Mexikanische Bulldoggfledermaus
Die Mexikanische Bulldoggfledermaus (Tadarida brasiliensis), auch bekannt als Brasilianische Bulldoggfledermaus, ist eine mittelgroße, aus Amerika stammende Fledermaus und wird weitgehend als das am häufigsten vorkommende Säugetier Nordamerikas angesehen. Allerdings macht sie ihre Neigung, in großer Anzahl und in gleichzeitig relativ wenigen Quartieren zu rasten, besonders verwundbar für menschliche Störung und die Zerstörung ihrer Lebensräume. In manchen Aufenthaltsorten, wie beispielsweise im Bundesstaat Utah, wurden bereits rückläufige Zahlen dokumentiert. Im westlichen Küstenstaat Kalifornien wird die Fledermaus durch die stark sinkenden Populationszahlen bereits als besonders gefährdete Spezies betrachtet. Über deren Gewohnheiten und Aufenthaltsorte während der Wintermigration ist noch relativ wenig bekannt.[1] Die Mexikanische Bulldoggfledermaus ist außerdem die offizielle Staatsfledermaus der beiden Staaten Oklahoma und Texas und stellt das Logo der Marke Bacardi Rum dar.
Mexikanische Bulldoggfledermaus | ||||||||||||
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Mexikanische Bulldoggfledermaus (Tadarida brasiliensis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Tadarida brasiliensis | ||||||||||||
(I. Geoffroy Saint-Hilaire, 1824) |
Körperbau
Mexikanische Bulldoggfledermäuse werden bis zu 9 cm lang und haben ein Körpergewicht von ungefähr 12,3 g. Der Schwanz macht fast die Hälfte ihrer Länge aus. Die großen Ohren dienen der Verbesserung der Echoortung, diese befinden sich in der Nähe der Schnauze und Augen. Der Fledermausschwanz streckt sich weiter als das Uropatagium, die Flughaut zwischen Schwanz und Hinterextremität; deshalb bezeichnet man diese Art auf Englisch "free-tailed bat". Mexikanische Bulldoggfledermäuse besitzen ein dichtes seidiges Fell, welches meist grau oder dunkelbraun gefärbt ist. Oberhalb der verkürzten Schnauze befindet sich eine faltige Oberlippe. Die verlängerten Flügel weisen eine verengte Spitze auf und ermöglichen den Mexikanischen Bulldoggfledermäusen dadurch ein sehr schnelles, gerades Fliegen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h.[2]
Verbreitung und Ökologie
Die Mexikanische Bulldoggfledermaus gehört zu den meistverbreiteten Säugetieren in der westlichen Hemisphäre. Ihr Vorkommen erstreckt sich über die terrestrische Südhälfte der Vereinigten Staaten, Mexiko, Zentralamerika und Südamerika. Ihre Verbreitung in Südamerika ist noch relativ unerforscht. Dort leben sie im brasilianischen Hochland, in den nordöstlichen Anden, an der peruanischen Küste und im Norden von Chile.[3] Die Mexikanische Bulldoggfledermaus erscheint vereinzelt im amazonischen Regenwald. Die Fledermaus ist weitgehend verbreitet in der Karibik und heimisch auf den Großen Antillen und auf elf der Kleinen Antillen.[4] Die größte bekannte Kolonie, mit geschätzten 20 Millionen Individuen, befindet sich in der Bracken Cave, im Norden von San Antonio, Texas. Dort leben diese in großer Anzahl auf einer Höhe von 180 bis 1000 m, und sogar auf bis zu 3000 m.
Lebensraum
In erster Linie leben Mexikanische Bulldoggfledermäuse in Höhlen, allerdings bewohnen sie auch Gebäude aller Art, solange sie Zugang zu Öffnungen und dunklen Vertiefungen von Dächern oder Wänden haben. Fledermäuse können alle Gebäude zu ihren Rastplätzen machen, unabhängig von „Alter, Größe, Architektur, Baumaterialien, Belegung mit Menschen und Kompassorientierung“. Höhlen müssen allerdings genug Oberfläche an Wänden und Decken vorweisen, um Millionen von Fledermäusen gleichzeitig beherbergen zu können. Vor der Bewohnung von Gebäuden hausten Bulldoggfledermäuse im Südosten der Vereinigten Staaten wahrscheinlich in Aushöhlungen von Bäumen wie der Roten Mangrove, Schwarzen Mangrove, Weißen Mangrove und Zypresse. Allerdings scheinen die meisten Fledermäuse Floridas künstlich geschaffene Strukturen gegenüber natürlichen Unterschlüpfen zu bevorzugen. Höhlen in Florida weisen häufig Wasserbecken am Grund auf, wodurch sie meistens von der Südöstlichen Mausohrfledermaus bewohnt werden. Dieses Phänomen wird durch den höheren Bedarf an relativer Luftfeuchtigkeit erklärt, welche die Bulldoggfledermaus nicht so stark benötigt.
