Mercedes-Benz M 120
Der Motorentyp M 120 ist ein Zwölfzylinder-V-Motor von Daimler-Benz und der erste serienmäßig produzierte Pkw-Zwölfzylinder der Marke Mercedes-Benz. Der Ottomotor mit 6 Litern Hubraum und Vierventiltechnik wurde von 1991 bis 1998 in den Limousinen und Coupés der Baureihen W 140/C 140 verwendet, später auch in der SL-Baureihe R 129.
Daimler-Benz | |
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Mercedes-Benz M 120 | |
M 120 | |
Produktionszeitraum: | 1991–1998 |
Hersteller: | Daimler-Benz |
Funktionsprinzip: | Otto |
Motorenbauform: | 60°-V12 |
Ventilsteuerung: | DOHC |
Hubraum: | 5987 cm3 |
Gemischaufbereitung: | Saugrohreinspritzung |
Motoraufladung: | Freisaugend |
Leistung: | 290–300 kW |
Max. Drehmoment: | 570–580 N·m |
Vorgängermodell: | keines |
Nachfolgemodell: | M 137 |
Der Motorentyp wurde 1999 für den Einsatz in der S-Klasse der Baureihe 220 (später auch in anderen Baureihen) vom etwas kleineren und leichteren M 137 abgelöst. Der M 120 wird außerdem in optimierter Form als M 297 in einigen Sportwagen und Luxuslimousinen verwendet, zum Beispiel im Pagani Zonda, dem Mercedes-Benz CLK GTR und dem Lotec Sirius. Das Mercedes-Benz-Versuchfahrzeug C 112 wurde mit dem M 120 bestückt und samt manuellem Sechsgang-Getriebe für Test- und Erprobungsfahrten genutzt.
Entstehung und Technik
Mitte der 1980er Jahre standen bei Daimler-Benz die Entwicklungsarbeiten für eine neue S-Klasse an, die 1991 vorgestellt werden sollte.
Im Marktsegment der Oberklasselimousinen hatte lediglich die britische Marke Jaguar ab 1972 im XJ Mk. I einen V12 im Angebot, ansonsten waren Zwölfzylindermotoren eine Domäne von Sportwagen-Herstellern wie Ferrari und Lamborghini.
Schon für die in Produktion stehende Baureihe 126 war außer den bewährten V8-Motoren M 117 auch ein Zwölfzylindermotor für einen projektierten „600 SEL“ entwickelt worden. Jedoch erschien es unklug, einen solch großen Motor im Nachklang der Ölkrise 1974 vorzustellen, und Daimler entschied, ihn nicht für die Serienproduktion freizugeben.
BMW stellte 1987 mit dem 750i der 7er-Reihe den ersten Zwölfzylindermotor in einem PKW der deutschen Nachkriegsgeschichte vor. Daimler-Benz entschied nun, es seinem schärfsten Konkurrenten gleichzutun und ebenfalls Personenkraftwagen mit Zwölfzylindermotor in sein Angebot aufzunehmen.[1]
1988 wurde der Leiter für Motorenkonstruktion Kurt Obländer beauftragt, einen Zwölfzylindermotor für die 1991 erscheinende neue S-Klasse Baureihe 140 zu entwickeln, der das bayerische Aggregat in Leistung und Hubraum bei weitem übertreffen und mindestens 294 kW (400 PS) entwickeln sollte. Zu dieser Zeit war bereits ein neuer 5,6-Liter-V8-Motor mit Vierventiltechnik und knapp 400 PS unter dem Code M117/9 fertig entwickelt, den die Tuning-Firma (und spätere Daimler-Tochter) AMG zunächst allein produzierte. Später wurden diese Aggregate zusammen mit Daimler-Benz in vereinfachtem Design hergestellt und für solvente Kunden in Coupés und Limousinen der Baureihe 126 eingebaut.
Zeitgleich hatte Obländer für das zunächst geplante Modell „800 SEL“ des W 140 einen Achtliter-V16 mit etwa 540 PS serienreif entwickelt, vor dessen Serieneinführung Daimler-Benz dann aber zurückschreckte, ähnlich wie vor der Einführung des V12-Motors in der Vorgängerbaureihe W 126.
