Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 1980
Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 1980 war das 40. Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker und fand am 1. Jänner 1980 im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins statt. Dirigiert wurde es von Lorin Maazel (1930–2014), der danach noch zehn weitere Neujahrskonzerte übernehmen sollte.
Das Konzert wurde in Bild und Ton aufgezeichnet und weltweit im Fernsehen übertragen.
Historischer Kontext
Die 1970er Jahre waren in Österreich Zeiten der Reformen und der Prosperität. Das Land wurde aufgrund der politischen Wirkmacht von Bundeskanzler Bruno Kreisky auch international hoch geschätzt. Kreisky sah weite Teile der Künstler und der Intellektuellen auf seiner Seite und konnte in drei Wahlen hintereinander (1971, 1975 und 1979) die absolute Mehrheit erringen. Die Öffnung für neue Gedanken erfasste auch weite Teile der kulturellen Landschaft, insbesondere das Burgtheater, den ORF und die Kunstszene des Landes.[1][2]
Künstlerischer Kontext
Die Beziehung Lorin Maazels zu Wien war höchst komplex, einerseits höchste Wertschätzung wechselseitig, andererseits auch Demütigung und tiefe Enttäuschung auf Seiten des Dirigenten. Vor ihm hatten nur drei Dirigenten das Neujahrskonzert dirigiert:
- ab 1941 bis 1954 (dem Jahr seines Todes) der „Erfinder“ dieses Formats, Clemens Krauss,
- 1946 und 1947 Josef Krips als Platzhalter (während Krauss' Dirigierverbots aufgrund dessen Nähe zum NS-Regime),
- von 1955 bis 1979 Willi Boskovsky, Konzertmeister der Philharmoniker, als Stehgeiger.
Lorin Maazel war bereits designierter Direktor der Wiener Staatsoper (ab 1982), als er für den gesundheitlich angeschlagenen Willi Boskovsky einsprang und das Neujahrskonzert 1980 übernahm. Seine Staatsopern-Direktion währte nur kurz, er wurde wegen des von ihm eingeführten Blocksystems hart kritisiert und trat im April 1984 zurück. Er blieb Dirigent des Neujahrskonzert bis 1986, als die Philharmoniker beschlossen, alljährlich einen anderen Dirigenten mit der Leitung zu beauftragen. In den 1990er Jahren wurde Maazel neuerlich dreimal eingeladen, ein letztes Mal noch 2005.[3] Er war der erste nicht in Wien Gebürtige, der das Neujahrskonzert leitete. Maazel war Sohn russischer Emigranten, wurde in Neuilly-sur-Seine in Frankreich geboren, wuchs aber in den Vereinigten Staaten auf. Seine direkten Nachfolger am Pult des renommierten Konzerts waren Herbert von Karajan (geboren in Salzburg), Claudio Abbado (geboren in Mailand), Carlos Kleiber (geboren in Berlin) und Zubin Mehta (geboren in Bombay). Spätestens 1990 war somit unter Beweis gestellt, dass Verständnis für die ur-Wienerischen Melodien von Walzer, Galopp und Polka nicht von der Geburtsurkunde abhängt.
Programm
- Johann Strauß (Sohn): Ouvertüre zur Operette Die Fledermaus
- Josef Strauß: Sphärenklänge (Walzer), op. 235
- Johann Strauß (Sohn): Neue Pizzicato-Polka, op. 449
- Johann Strauß (Sohn): Perpetuum mobile (Musikalischer Scherz), op. 257
- Johann Strauß (Sohn): Wiener Blut (Walzer), op. 354
- Jacques Offenbach: Ouvertüre zur Opéra bouffe Orpheus in der Unterwelt
- Johann Strauß (Sohn): Morgenblätter (Walzer), op. 279
- Johann Strauß (Sohn): Fata morgana (Polka-Mazur), op. 330
- Johann Strauß (Sohn): Banditen-Galopp, op. 378
- Johann Strauß (Sohn): Klänge der Heimat, Csárdás aus der Operette Die Fledermaus
- Johann Strauß (Sohn): Kaiser-Franz-Joseph-I.-Rettungs-Jubel-Marsch, op. 126
- Josef Strauß: Aquarellen (Walzer), op. 258
- Josef Strauß: Eingesendet (Polka schnell), op. 240
- Carl Michael Ziehrer: Loslassen (Polka schnell), op. 386
- Zugaben
- Johann Strauß (Sohn): An der schönen blauen Donau (Walzer), op. 314
- Johann Strauß (Vater): Radetzky-Marsch, op. 228
Besetzung
- Lorin Maazel, Dirigent
- Wiener Philharmoniker
Aufnahme
- Wiener Philharmoniker - Lorin Maazel - Neujahrskonzert, DVD 1980
Einzelnachweise
- Die Kreisky-Ära 1970-1983. Zeitgeschichte Informationssystem, abgerufen am 18. Januar 2021.
- Fritz Raddatz: Die Quadratur des Kreisky. In: Die Zeit. 29, Jg. 1981. Hamburg 10. Juli 1981 (Online [abgerufen am 18. Januar 2021] Interview).
- Wiener Philharmoniker: Tradition und Geschichte, abgerufen am 1. Januar 2021