Polei-Minze
Die Polei-Minze (Mentha pulegium), auch Polei (älter auch Poley) oder Flohkraut (früher auch Flöhkraut[1]) genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Minzen (Mentha) innerhalb der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Der seit mittelhochdeutscher Zeit bestehende Pflanzenname „Polei“ beruht auf althochdeutsch polaia/poleige/pulei und ist entlehnt von lateinisch pulegium.[2]
Polei-Minze | ||||||||||||
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Polei-Minze (Mentha pulegium) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Mentha pulegium | ||||||||||||
L. |
Beschreibung
Erscheinungsbild und Blatt
Die Polei-Minze ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 50 Zentimetern erreicht.[3] Sie besitzt unter- und oberirdische Ausläufer, die kahl bis kurz verstreut behaart sind.[3] Sie ist häufig rot überlaufen. Die Pflanzenteile riechen scharf aromatisch.[3] Der niederliegende bis aufsteigende[3] und verzweigte Stängel ist fast kahl.
Die gegenständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind kurz gestielt.[3] Die einfache Blattspreite ist 0,8 bis 3 Zentimeter lang und 0,3 bis 1 Zentimeter breit, eiförmig bis schmal elliptisch und am Grund verschmälert. Die hellgrüne,[3] einfache Blattspreite ist von einem oder zwei bis drei Paaren[3] bogiger Fiedernerven durchzogen und an der Unterseite behaart. Der Blattrand ist undeutlich gezähnt bis annähernd ganzrandig.
Blütenstand, Blüte und Frucht
Die Blütezeit reicht Mai bis September. Viele Blüten stehen in 5 bis 15 Scheinquirlen, die deutlich voneinander getrennt und 10 bis 15 Millimeter breit sind. Die Tragblätter der Scheinquirle sind den Stängelblättern ähnlich und knapp doppelt so lang wie die Blüten.
Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die 2,5 bis 3 Millimeter langen Kelchblätter sind röhrig verwachsen und schwach zweilippig (darin unterscheidet sich diese Art von allen anderen Mentha-Sippen, bei denen der Kelch in mehr oder weniger gleichen fünf Kelchzähnen endet)[3] mit zehn Nerven. Außen ist der Kelch dicht und kurz behaart und zur Fruchtreife durch einen Haarkranz verschlossen. Die ungleichen Kelchzähne sind ein Drittel bis ein Fünftel so lang wie die Kelchröhre und mit Wimpern versehen. Der obere Zahn ist größer als die anderen. Die rosafarbene und selten weiße[3] Krone ist 4,5 bis 7 Millimeter lang und endet in etwa gleich langen, verkehrt-eiförmigen Kronzipfeln. Die Kronröhre hat innen einen leichten Haarkranz. Die vier fertilen Staubbeutel sind 0,4 Millimeter lang.
Die Klausen sind 0,7 bis 0,8 Millimeter lang, glatt und hellbraun.
Chromosomenzahl
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 20, aber auch 10, 30 oder 40.[4]
Ökologie
Bei der Polei-Minze handelt es sich um einen Hemikryptophyten.[3] Die Polei-Minze ist auch ein Ausläuferpionier.
Blütenökologisch handelt es sich um Trichterblumen, die duften und Nektar bilden. Die Geschlechtsverteilung ist gynodiözisch oder gynomonözisch. Neben proterandrischen Zwitterblüten gibt es auch weibliche Blüten mit verkümmerten Staubblättern. Als Bestäuber fungieren Dipteren, auch Apoiden und Coleopteren.
Vorkommen und Gefährdung
Die Polei-Minze ist von Makaronesien über Europa und den Mittelmeerraum bis zum nördlichen Iran und dem nördlichen Äthiopien verbreitet.[5] In Europa ist sie ein meridionales bis subtemperates, ozeanisches Florenelement. Die Polei-Minze tritt selten in Mitteleuropa am Unterlauf von Elbe und Weser, am Mittel- und Niederrhein, an der Mosel, der Donau von Regensburg bis Wien, im Burgenland, in der Steiermark, am Alpenfuß und im Gebiet des Genfersees auf.[6] Sie kommt in Deutschland besonders in den Hauptstromtälern vor und ist ansonsten selten bis zerstreut.[7]
Die Polei-Minze wurde in der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten Deutschlands 1996 in die Kategorie 2 = stark gefährdet eingetragen.[3] In den meisten deutschen Bundesländern ist sie stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht.
