Museum der Stadt Ústí nad Labem

Das Museum d​er Stadt Ústí n​ad Labem i​st eine Kultureinrichtung d​er Statutarstadt Ústí n​ad Labem (Aussig), d​as verschiedene Sammlungen m​it Bezug z​ur Aussiger Region besitzt u​nd ausstellt. Das Gebäude s​teht unter Denkmalschutz (ÚSKP-Nr. 43242/5-5051).[1]

Zentraler Bau des Museums der Stadt Ústí nad Labem (von 1876)

Museumsgebäude

Erweiterungsbau des Museums (von 1896)

Das Museum i​st in e​inem Neorenaissance-Gebäude untergebracht, d​as in d​en Jahren 1875–1876 n​ach einem Entwurf d​es Wiener Architekten August Krumholz (1845–1914) a​ls Volks- u​nd Bürgerschule d​er Stadt errichtet wurde. Eine Erweiterung d​es Baus erfolgte i​m Jahr 1896 v​om gleichen Architekten, d​er das ursprüngliche Gebäude z​u einem geschlossenen Block vervollständigte, s​o dass e​in monumentaler Gebäudekomplex entstand. Zusammen m​it der Schule bildeten d​ie benachbarten Gebäude Post- u​nd Telegraphenamt (1900), Stadttheater (1909) u​nd Stadtbibliothek (1912) d​en Rahmen für e​ine repräsentative Straße d​er Stadt n​ach dem Vorbild d​er Wiener Ringstraße.

Durch die Bombenangriffe der Alliierten im Zweiten Weltkrieg wurden verschiedene Gebäude der Stadt zerstört oder beschädigt, so musste auch die Schule im Jahr 1946 notdürftig repariert werden. Das Gebäude wurde dann bis 1972 als Schule genutzt. Danach konnten das Museum und das Hauptpostamt der Stadt hier einziehen. Ende des 20. Jahrhunderts hatte die Post das Gebäude wieder verlassen. Ab 2006 konnte das Gebäude mit Hilfe von EU-Fördermitteln umfangreich rekonstruiert werden, einschließlich des großen Eckgiebels am Lidice-Platz (Lidické náměstí). Der große vierflügelige zweigeschossige Bau mit quadratischem Grundriss dient heute ausschließlich dem Stadtmuseum. Dem Museum angeschlossen ist die gemeinnützige kulturelle Institution Collegium Bohemicum.[2][3]

Kaisersaal

Der renovierte Kaisersaal im Museum

Im Schulgebäude w​urde bereits i​n der ersten Bauphase e​in repräsentativer Festsaal eingerichtet, d​er als Aula d​er Schule, a​ber auch für Ratssitzungen u​nd andere prestigeträchtige Versammlungen d​er Stadt benutzt wurde. Der Saal w​ar dekorativ d​urch eine reichhaltige Bemalung d​er Wände u​nd Decken m​it allegorischen Motiven u​nd schmückender Blattvergoldung ausgestaltet.

Als Kaiser Franz Joseph I. auf seiner Reise ins Königreich Böhmen am 17. Juni 1901 auch die Stadt Aussig besuchte, erfolgte die kaiserliche Audienz mit den Honoratioren der Stadt in diesem Saal. Zur Erinnerung an dieses Ereignis wurde der Saal seitdem als Kaisersaal (Císařský sál) bezeichnet. Die Wiedereröffnung des Museums nach der Gesamt-Rekonstruktion fand 110 Jahre nach dem kaiserlichen Besuch statt. Durch die Restaurierung der ursprünglichen Wandmalereien (anhand aufgefundener Reste der einstigen Malerei) können die Museumsbesucher den Kaisersaal wieder in der ursprünglichen Pracht erleben.

