Peter Lustig
Peter Fritz Willi Lustig (* 27. Oktober 1937 in Breslau, Niederschlesien[1]; † 23. Februar 2016 bei Husum, Schleswig-Holstein)[2][3] war ein deutscher Fernsehmoderator und Kinderbuchautor. Bekannt wurde er vor allem als Hauptdarsteller und Autor der ZDF-Serie Löwenzahn sowie deren Ableger mittendrin.
Ausbildung und Karriere
Peter Lustig war gelernter Rundfunktechniker und studierte nach der Ausbildung Elektrotechnik. Nach dem Studium begann er beim US-amerikanischen Radiosender AFN als Toningenieur zu arbeiten, später ging er zum SFB. Dort schrieb er nebenbei Hörspiele für das Radio, war Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, verantwortlich für den Ton der Filmaufnahme von John F. Kennedys Rede Ich bin ein Berliner[4] vor dem Rathaus Schöneberg sowie der Günter-Grass-Verfilmung Katz und Maus und arbeitete auch in der Schöneberger Weltlaterne in der Berliner Motzstraße.
Seinen ersten Auftritt vor der Kamera hatte Lustig 1970, als ein Regisseur am Ende einer Produktion die Idee hatte, ein rohes Ei auf Lustigs kahlen Kopf fallen und ihn einen kurzen, witzigen Kommentar dazu sagen zu lassen.[5] Ab 1972 trat Peter Lustig bei der Sendung mit der Maus in Einspielern mit dem Titel Peter und Atze auf, in denen er zusammen mit dem Robotervogel Atze Technik erklärte (z. B. ein Telefon oder eine Klingel). Danach moderierte er die Wolpertinger Wochenschau für den Bayerischen Rundfunk. Zudem war er 1973 in einem Sketch in der Sesamstraße zu sehen.[6]
Bei einer Fernsehproduktion für die Sendung Pusteblume 1979 beim ZDF wurde Lustig als Moderator und Hauptfigur entdeckt. Er blieb dies auch nach der Umbenennung der Sendung in Löwenzahn. Kennzeichen waren seine blaue Latzhose, sein blauer, zum Wohnwagen umfunktionierter Bauwagen,[7] seine Nickelbrille sowie seine regelmäßige Aufforderung an die kindlichen Zuschauer, nach der Sendung den Fernsehapparat auszuschalten. Da er kein ausgebildeter Schauspieler war, sei der Dreh mit Peter Lustig nicht immer einfach gewesen, sagte sein langjähriger Drehpartner Helmut Krauss 2018.[8]
Neben Löwenzahn, dessen Autor und Texter er auch war, moderierte er von 1989 bis 1995 die eher auf eine jugendliche Zielgruppe gerichtete Fernsehreihe mittendrin und war 1998 Sprecher der Fernsehreihe Raumschiff Erde bei KiKA.[2][3][9]
1984 erkrankte Lustig an Lungenkrebs, der in sieben Operationen behandelt wurde. Ein Lungenflügel wurde entfernt.[10] Während seiner Krankenhausaufenthalte schrieb er kindgerechte Briefe an seinen Sohn, die als Kinderbuch unter dem Titel Lieber Momme – Wunderliche Briefe veröffentlicht wurden.
Im Jahr 2004 startete die Zeichentrickserie Mammutland, die in einer deutsch-französisch-britischen Zusammenarbeit entstand. Peter Lustig bearbeitete die deutsche Version der Sendung und sprach den Erfinder. Die Serie spielt auf einer Insel, auf der die Menschen Mammuts als Arbeitstiere halten. Die Figuren machen in jeder Episode thematisch bezogene Erfindungen und erklären physikalische Zusammenhänge.
Bedingt durch die gesundheitlichen Einschränkungen kündigte Peter Lustig am 23. März 2005 seinen Rückzug ins Privatleben an.[11][12] Am 16. Oktober 2005 war er in dem Löwenzahn-Spielfilm Die Reise ins Abenteuer zum 25-jährigen Jubiläum der Serie zu sehen. Es folgten im November und Dezember desselben Jahres noch vier letzte neue Folgen; neben erwähntem Film sind beim ZDF insgesamt 197 Episoden mit Peter Lustig entstanden. Zudem trat er in der Folge Lebenswandel – Zeitreise in Bärstadt (Erstausstrahlung am 28. Oktober 2007) als Gast zusammen mit seinem Nachfolger Guido Hammesfahr auf.
