Marie Louise Fischer
Marie Louise Fischer (* 28. Oktober 1922 in Düsseldorf; † 2. April 2005 in Prien am Chiemsee; Pseudonyme: A. G. Miller, Dr. Christoph Vollmer, Kirsten Lindstroem, Katja Holm) war eine deutsche Schriftstellerin.
Frühe Jahre
Marie Louise Fischer war das jüngste von drei Kindern des Kaufmanns Friedrich Georg Fischer und seiner Ehefrau Marie, geb. Notemann. Nach dem Abitur studierte sie Germanistik, Theaterwissenschaft, Psychologie und Kunstgeschichte und arbeitete als Dramaturgin und Lektorin bei der Prag-Film im Protektorat Böhmen und Mähren. Da sie Prag nicht mehr rechtzeitig verlassen konnte, wurde sie 1945 interniert und musste in der Tschechoslowakei über eineinhalb Jahre in der Landwirtschaft Zwangsarbeit leisten. Ursprünglich wollte sie Komponistin werden.[1]
Karriere
1953 erschien Fischers erster Kriminalroman Zerfetzte Segel, der zu einem Bestseller wurde. Zuletzt erschien der „Lady-Krimi“ 2000 im „Neuen Kaiser Verlag“, Klagenfurt. Schon in Zerfetzte Segel zeigte sich das übliche Handlungsschema der Autorin: Ihre Romane spielen im Milieu der gehobenen Schicht; dort wird viel geraucht und Whisky oder Cognac getrunken, und dank der einfühlsamen Protagonistin lösen sich alle Konflikte am Ende auf. Ihrer ersten Publikation folgten in rascher Folge zahlreiche erfolgreiche Romane, die teilweise zunächst als Fortsetzungen in diversen Zeitungen und Illustrierten (z. B. Quick, Revue, Bunte, Das Goldene Blatt) erschienen.
Gemeinsam mit Hans Gustl Kernmayr, den sie im April 1956 heiratete, verfasste Fischer auch Sachbücher. In der Jugendzeitschrift Bravo nahm sie von 1964 bis 1969 (unter den Pseudonymen Dr. Christoph Vollmer und Kirstin Lindstroem) Stellung zu Liebesproblemen. Ihre Ratschläge entsprachen den Wertmaßstäben und dabei auch den homophoben Vorurteilen[2] der damaligen Zeit. So erklärte beispielsweise „Dr. Vollmer“ den Jungen, dass Homosexualität durch Injizieren von männlichen Hormonen heilbar und gleichgeschlechtliche Liebe ein Fall für den Psychiater sei. Lesbischen Mädchen wurde vorgeschlagen, ihre tiefe unbewusste Angst vor Männern einfach zu überwinden.[3]
Für die genannte Jugendzeitschrift verfasste Marie Louise Fischer (auch unter dem Pseudonym Katja Holm und oft in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Hans Gustl Kernmayr) zudem Fortsetzungsromane wie „Wildes Blut“, „Hotelsekretärin Julia“, „Ein Herz für mich allein“, „Mädchen ohne Abitur“, „Ein Mädchen wie Angelika“, „Die unruhigen Mädchen“ oder „Küsse deinen Mörder nicht“.[4]
Romane
Fischer veröffentlichte über 100 Romane – vorwiegend Liebesromane, aber auch Kriminalromane, historische Romane und Arztromane –, die in bis zu 23 Sprachen übersetzt wurden. Allein in Deutschland wurden mehr als 70 Millionen ihrer Bücher verkauft. Manche Romane dienten als Vorlage für Fernsehfilme (z. B. Das Schicksal der Lilian H. und Alarm auf Station 2). Ferner publizierte sie ca. 75 Kinder-/Jugendbücher (im Schneider-Verlag, München), hauptsächlich Mädchenbücher. Innerhalb des Genres Mädchenbuch schrieb Marie Louise Fischer sowohl Einzel- als auch Fortsetzungsbände, wobei sich die letztgenannte Form großer Beliebtheit erfreute:
- Die Lenkungsfunktion der seriellen Fabrikation liegt darin, dass die „typischen weiblichen Unarten“, wie beispielsweise Arroganz, Kritiksucht, Überheblichkeit und Unzufriedenheit, die genüsslich ausgebreitet werden, mit dem Ziel eines braven, anpassungsfähigen und gutartigen Mädchentypus bekämpft werden: Peu à peu entwickelt sich im Laufe der Erzählung das ungebärdete und ungestüme junge Mädchen zu einem sittsamen jungen Teenager.[5]
