. Nach einem Englandjahr studierte sie an der Universität Freiburg Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und schloss ihr Studium 1967 mit dem Lizentiat ab.
Im Jahr 1968 arbeitete sie in Bern im Bundesamt für Statistik und wechselte im nächsten Jahr in das später so genannte Bundesamt für Bildung und Wissenschaft. Als stellvertretende Sektionsleiterin war sie für die Unterstützung der Hochschulen zuständig. 1986/87 leitete sie die Konferenz für Universitätsfragen, Forschung und Hochschulunterricht des Europarats.
Roselyne Crausaz gehörte zu den ersten Bürgerinnen, die, zunächst vergeblich, ein Grossratsmandat anstrebten. 1978 gründete sie innerhalb der Partei die kantonale Kommission «Frau und Gesellschaft», die spätere «Arbeitsgemeinschaft der CVP-Frauen». 1980 wurde sie in den Grossen Rat gewählt, aus dem sie 1986 zurücktrat. 1982 wurde sie in den Generalrat der Stadt Freiburg gewählt, den sie von April 1982 bis April 1983 leitete.
1986 war Roselyne Crausaz die einzige weibliche Kandidatin für ein Staatsratsmandat. Im ersten Wahlgang, in dem niemand die absolute Mehrheit erreichte, wurde sie vierte von elf Bewerbern. Im zweiten Wahlgang wurde sie als zweite – hinter dem Sozialdemokraten Félicien Morel – der verbliebenen neun Kandidaten gewählt und stand an der Spitze der christlichdemokratischen Liste. Sie war die erste Frau im Freiburger Staatsrat und in allen Westschweizer Regierungen sowie die erste CVP-Staatsrätin der Schweiz. In der Regierung übernahm die Neugewählte aufgrund ihrer in Bern gewonnenen Erfahrungen die Baudirektion. Die unter ihrer Leitung durchgeführten Arbeiten betrafen insbesondere die Erneuerung der Jaunpass-Strasse (1989), das Projekt der Umfahrungsstrasse von Estavayer-le-Lac (1990), die Erneuerung und Verbreiterung der Pérollesbrücke, die Totalerneuerung der Route de la Crausaz (1991) und die Aufhebung der Einsprachen aus Umweltschutzgründen gegen den Bau der A1.
Darüber hinaus erarbeitete ihre Direktion mehrere Richt- und Sachpläne: Raumplanung, Abfallbewirtschaftung, Luftreinhalte-Massnahmen und Materialabbau. Hinzu kamen der Lärmkataster der Kantonsstrassen und der Wasserversorgungsatlas. Sie schaffte die kantonalen Kommissionen für Umweltschutz und für das Verzeichnis zeitgenössischer Architektur sowie das Naturschutzbüro.
1991 stellte sich Roselyne Crausaz zur Wiederwahl. Im ersten Wahlgang vom 17. November erreicht sie 31 % der Stimmen und den sechsten Platz unter 21 Kandidaten. Auf der fünf Namen umfassenden CVP-Liste stand sie jedoch an letzter Stelle, so dass sich das Problem der Aufrechterhaltung ihrer Kandidatur für den zweiten Wahlgang stellte. Laut einer Regel, die sich die «grosse alte Partei» gegeben hat, begnügte sie sich mit drei Staatsratssitzen. Angesichts der Umstände beschloss Roselyne Crausaz sich zurückzuziehen.
Am 16. Juli 1991 wurde sie mit der Goldmedaille für «Verdienste um Europa» ausgezeichnet. 1995 kandidierte sie auf der SVP-Liste für den Nationalrat, hatte jedoch keinen Erfolg. Damit beendete sie ihre politische Karriere.
Nun begann für Crausaz ein zweites Leben mit Tätigkeiten in vielen Bereichen. 1992 organisierte sie mehrere wissenschaftliche, wirtschaftliche und politische Kongresse in der Schweiz, in Europa und in Asien. 1994/95 beauftragte sie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit der Kontrolle seiner Geschäftsführung. Im Rahmen der Expo.02 war sie Protokollchefin der Arteplage Murten. Im sozialen Bereich war sie 2005 die Initiatorin der Fondation Paix 21, die sie leitete und die ein Quartierspital in Beirut (2007) und ein Ambulatorium im Tschad (2010) baute. 2011 organisierte sie in Freiburg das internationale Kulturfestival «Makel los» für und von Menschen mit Behinderung.
Roselyne Crausaz leitete zahlreiche Vereinigungen, darunter die Freunde der Archäologie, die Freunde des Schweizer Figurentheater-Museums und die Fondation Bindschedler. Zudem war sie Mitbegründerin der Freiburger Sektion (1970) des Schweizerischen Verbands der Akademikerinnen, Vorstandsmitglied der Auslandschweizer-Organisation und Mitglied der Eidgenössischen AHV-Kommission.
Literatur
- Georges Andrey, Hubertus von Gemmingen (Übersetzung): Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011; Geschichte, Organisation, Mitglieder. Hrsg.: John Clerc, Jean-Pierre Dorand, Nicholas Gex. Paulus, Freiburg 2012, ISBN 978-3-7228-0815-4.
Weblinks
- Vita (französisch)
- Zoé Kergomard: Roselyne Crausaz. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 12. Juni 2019.