Lustig hat unter anderem ein Buch über die Vertonung von Filmen geschrieben und an zwei Bastelbüchern wie auch an der Buchreihe zu Löwenzahn mitgewirkt. Zudem gibt es von ihm den Technik-Comic Wie funktioniert ein Auto?, den er als Antwort auf diese Frage seines Sohnes gezeichnet hat. Ebenfalls lieh er in der Computerspielreihe Willy Werkel dem gleichnamigen Tüftler und Erfinder in den ersten vier Spielen seine Stimme.
Am 4. September 2007 wurde Lustig von Bundespräsident Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.[13]
Im Jahr 2012 startete eine Peter-Lustig-Ausstellung, die als Wanderausstellung über technische Erfindungen informierte. Die Ausstellung wurde vom Technikmuseum Freudenberg (Siegerland) initiiert. Aufgrund des großen Erfolges wurde sie 2013 fortgesetzt, vom 2. April bis zum 31. Oktober desselben Jahres.[14]
Privates
Sein Vater starb, als Peter Lustig ein Jahr alt war – seine Mutter musste aus Breslau fliehen.[11][15]
Peter Lustig gehörte in den 1980er Jahren der Neo-Sannyas-Bewegung an, bis deren Gründer Osho 1990 starb.[16][17] In zweiter Ehe war er mit Elfie Donnelly (Autorin u. a. von Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen) verheiratet, die ebenfalls Schülerin Oshos wurde[18] und mit der er einen Sohn (Momme Pavi) hatte. Donnelly schrieb das Kinderbuch Peters Flucht über die Flucht des achtjährigen Peter aus Breslau.[19]
Mehr als zehn Jahre wohnte Peter Lustig mit seiner Frau Astrid Berge in Bohmstedt auf dem Fresenhof in der Nähe von Husum. 2014 zogen sie nach Berlin-Charlottenburg.[20]
Lustig starb am 23. Februar 2016 im Kreise seiner Familie.[2] Er hatte vier Kinder.[21][22] Er wurde im engsten Familienkreis seebestattet.[23][24]
Medienkontroverse
Das Boulevardblatt Bild am Sonntag veröffentlichte 2002 eine aus dem Zusammenhang gerissene Schlagzeile mit dem Titel Peter Lustig – ich kann Kinder nicht leiden, was ihm fortan angelastet wurde. Anlass war ein Interview mit der Stuttgarter Zeitung, in dem er beschrieb, wie anstrengend es sei, mit Kindern vor der Kamera zu arbeiten – gerade für diese selbst sei das eine „Quälerei“. Er nehme junge Menschen so, wie sie sind: „Sicher, Kinder stören und sind klebrig, na und? Das wissen die doch selbst.“ Der ironische Unterton wurde in folgenden Berichterstattungen unterschlagen; der Interviewer Kai Biermann bezeichnete die Interpretation durch andere Medien als „verdreht“ und „verbogen“.[25][26]
Ein weiterer verbreiteter Irrtum ist das häufig ihm zugeschriebene, mittlerweile zum geflügelten Wort gewordene Zitat „Klingt komisch, ist aber so.“ Dieses Zitat wird auch Armin Maiwald zugeschrieben, der aber ebenfalls bestreitet, dass es von ihm kommt.[27]
Ehrungen
- 1980: Adolf-Grimme-Preis mit Silber für Pusteblume (zusammen mit Anne Voss)
- 1982: Adolf-Grimme-Preis mit Silber, stellvertretend für die Gesamtleistung des Teams der Sendung Löwenzahn, Preisträger waren Ingo Hermann (Buch und Regie), Gabriele Röthemeyer (Buch und Regie) und Klaus Gensel (Kamera)[28]
- 2001: Medaille für naturwissenschaftliche Publizistik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft[29]
- 2005: Sonderpreis des Georg von Holtzbrinck Preises für Wissenschaftsjournalismus für erfolgreiche Wissensvermittlung an Kinder und Jugendliche[30]
- 2005: UmweltMedienpreis der Deutschen Umwelthilfe 2005 für sein Lebenswerk[31]
- 2007: Bundesverdienstkreuz am Bande (4. September)
Filmografie
Schauspielrollen
- 1972–1973: Peter und Atze in Die Sendung mit der Maus
- 1973: Sesamstraße (Einspieler in Folge 22)
- 1976: Wolpertinger Wochenschau (6 Episoden)
- 1977–1980: Direktion City (2 Episodenrollen)
- 1979–1981: Pusteblume (Vorgängersendung von Löwenzahn, 22 Episoden)
- 1980: Kaltgestellt
- 1981–2007: Löwenzahn (204 Episoden)
- 1989–1995: Mittendrin (Ableger von Löwenzahn, 34 Episoden)
- 2005: Löwenzahn – Die Reise ins Abenteuer (Fernsehfilm)
Fernsehauftritte
- 2000: Was bin ich?
