Paul Lange (Architekt, 1853)
Paul Lange (* 21. August 1853 in Planschwitz; † 30. Juli 1932 in Leipzig) war ein vorwiegend in Leipzig und Umgebung wirkender deutscher Architekt.
Leben
Paul Lange wurde 1867 in die königliche Bauschule in Dresden aufgenommen. Zeitgleich machte er eine Maurerausbildung in Auerbach und besuchte 1870 die Lehranstalt für gewerbliche Kunst. Ab 1871 war er für fünf Jahre in Wien in den Architekturbüros von Emil von Förster und dessen Bruder Heinrich tätig, wo er das Ringtheater mitgestalten konnte. Er arbeitete auch bei Hefft & Raschka, bei denen er auch die Pläne des Brünner Landtagsgebäudes bearbeitete. Ab 1876 verbrachte er etwa vier Jahre in Paris, wo er beim Architekten Lambert angestellt war. Hier erfolgten u. a. verschiedene Bauten für den Präsidenten Mac-Mahon sowie für den Grafen Pozzo di Borgo, beispielsweise der Neubau des 1870 abgebrannten Schlosses Montretout bei Saint-Cloud, und es waren ihm zahlreiche architektonische Studien in Paris und Umgebung möglich.
Lange kehrte nach Leipzig zurück, wo er fünf Jahre im Architekturbüro Grimm beschäftigt war. 1885 machte er sich als Architekt selbstständig. 1893 verlegte Lange Wohnung und Atelier in das von ihm errichtete Wohnhaus in der Konstantin-/Ecke Lutherstraße. Hier lebte er mit seiner Frau und sieben Kindern.
Paul Lange wird als Kirchenbaumeister bezeichnet, da insgesamt 25 Kirchen in Leipzig und Umgebung, im Vogtland und bis in das österreichische Böhmen hinein nach seinen Plänen errichtet wurden, darunter etliche Dorfkirchen. Etwa 40 Kirchen wurden durch ihn umgebaut oder restauriert. Er war ein Verfechter des Baus kleiner Kirchen wegen deren besserer Akustik und des stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühls der Gemeinde. Großen Wert legte er auf die Innenarchitektur, wie sie u. a. in Leipzig in der Heilig-Kreuz-Kirche oder im Riquethaus erkennbar ist.
Neben Kirchenbauten, Pfarrhäusern und Bauten für die Innere Mission (u. a. Bethlehemstifte, Genesungsheime) errichtete er auch Geschäftshäuser, Fabriken (u. a. die Riquetsche Schokoladenfabrik), Lagerhäuser, Schulen, Herbergen, Wohnhäuser und Villen. Zu seinen bekanntesten Bauwerken zählt das Riquethaus in der Leipziger Innenstadt, es gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke des Jugendstils in Leipzig. Zur Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897 im heutigen Clara-Zetkin-Park trug er mehrere Ausstellungsgebäude bei, vor allem im sogenannten Kneipenviertel (u. a. Rothenburger Erker, Geraschsche Musterbäckerei, Weinburg zum Dürkheimer).
Bestattet wurden Paul Lange und seine Familie auf dem Neuen Johannisfriedhof in Leipzig.
