Pumpspeicherkraftwerk Happurg
Das Pumpspeicherkraftwerk Happurg bei Happurg im fränkischen Landkreis Nürnberger Land (Bayern) war von 1958 bis 2011 in Betrieb. Das Unterbecken des Kraftwerksystems ist der Happurger See. Das 1,8 Millionen Kubikmeter fassende Oberbecken befindet sich auf dem westlich davon liegenden Deckersberg und wird seit 2011 saniert.
Pumpspeicherkraftwerk Happurg | |||
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Lage | |||
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Koordinaten | 49° 29′ 14″ N, 11° 28′ 29″ O | ||
Land | Deutschland | ||
Gewässer | Happurger See | ||
Daten | |||
Typ | Pumpspeicherkraftwerk | ||
Primärenergie | Wasser | ||
Leistung | 160 MW | ||
Eigentümer | Uniper | ||
Betriebsaufnahme | 1958 | ||
Stilllegung | 2011 | ||
Turbine | 4 Francis-Turbinen |
Technik
Das Wasserkraftwerk wird von Uniper betrieben. Es verfügt über vier Turbinensätze mit einer Gesamtleistung von 160 Megawatt bei einer Fallhöhe von 209 m (Differenz Wasserspiegel Oberbecken zu Unterbecken). Das Oberbecken hat ein Volumen von 1,8 Millionen Kubikmeter und kann Wasser mit einer Energie für 840 MWh Strom speichern. Es ist damit das größte Pumpspeicherkraftwerk in Bayern, vergleichbar mit Langenprozelten bei Gemünden am Main. Der Stromnetzanschluss erfolgt auf der 110-kV-Hochspannungsebene in das Verteilnetz von E.ON Netz.[1]
Geschichte
Nach vierjähriger Bauzeit ging das Kraftwerk 1964 ans Netz. In den insgesamt 47 Jahren Betriebszeit war das Kraftwerk zu 99 Prozent betriebsbereit, eine Spitzenleistung bei deutschen Kraftwerken.[2]
2011 waren noch 15 Mitarbeiter für Wartung und Reparatur eingesetzt, die Steuerung des Kraftwerkes erfolgte von der Zentrale München oder von Landshut aus.[3]
Sanierungsarbeiten
Am 18. Januar 2011 zeigten die Messgeräte an den Überwachungsbrunnen am Oberbecken erhöhte Werte an. E.ON veranlasste daraufhin eine Einstellung des Kraftwerksbetriebs und die vorsorgliche Entleerung des Oberbeckens, um die Beckensohle auf mögliche Schadstellen zu untersuchen.[4] Dabei wurden in der Beckensohle Einbrüche von bis zu 12,5 Meter Länge und 1,5 Meter Tiefe gefunden. In der Folge wurde ein detailliertes Erkundungsprogramm zur Schadensursache durchgeführt. Die Ursache der Einbrüche und des damit verbundenen Wasserverlusts war ein verfülltes Karst-Höhlensystem, das das Becken auf einer Breite von bis zu 120 Metern und einer Tiefe von 20 bis 36 Metern unterquert.[5]
Die Sanierungsarbeiten des Oberbeckens sollten ursprünglich im Sommer 2012 beginnen und bis Ende 2013 andauern. Dabei war geplant, etwa 11.000 Betonsäulen mit 60 cm Durchmesser und bis zu 20 m Länge in den Karstboden einzubringen, die die Haupttraglast der Wasserwanne aufnehmen sollten. Der Beckenboden sollte künftig aus einer 16 cm dicken Tragschicht aus Schotter und Bitumen bestehen, darüber eine Drainage mit Sensoren, eine Geotextildecke und als oberster Abschluss eine 1,20 m dicke Lehmschicht.[6] Die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks war für Ende 2013 geplant.[7]
Die Sanierungsmaßnahmen sollten nach weiteren Bodenuntersuchungen im Frühjahr 2014 beginnen. Dadurch verschob sich der geplante Termin für die Wiederinbetriebnahme auf den Sommer 2016. Dabei sollte der Damm des Oberbeckens komplett erneuert werden.[8]
Bereits 2013 wurde die Wiederinbetriebnahme nach Vorliegen des Sanierungsgutachtens[9] auf 2017 verschoben.[10]
Im September 2015 wurde bekannt, dass der Beginn der Sanierungsmaßnahmen auf frühestens 2019 verschoben wurde, aber immerhin die Rechtsgrundlage für die Sanierung durch Genehmigung des Planfeststellungsbeschlusses des Landratsamtes Nürnberger Land geschaffen worden war.[11]
Im Rahmen dieser Arbeiten soll die Dammkrone um 4 Meter verbreitert werden, was die Möglichkeit einer späteren Erhöhung und damit einer Kapazitätserweiterung des Speichers um 10 %, bieten soll.[12]
Für die Sanierung des Oberbeckens gab der Betreiber 2018 an, bereit zu sein, einen dreistelligen Millionenbetrag zu investieren. Voraussetzung wäre, dass die Regierung die Richtlinien für Pumpspeicherkraftwerke so an die Richtlinien für Solar- und Windkraftwerke anpasst, dass ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet ist.[13]
Ausblick
2020 hat das Landratsamt Nürnberger Land auf Antrag des Betreibers Uniper den Planfeststellungsbeschluss für die Sanierung des Oberbeckens um fünf Jahre verlängert. Wegen der Unwirtschaftlichkeit des ursprünglichen Sanierungsvorhabens mit 20 Metern tief in den Boden reichenden 11 000 Betonsäulen, das auf 150 Millionen veranschlagt wurde, wird eine kostengünstigere Alternative angestrebt.
