Nationalbibliothek der Tschechischen Republik
Die Nationalbibliothek der Tschechischen Republik (tschechisch Národní knihovna České republiky, NK ČR) in Prag ist die zentrale und leitende Bibliothek der Tschechischen Republik. Sie unterliegt dem Kulturministerium. Als die größte und eine der ältesten tschechischen Bibliotheken hat sie einen Bestand von über sieben Millionen Dokumenten mit einem jährlichen Zuwachs von etwa 88 Tausend Titeln.[1] Die Bibliothek ist im Clementinum in der Prager Altstadt sowie im Zentrallager[2] im Stadtteil Hostivař untergebracht.
Nationalbibliothek der Tschechischen Republik | |
---|---|
Barocker Saal im Clementinum | |
Gründung | 1777 |
Bestand | 7.275.680[1] |
Bibliothekstyp | Nationalbibliothek |
Ort | Prag |
Betreiber | Tschechische Republik |
Leitung | Martin Kocanda |
Website | www.nkp.cz |
Geschichte
Neben einigen Teilbibliotheken der Prager Universität entstand im 13. Jahrhundert im dominikanischen Kloster in der Prager Altstadt die Schule Studium generale, die im 14. Jahrhundert samt der Bibliothek mit der Universität verschmolz. Im Jahre 1556 bauten Mönche des Jesuitenordens auf den Resten des Klosters ein Internat, das Clementinum hieß. 1622 kam auch die Karlsuniversität unter die Verwaltung der Jesuiten und alle Bibliotheken wurden im Clementinum untergebracht.
Nach der Aufhebung des Jesuitenordens wurde die Universität 1773 eine staatliche Einrichtung und ihre Bibliothek im Februar 1777 durch Maria Theresia zur „öffentlichen k. k. Universitätsbibliothek“ erklärt, was sich 1887 auch im Namen der Bibliothek manifestierte (c.k. Veřejná a univerzitní knihovna). Auch nach der Teilung der Universität 1882 in eine tschechische und eine deutsche Universität blieb die Bibliothek für beide Universitäten als eine gemeinsame Einrichtung erhalten.
Nach 1918 fiel die Bibliothek unter die staatliche Kontrolle der neuen Tschechoslowakei. 1924 wurde die Slovanská knihovna (Slawische Bibliothek) gegründet, die 1929 ebenfalls im Clementinum untergebracht wurde und bis heute autonomer Bestandteil der Nationalbibliothek ist.
1935 wurde die Bibliothek in Národní a univerzitní knihovna (National- und Universitätsbibliothek) umbenannt, gleichzeitig wurde das Gesetz über das Pflichtexemplar erlassen. Nachdem 1939 nach der Besetzung durch die Wehrmacht die tschechischen Hochschulen geschlossen wurden, blieb die Bibliothek unter der Bezeichnung Zemská a univerzitní knihovna (Landes- und Universitätsbibliothek) bis 1941 in Betrieb. 1958 wurden mehrere Bibliotheken in Prag zu einer großen Státní knihovna ČSR (Staatliche Bibliothek der ČSR) zusammengeschlossen. 1990 schließlich erhielt sie den heutigen Namen Národní knihovna (Nationalbibliothek).
Der Bestand der Bibliothek ist im elektronischen Katalog erfasst und kann eingesehen werden.[3][4]
Probleme mit Platzmangel
Nach 1989 begann die Bibliothek, den kritischen Mangel an Lagerkapazitäten zu beheben. 1996 wurde das Zentraldepot im Prager Stadtteil Hostivař fertiggestellt und in Betrieb genommen. Da dessen Kapazitäten jedoch nicht unbegrenzt sind, wurde der Bau eines neuen Gebäudes erwogen. Am 16. Mai 2006 wurde für den Entwurf eines solchen neuen Nationalbibliotheksgebäudes auf der Freifläche des Letná-Parks ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Am 3. März 2007 wurden die Wettbewerbsergebnisse bekannt gegeben, aus denen der Architekt Jan Kaplický aus dem Architekturbüro Future Systems eindeutig als Sieger hervorging. Diesem Entwurf zufolge sollte die Nationalbibliothek ursprünglich im Jahr 2012 fertiggestellt werden. Aufgrund von Streitigkeiten über die Fairness des Architekturwettbewerbs, des geplanten Baugrundstücks und der Finanzierung der Bibliothek kam es jedoch zu Verzögerungen bei der Umsetzung. Im Juli 2008 erklärte der tschechische Kulturminister Václav Jehlička, dass die Bibliothek nicht gebaut werde.[5]
Die neue Bibliothek sollte Platz für zehn Millionen Bücher bieten, und die nach 1801 erschienenen Bücher der Nationalbibliothek sollten dorthin umgelagert werden. Derzeit wird das Konzept der Nationalbibliothek im Rahmen des Umbaus des Clementinums und der Kapazität des Zentraldepot in Hostivař weiterentwickelt, wo ein weiteres Gebäude hinzugefügt wurde. Die komplette Rekonstruktion des Clementinums findet während des Betriebs statt und tritt 2019 in die 3. Etappe ein.[6] Der Bau des neuen Gebäudes wird jedoch nach wie vor geprüft.[7]
Literatur
- Joseph Adolf Hanslick: Geschichte und Beschreibung der Prager Universitätsbibliothek. Rohliček, Prag 1851 (Neudruck. Scientia-Verlag, Aalen 1988, ISBN 3-511-00929-4. Digitalisat der Erstausgabe von 1851)
- Národní Knihovna České Republiky: Die Nationalbibliothek der Tschechischen Republik, Klementinum. Nationalbibliothek der Tschechischen Republik, Prag 1996.
- Bernhard Fabian (Hrsg.): Handbuch deutscher historischer Buchbestände in Europa. Eine Übersicht über Sammlungen in ausgewählten Bibliotheken. Band 1, 1: Vlasta Faltysová, Pavel Pohlei: Tschechische Republik. Prag. Teil 1. Olms-Weidmann, Hildesheim u. a. 1999, ISBN 3-487-10353-2.
- Waldemar Deluga: Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts in der Nationalbibliothek in Prag (= Národní Knihovna ČR. Miscellaneorum monographicorum. Bd. 2). Národní Knihovna České Republiky, Prag 2000, ISBN 80-7050-327-0.
Weblinks
- Homepage der Bibliothek
- Eintrag im Handbuch der historischen Buchbestände
- Prag, Nationalbibliothek im Handschriftencensus der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters
Einzelnachweise
- Jahresbericht 2017
- Studovna Hostivař, tschechisch, abgerufen am 15. Mai 2019
- Z historie knihovny (Aus der Geschichte der Bibliothek), online auf nkp.cz/...
- Zugang zum Katalog über http://aleph.nkp.cz/.../ENG (englische Version)
- https://ct24.ceskatelevize.cz/domaci/1447214-nova-budova-narodni-knihovny-na-letne-stat-nebude Česká televize, tschechisch, abgerufen am 31. Mai 2019
- http://www2.nkp.cz/revitalizace-klementina tschechisch, abgerufen am 31. Mai 2019
- https://prazsky.denik.cz/kultura_region/potreby-narodni-knihovny-nezmizely-spisovatele-ozivili-myslenku-nove-budovy-20190416.html Tageszeitung Deník, tschechisch, abgerufen am 31. Mai 2019