Mary-Claire King
Mary-Claire King (* 27. Februar 1946 in Evanston, Illinois) ist eine US-amerikanische Genetikerin. Sie ist bekannt für die Entdeckung der Brustkrebs-Gene und für den Vergleich des Erbguts von Schimpanse und Mensch. Außerdem machte sie sich in der forensischen Genetik einen Namen.
Leben und Wirken
King studierte zunächst Mathematik am Carleton College (Bachelor 1966) und dann Genetik an der University of California, Berkeley, wo sie 1973 bei Allan Wilson promoviert wurde. In ihrer Dissertation[1] zeigte sie, dass das Erbmaterial von Schimpansen und Menschen zu 99 Prozent identisch ist, was damals überraschend war. Ab 1974 war sie Assistant Professor an der University of California, San Francisco, und wurde dann 1976 Assistant Professor und 1980 Associate Professor für Genetik und Epidemiologie in Berkeley. Seit 1995 ist sie Professorin an der University of Washington (American Cancer Society Research Professor).[2]
King zeigte mit Kollegen 1990, dass ein einziges Gen, BRCA1 auf Chromosom 17, für viele Brustkrebs- und Eierstockkrebserkrankungen verantwortlich war.[3] Etwa 5–10 % der Brustkrebserkrankungen sind genetisch bedingt und etwa die Hälfte weist Mutationen in BRCA1 oder 2 auf. Diese Entdeckung änderte auch die Rolle der Genetik in der Medizin über das Studium seltener Erbkrankheiten hinaus, da wider Erwarten ein einzelnes Gen eine wesentliche Rolle bei einer häufigen, gewöhnlich auf viele Faktoren (genetische und Umweltfaktoren) zurückgeführten Krankheit spielte. Im Wettlauf um die Klonierung des BRCA1-Gens wurde sie von der Gruppe von Mark Skolnick an der University of Utah geschlagen. Später war sie an der Erforschung der Rolle des BRCA2-Gens beteiligt. Sie suchte auch nach Genen für andere Erkrankungen, zum Beispiel für genetisch bedingte Taubheit, und arbeitete dabei mit israelischen Wissenschaftlern zusammen (genetisch bedingte Taubheit ist bei Arabern in Palästina verbreitet).
Sie war am Human Genome Diversity Project beteiligt und an genetischer Erforschung der Menschheitsgeschichte interessiert.[4]
King ist für Menschenrechts-Organisationen aktiv in der forensischen Genetik, zuerst 1984 in Argentinien im Auftrag der Großmütter der Plaza de Mayo (Abuelas de la Plaza de Mayo) für Opfer des Militärregimes, für die sie vom Regime verschleppte Kinder identifizierte. Sie benutzte dazu mitochondrische DNA und Gene für Leukozyt-Serotypen aus den Zähnen. Es hat sich gezeigt, dass Zähne eine gute Möglichkeit bieten, Proben von Opfern zu nehmen, um aus deren Innerem unter Laborbedingungen eine erfolgreiche DNA-Analyse durchzuführen.[5] King arbeitete in der Folge mit ihrem Labor auch für Amnesty International, das UN-Kriegsverbrechertribunal und auch für die US Army zum Beispiel an Fällen auf dem Balkan, in Ruanda und El Salvador.
King war schon früh politisch aktiv. Sie nahm in ihrer College-Zeit an Anti-Vietnamkriegs-Protesten teil, unterrichtete als Gastprofessorin während der Zeit des Militärputsches in Santiago de Chile und untersuchte während ihrer Studentenzeit für Ralph Nader die Auswirkung von Pestiziden auf Landarbeiter.
Sie heiratete 1973, ist geschieden und hat eine Tochter.
Auszeichnungen und Mitgliedschaften
2006 erhielt King den A.H.-Heineken-Preis für Medizin. Sie ist mehrfache Ehrendoktorin (unter anderem Harvard University, Löwen, Dartmouth College). Seit 2005 ist sie Mitglied der National Academy of Sciences, sie ist Mitglied der American Association for the Advancement of Science und des Institute of Medicine. Sie erhielt den Clowes Award for Basic Research der American Association for Cancer Research (1994) und den Jill Rose Award der Breast Cancer Research Foundation. 1999 wurde sie in die American Academy of Arts and Sciences und 2012 in die American Philosophical Society[6] gewählt. 2006 erhielt sie den Weizmann Woman and Science Award und den Gruber-Preis für Genetik, 2010 den Pearl Meister Greengard Prize. 2013 erhielt sie den Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis, 2014 den Lasker~Koshland Special Achievement Award in Medical Science. 2016 wurde sie mit der National Medal of Science und dem Szent-Györgyi Prize ausgezeichnet. 2018 erhielt sie den Dan-David-Preis, den Shaw Prize in Medizin, den Prinz-Mahidol-Preis und die Benjamin Franklin Medal der American Philosophical Society. Für 2020 wurde King der William Allan Award der American Society of Human Genetics zugesprochen. 2021 wurde sie mit dem Canada Gairdner International Award ausgezeichnet.[7]
Schriften
- P. L. Welsch, K. Owens, M.-C. King: Insights into the function of BRCA1 and BRCA2. In: Trends in Genetics. Band 16, 2000, S. 69–74.
- P. Welsch, M.-C. King: BRCA1 and BRCA2 and the genetics of breast and ovarian cancer. In: Hum. Mol. Genet. Band 10, 2001, S. 705–713.
Weblinks
Einzelnachweise
- Protein polymorphisms in chimpanzee and human evolution
- Die Abteilung Molekularbiologie konnte dort Anfang der 1990er Jahre dank Spenden von Microsoft-Gründer Bill Gates erheblich ausgebaut werden.
- J. M. Hall, M. K. Lee, B. Newman, J. E. Morrow, L. A. Anderson, B. Huey, M. C. King: Linkage of early-onset familial breast cancer to chromosome 17q21. In: Science. Band 250, 1990, S. 1684–1689.
- K. M. Owens, M.-C. King: Genomic views of human history. Science, Band 286, 1999, S. 451–453, Abstract
- S. Gebhard: DNA-analytische Untersuchungen an frischen und gelagerten Zähnen. Dissertation. 2009.
- Member History: Mary-Claire King. American Philosophical Society, abgerufen am 24. Oktober 2018 (englisch, mit biographischen Informationen).
- Canada Gairdner International Award 2021