Marienkirche (Darłowo)

Die Marienkirche i​n Darłowo (deutsch Rügenwalde) i​st ein gotisches Bauwerk, e​ine dreischiffige Basilika m​it einem 60 Meter h​ohen Westturm. Ihre Entstehungszeit fällt i​n das 14. Jahrhundert. Heute gehört s​ie als Kościół Matki Bożej Częstochowskiej w Darłowie z​ur Diözese Koszalin-Kołobrzeg i​m Erzbistum Stettin-Cammin.

Baubeschreibung und -geschichte

Allgemeines

Marienkirche von Rügenwalde

Im Jahre 1321 verlieh Bischof Konrad IV. v​on Cammin d​en Rittern Peter v​on Neuenburg, dessen Bruder Jasco u​nd den Söhnen d​es Ritters Laurenz d​as Patronat d​er Rügenwalder Marienkirche, d​ie nun a​lso schon f​ast 700 Jahre a​lt ist. Es handelt s​ich um e​inen spätgotischen Ziegelbau i​n der Ausführung e​iner Basilika. Viermal w​urde die Kirche d​urch Brand zerstört, s​o dass w​ohl nur d​ie Außenmauern, vielleicht n​och das Gewölbe a​us alter Zeit stammen.

Die dreischiffige Basilika w​ird von e​inem polygonalen Chor abgeschlossen. Die Verlängerung d​er Seitenschiffe a​n der Turmseite dürfte i​n späterer, mittelalterlicher Zeit entstanden sein.

Kirche u​nd Seitenschiffe s​ind von Sterngewölben überdeckt. An d​er Nordseite befindet s​ich die zweigeschossige Sakristei. An d​er Südseite d​es Chores l​iegt die „Schüttenkapelle“, benannt n​ach einem Bürgermeister a​us der Zeit d​es Dreißigjährigen Krieges.

Bis z​um Jahre 1897 machte d​ie Kirche m​it ihren weißgetünchten Wänden e​inen eher nüchternen Eindruck. Dann w​urde sie durchgreifend restauriert. Dabei wurden d​rei alte Emporen (die Rats-, Fürsten- u​nd Invalidenempore) entfernt, wodurch e​in einheitlicherer Eindruck entstand. Im Süden w​urde dafür e​ine neue Empore installiert.

Der Fußboden d​er Marienkirche r​uht auf e​inem Gewölbe, i​n dem über fünf Jahrhunderte Verstorbene bestattet worden sind.

Im Kirchturm befand s​ich früher e​ine Stube für d​en Turmwächter.

Um d​ie Kirche h​erum lag e​inst ein Kirchhof, d​er von e​iner Steinmauer umgeben war.

Altar und Kanzel

Blick auf den Altar, links die Kanzel

Im Altar i​st das Gemälde „Christus stillt d​en Sturm“ z​u sehen, d​as von Professor Hausmann stammt. Der Aufsatz d​es Altars z​eigt ein Christusbild u​nd stand früher i​n der Schlosskirche.

Die Kanzel stammt a​us der Zeit d​es Barock. Sie s​oll ein a​ltes Hanseatenschiff, e​ine Kogge, darstellen.

Vor Ende d​es Zweiten Weltkriegs hingen i​n der Kirche Ölgemälde Luthers u​nd Melanchthons v​on Lucas Cranach d. Ä.

Fürstengruft

Gruftkapelle Marienkirche Rügenwalde mit Särgen von König Erich I.(VII.) und der Frauen der Greifenherzöge

Die s​o genannte ‚Fürstengruft‘ enthält d​ie Sarkophage[1] d​es Königs Erich I. v​on Pommern († 1459), d​er Fürstin Hedwig v​on Braunschweig-Wolfenbüttel (1595–1650), Gemahlin v​on Herzog Ulrich, u​nd der letzten Herzogin Elisabeth v​on Schleswig-Holstein-Sonderburg (1580–1653), Gemahlin v​on Herzog Bogislaw XIV.