Wie sich die Schriftstellerin das Benehmen von jungen Mädchen (und auch Jungen) wünscht, ist an ihrer Publikation Jung und liebenswert. Ein fröhlicher Knigge für junge Leute (1970) ablesbar. Für die Illustrierung des Deckelbildes war Binette Schroeder verantwortlich. In dieser Publikation gibt die Autorin Ratschläge zu Fragen der Kosmetik und Körperpflege, zum Verhalten im Theater, im Kino oder auf dem Campingplatz, zu Tischsitten, Kleidung usw. So rät sie:
- Eingehakt sollten ein Junge und ein Mädchen nie miteinander gehen, auch wenn sie noch so sehr befreundet sind; selbst dann nicht, wenn es sich um Bruder und Schwester handelt. Es sieht albern aus. Gehen zwei Jungen miteinander eingehakt, so wirkt das noch komischer. Eingehakt gehen ist nur üblich für Verlobte, Verheiratete, für zwei Damen oder zwei Mädchen, für Mutter und Tochter.[6]
Marie Louise Fischer störte sich nie an dem Vorwurf der Kritik, sie schreibe Trivialliteratur. Sie hielt dagegen:
- Ich bin eine Unterhaltungsschriftstellerin und habe keine großen Aussagen zu machen. Ich möchte auch nicht das Bewußtsein der Menschen verändern.[7]
Tod
Im Alter von 80 Jahren entschloss sich die Schriftstellerin, das Schreiben aufzugeben. Sie starb am 2. April 2005 im Alter von 82 Jahren in Prien am Chiemsee.
Werke (Auswahl)
Romane
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Sachbücher
(unter dem Pseudonym A. G. Miller zusammen mit H. G. Kernmayr)
- Sonne, Mond und Sterne (1957)
- Und sie bewegt sich doch! (1961)
Ratgeber
- Glücklich verheiratet, ein Leben lang (1970)
- Frauen heute – die Lüge vom schwachen Geschlecht (1973)
Kinder- und Jugendbücher
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Von den Reihen erschienen später auch Sammelbände.
Literatur
- Liselotte Denk (Hrsg.): Auf der Suche nach Morgen. Begegnungen mit Prominenten. Goldmann, München 1981, ISBN 3-442-06360-4.
- Liselotte Denk (Hrsg.): Marie Louise Fischer – Die Autorin und ihr Werk – Information, Zeugnis, Kritik. Goldmann, München 1982, ISBN 3-442-06562-3.
- Hans Gustl Kernmayr: So alt wie dieses Jahrhundert. Gütersloh o. J.
- Manfred Berger: Marie Louise Fischer. In: K. Franz, G. Lange, F.-J. Payrhuber (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon. Meitingen 1995–2006, 27. Erg.-Lfg. Juni 2006.
- Manfred Berger: Recherchen zu Dr. Christoph Vollmer und Dr. Kirsten Lindstroem. In: Archiv der Jugendkulturen e. V. (Hrsg.): 50 Jahre Bravo. Berlin 2006, S. 103 ff.
- Manfred Berger: Hans (Johann) Gustl (Gustav) Kernmayr. In: K. Franz, G. Lange, F.-J. Payrhuber (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon. Meitingen 2007, 30. Erg.-Lfg. Mai 2007, S. 1 ff.
Weblinks
- http://www.marielouisefischer.de/ (offizielle Autorenhomepage von Marie Louise Fischer)
- Literatur von und über Marie Louise Fischer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Erika Steinhausen: Art. Marie-Louise Fischer (1922–2005), Schriftstellerin im Online-Portal Rheinische Geschichte, veröffentlicht am 30. September 2010
Einzelnachweise
- vgl. Denk 1982
- Der Tagesspiegel: Schwule und Lesben: Termin bei Doktor Sommer, 15. Juni 2012
- vgl. Berger 2006, S. 6
- vgl. Berger 2006, S. 6 ff.
- Berger 2006, S. 11
- Fischer 1970, S. 120
- zit. n. Denk 1981, S. 207