Phalanx CIWS
Das Phalanx Mk-15 von Raytheon (früher Hughes) ist ein US-amerikanisches Nahbereichsverteidigungssystem zur Abwehr anfliegender Flugkörper[1] sowie kleiner Wasserfahrzeuge[1] und Seeminen[1]. Das System ist auf fast jedem Schiff der US Navy installiert und wurde in über 20 Länder exportiert.
Geschichte
Das System wurde in den 1970er-Jahren entwickelt, um die Schiffe (insbesondere die Flugzeugträger) der United States Navy gegen Angriffe der sowjetischen Marine zu schützen. Diese verfügte über Bomber vom Typ Tupolew Tu-22M, die mit hoher Geschwindigkeit fliegende Seezielflugkörper tragen konnten. Das System wurde zunächst auf der USS Bigelow installiert und umfangreichen Tests unterzogen. Das erste Serienmodell kam auf der USS Coral Sea zum Einsatz. Im Laufe der Jahre wurde das System mehrmals verbessert und ist heute noch neben dem RAM-System im Einsatz. Als Ersatz steht das SeaRAM-System, ebenfalls von Raytheon, bereit. Es kombiniert die Such- und Feuerleitelektronik von Phalanx mit den RAM-Lenkwaffen und kann ohne größere Umbauten ein bereits vorhandenes Phalanx-System ersetzen.
Von den Besatzungen der Schiffe erhielten die Phalanx-Systeme den Spitznamen „R2-D2“, weil sie mit ihrem Aussehen an den Droiden R2-D2 aus den Star-Wars-Filmen erinnern.
Das System ist inzwischen auf fast jedem Schiff der US Navy installiert und wurde in über 20 Länder exportiert. Auch die indische Marine erhielt bereits zwei Stück mit dem Kauf der USS Trenton im Januar 2007 und prüfte die Beschaffung weiterer Block 1B-Systeme für andere Schiffe.[2] Die Queen-Elizabeth-Klasse, die neue Flugzeugträgerklasse der britischen Royal Navy verfügt über je drei Phalanx-Systeme zur Luftabwehr.[3][4] Die Bundesmarine setzt statt Phalanx-Systemen das System RIM-116 Rolling Airframe Missile als Nahbereichsverteidigungssystem ein.
Funktionsweise und Technik
Bei diesem System befindet sich das leitende Radar der Kanone direkt über dem (fast) vollbeweglichen Geschütz und ermittelt automatisch die Ziele für das System, auf die das CIWS anschließend eine Serie panzerbrechender 20-mm-Geschosse (engl. Bezeichnung: Armor Piercing Discarding Sabot (APDS)) aus einer M61-Vulcan-Kanone feuert. Somit ist das CIWS nicht auf die Systeme des Schiffes angewiesen, sondern agiert autonom und verteidigt auch dann noch das Schiff, wenn beispielsweise die Gefechtsleitzentrale oder die Sensoren (Radare) zur Leitung anderer Systeme (wie Sea Sparrow, RAM oder andere) bereits ausgefallen sind.
Versionen
Block 0: Die erste einsatzbereite Version umfasste das ursprüngliche Such-/Ziel-Radar sowie die M61A1 Gatling-Kanone mit 989 Schuss und einer Feuerrate von 3000 Schuss/min (Kaliber: 20 mm).
Block 1: Es wurde ein neues Suchradar eingebaut, welches genauer arbeitet, einen weiteren Suchradius abdeckt und mehr Möglichkeiten hat, hochfliegende Flugkörper zu erfassen. Die Läufe der Kanone wurden besser fixiert, was die Reichweite und Präzision erhöhte. Des Weiteren konnte die Feuerrate von 3000 auf 4500 Schuss/min (75 Schuss/sec.) erhöht werden. Anstatt der Munition auf Basis von abgereichertem Uran wurde Wolframmunition eingeführt, wobei auch das Magazin von 960 auf 1500 Schuss vergrößert wurde. Auch wurde die Rechenkapazität erhöht.
Block 1A: Um die Rechenleistung weiter zu erhöhen, wurde das System mit einem High Order Language Computer ausgerüstet, der besser und schneller auf manövrierende, schnelle Ziele reagieren kann. Das Feuerleitsystem konnte nun auch mit einem RAM-Starter gekoppelt werden, um diesen mit Zieldaten zu versorgen.
