Martin Lee (Politiker)
Martin Lee Chu-ming (chinesisch 李柱銘 / 李柱铭, Pinyin Lǐ Zhùmíng, Jyutping Lei5 Cyu5ming4*5, kantonesisch Lee Chu-ming}, * 8. Juni 1938 in Hongkong) ist ein Hongkonger Politiker und Rechtsanwalt. Er ist der Gründungsvorsitzende der United Democrats of Hong Kong und deren Nachfolgerpartei, der Democratic Party, der größten Partei im Pro-Demokratie-Lager in Hongkong. Von 1985 bis 1997 und von 1998 bis 2008 war er Mitglied des Legislativrates von Hongkong. Er wird von seinen Anhängern oft als „Vater der Demokratie“ in Hongkong bezeichnet und gilt als einer der bekanntesten Verfechter für die Stärkung der Demokratie und der Menschenrechte in Hongkong und China.[1]
Werdegang
Martin Lee besuchte das Wah Yan College in Kowloon und studierte anschließend Englische Literatur und Philosophie an der Universität Hongkong. Nach seinem Abschluss im Jahr 1960 unterrichtete Lee drei Jahre lang, bevor er in das Vereinigte Königreich ging, um am Lincoln’s Inn Rechtswissenschaften zu studieren. Er wurde als Anwalt zugelassen und begann 1966 in Hongkong als solcher zu arbeiten. Während der Unruhen in Hongkong 1967 verteidigte er die Hong Kong Federation of Trade Unions. 1979 wurde er zum Queen’s Counsel ernannt. Von 1980 bis 1983 war er Vorsitzender der „Hongkonger Rechtsanwaltvereinigung“ – Hong Kong Bar Association.[2] Ab Oktober 1985 bis August 1991 vertrat er den funktionalen Wahlkreis des Rechtswesens im Hongkonger Legislativrat und ab Oktober 1991 bis Juni 1997 den Wahlkreis Hong Kong Island East. Von Juli 1998 bis September 2008 vertrat Lee schließlich den Wahlkreis Hong Kong Island. 1990 avancierte er zum Gründungsvorsitzenden der Partei United Democrats of Hong Kong, welche vier Jahre später in der Democratic Party aufging.
Ursprünglich sprach sich Lee für die Übergabe Hongkongs an die Volksrepublik China aus, wurde jedoch schnell besorgt darüber, dass China sich nicht an Vereinbarungen halten und Hongkongs Rechte Schritt für Schritt aushöhlen würde. Vor der Übergabe Hongkongs reiste Lee durch Europa und die Vereinigten Staaten, um seiner Sorge Ausdruck zu verleihen. Er traf sich dabei unter anderem mit Madeleine Albright und Bill Clinton.[3] Lee traf sich ebenso mit Präsident Bill Clinton, als dieser 1998 Hongkong besuchte.[4]
2003 gehörte Lee zu den Gegnern des Sicherheitsgesetzes,[5] welchem die Implementierung des Artikel 23 des Hongkonger Basic Laws vorausgegangen wäre. Dieser hätte Verrat und Volksverhetzung verboten und den Hongkonger Behörden die Befugnis verliehen, auf dem chinesischen Festland verbotene Gruppierungen auch in Hongkong zu verbieten.[6] Im Zuge dieses Streitpunktes kam es in Hongkong zu großem Protest.[7] Während der Proteste in Hongkong 2014 wurde Lee am letzten Tag verhaftet.[8]
2019 flammten die Proteste erneut auf wegen allgemeiner Unzufriedenheit mit der Hongkonger Regierung und die Furcht vor weiterer Einschränkungen der demokratischen Rechte in Hongkong, dessen Kristallisationspunkt die Gesetzgebung zur Straftäterübergabe darstellt, aufgrund eines Beziehungsmords an der Hongkonger Bürgerin Amber Poon (潘曉穎, 1997–2018)[9] durch den mutmaßlichen Täter und Hongkonger Bürger Tony Chan (陳同佳, * 1998)[10] in Februar 2018 in Taipeh.[11][12][13][14][15] 2019 kämpfte auch Martin Lee bei Demonstrationen für die demokratische Rechte in Hongkong und wurde dafür im April 2020 verhaftet. Ihm wird vorgeworfen sich mit 13 weiteren Personen an der Organisation von illegalen Protesten beteiligt zu haben.[16]
Weblinks
- Offizielle Website von Martin Lee (chinesisch, englisch)
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Ling Woo Liu: Hong Kong's "Father of Democracy" to Retire. In: Time. 21. April 2008, ISSN 0040-781X (time.com [abgerufen am 26. November 2019]).