- 2007: NDR Talk Show
- 2008: DAS!
- 2008: Volle Kanne
- 2009: NDR Talk Show
- 2010: Markus Lanz
- 2011: Wortwechsel
Synchronrollen
- 1998: Autos bauen mit Willi Werkel
- 1999: Schiffe bauen mit Willi Werkel
- 2001: Flugzeuge bauen mit Willi Werkel
- 2003: Häuser bauen mit Willi Werkel
- 2003–2004: Mammutland
- 2005: Raumschiffe bauen mit Willi Werkel
- 2007: Gordos Reise ans Ende der Welt
Schriften
- mit Theo Kerp: Die Hamster kommen. vgs, Köln 1982, ISBN 3-8025-5020-X.
- Wie funktioniert ein Auto? Peter Lustigs Technik-Comic. Maier, Ravensburg 1983, ISBN 3-473-35565-8.
- Im Kopf brennt noch Licht. vgs, Köln 1983, ISBN 3-8025-5024-2.
- mit Burckhard Mönter: Peter Lustigs Bastelbuch. Band 1, vgs, Köln 1985, ISBN 3-8025-5036-6.
- mit Burckhard Mönter: Peter Lustigs Bastelbuch. Band 2, vgs, Köln 1987, ISBN 3-8025-5041-2.
- mit Gerhard Lechenauer: Vertonen. Der Ton zu den Bildern. Dia, Film und Video. Rowohlt, Reinbek 1987, ISBN 3-499-17189-9.
- mit Sabine Damke: Der Feuerwehrmann, den keiner mehr haben wollte. W. Mann, Berlin 1988, ISBN 3-926740-01-9.
- mit Sophie Brandes, u. a.: Der Schneemann, der verreisen wollte. W. Mann, Berlin 1988, ISBN 3-926740-02-7.
- Lieber Momme – Wunderliche Briefe. W. Mann, Berlin 1989, ISBN 3-926740-16-7.
- Kochbuch für kleine Feinschmecker. W. Mann, Berlin 1992, ISBN 3-926740-04-3.
Weblinks
- Literatur von und über Peter Lustig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Peter Lustig in der Internet Movie Database (englisch)
- Stefanie Maeck: Kultmoderator Peter Lustig: „Ich war Kennedy wirklich ziemlich nah“. In: einestages. 17. August 2015, abgerufen am 17. August 2015.
- Website zur Peter-Lustig-Ausstellung (Memento vom 25. Juni 2017 im Internet Archive) (Stand 2017)
- Tobias Böckermann: „Löwenzahn war für mich ein einziger Glücksfall“, in: Neue Osnabrücker Zeitung, 4. Juni 2005
- TV-Sendung Wortwechsel auf Youtube: Walter Janson besucht und interviewt Peter Lustig in seinem Haus bei Husum (2011)
Einzelnachweise
- Peter Lustig wird 75 – Panorama – Mittelbayerische. In: mittelbayerische.de. Abgerufen am 26. Februar 2016.
- Peter Lustig ist tot – Medien – Süddeutsche.de. In: sueddeutsche.de. Abgerufen am 25. Februar 2016.
