Michael Gröll
Michael Gröll (* um 1722 in Nürnberg; † 15. September 1798 in Warschau),[1] war ein deutschstämmiger Drucker, Verleger, Buchhändler und Hofrat des 18. Jahrhunderts in der Zeit der ausgehenden polnischen Adelsrepublik. Er war Präsident der Deutschen Evangelischen Gemeinde Augsburger Confession in Warschau.
Leben und Werk
Als junger Geselle zog Gröll aus der Heimatstadt Nürnberg nach Dresden, wo er erfolgreich wurde und schon um 1750 eine Buchhandlung besaß. In den letzten Jahren der Regierung des Königs August III. verkaufte er 1759 sein Dresdner Geschäft und ließ sich in Warschau nieder, wo er das erste Anzeigenblatt Polens in polnischer, deutscher und französischer Sprache gründete. 1760 durfte er eine Buchhandlung in einem Nebengebäude des Warschauer Königsschlosses eröffnen. Als Buchhändler führte er bis dahin in Polen unbekannte Bücher-Auktionen, -Rezensionen und -Kataloge ein. 1769 eröffnete Gröll neben der Buchhandlung den ersten Lesesaal und die erste Leihbibliothek in Warschau.
1775 erhielt Gröll das königliche Privileg zur Eröffnung einer eigenen Druckerei. Die Qualität seiner Publikationen lag auf dem Niveau der westeuropäischen Erzeugnisse und überragte weit die der zeitgenössischen polnischen Bücher. In seiner Offizin erschien der erste Text der Verfassung vom 3. Mai 1791 und die erste polnische Enzyklopädie des Ignatius Krasicki. Neben den Büchern verlegte er auch drei Zeitschriften in polnischer, deutscher und französischer Sprache. Er förderte die polnische Literatur und versuchte, sie durch Übersetzungen in anderen Ländern bekannt zu machen. Für seine Verdienste wurde er zum Hofrat ernannt und erhielt die königliche Medaille „Merentibus“. Beim Kościuszko-Aufstand im Jahre 1794 schloss er sich den Aufständischen an, gründete eine neue Zeitung, Warschauer Zeitung für Polens freie Bürger, die die in der Hauptstadt ansässigen Deutschen und das deutschsprachige Ausland erreichen sollte, und veröffentlichte dort unter anderem eigene Gedichte. z. B. „Auf! Bürger eilt! wer streiten kann. Nehmt euch des Vaterlandes an!“.
Michael Gröll versuchte seine Kräfte auch auf dem Gebiet der Literatur: Bereits 1753 veröffentlichte er in Dresden das Poem „Verteidigung des schwachen Geschlechtes“, 1778 gab er in Warschau eine Anthologie der polnischen Anakreontik in eigener deutscher Übersetzung heraus und versah sie mit dem Essay „Über die Schäferdichtung in Deutschland und über Salomon Gessner“. 1790 huldigte man ihm in einem panegyrischen polnischen Gedicht: (Übers.): „Dein Ruhm wird niemals vergehen/Solange Nürnberg und Warschau stehen!“.
Gröll war jahrzehntelang im Gemeinderat der Evangelischen Gemeinde in Warschau tätig und wurde 1778 einstimmig zum Präsidenten des Kirchenkollegs gewählt. Er nahm mit den Delegierten Christian Ebert, Johann Heinrich Peters von der Reformierten Gemeinde und Johann Phillip Barth, Sattler und Johann Samuel Giering an der Wengrower General-Synode teil. Es gelang ihm u. a., die Vorherrschaft des Adels im Gemeinderat zu brechen.
Aus der ersten Ehe mit Johanna Sophie Schüller († 1776) stammen der Maler und Grafiker Karl Michael Gröll und drei Töchter und seine zweite Frau Sophie Karoline Jacobson, Tochter eines berühmten Warschauer Goldschmiedes, ermöglichte es ihm aufgrund ihrer Mitgift, seinen Betrieb zu vergrößern und zu modernisieren.
Die Grölls wurden auf dem Friedhof der Evangelischen Gemeinde A.K. in Warschau bestattet (Allee 2 Nr. 10).
Literatur
- Geschichte der Evangelischen Kirche Augsburger Confession in Warschau
- Eugeniusz Szulc: Cmentarz Ewangelicko-Augsburski w Warszawie. Zmarli i ich Rodziny. Państwowy Instytut Wydawniczy, Warschau 1989, ISBN 83-06-01606-8, (Biblioteka Syrenki).
- Marion Voigt: Michael Gröll (1722–1798) als polnischer Buchhändler und Verleger der Aufklärung. Magisterarbeit, FAU Erlangen-Nürnberg, 1992
- Dorota Sierocka: "Die Innovationskraft im Werk Michael Grölls". Magisterarbeit, Adam-Mickiewicz-Universität Posen, Polen, 1993
Einzelnachweise
- Polnisch Biografisches Wörterbuch: * 11. November 1722 in Nürnberg, † 2. September 1798 in Warschau