Falls Uniper die Sanierung des Pumpspeicherkraftwerks Happurg durchführt, würde es nach einer Schätzung 2020 bis zur Wiederinbetriebnahme noch drei Jahre dauern.[5]
Uniper kündigte im September 2021 an, eine ergebnisoffene Prüfung durchzuführen und die Entscheidung über die Inbetriebnahme frühestens 2023 treffen zu wollen.[14]
Reaktionen
Da Sonnenlicht und Wind nicht gleichmäßig zur Verfügung stehen, sind Speicher für den mit Photovoltaik- und Windanlagen erzeugten Strom essentiell, damit bei Stromüberschuss die Anlagen nicht abgeschaltet oder der Strom verschleudert werden muss und bei Strommangel der Strom aus dem Speicher zurückgewonnen werden kann. Deshalb sei es nach Aussage des Abgeordneten Martin Stümpfig nicht zu verstehen, dass der Gesetzgeber immer noch den Einsatz dieser umweltfreundlichen Speichertechnologie erschwert, indem er die EEG-Umlage gleich doppelt einfordert. So muss diese sowohl für das Einspeichern (Umwandlung von elektrischer Energie in potentielle Energie des Wassers durch Hochpumpen) als auch für das Ausspeichern (Umwandlung der potentiellen Energie des Wassers in elektrische Energie beim Herabfließen) entrichtet werden. „Es ist schon Wahnsinn, wenn man aufgrund der geltenden Regelungen im Strommarkt so eine Anlage stillstehen lassen muss“, sagt Jürgen Damm, der Leiter der Kraftwerksgruppe der Deutschen Wasserkraft bei Uniper.[15]
Bildergalerie
- Das Kraftwerk aus der Luft
- Das entleerte Oberbecken Deckersberg (2016)
- Einlaufbauwerk des Oberbeckens Deckersberg
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Nordbayern.de: Pumpspeicherkraftwerk Happurg, 14. Mai 2018
- Nordbayern.de: Pumpspeicherkraftwerk Happurg, 14. Mai 2018
- Kraftwerksliste Bundesnetzagentur (bundesweit; alle Netz- und Umspannebenen) Stand 02.07.2012. (Microsoft-Excel-Datei; 1,6 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 22. Juli 2012; abgerufen am 21. Juli 2012.
- Hersbrucker Zeitung: Leck im Oberbecken (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 27. Januar 2012.
- Martin Müller: Ein See auf löchrigem Grund. Nürnberger Nachrichten, 12. Januar 2021.
- Nürnberger Nachrichten vom 22. Dezember 2011, Seite 16: See auf Säulen
- Neuer Terminplan nach Hersbrucker Zeitung vom 9. März 2012, Seite 1
- n-land, 14. November 2012
- Christian Moormann, Tobias Heiserer, Karl-Heinz Straßer, Theodor Strobl,: Sanierung des Oberbeckens des Pumpspeicherkraftwerkes Happurg nach erosiv bedingten Erdfällen in der Beckensohle. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) uni-stuttgart.de, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 19. Oktober 2014.
- Andrea Pitsch: Happurger Oberbecken: Wassermassen auf der "Tiefgarage". In: www.nordbayern.de/region/hersbruck. 25. Juli 2013, abgerufen am 19. Oktober 2014.
- Marita Münster: Oberbecken: Sanierung erst 2019. In: n-land.de. 24. September 2015, abgerufen am 24. Oktober 2018.
- Fränkische Landeszeitung vom 30. September 2015, S. 15: Verhältnisse wie am Berliner Großflughafen
- Nordbayern.de: Pumpspeicherkraftwerk Happurg, 14. Mai 2018
- Uniper prüft Wiederinbetriebnahme des Pumpspeicherkraftwerks Happurg. In: Uniper SE. 17. September 2021, abgerufen am 5. Februar 2022.
- Fränkisches Pannen-Kraftwerk soll wiederbelebt werden. Abgerufen am 17. Januar 2021.