Geschichte des Museums

Das Museum wurde 1876 in Aussig gegründet und die erste Ausstellung fand im Hotel Zum Goldenen Schiff in der Töpfergasse statt. Danach musste es mehrfach umziehen. Da die Museumsbestände zunahmen, wurde im Jahr 1914 der Neubau eines eigenen Museumsgebäudes am Stadtpark (Městské sady) geplant, aber durch den Ersten Weltkrieg verhindert. Weil nach dem Krieg ein Museumsneubau nicht finanzierbar war, wurde das Angebot der Aussiger Industriellenfamilie Wolfrum angenommen, die Sammlungen im Schloss Türmitz (Trmice) zu präsentieren. Später verkaufte der Unternehmer Wolfrum das Schloss an die Stadt Aussig, so dass das Museum bis 1945 im Schloss verblieb und auch in den Folgejahren bis in die 1960er Jahre hier Ausstellungen stattfanden. Infolge des Verfalls der Bausubstanz und fehlender Instandhaltungsmaßnahmen musste das Museum im Jahre 1964 geschlossen werden. Ab 1971 war die Errichtung eines neuen Museumsgebäudes am Marktplatz (Mírové náměstí) vorgesehen. Als Übergangslösung zog das Museum 1972 in das alte Schulgebäude neben dem Stadttheater. Nach dem Einzug des Hauptpostamts in das Schulgebäude standen dem Museum nur wenige Räume zur Verfügung. Nach dem Auszug der Post am Ende des 20. Jahrhunderts stand die Frage der Nutzung des historischen Gebäudes wieder auf der Tagesordnung. Durch Fördergelder aus dem EU-Regionalfonds (EFRE) für das Museum konnte die Rekonstruktion des alten Schulgebäudes beginnen und der Umbau zum Museumsgebäude erfolgen. Dieser Umbau (Aufbau der Ausstellungssäle, Einrichtungen für den Museumsbetrieb, Rekonstruktion des Kaisersaals, Einbau von Büros und Depoträumen) dauerte zwei Jahre und erfolgte in den Jahren 2009–2011. Im Juni 2011 wurde das neue Museum der Öffentlichkeit übergeben. Das Atrium des Museums kann für die Besucher als Ruheraum genutzt werden.

Sammlungen

Mineralien aus dem Böhmischen Mittelgebirge

Die Museumsbestände sind Eigentum der Stadt Ústí nad Labem. Das Museum der Stadt ist nach Qualität und Anzahl seiner Sammlungsbestände (etwa 200.000 Sammlungsstücke) eines der bedeutendsten Regionalmuseen Tschechiens. Die wertvollsten Sammlungsstücke des Museums werden im Rahmen von Ausstellungen der Öffentlichkeit laufend präsentiert. Folgende Sammlungen sind im Museum vertreten:

Neue Dauerausstellung

In den Räumen des Stadtmuseums wurde im November 2021 die neue Dauerausstellung „Naši Němci – Unsere Deutschen“ des Vereins Collegium Bohemicum eröffnet, in der die Geschichte der Deutschen in den böhmischen Ländern vom frühen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert und ihre Vertreibung 1945/46 behandelt wird. Die Ausstellung präsentiert in 22 Räumen auf 1600 Quadratmetern in zwei Etagen mehr als 500 Exponate, darunter zahlreiche Produkte ehemaliger deutsch-böhmischer Unternehmer, z. B. das legendäre Motorrad Böhmerland und die Seife der Georg Schicht AG aus Aussig. Behandelt wird auch die deutschsprachige Literatur von Franz Kafka über Egon Erwin Kisch bis zu Max Brod. Der Besucher kann einen Biedermeier-Salon besuchen, durch ein Jugendstilhotel in Reichenberg spazieren oder sich in der funktionalistischen Villa Tugendhat in Brünn umsehen.[5][6][7]

Commons: Museum der Stadt Ústí nad Labem – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Muzeum. ÚSKP 43242/5-5051. In: pamatkovykatalog.cz. Národní památkový ústav; (tschechisch).
  2. Architektur in Nordböhmen – Museum der Stadt Ústí nad Labem (tschech.) (abgerufen am 30. November 2021)
  3. Architektur in Nordböhmen – Erweiterungsbau des Museums (tschech.) (abgerufen am 30. November 2021)
  4. Muzeum města Ústí nad Labem (tschech.) (abgerufen am 30. November 2021)
  5. Collegium Bohemicum: Otevření výstavy Naši Němci (Eröffnung der Ausstellung "Unsere Deutschen") (abgerufen am 30. November 2021)
  6. Muzeum Ústí - NAŠI NĚMCI - UNSERE DEUTSCHEN (abgerufen am 28. Januar 2022)
  7. Michael Heitmann: Meilenstein der Aussöhnung, in DNN, vom 18. November 2021, S. 9

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