Bauten
Kirchen
In Leipzig
- 1891: Interimskirche Anger-Crottendorf („Holzdom“), Karl-Krause-Straße (jetzt Theodor-Neubauer-Straße) (seit 1895 Trinitatiskirche, errichtet als Notkirche, 1943 zerstört)
- 1893/94: Kirche zum Heiligen Kreuz, Neustädter Markt 8
- 1898–1900: Emmauskirche, Wurzner Straße 160
- 1900/01: Auferstehungskirche, Georg-Schumann-Straße 184 (errichtet als Notkirche)
- 1906: Alte Erlöserkirche, ehemals Zillerstraße 10 (Umbau, 1945 zerstört)
In anderen Orten
- 1892: Kleinpösna (Umbau)
- 1895: Altmittweida
- 1898: Wildenau im Vogtland
- 1901: Eibenberg
- 1902: Lutherkirche in Kändler
- 1902: Evangelische Kirche in Leitmeritz (Böhmen)
- 1903: Fuchshain
- 1903: Niederwürschnitz im Erzgebirge
- 1904: Heilandskirche in St. Joachimsthal (Böhmen)
- 1904: Skäßchen (Kirchenbezirk Großenhain)
- 1905: Berbisdorf
- 1905: Nauwalde (Kirchenbezirk Großenhain)
- 1905: Evangelische Kirche in Lobositz (Böhmen)[1]
- 1906–1908: Lutherkirche in Harthau bei Chemnitz
- 1907[2]: Jesuskirche in Türmitz (Böhmen)
- 1912: Magdeborn (Umbau der Kirche, diese wurde 1978 wegen der Ausbreitung des Tagebaus Espenhain abgebrochen[A 1])
Weitere Bauten
In Leipzig
- 1887: Herberge zur Heimat (Wohnheim für wandernde Handwerksgesellen), Gneisenaustraße 2
- 1888: Marthahaus der Inneren Mission, Löhrstraße 9
- 1887–1893: Schwabesche Häuser, Konstantinstraße 6–16
- 1907–1908: Landeskirchliche Gemeinschaft, Paul-Gruner-Straße 44
- 1908–1909: Geschäftshaus für die Kolonialwarenhandlung und Schokoladenfabrik Riquet & Co., Schuhmachergäßchen 3 (errichtet als Stahlskelettbau, heute Café Riquet)
- Geschäftshaus, Ritterstraße / Grimmaische Straße (zerstört)
- Jugendstilvilla, Cunnersdorfer Straße 6
- Villa, Jacobstraße 25
- Villen Reichel und Schmidt, am Eingang ins Rosenthal
- Haus Körnig, Grimmaische Straße
In anderen Orten
- 1898: Zentralschule in Auerbach (Vogtland), heute Goethe-Gymnasium
- 1908: Fabrikbauten der Schokoladenfabrik Riquet & Co. in (Markkleeberg-)Gautzsch[A 2]
- Interimskirche Anger-Crottendorf in Leipzig
- Heilig-Kreuz-Kirche in Leipzig-Neustadt
- Kirche in Eibenberg
- Lutherkirche in Kändler
- Kirche in Fuchshain
- Lutherkirche in Chemnitz-Harthau
- Landeskirchliche Gemeinschaft in Leipzig
- Kirche in Türmitz
- Schokoladenfabrik Riquet & Co. in Gautzsch
- Riquethaus in Leipzig
- Cunnersdorfer Straße 6 in Leipzig-Sellerhausen
Literatur
- Wolfgang Hocquél: Leipzig. Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart. Passage, Leipzig 2010, ISBN 3-932900-54-5.
- Wolfgang Hocquél: Die Architektur der Leipziger Messe. Verlag für Bauwesen, Berlin 1994, ISBN 3-345-00575-1.
- Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. Pro Leipzig, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8.
- Peter Guth, Bernd Sikora: Jugendstil & Werkkunst. Architektur um 1900 in Leipzig. Edition Leipzig, Leipzig 2005, ISBN 3-361-00590-6.
- Gerhart Pasch: Kirchen in Leipzig und Umgebung. Schmidt-Römhild, Leipzig 1996, ISBN 3-7950-3903-7.
Weblinks
Anmerkungen
- An Stelle des Ortes Magdeborn befindet sich heute der Störmthaler See. An die ehemalige Kirche erinnert die Kunstinstallation „Vineta“.
- Die Fabrik im heutigen Markkleeberg wurde 2002 fast vollständig abgebrochen und das Grundstück als „Quartier Riquet“ neu bebaut. Zwei Gebäude der ehemaligen Fabrik wurden saniert und stehen unter Denkmalschutz.
Einzelnachweise
- Evangelický kostel pokoje, auf litomerice-leitmeritz.net
- Emanuel POCHE ed.: Umělecké památky Čech 4 T-Ž. ČSAV, Praha 1982, s. 152.