- Der Welterklärer mit der Latzhose ist tot / ZDF trauert um langjährigen „Löwenzahn“-Moderator Peter Lustig. In: ZDF Presseportal. 24. Februar 2016, archiviert vom Original am 28. April 2016; abgerufen am 25. Februar 2016.
- Video auf Tagesspiegel.de, 25. Juni 2013
- „Löwenzahn“-Moderator: Peter Lustig ist tot. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 21. September 2020]).
- Peter Lustig Sesamstrasse 1973. Abgerufen am 21. September 2020.
- Holger Gertz: 40 Jahre Löwenzahn – Die grüne Seele. Abgerufen am 23. Mai 2020.
- LZFCTV Spezial: 40 Jahre Löwenzahn-Im Gespräch mit Helmut Krauss. Abgerufen am 20. Juli 2021 (deutsch).
- Raumschiff Erde: Mit Peter Lustig auf der Umlaufbahn, Fernsehserien.de, abgerufen am 26. Februar 2016
- Vor 25 Jahren erfuhr er die Diagnose Lungenkrebs. Bild.de, abgerufen am 24. Februar 2016.
- Alexander Kühn: Peter Lustig. Der Erklärbär geht in Rente. Auf: Stern.de, 16. Oktober 2005.
- Rene Martens: Dickkopf im Bauwagen. Ein Vierteljahrhundert war Peter Lustig im ZDF „Löwenzahn“ – nun hört er auf. Auf: Sueddeutsche.de, 13. Oktober 2005, In: Süddeutsche Zeitung, 14. Oktober 2007.
- Bundespräsident Horst Köhler zeichnet 28 Persönlichkeiten für ihre Verdienste um das Ziel „Bildung für alle“ mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland aus (Memento vom 19. Januar 2008 im Internet Archive). Pressemitteilung des Bundespräsidialamtes, 27. August 2007.
- Peter Lustig – Ausstellung im Technikmuseum Freudenberg. In: peter-lustig-ausstellung.de. Abgerufen am 25. Februar 2016.
- Müller, Felix: Basteln und Tüfteln waren seine Passion, In: Hamburger Abendblatt, 25. Februar, S. 23
- Peter Lustig. „Ich mag kein Müsli und Gemüse auch nicht so sehr.“ Interview in: Galore, März 2008, S. 80–84
- Bhagwan-Bewegung: Orgien im Namen des Herrn. In: einestages, 2. April 2010
- Bhagwan: Glaube und Mammon. In: Der Spiegel. Nr. 6, 1984 (online).
- Elfie Donnelly: Peters Flucht. Jugend und Volk, Wien 1986, ISBN 3-224-11218-2.
- Löwenzahn-Star : Peter Lustig verlässt Nordfriesland, SHZ, 31. Mai 2014
- Herr Löwenzahn blüht wieder in Berlin, BZ-berlin.de, 7. Juli 2012
- „Löwenzahn“: Peter Lustig von langer Krankheit gezeichnet, TV Movie, 14. Mai 2015
- Pressemitteilung in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung und in der Berliner Zeitung
- Markus Schächter: Der Latzhosen-Sokrates. Zum Abschied von Peter Lustig. In: Medienkorrespondenz. 30. April 2016, abgerufen am 28. August 2016.
- Kai Biermann: Er hasste Kinder nicht. Zeit Online, 24. Februar 2016, abgerufen am 26. Februar 2016.
- Rebecca Baumann: Der Mann, der kein Kinder-Hasser war. Stuttgarter Zeitung, 25. Februar 2016, abgerufen am 26. Februar 2016.
- Marcel Jarjour: „Klingt komisch, ist aber so“: „Sendung mit der Maus“ räumt mit Gerüchten über legendäres Zitat auf. 1. Oktober 2019, abgerufen am 12. Dezember 2020.
- Preisträger 1982 (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive), grimme-institut.de, abgerufen am 25. Februar 2016
- Preisträger auf dpg-physik.de
- Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus. vf-holtzbrinck.de, abgerufen am 25. Februar 2016
- Umweltmedienpreis 2005 – Impressionen der Preisverleihung