Philipp Freudenberg
Philipp Freudenberg (* 20. Oktober 1833 in Bödefeld; † Februar 1919 in Berlin) war ein deutscher Kaufmann und von 1889 bis zu seinem Tod Inhaber des Kaufhauses Gerson.
Leben
Er wuchs in Bödefeld als ältester Sohn von Simon Freudenberg (1802–1874) auf. Seine Mutter Rachel (Regine), geborene Vogelsang, stammte aus Erwitte. Es gab noch 10 jüngere Geschwister. Zunächst arbeitete er in einem Aachener Kurzwarenladen, wo er den 9 Jahre jüngeren Levi Hirsch kennenlernte. Danach gründete er zusammen mit Hirsch ein Modegeschäft in Elberfeld.
1863 heiratete er Johanna Löwenstein in Brüssel, deren Bruder dort ein Spitzenstoffgeschäft betrieb. Das Paar bekam 5 Kinder.[1] Während Levi Hirsch sich in Brüssel niederließ und seinen Namen in Léo Hirsch änderte, zog Freudenberg mit seiner Familie nach Berlin, wo er eine leitende Stelle im damals führenden Kaufhauses Gerson bekam. 1889 wurde Freudenberg Teilhaber und 1891 Alleinbesitzer. Mit den Geschäftshäusern Werderscher Markt 5–6 und Werderstraße 9–12 besaß die Firma Gerson zwei Kaufhauspaläste, einer für Mode, einer für exklusive Möbel aus eigener Werkstatt, beide in Sichtweite des Schlosses gelegen.
Gleich bei Übernahme ließ Freudenberg das Kaufhausgebäude am Werderschen Markt 5–6 abtragen und durch einen noch größeren und prachtvolleren Nachfolgebau nach Plänen des Architekten Carl Bauer ersetzen. Der bisherige Namen Hermann Gerson wurde beibehalten. Kurz nach der Jahrhundertwende vollzogen die Kaufhäuser einen Schwenk von traditioneller Gediegenheit zur Moderne. Die Geschäftsräume wurden durch Alfred Mohrbutter und Hermann Muthesius modernisiert und die neuesten Kreationen von Paul Poiret und anderen Pariser Modeschöpfern wurden präsentiert.
Nachfolge
Nach Freudenbergs Tod erbten seine Kinder das Unternehmen. Hermann Freudenberg (1868–1924) und Julius Freudenberg (1870–1927), die beide mit Töchtern von Léo Hirsch verheiratet waren, wurden Geschäftsführer. Sie erweiterten das Haus am Werderschen Markt 1919 durch einen Anbau nach Plänen des Architekten H. Derneburg. In den 20er Jahren beschäftigten die Kaufhäuser bis zu 1200 Mitarbeiter und beteiligten sich auch an der Berliner Modewoche, die zweimal im Jahr im sogenannten Textilviertel zwischen Hausvogteiplatz und Werderschem Markt, stattfand. Privat ließ Hermann sich von Muthesius in Nikolassee ein Landhaus bauen, wo er sich eine bedeutende Kunstsammlung mit Gemälden von Vincent van Gogh, Henri Matisse, Max Liebermann und Lyonel Feininger aufbaute.
Bis zur Enteignung durch die Nazis blieb das Unternehmen in Familienbesitz der Freudenbergs. Hermanns älteste Tochter Helene, die einen Hermann Mayer geheiratet hatte, floh 1934 mit ihrer Familie in die Niederlande. Nach der Besetzung der Niederlande 1940 wurde die Familie aufgegriffen und in Konzentrationslager gebracht. Ihre beiden Töchter Beppi und Magrit starben im KZ Auschwitz, sie selbst starb 1945 an den Folgen der im KZ Bergen-Belsen erlittenen Misshandlungen, ihr Mann blieb verschollen.[2]
Am 8. April 2016 wurden vor dem ehemaligen Wohnort, Berlin-Nikolassee, Potsdamer Chaussee 48, Stolpersteine für die Familie verlegt.
Weblinks
Literatur
- Gesa Kessemeier: Ein Feentempel der Mode oder Eine vergessene Familie, ein ausgelöschter Ort. Die Familie Freudenberg und das Modehaus "Herrmann Gerson". Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2013. ISBN 978-3-95565-018-6
- Gesa Kessemeier: Herrmann Gerson. Das erste Berliner Modekaufhaus. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2016. ISBN 978-3-95565-151-0
- Jan Thomsen: Wenn die eigene Familie vertrieben und ermordet wird, Berliner Zeitung, Berlin 8. April 2016