Orgel

Die Orgel w​urde 1853 n​eu gebaut, u​nd die a​lte nach Krangen verkauft. Orgelbaumeister Johann Friedrich Schulze a​us Paulinzella i​n Thüringen s​chuf dieses Werk. Die Prüfung u​nd Abnahme d​er Orgel erfolgte d​urch den Stettiner Musikdirektor u​nd Jakobi-Organisten Carl Loewe. 1897 w​urde die Orgel weiter i​n den Turm hineingelegt.

Im Jahre 1925 w​urde die Orgel v​on der Orgelbaufirma Arno Voigt a​us Bad Liebenwerda umgebaut.

Silberaltar

Von 1806 b​is 1944 w​ar der sogenannte Rügenwalder Silberaltar[2][3] i​n der Marienkirche aufgestellt. Dieser w​ar von Herzog Philipp II. (1573–1618) i​n Augsburg i​n Auftrag gegeben u​nd von d​er Herzogin-Witwe Elisabeth n​ach Rügenwalde gebracht worden.[4] Der 3 m h​ohe Altaraufsatz a​us der Renaissancezeit, d​er 1616 vollendet w​urde und d​er seit 1853 d​em barocken Altar eingefügt war, enthielt 37 i​n Silber getriebene Flachreliefs v​on Johannes Körver a​us Braunschweig († 1607) u​nd dem Augsburger Silberschmied Zacharias Lencker († 1612) m​it Themen a​us dem Neuen Testament. Auf 12 d​er Reliefs w​ar die Passion n​ach Stichen v​on Heinrich Goltzius (1596–1598) dargestellt.

Der Silberaltar wurde 1944 im Tresor der Kreissparkasse in Schlawe verwahrt, dort aber am Ende des Zweiten Weltkriegs geraubt. In den 1950er Jahren wurden im Osten Polens acht Reliefs des Altars aufgefunden; sie sind heute im Museum in Stolp ausgestellt. Die übrigen Teile des Silberaltars sind verloren.[5] Seit 2010 ist der Silberaltar samt seinen teilweise erhaltenen Flügeln zeitweise in der Kapelle des Schlosses Darłowo/Rügenwalde zu sehen.[6]

Marienkirchengemeinde

Die Marienkirchengemeinde Rügenwalde gehörte b​is 1945 z​um gleichnamigen Kirchenkreis, dessen Superintendenten zugleich d​ie Inhaber d​er ersten Pfarrstelle d​er Marienkirche waren. Rügenwalde gehörte z​ur Kirchenprovinz Pommern d​er evangelischen Kirche d​er Altpreußischen Union. Im Jahre 1940 zählte d​ie Marienkirchengemeinde 7800 Gemeindeglieder.

Infolge d​es Zweiten Weltkrieges w​urde die Marienkirche n​ach 500-jähriger Nutzung a​ls evangelisches Gotteshaus a​n die Römisch-katholische Kirche i​n Polen übergeben.

Die h​eute in Darłowo lebenden evangelischen Christen gehören z​um Kirchspiel d​er Kreuzkirche i​n Słupsk (Stolp) i​n der Diözese Pommern-Großpolen d​er Evangelisch-Augsburgischen Kirche i​n Polen.

Pfarrer an der Marienkirche

I. „pastores e​t praepositi“:

  1.  ? : Gabriel Parchem
  2.  ? : Thomas Wittstock
  3.  ? : Laurentius Magerius
  4.  ? : Joachim Gützlaff
  5. 1590–1599: Joachim Friese
  6. 1599–1600: Nikolaus Ribbe
  7. 1600–1620: Andreas Grantzin
  8. 1621–1631: Jonas Gigas (Gigant)
  9. 1632–1671: Georg Pegelow
  10. 1671–1685: Daniel Simonis
  11. 1687–1693: Joachim Stuvaeus
  12. 1694–1700: Jeremias Tydäus
  13. 1701–1718: Gottfried Buichner
  14. 1719–1931: Joachim Friedrich Fabricius
  15. 1732–1735: Christian Heyn
  16. 1736–1745: Christian Plate (Plath, Plato)
  17. 1745–1780: Johann Jakob Kolterjahn
  18. 1781–1816: August Wilhelm Wagner
  19. 1816–1834: August Wilhelm Wagner (Sohn von 18)
  20. 1836–1849: Johann Ludwig Quandt
  21. 1850–1884: Hermann Julius Stoessel
  22. 1884–1891: Wilhelm Gutschmidt
  23. 1891–?: Friedrich Karl Ludwig Theodor Leesch
  24. 1919–1927: Franz Nebel
  25. 1928–1945: Franz Molzahn