Sie ist in Mitteleuropa auf die colline Höhenstufe beschränkt. Sie gedeiht in Lagen mit wintermildem Klima.[6] Die Polei-Minze besiedelt auf feuchten Wiesen, an Fluss- und Seeufern, verfestigte Ufer sowie Nassstellen an unbefestigten Wegen.[6] Sie kommt auf nährstoffreichen, kalkarmen, humosen, eher sandigen Tonböden vor und ist salzertragend. Sie ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Verbands Agropyro-Rumicion, kommt aber auch in Zwergbinsengesellschaften (Isoeto-Nanojuncetea) oder in überweideten Cynosurion-Gesellschaften vor.[4]
Giftigkeit und Verwendung
Die Polei-Minze gilt in allen Pflanzenteilen als wenig giftig bis giftig.[8]
Hauptwirkstoffe sind das in ihr mit 1 bis 2 % enthaltene ätherische Öl, das zu 80 bis 94 % Pulegon enthält neben Piperiton, Limonen und anderen Bestandteilen.[8][9]
Vergiftungserscheinungen sind Würgen, Erbrechen, Blutdrucksteigerung, zentrale, narkoseartige Lähmung, nach größeren Dosen Tod durch Atemlähmung.[8][9]
Vergiftungen wurden nach dem Gebrauch der Droge als Abortivum bekannt. Für die Giftwirkung dürfte das Pulegon verantwortlich sein.[8][9]
Das ätherische Öl zeigt eine gewisse insektizide Wirkung und soll Flöhe vertreiben können.[8] Als Abwehrmittel gegen Insekten, insbesondere gegen Flöhe, genießt die Polei-Minze einen besonderen Ruf. Das Artepitheton pulegium ist vom lateinischen Wort pulex für Floh abgeleitet.
Heutzutage wird die Polei-Minze nur noch wenig in der Küche verwendet, weil sie einen sehr strengen Geschmack hat. Ein Tee, aus ihren Blättern zubereitet, soll verdauungsfördernd wirken. Auch als Mundwasser zum Gurgeln kann er verwendet werden. Die Polei-Minze enthält das Gift Pulegon, weshalb diese Minzen-Art nur mit Vorsicht für innerliche Zwecke einsetzbar ist.
Verwendung als Heilpflanze
Als Droge dient das Poleiminzenkraut.
Wirkstoffe sind: Das ätherische Öl mit 15 bis 90 % Pulegon als Hauptbestandteil, neben Menthon und Piperiton Menthol, Lamiaceen-Gerbstoffe und Flavonoide.[8][9]
Anwendungen: Poleiminzenkraut wurde früher in der Volksheilkunde vor allem gegen Verdauungsbeschwerden mit Blähungen und Koliken, Leber- und Gallenbeschwerden und beim Ausbleiben der Monatsblutung verwendet.[8][9]
Da inzwischen leberschädigende Wirkungen aufgrund des Pulegongehalts bekannt wurden, wird heute von dem Gebrauch der Droge als Tee abgeraten (vor allem in der Schwangerschaft), lediglich die Anwendung als Gewürz ist vertretbar.[8][9]
Vergiftungserscheinungen mit tödlichem Ausgang wurden nach Anwendung des ätherischen Öls als Abtreibungsmittel wiederholt beschrieben.[8][9] In der Antike wurde das Mittel als Methode zur Empfängnisverhütung und Abtreibung eingesetzt.[10]
Quellen
Literatur
- Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
- Ramón Morales: Mentha. In: Santiago Castroviejo, Ramón Morales, Alejandro Quintanar, Francisco José Cabezas, Antonio José Pujadas, Santos Cirujano (Hrsg.): Flora Ibérica. Plantas Vasculares de la Península Ibérica e Islas Baleares. Vol. XII. Verbenaceae − Labiatae − Callitrichaceae. Real Jardín Botánico, CSIC, Madrid 2010, ISBN 978-84-00-09041-8, Mentha pulegium, S. 339–340 (floraiberica.es [PDF]).
- Avril Rodway: Kräuter und Gewürze. Die nützlichsten Pflanzen der Natur – Kultur und Verwendung. Tessloff, Hamburg 1980, ISBN 3-7886-9910-8.
- Heinrich Marzell: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. Band 3. S. Hirzel, Leipzig 1943, S. 162.
Einzelnachweise
- Adelung.
- Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin/ New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 558.
- Polei-Minze. FloraWeb.de
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 816.
- Rafaël Govaerts (Hrsg.): Mentha pulegium. In: World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) – The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 10. Januar 2018.
- Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. 2. Auflage. Band 4: Nachtschattengewächse bis Korbblütengewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-08048-X.
- Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 13. Auflage. Band 2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin 1987, ISBN 3-06-012539-2 (Areal).
- Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, allergische und phototoxische Reaktionen. Mit Sonderteil über Gifttiere. 6., überarbeitete Auflage, Sonderausgabe. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-009-6.
- Ingrid und Peter Schönfelder: Das Neue Handbuch der Heilpflanzen, Botanik Arzneidrogen, Wirkstoffe Anwendungen., Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2011, ISBN 978-3-440-12932-6
- Robert Jütte: Geschichte der Empfängnisverhütung. München 2003, S. 68 f.
Weblinks
- Polei-Minze. FloraWeb.de
- Polei-Minze. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Mentha pulegium L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora.
- Thomas Meyer: Minze Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Steckbrief auf Heilkraueter.de.