Ost-West-Friedenskirche
Die Ost-West-Friedenskirche, auch bekannt als Kirche von Väterchen Timofej,[1] ist eine Kapelle in München-Oberwiesenfeld. Sie wurde vom russischen Eremiten Timofei Wassiljewitsch Prochorow und dessen Frau Natascha ohne Baugenehmigung direkt neben ihrer ebenfalls selbst errichteten Wohnhütte erbaut.
Lage
Die Kapelle befindet sich auf dem Oberwiesenfeld, südlich vom Olympiasee am Spiridon-Louis-Ring 100.[2] Das Olympiastadion liegt etwa einen Kilometer nördlich des Bauwerks und der Olympiaturm knapp über einen Kilometer nordwestlich.
Geschichte
Während des Zweiten Weltkriegs hatte Timofej nach eigenen Aussagen eine Marienvision,[3] in der er den Auftrag erhielt, von Russland gen Westen zu ziehen, um dort eine Kirche zu errichten. Dafür verließ er seine Familie.[4] Auf seiner Reise lernte er 1944 seine spätere Frau Natascha in Wien[3] kennen. 1952 zog er nach einer weiteren Vision nach München.[4] In einer dritten Vision erhielt Timofej den Auftrag, eine Kirche am Oberwiesenfeld zu errichten, und begann gemeinsam mit seiner Frau, die Kirche und die Wohnung aus Teilen des Trümmerschutts vom nahe gelegenen Schuttberg zu erbauen.[4]
Nach der Fertigstellung bot Timofej sein Kirchengebäude sowohl der katholischen Kirche als auch der russisch-orthodoxen Kirche als Gotteshaus an. Die jeweils Verantwortlichen lehnten das Angebot jedoch ab, da die Katholiken zu viele Elemente der Orthodoxen im Bauwerk sahen und die Orthodoxen wiederum zu viele katholische Elemente. Daraufhin feierte Timofej selbst die Liturgie. Die Sakramente der Taufe und Ehe spendete er nicht, sondern verwies auf katholische oder orthodoxe Priester.[4]
Als 1968 Pläne für die Olympischen Spiele 1972 gemacht wurden, war der Platz der Kirche als Teil des Olympiageländes vorgesehen. Die illegal errichtete Kirche und das Wohnhaus sollten dafür abgerissen werden und Timofej sollte mit seiner Frau in eine Stadtwohnung ziehen.[5] Nach Protesten aus der Bevölkerung und zu Gunsten des vorolympiadischen Friedens[5] wurde das Olympiagelände weiter nördlich geplant, so dass die Kirche erhalten blieb.[3][6]
Das Gelände wurde später von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude als „charmanteste[r] Schwarzbau Münchens“ bezeichnet.[6] Nachdem Timofej am 14. Juli 2004 gestorben war, kümmerte sich ein Verein um die Kirche.[2] Timofeijs Wohnhaus wurde nach seinem Tod zum Museum umgebaut.[5] Um das Gelände der Ost-West-Friedenskirche herum findet im Sommer das Tollwood-Festival statt.[7]
Literatur
- Rüdiger Liedtke: 111 Orte in München, die man gesehen haben muss. Emons Verlag, Köln 2013, ISBN 978-3-89705-892-7, S. 160–161.
Weblinks
- Offizielle Website
- Filmothek des Bundesarchivs:
- Die Zeit unter der Lupe 944/1968 27. Februar 1968: „Eremit in München“
- Deutschlandspiegel 162/1968 28. März 1968: „Armenia/Oberwiesenfeld“
Einzelnachweise
- Herzlich willkommen! In: ost-west-friedenskirche.de. Abgerufen am 31. Dezember 2014.
- Kirche heute. In: ost-west-friedenskirche.de. Abgerufen am 31. Dezember 2014.
- Ost-West-Friedenskirche. In: muenchen.de. Abgerufen am 31. Dezember 2014.
- Geschichte. In: ost-west-friedenskirche.de. Abgerufen am 31. Dezember 2014.
- Rüdiger Liedtke: 111 Orte in München, die man gesehen haben muss, S. 160.
- Der Mann, der im Traum erschien. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 31. Dezember 2014.
- Rüdiger Liedtke: 111 Orte in München, die man gesehen haben muss, S. 161.