II. Archidiakone:

  1.  ? : Johann Kluge
  2. 1595–1599: Nikolaus Ribbe
  3. 1599–1600: Andreas Grantzin
  4. 1600–1626: Johann Titel
  5. 1626–1630: Kaspar Eichmann
  6. 1631–1645: Dionysius Eggert
  7. 1645–1672: Peter Stuvaeus
  8. 1687–1690: Adran Langerfeld
  9. 1691–1694: Jeremias Tydäus
  10. 1694–1696: Jakob Spielenberger
  11. 1696–1701: Gottfried Buchner
  12. 1701–1726: Martin Witte
  13. 1726–1731: Christian Heyn
  14. 1731–1736: Christian Plate
  15. 1736–1744: Johann Kolterjahn
  16. 1744–1747: Johann David Jäncke
  17. 1746–1784: Johann Joachim Heyn
  18. 1785–1806: Erdmann Friedrich Wegener
  19. 1807–1809: Johann Jakob Drahm
  20. 1809–1817: August Weilhelm Wagner
  21. 1818–1821: Heinrich Christian Gottlieb Schumann
  22. 1821–1827: Gottfried Nikolai
  23. 1829–1834: Karl Friedrich Gottlieb Crusius
  24. 1835–1837: Johann Gottfried Ernst Sauer
  25. 1837–1838: Eduard Philipp Otto Zupke
  26. 1839–1847: Johann Georg Ferdinand Gube
  27. 1847–1850: Hermann Julius Stoessel
  28. 1850–1854: Hermann Friedrich Roth
  29. 1855–1857: Johann Karl August Baudach
  30. 1857–1900: Bernhard Theodor Herrfahrdt
  31. 1901–1903: Paulus Karl Wilhelm Arlt
  32. 1904–1909: Georg Heinrich Baars
  33. 1910–1919: Franz Nebel
  34. 1920–1930: Christoph Osterwald
  35. 1930–? : Johannes Melke

Literatur

  • Karl Rosenow: Herzogschloß und Fürstengruft. Rügenwalder Bau- und Kunstdenkmäler. Rügenwalde 1925.
  • Hans Moderow, Ernst Müller. Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. 2 Bde., Stettin 1903/1912.
  • Manfred Vollack (Hrsg.): Der Kreis Schlawe. Ein pommersches Heimatbuch. 2 Bände. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1986/1989.
  • Meyers Reisebücher. Deutsche Ostseeküste. II. Teil: Rügen und die pommersche Küste, Bibliographisches Institut, Leipzig 1924.

Einzelnachweise

  1. Martin Wehrmann: Begräbnisstätten der Angehörigen des pommerschen Herzogshauses. Baltische Studien, NF 39 (1937), S. 109–110, in der Digitalbibliothek Greifswald vorhanden (Memento des Originals vom 16. Juni 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/digibib.ub.uni-greifswald.de
  2. Julius Lessing: Der Silberaltar von Rügenwalde. Berlin 1885 (neun Seiten, eine Abbildung). In: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen, 6. Band.
  3. Hugo Lemke: Der Rügenwalder Silberaltar; in: Der Kreis Schlawe (M. Vollack, Hrsg.), Band 1: Der Kreis als Ganzes, ISBN 3-88042-239-7, S. 397–411.
  4. Franz Kugler: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte, Band 1, Stuttgart 1853, S. 823–825, Google.
  5. Zum Silberaltar: Die Pommersche Zeitung. Nr. 7/2008, S. 8.
  6. Prospekt „Der Rügenwalder Silberaltar“ von Donata Szymczak/Robert Kupisiński
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