Der mit der Baureihe W 140 eingeführte neue Sechsliter-V12 leistete 300 kW (408 PS). Dieser Motor war nicht nur der erste serienmäßig produzierte PKW-Zwölfzylinder von Mercedes-Benz, er war auch der bis dato leistungsstärkste Mercedes-Benz Pkw-Motor. Das maximale Drehmoment beträgt 580 Nm und überschreitet schon bei 1600/min die 500-Nm-Marke. Der V12 ist mit einer Nockenwellenverstellung der Einlassnnockenwellen sowie mit einer vollelektronischen Bosch-Einspritzanlage mit Hitzdraht-Luftmassenmesser (LH-Motronic) ausgerüstet.[2]
In der Motorenentwicklung stand die Minimierung der Schadstoffemissionen und des Kraftstoffverbrauches im Vordergrund. Die elektronische Zündung berechnet aus 300 Zündkennfeldern den optimalen Zündzeitpunkt, für jeden Zylinder einzeln und an die Klopfgrenze angepasst. Als einziger Zwölfzylinder weltweit hat der M 120 diese Zylinder-selektive Antiklopfregelung. Nur damit ist die für eine optimale Kraftstoffausnutzung erforderliche hohe Verdichtung von 10:1 möglich. Neuartig war das Motor- und Antriebsmanagement, bei dem alle Steuermodule über einen gemeinsamen Datenkanal (CAN-Bus) miteinander kommunizieren. Dies wird unter anderem zur schnellen Aufheizung der Katalysatoren nach dem Kaltstart des Motors benutzt, außerdem zur Antriebs-Schlupf-Regelung und zur neuen Motor-Schleppmoment-Regelung, die verhindert, dass ein Wagen auf glatter Fahrbahn infolge Gaswegnehmens ausbricht.
Die Abgasanlage des Motors beherbergt die weltweit größte Katalysator-Anlage für PKW. Sie wurde mit sieben Litern Volumen so dimensioniert, dass durch den Katalysator kein Kraftstoffmehrverbrauch auftritt und eine hohe Langzeitstabilität gewährleistet wird. Durch ein neuartiges Konzept doppelwandiger und dreischichtig gedämmter Auspuffkrümmer und ebenfalls doppelwandiger Zuleitungen erreichen die in einer wärmegedämmten Quellmatte eingebetteten Keramik-Katalysatoren in kurzer Zeit Betriebstemperatur.[3]
Nachdem öffentliche Kritik laut wurde, verzichtete Daimler-Benz im September 1992, drei Jahre nach Fertigstellung des M 120, auf die Gemischanreicherung bei Volllast, die mehr Benzin einspritzte, als zur Wandlung der Schadstoffe zulässig war. Der Hersteller modifizierte die Motorsteuerung, womit ein Leistungsverlust von 1/30 (3,33 %) bzw. 10 kW (14 PS) auf 290 kW (394 PS) und eine kleine Reduktion des Drehmoments auf 570 Nm einherging.
