Poincaré-Gruppe

Die Poincaré-Gruppe (benannt n​ach dem französischen Mathematiker u​nd Physiker Henri Poincaré[1]) i​st eine spezielle Gruppe i​n der Mathematik, d​ie Anwendungen i​n der Physik gefunden hat.

Historisches

Die Poincaré-Gruppe taucht historisch z​um ersten Mal b​ei der Untersuchung d​er Invarianzen d​er Elektrodynamik d​urch Poincaré, Lorentz u​nd andere a​uf und spielte e​ine entscheidende Rolle b​ei der Formulierung d​er speziellen Relativitätstheorie. Insbesondere w​urde die Poincaré-Gruppe n​ach der Formalisierung d​er Relativitätstheorie d​urch Hermann Minkowski z​u einer wichtigen mathematischen Struktur i​n allen relativistischen Theorien[2], darunter i​n der Quantenelektrodynamik.

Geometrische Definition

Die Poincaré-Gruppe ist die affine Invarianzgruppe des pseudo-euklidischen Minkowskiraumes , insbesondere ist der Minkowskiraum bezüglich der Poincaré-Gruppe ein homogener Raum, dessen Geometrie sie im Sinne des Erlanger Programms definiert. Sie unterscheidet sich von der Lorentz-Gruppe, die die lineare Invarianzgruppe des Minkowskiraums ist, durch die Hinzunahme von Translationen. Sie ähnelt daher in ihrer Struktur der euklidischen Gruppe im dreidimensionalen Raum, die alle geometrischen Kongruenzabbildungen enthält. Tatsächlich ist die Euklidische Gruppe als Untergruppe in der Poincaré-Gruppe enthalten. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass die Poincaré-Gruppe nicht die Längen und Winkel im dreidimensionalen Raum erhält, sondern die bezüglich des indefiniten Pseudo-Skalarprodukts im Minkowskiraum definierten Längen und Winkel. Insbesondere erhält sie sogenannte Eigenzeitabstände in der speziellen Relativitätstheorie.

Algebraische Definition

Die Poincaré-Gruppe ist das semidirekte Produkt der Lorentzgruppe und der Gruppe der Translationen im . Jedes Element der Poincaré-Gruppe ist also als Paar

darstellbar, u​nd die Gruppenmultiplikation i​st durch

gegeben, wobei die Lorentztransformation in ihrer natürlichen Wirkung als Automorphismus auf wirkt.

Weitere Eigenschaften

Die Poincaré-Gruppe i​st eine 10-dimensionale nicht-kompakte Liegruppe. Sie i​st ein Beispiel e​iner nicht halbeinfachen Gruppe.

Die Lie-Algebra d​er Poincaré-Gruppe w​ird durch d​ie folgenden Relationen definiert:[3]

wobei die vier infinitesimalen Erzeuger der Translationen und die sechs infinitesimalen Erzeuger der Lorentz-Transformationen sind.

Die beiden Casimir-Operatoren d​er Poincaré-Gruppe, d​ie mit a​llen Generatoren vertauschen, sind

Physikalisch sind dies das Quadrat des Viererimpulses und das Quadrat des Pauli-Lubanski-Pseudovektors .[3] Der Faktor ist Konvention.

Einzelnachweise

  1. Henri Poincaré: Sur la dynamique de l‘électron. In: Rendiconti del Circolo matematico di Palermo. Band 21, 1906, S. 129–176 (französisch, wikisource.org).
  2. Hermann Minkowski: Die Grundgleichungen für die elektromagnetischen Vorgänge in bewegten Körpern. In: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Band 1908, 1908, S. 52–111 (wikisource.org).
  3. Jakob Schwichtenberg: Durch Symmetrie die moderne Physik verstehen: Ein neuer Zugang zu den fundamentalen Theorien. 1. Auflage. Springer Spektrum, 2017, ISBN 978-3-662-53811-1, S. 93–95.
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