Block 1B Phalanx Surface Mode: Das Hauptmerkmal dieser Version ist das seitlich montierte FLIR- und AAVT (Automatic Acquisition Video Tracker)-System. Hauptzweck ist das bessere Erfassen von Seeminen, Drohnen, Flugzeugen, kleinen Booten und Hubschraubern, die das System nun autonom bekämpfen kann. Das FLIR/AAVT-System verbessert überdies die Leistungsfähigkeit gegenüber modernen, überschallschnellen Flugkörpern, da diese nun durch eine zusätzliche EO-Zielerfassung schneller und präziser bekämpft werden können. So konnte in einem Test ein Mach 2,4 schneller Flugkörper vom Typ MQM-8 Vandal auf eine Distanz von 10 km durch Radar und 7,7 km durch Infrarot erfasst und bei einer Entfernung von 1,4 km vernichtet werden. Des Weiteren wurde ein neuer Munitionstyp eingeführt, der in Tests der US Navy hinsichtlich der Abschusswahrscheinlichkeit (engl. „kill probability“) an die Leistung von 30-mm-Munition heranreichte. Auch die Effektivität der Kanone wurde ein weiteres Mal gesteigert und weist nun etwa 35 % weniger Streuung auf als das Basismodell. In der „Baseline 1“-Ausführung wird auch die neu entwickelte Radaranlage des SeaRAM-Systems implementiert. Im April 2017 wurde eine modernisierte Version erfolgreich getestet.[5]
Technische Daten
Kanonendaten
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Such- und Feuerleitsensoren |
Beweglichkeit
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Munition
1ELC steht für „Enhanced Lethality Cartridge“ (englisch für „Munition mit erhöhter Tödlichkeit“). |
C-RAM
Im Auftrag der US Army wurde eine Landversion zur Abwehr von Mörser- und Artilleriegranaten entwickelt, welche C-RAM (counter rocket artillery mortar system) genannt wird. Mehrere Einheiten wurden im Juni 2005 in den Irak transportiert. Das C-RAM verwendet als Schutz vor einer Serie herabfallender Geschosse selbstzerstörende Munition, sogenannte HEIT-SD (high-explosive incendiary tracer, self-destruct). Diese Geschosse explodieren entweder bei Aufschlag auf das Ziel oder bei Brennschluss des Leuchtspursatzes, wodurch Gefährdungen durch Geschosse, die ihr Ziel verfehlen, erheblich vermindert werden.[6] Im November 2007 bestellte die US Army insgesamt 12 C-RAM-Systeme. Im Irak konnte das System bis zum August 2009 über 110 Angriffe durch Mörsergranaten abwehren.[7]
Laser Area Defense System
Momentan arbeitet Raytheon an einem mit Lasertechnologie ausgerüsteten Phalanx-System, dem LADS (Laser Area Defense System). Hierbei wird das Gatling-Geschütz durch 40 gebündelte Faserlaser mit einer Gesamtleistung von 20 kW ersetzt. Der Aufbau und die Sensoren mussten nur geringfügig modifiziert werden. Aktuell werden zwei Einsatzgebiete für das LADS angedacht: Zum einen eine fahrzeuggestützte Variante, die Mörsergranaten und Raketen bekämpfen kann, zum anderen eine schiffsgestützte Version, welche für den Einsatz gegen Seezielflugkörper konzipiert ist.
Während eines Tests im Januar 2007 konnte das System eine 60-mm-Mörsergranate auf eine Distanz von 500 Metern zerstören. Raytheon arbeitet bereits an einer verbesserten Variante, die eine Reichweite von 1000 Metern und mehr erreichen soll.
Vergleichbare Systeme
- GDM-008 Millennium
- Goalkeeper
- AK-230
- AK-630
- Typ 730 (Chinesisches CIWS)
- MANTIS
- MLG 27
Weblinks
- Phalanx Block 1B. (PDF; 3,96 MB) Broschüre des Herstellers Raytheon. In: dtic.mil. Archiviert vom Original am 15. Februar 2005; abgerufen am 10. Oktober 2016 (englisch).
- MK 15 Phalanx bei globalsecurity.org (englisch)
- MK 15 Phalanx bei der Federation of American Scientists (englisch)
- Infoartikel bei Defence Industry Daily (englisch)
Einzelnachweise
- Phalanx Close-In Weapon System (CIWS) - Navy Ship Defense. In: General Dynamics Ordnance and Tactical Systems. Abgerufen am 8. September 2020 (amerikanisches Englisch).
- Aviation Week. 7. Mai 2008, abgerufen am 10. Oktober 2016 (englisch).
- HMS Queen Elizabeth: Calls made to fit more Phalanx anti-air guns to Royal Navy’s two new aircraft carriers to provide ‘extra insurance’ in war zones
- INS Jalashwa. In: bharat-rakshak.com. 22. Juni 2007, abgerufen am 10. Oktober 2016 (englisch).
- New electric gun for Phalanx® Close-In Weapon System passes first test PRNewswire.com, 4. April 2017
- defensetech.org: R2-D2 vs. Mortar Rounds
- DTI. (Nicht mehr online verfügbar.) In: zinio.com. August 2009, S. 26, archiviert vom Original am 8. Dezember 2017; abgerufen am 10. Oktober 2016 (englisch).