Serienfahrzeuge mit M 120
Ab 1991
- im 600 SE, (ab 06/1993 S 600) W 140
- im 600 SEL, (ab 06/1993 S 600 lang) V 140
Leistungssteigerungen
AMG entwickelte auf Basis des M 120 diverse Motoren mit 6,9, 7,0 und 7,3 Liter Hubraum, die u. a. im CLK-GTR, im SL 70 AMG und im SL 73 AMG eingesetzt wurden. Sie wurden auch im Sportwagen Pagani Zonda eingebaut. Diese Motoren werden als M 297 bezeichnet und leisten 488 kW beziehungsweise 478 kW.[4] Auch Tuningfirmen bearbeiteten den M 120. Von Brabus, Lorinser, Koenig-Specials, Renntech, Väth und Carlsson gab es den Zwölfzylinder mit Hubräumen zwischen 7,2 und 7,4 Litern. Sehr bekannt ist der Brabus 7.3S mit einer Leistung von 428 kW (582 PS). Die Leistungsbandbreite geht hin bis zum weniger bekannten Carlsson RS74 Le Mans mit bis zu 456 kW (620 PS). Das Drehmoment der verschiedenen Hubraumversionen reicht von 720 bis 850 Nm.[4]
Vom M 120 gibt es auch zwei aufwendige Umbauten zum Turbomotor. Die Lotec GmbH in Kolbermoor hat es bei den serienmäßigen sechs Litern Hubraum belassen, jedoch zwei Abgasturbolader (K 27) samt Ladeluftkühler eingebaut und den Motor im Lotec Sirius verbaut. Er entwickelt eine Leistung von 735 kW (999 PS). Er liefert ein maximales Drehmoment von 1100 Nm bei 0,85 bar Ladedruck. Mit kurzzeitig abrufbaren „Overboost“ (1,2 bar Ladedruck) sind es 883 kW (1.201 PS) und 1320 Nm.[4]
Eine weitere Version des M 120 mit Abgasturboaufladung kommt vom russischen Tuner A-Level. Dieser Motor leistet durch Biturboaufladung und auf 6,7 Liter vergrößertem Hubraum 616 kW (838 PS) und entwickelt 1182 Nm maximales Drehmoment. Dieser Motor wurde in einem S-Klasse-Coupé des C 140 verbaut. Der Lotec Sirius und das S 600 Coupé A-Level sind Einzelstücke.[4]
Größere Motoren als den M 120 C 74 von Carlsson (7414 cm³) wird man wohl in Zukunft in Deutschland für Pkw kaum noch entwickeln, da zunehmend die Diskussionen um CO2-Ausstoß, Benzinpreis, Kraftstoffverbrauch und alternative Antriebstechniken in den Vordergrund rücken. Seit ca. 2008 geht insbesondere bei der Daimler AG der Trend zum „Downsizing“ mit kleineren, leichteren und sparsameren Motoren, sodass seit Einführung der Baureihe 221 auch in der S-Klasse ein Vierzylinder-Dieselmotor angeboten wird.[4]
Daten
- Motor-Typ: M 120 E 60[2]
- Einbaulage im Fahrzeug: vorn, längs
- Zylinderzahl: 12
- Zylinderanordnung: V-Form
- Zylinderbankwinkel: 60°[2]
- Bohrung × Hub: 89,0 × 80,2 mm[2]
- Hubraum: 5987 cm³[2]
- Verdichtungsverhältnis: 10,0 : 1[2]
- Ventile je Zylinder, Anordnung: 4 (2 Einlass, 2 Auslass), v-förmig hängend[2]
- Ventilsteuerung: DOHC, je Zylinderbank zwei obenliegende Nockenwellen, Einlass-Nockenwellen verstellbar
- Nockenwellenantrieb: Duplex-Rollenkette[2]
- Zündung: elektronisch mit Kennfeldsteuerung
- Kühlung: Flüssigkeitskühlung, 18,5 l Kühlflüssigkeit
- Schmierung: Druckumlaufschmierung, 9,5 l Öl
- Gemischbildung: Saugrohreinspritzung mit Hitzdraht-Luftmassenmessung (Bosch LH-Jetronic); ab 09.1995 mit HFM (Motorsteuerung Bosch ME)[2]
- Leistung: 300 kW (408 PS) bei 5200/min; ab 09/1992: 290 kW (394 PS) bei 5200/min
- Drehmoment: 580 Nm bei 3800/min; ab 09/1992: 570 Nm bei 3800/min[2]
- Verbrauch:
Weblinks
- motor-car.net, Mercedes M 120 V12 engine (englisch)
Einzelnachweise
- focus.de vom 9. Mai 2015, Helmut Kohls dickste Karre, abgerufen am 29. September 2020.
- Öffentliches Konzernarchiv von Mercedes-Benz, S 600, Reiter Technische Daten, Motor, abgerufen am 28. September 2020.
- mb-w140.de, Menüpunkt Die Limousine, abgerufen am 29. September 2020.
- motor-car.net, Mercedes M 120 V12 engine, Abschnitt Peformance (englisch), abgerufen am 29. September 2020.
- Classic Driver vom 8. Januar 2009: „Mercedes-Benz S-Klasse W140“, abrufbar am 30. September 2020.
- Öffentliches Konzernarchiv von Mercedes-Benz, S 600, Reiter Getriebe & Fahrleistungen (dort Reiter für 5-Gang-Automatik), abgerufen am 28. September 2020.