Migration
Die Mexikanischen Bulldoggfledermäuse vom südöstlichen Nevada, vom südwestlichen Utah, vom westlichen Arizona und vom südöstlichen Kalifornien versammeln sich, um gemeinsam südwestlich nach Süd Kalifornien und Baja Kalifornien zu emigrieren. Die Fledermäuse, die vom südöstlichen Utah, vom südwestlichen Colorado, vom westlichen New Mexico und vom östlichen Arizona kommen, fliegen zusammen über den westlichen Landschaftsteil von Sierra Madre Oriental nach Jalisco, Sinaloa und Sonora. Diesen Sommer werden jedoch einige Fledermäuse aus Kansas, Oklahoma, vom östlichen New Mexico und Texas Richtung Süden ins südliche Texas[5] und nach Mexico auswandern. In anderen Bereichen von Nord Amerika sind einige Populationen von Fledermäusen, die nicht in andere Länder fliegen, weil sie sich an die Umweltbedingungen der Jahreszeiten anpassen können. Eine Kolonie der Bulldoggfledermäuse verbringt den Sommer in Austin, Texas unter der Congress Avenue Bridge, zehn Häuserblocks weit entfernt vom Texas State Capitol. Sie ist eine der größten städtischen Kolonien von Nordamerika und sie umfasst ca. 1.500.000 Fledermäuse.[6] 100.000 Touristen kommen jedes Jahr nach Texas um die Fledermäuse zu beobachten. Eine weitere Kolonie lebt in Houston, Texas unter der Waugh Street Bridge über dem Buffalo Bayou. Dort leben 250.000 Fledermäuse, die ebenfalls viele Besucher anziehen. In Texas wird die Bulldoggfledermaus offiziell als das „fliegende Säugetier“ bezeichnet.[7] Fledermäuse vom östlichen Texas emigrieren normalerweise nicht, aber es kann zu jahreszeitbedingten örtlichen Verschiebungen kommen. Bulldoggfledermäuse, die im Bereich von Oregon bis Kalifornien leben, bewohnen dieses Gebiet das ganze Jahr über.
Ernährung
Mexikanische Bulldoggfledermäuse sind in erster Linie Insektenfresser. Sie jagen ihre Beute mit Hilfe der Echoortung. Ihre Beute besteht aus Faltern, Käfern, Libellen, Fliegen, Wanzen, Wespen, und Ameisen. Gewöhnlich fangen die Fledermäuse ihre Beute im Flug.[8] Eine große Anzahl von Mexikanischen Bulldoggfledermäusen fliegen hunderte von Metern über dem texanischen Boden, um wandernde Insekten zu fressen.[9]
Mexikanische Bulldoggfledermäuse sind gute Bestäuber und fressen außerdem gefährliche Insekten. Ihre Bestäubung von Zuckerrohr kommt der Pflanze sehr zugute, ebenso wie der Verzehr sie schädigender Insekten.
