Marie-Elisabeth-Lüders-Haus
Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH) befindet sich im Regierungsviertel von Berlin zwischen Adele-Schreiber-Krieger-Straße und Schiffbauerdamm. Es wurde nach fünfjähriger Bauzeit am 10. Dezember 2003 als dritter Parlamentsneubau an der Spree eingeweiht. Der Architekt war Stephan Braunfels. Seit dem Jahr 2010 wird ein Erweiterungsbau dieses Hauses errichtet, dessen Fertigstellung wegen verschiedener Bauprobleme erst im Jahr 2021 erfolgen soll (Stand: Mai 2020).
Marie-Elisabeth-Lüders-Haus | |
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Ansicht von Westen | |
Daten | |
Ort | Berlin-Mitte |
Architekt | Stephan Braunfels |
Bauherr | Deutscher Bundestag |
Baujahr | 1998–2003 |
Koordinaten | 52° 31′ 13″ N, 13° 22′ 40″ O |
Geschichte
Namensgebung
Seinen Namen trägt das Gebäude zu Ehren der liberalen Sozialpolitikerin und Vertreterin der Frauenbewegung in Deutschland, Marie-Elisabeth Lüders. Für die Bauarbeiten ab 1998 musste der Gedenkort Parlament der Bäume verkleinert werden. Eine öffentlich zugängliche Installation aus Segmenten der Berliner Mauer wie im Parlament der Bäume wurde in dem Gebäude errichtet. Die Segmente stehen auf dem ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer. Die feierliche Schlüsselübergabe erfolgte im Dezember 2003.[1]
Allgemeines
Am 9. November 2010 erfolgte der erste Spatenstich für einen Erweiterungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses. Der Bau mit dem Arbeitsnamen Marie-Elisabeth-Lüders-Haus II soll die bestehende Struktur, speziell das Band des Bundes an dessen östlichem Ende vollenden und bis an die Luisenstraße fortführen. Damit entstehen weitere 44.000 m² Nutzfläche. Erste Planungen sahen vor, den Neubau bis zum Jahr 2012 bei veranschlagten Kosten von 190 Millionen Euro fertigzustellen. Architekt ist – wie bereits beim 2003 fertiggestellten Ursprungsbau – Stephan Braunfels.[2][3] Der Ergänzungsbau enthält einen großen runden Plenarsaal und in zwei Lichthöfen sind Kunstinstallationen enthalten (teilweise bereits fertig).
Bauverzögerungen und Mehrkosten beim Erweiterungsbau
Als noch 2012 erste grobe Baufehler entdeckt wurden, war deren Behebung bis Mitte 2015 geplant.[4] Wegen weiterer Baumängel, diesmal an der Bodenplatte, wurde die Eröffnung wiederum verschoben, nun hieß es: „nicht vor 2017“. Und es gab internen Streit, ob hier Planungsfehler oder Ausführungsfehler die Ursache sind.[5] Im September 2016 hieß es ein weiteres Mal, dass die Nutzung und die Übergabe des Erweiterungsbaus an die Verwaltung des Deutschen Bundestages nicht vor 2020 möglich sei.[6][4][7] Eine belastbare Auskunft über die Mehrkosten sei laut der zuständigen Baubehörde, dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung,[8] derzeit (Stand: September 2016) nicht möglich.[9] Die letzten Nachrichten vom November 2018 deuteten an, dass ein möglicher Abriss wegen einer undichten Bodenplatte droht.[10][11] Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung wies diese Meldung jedoch zurück und gab im selben Monat eine Mitteilung heraus, dass die Sanierung der Bodenplatte bis zum Herbst 2021 [veraltet] abgeschlossen sein soll.[12] Neue Hiobsbotschaft im Februar 2020: Ein Teil des Hauses muss doch noch abgetragen werden, denn nach den vielen Verschiebungen genügt das schon eingebaute Blockheizkraftwerk nicht mehr den verschärften Umweltschutzauflagen. Die drei Module müssen ausgetauscht und um weitere Filter ergänzt werden, diese Änderungen sollen aber keinen Einfluss auf den Endtermin haben. Dagegen haben sich mittlerweile die Baukosten auf 247 Millionen Euro erhöht.[13]
Funktion
Mit dem Großen Anhörungssaal, der vor allem durch Untersuchungsausschüsse genutzt wird, besitzt das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus den zweitgrößten Saal des Deutschen Bundestags, nach dem Plenarsaal im Reichstagsgebäude. Es beherbergt außerdem das Wissenschaftliche Dienstleistungszentrum des Deutschen Bundestages in der westlichen Rotunde.
In dem wissenschaftlichen Dienstleistungszentrum befinden sich folgende Einrichtungen:
- Parlamentsbibliothek
- Geheimschutzstelle mit dem Archiv für Verschlusssachen[14]
- Parlamentsarchiv
- Pressedokumentation
- Sach- und Sprechregister
- Wissenschaftliche Fachdienste
Die Bibliothek hat die Aufgabe, „für die parlamentarische Arbeit relevante[s] nationale[s] und internationale[s] Schrifttum in gedruckter und auch in elektronischen Form“[15] zu sammeln und zu erschließen. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt dabei auf den Gebieten Parlament, Politik, Recht, Wirtschaft, Soziales sowie Neue Geschichte. Zwar wurden die historischen Bestände im Mai 1945 weitgehend im Zweiten Weltkrieg zerstört, allerdings kaufte die Bibliothek im Laufe der folgenden Jahre Bücher vom 16. bis zum 19. Jahrhundert auf.
Auch die Zentrale des Fahrdienstes des Deutschen Bundestages befindet sich in dem Haus.
