Navia (Gattung)
Navia ist eine Pflanzengattung in der Unterfamilie Navioideae innerhalb der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae). Früher wurden sie in die Unterfamilie Pitcairnioideae eingeordnet. Die etwa 93 Arten sind im nordöstlichen Südamerika (Kolumbien, Venezuela, Brasilien, Guyana und Suriname) verbreitet mit dem Guayana-Hochland als Entwicklungszentrum.
Navia | ||||||||||||
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Navia caulescens | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Navia | ||||||||||||
Mart. ex Schult. f. |
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Bei Navia-Arten handelt sich um terrestrische, meist xerophytische, ausdauernde krautige Pflanzen, die manchmal durch vegetative Vermehrung Bestände bilden. Einige Arten bilden im Verlauf von vielen Jahren kleine, nicht verholzende Stämme, die manchmal auch verzweigt sein können.
In grundständigen oder endständigen Rosetten stehen die derben Laubblätter zusammen. Die flachen, nach innen oder zurück gebogenen Blattränder sind glatt oder stachelig gesägt. Mindestens die Blattunterseite ist beschuppt. Die Stomata besitzen schmale und breite Nebenzellen. Die Saugschuppen überlappen sich ein wenig, sind unregelmäßig und bei manchen Arten relativ dicht angeordnet. Es ist kein sternförmiges Chlorenchym und kein Hypodermalsklerenchym vorhanden.
Generative Merkmale
Nur wenige Navia-Arten bilden einen mehr oder weniger langen Blütenstandsschaft; meist ist die endständige Blütenstandsachse gestaucht und so sitzt der Blütenstand nestartig in der Blattrosette. Die einfachen oder verzweigten, kopfigen Blütenstände besitzen manchmal auffällige Hochblätter. Es können Blütenstiele vorhanden sein.
Die je nach Art kleinen bis großen, zwittrigen Blüten sind dreizählig mit doppelter Blütenhülle. Von den drei löffelförmigen Kelchblättern überdecken die zwei oberen das untere. Die drei freien Kronblätter sind winzig. Es sind zwei Kreise mit je drei freien Staubblättern vorhanden. Drei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen oder halb bis vollkommen unterständigen Fruchtknoten verwachsen. Der Griffel ist schlank. Die Bestäubung erfolgt meist durch Wind (Anemophilie); dies kommt bei keiner weiteren Gattung der Bromeliaceae vor.
Die Blütenformel lautet: oder
Es werden Kapselfrüchte gebildet. Die Samen besitzen eine netzartige Oberfläche und keine Anhängsel.
Systematik und Verbreitung
Die Gattung Navia wurde 1830 durch Carl Friedrich Philipp von Martius und Julius Hermann Schultes in Johann Jakob Roemer und Josef August Schultes: Systema Vegetabilium, 7, 2, LXV, 1195 mit zwei Arten aufgestellt. Typusart ist Navia caulescens Mart. ex Schult. Der Gattungsname Navia ehrt den Naturwissenschaftler Bernard Sebastian von Nau († 1845)[1].[2] Die meisten Navia-Arten wurden von Lyman B. Smith, manchmal in Zusammenarbeit mit Julian Alfred Steyermark und Harold E. Robinson erstbeschrieben.[1]
Da molekulargenetische Untersuchungen ergaben, dass die Unterfamilie Pitcairnioideae in ihrem ursprünglichen Umfang nicht monophyletisch war, wurde sie in mehrere Unterfamilien aufgeteilt. Dabei wurde die Unterfamilie Navioideae reaktiviert mit den Gattungen Brewcaria, Cottendorfia, Sequencia, Steyerbromelia und Navia. Aus der Gattung Navia wurden von Holst 1997 die Arten mit ährigen oder rispigen Blütenständen in die Gattung Brewcaria und die Arten mit Anhängseln am Samen in die Gattung Steyerbromelia ausgegliedert.
Das Verbreitungsgebiet ist das nordöstliche Südamerika mit Kolumbien, Venezuela, Brasilien, Guyana und Suriname, mit dem Guayana-Hochland als Entwicklungszentrum.
Es gibt etwa 94 (Stand 2021) Navia-Arten:[2][3][4] |
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Nicht mehr zu Gattung Navia gehören:[2]
- Navia brevifolia Griseb. → Deuterocohnia brevifolia (Griseb.) M.A.Spencer & L.B.Sm.