Feinde und Sterblichkeit
Es wurde ein Individuum verzeichnet mit einer Lebensdauer von 8 Jahren, das Alter wurde mit Hilfe der Gebissentwicklung und dem Zahndurchbruch bestimmt, der sogenannten Dentition.[10] Nachgewiesene Fressfeinde der Mexikanischen Fledermäuse sind große Vögel, wie beispielsweise der Buntfalke, die Mississippiweih, der Rotschwanzbussard, der Wegekuckuck, der Virginia-Uhu und die Schleiereule.[3] Bei den Säugetieren sind es unter anderem Stinktiere (Streifenskunk und Ferkelskunk), der Waschbär und das Südopossum. Schlangenarten wie die Erdnatter, die Gewöhnliche Kutscherpeitschennatter, der Nordamerikanische Kupferkopf und Korallenottern gehören in geringerem Ausmaß ebenfalls zu den Predatoren. Mit dem Grasbarsch als Beispiel werden sie gelegentlich auch von Fischen gefressen. Einige Käferarten fangen junge und neugeborene Fledermäuse, welche zu Boden gefallen sind. Die Fledermäuse sind weniger anfällig für Tollwut, dies scheint zumindest in den Vereinigten Staaten der Fall zu sein. Außerdem sind in den Fledermäusen Schadstoffspuren zu finden, darunter einige Pestizide.[3]
Verhalten
Mexikanische Bulldoggfledermäuse sind nachtaktive Sammler und beginnen nach Anfang der Dunkelheit zu fressen. Sie legen zum Essen bis zu 50 km in einem schnellen, direkten Flugmuster zurück. Diese Spezies ist die am höchsten fliegende Fledermaus (bis zu 3300 m).[11] Bulldoggfledermäuse sind am aktivsten in den frühen Morgenstunden und an Nachmittagen im Juni und September,[12] vor allem bei warmem Wetter.[13]
Echoortung
Mexikanische Bulldoggfledermäuse verwenden Echoortung zur Navigation und Erfassung von Beute. Ihre Rufe sind von einer kurzen aber konstanten Frequenz, allerdings kann diese Frequenz nach Erfassung von Beute o. ä. zwischen 40 und 75 kHz variiert werden.[14] Typischerweise ist der Frequenzbereich ihrer Echoortung zwischen 49 und 70 kHz, kann aber auch zwischen 25 und 40 kHz betragen, wenn etwas während des Fluges ihren Weg kreuzt.[14]
Paarung und Fortpflanzung
Während der Fortpflanzungszeit häufen sich die Weibchen in der Mutterschaft-Schlafstelle an. Die Größe dieser Schlafstellen hängt vom Umfeld ab, so sind sie zum Beispiel in Höhlen größer. Das Paaren kann in einer aggressiven oder passiven Form geschehen. In der aggressiven Form kontrolliert das Männchen die Bewegungen des Weibchens, damit diese sich von den anderen Fledermäusen in der Schlafstelle fernhält.[15] Es neigt auch dazu bei der Paarung zu singen. Während der passiven Kopulation fliegt das Männchen zu der Schlafstelle des Weibchens und besteigt sie ruhig ohne Widerstand. Diese Spezies der Fledermaus sind Brüter die häufig ihre Partner wechseln und beide Geschlechter kopulieren mit mehreren Partnern.[15] Die Weibchen werden mit ungefähr neun Monaten geschlechtsreif, während die Männchen erst mit zwei Jahren geschlechtsreif sind. Die Weibchen geben einmal im Jahr Brunst, welche normalerweise fünf Wochen dauert und im Frühjahr stattfindet. Die Tragzeit der Fledermäuse dauert 11–12 Wochen, mit nur einem Neugeborenen. Eine Reihe von Jungtieren bleiben in „Kinderkrippen“ zurück, während ihre Mütter sich anderswo ausruhen. Die Weibchen wenden Vokalisierung und Duft an, um ihre Jungtiere zu erkennen. Die Mutter prägt außerdem ihren Duft auf den Neugeborenen ein.[16] Allerdings probieren die jungen Neugeborenen bei jedem Weibchen, das der Gruppe beitritt, zu säugen. Eine Mutter stillt ihr Jungtier täglich, nach 4–7 Wochen ist es ausgewachsen, vollständig entwöhnt und unabhängig.[17]
Schutz
Obwohl es eine große Anzahl an Fledermäusen gibt, trägt die lokale Bevölkerung aktiv zum Schutz und zur Erhaltung der Lebensräume bei. Ein Beispiel dafür sind die Höhlen nahe Monterrey, die im Sommer und Herbst als Lebensraum der größten Population der Bulldoggfledermäuse von Cueva de la Boca dient. 2006 kaufte der mexikanische Umweltschutz NGO Pronatura Noreste das Anwesen, da sich die Population der ursprünglichen 20 Millionen Bulldoggfledermäuse um 95 % reduzierte. Unkontrollierter Tourismus, starke Verschmutzungen in den Höhlen und Vandalismus waren die Gründe dafür, dieses Gebiet unter Naturschutz zu stellen. Nicht nur die Bulldoggfledermäuse profitieren vom neuen Lebensraum, sondern auch andere ökologisch wichtige Tierarten.
Weblinks
- Fotos und Informationen zu Tadarida brasiliensis auf ARKive.org (Memento vom 24. Januar 2019 im Internet Archive).