Architektur
Allgemeine Beschreibung
- Ansicht vom Balkon der Bestandsbibliothek des Reichstagsgebäudes
- Ansicht von Südosten, von der Marschallbrücke aus
- Teilansicht der Fassade
Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus bildet mit dem Bundeskanzleramt, dem Kanzlerpark und dem Paul-Löbe-Haus das Band des Bundes – eine Anordnung von Gebäuden am Spreebogen in Berlin-Mitte.
Das Paul-Löbe-Haus und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus bilden durch ihre Architektur eine Einheit, beispielsweise durch die zur Spree hin zusammenpassenden Dachkanten – die eine nach außen und die andere nach innen geschwungen – und die Brücke, die die beiderseits der Spree stehenden Gebäude verbindet und Marie-Elisabeth-Lüders-Steg genannt wird. Der Architekt beider Häuser bezeichnet die Brücke als „Sprung über die Spree“. Die Verbindung der Gebäude von Ost nach West symbolisiert die Zusammengehörigkeit von Ost- und Westdeutschland und ist ein Gegenpol zur Vision der Nationalsozialisten von einer – durch eine Nord-Süd-Achse geprägten – späteren „Welthauptstadt Germania“.
Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus steht rechts und links des früheren Verlaufs der Berliner Mauer. Dieser Verlauf wird im Haus dargestellt und als öffentlich zugängliches Mahnmal für die Maueropfer symbolisiert.
Der Versorgungstunnel Regierungsviertel verbindet das Marie-Elisabeth-Lüders- mit dem Jakob-Kaiser-Haus, dem Reichstagsgebäude und dem Paul-Löbe-Haus.
Kunst am Bau
Im obersten Stockwerk der Parlamentsbibliothek befindet sich eine Kunstinstallation des italienischen Konzept- und Lichtkünstlers Maurizio Nannucci. Sein Werk mit dem Titel Blauer Ring wurde von Hannah Arendt inspiriert: Die beiden aneinandergereihten Sätze „Freiheit ist denkbar als Möglichkeit des Handels unter Gleichen / Gleichheit ist denkbar als Möglichkeit des Handels für die Freiheit“ weisen auf „das Spannungsverhältnis zwischen den demokratischen Prinzipien Freiheit und Gleichheit hin“.[16]
Ende Juni 2020 wurde auf der Stadtloggia des MEL-Hauses eine biomorphe Skulptur des britischen Künstlers Tony Cragg aufgestellt. Die Bronzedarstellung trägt den Titel Werdendes und wurde vom Kunstbeirat des Bundestages 2018 in Auftrag gegeben. Die locker turmartig geschichteten Elemente der Skulptur sollen das Ende vom 900 m langen Band des Bundes symbolisieren.[17]
Literatur
- Hagen Eyink, Alexander Kluy, Gina Siegel (Redaktion): Demokratie als Bauherr. Die Bauten des Bundes in Berlin 1991 bis 2000. Hrsg.: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. 1. Auflage. Junius Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-88506-290-9, S. 84–93.
Weblinks
- Das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus auf den Seiten des Deutschen Bundestags
- PDF-Datenblatt des Tragwerksplaners Erweiterungsbau Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (PDF; 112 kB)
Einzelnachweise
- Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Deutscher Bundestag, abgerufen am 8. September 2016.
- Bis zur Luisenstraße – Spatenstich für Bundestagsgebäude in Berlin. Bei: baunetz.de, abgerufen am 14. Februar 2011
- Architektur des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses. Bei: bundestag.de, abgerufen am 18. August 2013
- Streit um Elisabeth-Lüders-Haus Regierungs-Architekt Braunfels: „Ich musste mein Haus verkaufen“. In: Der Tagesspiegel. 8. September 2016, abgerufen am 8. September 2016.
- Erweiterungsbau vom Lüders-Haus muss saniert werden. In: Der Tagesspiegel, 29. September 2015.
- Erweiterungsbau des Bundestages – Lüders-Haus wird noch viel später fertig. In: Rundfunk Berlin Brandenburg. 7. September 2016, abgerufen am 8. September 2016.
- Architektur Unterirdisch – Eklat um Regierungsbau: Der Architekt Stephan Braunfels streitet mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung um angeblich ausstehende Honorare. Es geht um die Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses in Berlin. In: Süddeutsche Zeitung. 8. September 2016, abgerufen am 8. September 2016.
- Erweiterung Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Zahlen. Bundesamt Bauwesen und Raumordnung, abgerufen am 8. September 2016.
- Erweiterungsbau des Bundestages – Lüders-Haus wird noch viel später fertig. In: Rundfunk Berlin Brandenburg. 7. September 2016, abgerufen am 8. September 2016.
- Bundestagsneubau droht Abriss. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. November 2018
- Olaf Kanter: Gravierende Baumängel – Bundestagsneubau droht Abriss. In: Der Spiegel. 11. November 2018, abgerufen am 11. November 2018.
- Bundesbauamt: Abriss des Lüders-Hauses „war und ist nicht geplant“. In: rbb24.de. 13. November 2018, abgerufen am 13. Juli 2019.
- Umweltschutzauflagen im Regierungsviertel – Teile der Lüders-Haus-Erweiterung müssen abgebaut werden. Bei: rbb24.de, 3. Februar 2020, abgerufen am 25. Mai 2020.
- Geheimschutzstelle
- Deutscher Bundestag (Hrsg.): Der Deutsche Bundestag präsentiert alte Bücher aus dem Bestand seiner Bibliothek, Flyer, August 2015, S. 4
- Andreas Kaernbach: Kunst im Deutschen Bundestag: Maurizio Nanucci, Flyer, ohne Datumsangabe, Kuratorium der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages
- Neue Skulptur am Bundestag. In: Berliner Zeitung, 1. Juli 2020, S. 13.