- Navia brocchinioides L.B.Sm. → Brewcaria brocchinioides (L.B.Sm.) B.Holst
- Navia cataractarum Sandwith → Brocchinia cataractarum (Sandwith) B.Holst
- Navia diffusa L.B.Sm. → Steyerbromelia neblinae B.Holst
- Navia fluviatilis L.B.Sm. → Brocchinia rupestris (Gleason) B.Holst
- Navia gracilis L.B.Sm. → Brewcaria reflexa (L.B.Sm.) B.Holst
- Navia hechtioides L.B.Sm. → Brewcaria hechtioides (L.B.Sm.) B.Holst
- Navia hohenbergioides L.B.Sm. → Brewcaria hohenbergioides (L.B.Sm.) B.Holst
- Navia platyphylla L.B.Sm. & Steyerm. → Steyerbromelia ramosa (L.B.Sm.) B.Holst
- Navia plowmanii L.B.Sm., Steyerm. & H.Rob. → Steyerbromelia neblinae B.Holst
- Navia ramosa L.B.Sm. → Steyerbromelia ramosa (L.B.Sm.) B.Holst
- Navia reflexa L.B.Sm. → Brewcaria reflexa (L.B.Sm.) B.Holst
- Navia rupestris (Gleason) Sandwith → Brocchinia rupestris (Gleason) B.Holst
- Navia thomasii L.B.Sm., Steyerm. & H.Rob. → Steyerbromelia thomasii (L.B.Sm., Steyerm. & H.Rob.) B.Holst
Navia lopezii L.B.Sm. wurde oft zitiert als einzige Art, die keine sonst für die Familie typischen Saugschuppen besitzt. Julian Alfred Steyermark & Berry stellten 1984 in Annals of the Missouri Botanical Garden, Volume 71, S. 297 diese Art als Aratitiyopea lopezii in eine neue Gattung Aratitiyopea in die Familie der Xyridaceae.[2] So besitzen jetzt alle Bromelienarten Saugschuppen.
Quellen
- Die Familie der Bromeliaceae bei der APWebsite. (Abschnitt Systematik)
- Werner Rauh: Bromelien – Tillandsien und andere kulturwürdige Bromelien, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1990, ISBN 3-8001-6371-3.
- Harold Robinson: A Monograph on Foliar Anatomy of the Genera Connellia, Cottendorfia, and Navia (Bromeliaceae). In Smithsonian contributions to Botany, Nummer 2, 1969, S. 1–41: PDF-Online.
- Thomas J. Givnish, Kendra C. Millam, Paul E. Berry, Kenneth J. Sytsma: Phylogeny, adaptive radiation, and historical biogeography of Bromeliaceae inferred from ndhF sequence data. In: Aliso, Volume 23, 2007, Rancho Santa Ana Botanic Garden, S. 3–26: Online. (PDF; 5,0 MB)
Einzelnachweise
- Jason R. Grant: An Annotated Catalogue of the Generic Names of the Bromeliaceae. In: The Marie Selby Botanical Gardens, 1998. (Herkunft der Gattungsnamen in der Familie der Bromeliaceae in englischer Sprache) online.
- Eric J. Gouda, Derek Butcher, Kees Gouda: Encyclopaedia of Bromeliads, Version 4, 2018. In „Species Index“ oder „synonyms“ auf Navia klicken zuletzt eingesehen am 5. April 2021
- Eric J. Gouda, Derek Butcher (fortlaufend updated): A List of Accepted Bromeliaceae Names. online, University Botanic Gardens, Utrecht. zuletzt eingesehen am 5. April 2021
- Harry E. Luther: An Alphabetical List of Bromeliad Binomials, XIV - 2014 in The Marie Selby Botanical Gardens, Sarasota, Florida, USA. Veröffentlicht durch The Bromeliad Society International.
Weiterführende Literatur
- T. J. Givnish, J. C. Pires, S. W. Graham, M. A. McPherson, L. M. Prince, T. B. Patterson: Phylogeny, biogeography, and ecological evolution in Bromeliaceae: Insights from ndhF sequences. In: J. T. Columbus, E. A. Friar, J. M. Porter, L. M. Prince, M. G. Simpson: Monocots: Comparative Biology and Evolution. Poales, Rancho Santa Ana Botanical Garden, Claremont, 2006, 23, Seite 3–26.
- B. K. Holst: Bromeliaceae, S. 548–676, In: P. E. Berry, B. K. Holst, K. Yatskievych (Herausgeber): Flora of the Venezuelan Guayana, Volume 2, Missouri Botanical Garden, St. Louis, USA, 1997.
- Lyman B. Smith, Robert Jack Downs: Flora Neotropica, Volume 14, No. 1: Pitcairnioideae (Bromeliaceae), 1974, Hafner Press, New York, USA, ISBN 0-89327-303-1.