- Martin Lee's Website. In: martinlee.org.hk. Abgerufen am 26. November 2019 (chinesisch, englisch).
- Nancy Yoshihara: Martin Lee. In: latimes.com. Los Angeles Times, 4. Mai 1997, abgerufen am 26. November 2019 (amerikanisches Englisch).
- PRESS RELEASE 3/7/1998 – Democratic Party Chairman Martin Lee Sits Down With US President Bill Clinton. In: martinlee.org.hk. Abgerufen am 26. November 2019 (englisch).
- Ravina Shamdasani: We will bad-mouth Article 23 but not HK, says Martin Lee. In: scmp.com. South China Morning Post, 30. Mai 2003, archiviert vom Original am 24. Juni 2016; abgerufen am 26. November 2019 (englisch).
- Hong Kong's controversial 'Iron Lady'. 30. Dezember 2016 (bbc.com [abgerufen am 26. November 2019]).
- Hongkong: Hunderttausende protestieren gegen Artikel 23. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 26. November 2019]).
- Hong Kong's democracy protest camp falls: leading protesters arrested. In: fortune.com. Abgerufen am 26. November 2019 (englisch).
- Amber Poon (chinesisch 潘曉穎 / 潘晓颖, Pinyin Pān Xiǎoyǐng, Jyutping Pun1 Hiu2wing6, kantonesisch Poon Hiu-wing), Mordopfer einer Beziehungstat in Taipeh.
- Tony Chan (陳同佳 / 陈同佳, Chén Tóngjiā, Jyutping Can4 Tung4gaai1, kantonesisch Chan Tong-kai), mutmaßlicher Mörder von Amber Poon. Anklage und Gerichtsverhandlung des Falls in Zusammenhang mit dem Tod von Amber Poon steht noch aus, aufgrund juristischer und politischer Uneinigkeit zwischen der Regierung von Taiwan und Hongkong. (Stand Oktober 2021)
- Daniel Victor, Tiffany May: The Murder Case That Lit the Fuse in Hong Kong. In: nytimes.com. The New York Times, 15. Juni 2019, archiviert vom Original am 31. Dezember 2019; abgerufen am 30. Juni 2021 (chinesisch, englisch).
- Ralph Jennings: How an obscure Taiwan murder case led to Hong Kong’s mega-protests. In: latimes.com. Los Angeles Times, 19. Juni 2019, archiviert vom Original am 31. Dezember 2019; abgerufen am 30. Juni 2021 (englisch).
- Cindy Sui: The murder behind the Hong Kong protests: A case where no-one wants the killer. In: bbc.com. BBC News, 23. Oktober 2019, archiviert vom Original am 5. Dezember 2019; abgerufen am 30. Juni 2021 (englisch).
- Matthias Müller: Der eigentliche Auslöser der Proteste in Hongkong ist wieder auf freiem Fuss. In: nzz.ch. Neue Zürcher Zeitung, 23. Oktober 2019, archiviert vom Original am 24. Oktober 2019; abgerufen am 30. Juni 2021.
- Der Mann, dessen Fall die Hongkong-Proteste auslöste, ist frei. In: derstandard.de. Der Standard, 23. Oktober 2019, archiviert vom Original am 4. Dezember 2019; abgerufen am 30. Juni 2021.
- Festnahme von Aktivisten: Polizei in Hongkong geht gegen Demokratiebewegung vor. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 22. April 2020]).