- Untamed Science interview with a bat specialist at the Congress Street Bridge Colony (Memento vom 19. August 2013 im Internet Archive)
- Merlin Tuttle Bat Conservation website
- Bat Conservation International website
- Mexican Bats Find Cross-Border Benefactors. Washington Post
- Pronatura Noreste Announces the Purchase of Cueva de la Boca (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) (PDF)
- Bat Conservation International webpage about Mexican free-tailed bats (Memento vom 17. Juni 2008 im Internet Archive)
- Animal Diversity – Tadarida brasiliensis
- Tadarida brasiliensis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2012.2. Eingestellt von: Barquez, R., Diaz, M., Gonzalez, E., Rodriguez, A., Incháustegui, S. & Arroyo-Cabrales, J., 2008. Abgerufen am 7. Mai 2013.
Einzelnachweise
- Carlsbad Caverns National Park – Bats’ Wintering Sites (U.S. National Park Service). Abgerufen am 20. Oktober 2013.
- Gary F. McCracken, Kamran Safi, Thomas H. Kunz, Dina K. N. Dechmann, Sharon M. Swartz, Martin Wikelski. Airplane tracking documents the fastest flight speeds recorded for bats. Royal Society Open Science, 2016; 3 (11): 160398, doi:10.1098/rsos.160398.
- K. Wilkins: Tadarida brasiliensis. In: Mammalian Species, 331, 1989, S. 1–10.
- R. J. Baker, H. H. Genoways: Zoogeography of Antillean bats. In: F. B. Gill (Hrsg.): Zoogeography in the Caribbean. Acad., Philadelphia 1978, S. 53–97.
- BP Glass: Seasonal movements of Mexican free-tail bats Tadarida brasiliensis mextcana banded in the Great Plains. In: Southwestern Nat., 27, 1982, S. 127–133.
- Bat Conservation International page on the Congress Avenue Bridge Bat Colony. Archiviert vom Original am 11. Oktober 2008. Abgerufen am 20. Oktober 2013.
- Texas State Symbols, Texas State Library and Archives Commission. Abgerufen am 13. Oktober 2013.
- L. McWilliams: Variation in diet of the Mexican free-tailed bat (Tadarida brasiliensis mexicana). In: Journal of Mammalogy, 2005, 86/3, S. 599–605.
- Gary F. McCracken, Erin H. Gillam, John K. Westbrook, Ya-Fu Lee, Michael L. Jensen, Ben B. Balsley: Brazilian free-tailed bats (Tadarida brasiliensis: Molossidae, Chiroptera) at high altitude: links to migratory insect populations. In: Integrative and Comparative Biology, 48(1), 2008, S. 107–118.
- M. Gannon, A. Kurta, A. Rodriquez-Duran, M. Willig: Bats of Puerto Rico. Jamaica. The University of the West Indies Press, 2005.
- T. Williams, L. Ireland, J. Williams: High altitude flights of the free-tailed bat, Tadarida brasiliensis, observed with radar. In: Journal of Mammalogy, 54/4, 1973, S. 807–821.
- P. Svoboda, J. Choate: Natural history of the Brazilian free-tailed bat in the San Luis Valley of Colorado. In: Journal of Mammalogy, 68/2, 1987, S. 224–234.
- L. Allen, A. Turmelle, M. Mendonca, K. Navara, T. Kunz, G. McCracken: Roosting ecology and variation in adaptive and innate immune system function in the Brazilian free-tailed bat (Tadarida brasiliensis). In: Journal of Comparative Physiology, 179, 2009, S. 315–323.
- E. Gillam, G. McCracken: Variability in the echolocation of Tadarida brasiliensis: effects. In: Animal Behavior, 74. 2007, S. 277–286.
- A. Keeley, B. Keeley: The Mating System of Tadarida brasiliensis (Chiroptera: Molossidae) in a Large Highway Bridge Colony. In: Journal of Mammalogy, 85/1, 2004, S. 113–1.
- W. Loughry, G. McCracken: Factors influencing female-pup scent recognition in Mexican free-tailed bats. In: Journal of Mammalogy, 72/3, 1991, S. 624–626.
- T. Kunz, S. Robson: Postnatal growth and development in the Mexican free-tailed bat (Tadarida brasiliensis mexicana): birth size, growth rates, and age estimation. In: Journal of Mammalogy, 76/3, 1995, S. 769–783.