Mantienneit
Mantienneit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung KMg2Al2Ti(PO4)4(OH)3·15H2O[1] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Kalium-Magnesium-Aluminium-Titan-Phosphat mit zusätzlichen Hydroxidionen.
Mantienneit | |
---|---|
Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
IMA 1983-048[1] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Phosphate, Arsenate und Vanadate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
8.DH.35 42.11.21.02 |
Ähnliche Minerale | Mantiennéit[3] |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m 2/m 2/m[4] |
Raumgruppe | Pbca (Nr. 61)[3] |
Gitterparameter | a = 10,41 Å; b = 20,33 Å; c = 12,31 Å[3] |
Formeleinheiten | Z = 4[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2 bis 3[5] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,31(1); berechnet: 2,25[5] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {001}, undeutlich nach {010}[5] |
Bruch; Tenazität | spröde[5] |
Farbe | gelbbraun, honiggelb[2] |
Strichfarbe | blassbraun mit rosa Tönung[5] |
Transparenz | durchscheinend |
Glanz | Glasglanz[5] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,564[6] nγ = 1,598[6] |
Doppelbrechung | δ = 0,034[6] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 50° bis 60° (gemessen)[6] |
Mantienneit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und bildet radialstrahlige, kugelige Mineral-Aggregate aus nadeligen bis faserigen Kristallen mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Das durchscheinende Mineral ist von gelbbrauner bis honiggelber Farbe, hinterlässt allerdings auf der Strichtafel einen blassbraunen Strich mit rosa Tönung.
Etymologie und Geschichte
Entdeckt wurde Mantienneit erstmals in der sedimentären Lagerstätte Anloua im Hochland von Adamaua (auch Adamaoua-Plateau) in der gleichnamigen Region von Kamerun. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch André-Mathieu Fransolet, P. Oustrière, F. Fontan und F. Pillard, die das Mineral nach dem französischen Mineralogen und früheren Mitarbeiter des Bureau de recherches géologiques et minières Joseph Mantienne (* 1929) benannten.
Die ursprünglich gewählte Schreibweise Mantiennéit ist seit 2008 diskreditiert, da sich der Namensgeber ohne Akut über dem ‚e‘ schreibt und es sich daher um ein überflüssiges diakritisches Zeichen handelt.[7]
Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der Mines ParisTech (auch Ecole Nationale Supérieure des Mines, ENSM) in Paris unter den Sammlungs-Nr. 51243 (HT) und 51963 (CT) sowie im Musee d’Histoire Naturelle (MHN) in Toulouse und in der Universität Lüttich (Université de Liège, ULG) in Lüttich (Belgien) aufbewahrt.[8][9]
Klassifikation
Da der Mantienneit erst 1983 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/D.33-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, mit fremden Anionen“, wo Mantienneit zusammen mit Benyacarit und Paulkerrit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[2]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Mantienneit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen (OH usw.) zum Phosphat-, Arsenat bzw. Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen; (OH usw.) : RO4 < 1 : 1“ zu finden ist, wo es als Namensgeber die „Mantienneitgruppe“ mit der System-Nr. 8.DH.35 und den weiteren Mitgliedern Benyacarit und Paulkerrit bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Mantienneit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er zusammen mit Benyacarit, Matveevit und Paulkerrit in der „Paulkerritgruppe“ mit der System-Nr. 42.11.21 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (AB)4(XO4)3Zq × x(H2O)“ zu finden.
Kristallstruktur
Mantienneit kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Pbca (Raumgruppen-Nr. 61) mit den Gitterparametern a = 10,41 Å; b = 20,33 Å und c = 12,31 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Bildung und Fundorte
Mantienneit bildet sich durch Verdrängung anderer Minerale in limnischen Sedimenten (Ablagerungen in Stillgewässern). Als Begleitminerale treten unter anderem Kaolinit, Quarz, Siderit und Vivianit auf. Daneben können auch organische Substanzen gefunden werden.[5]
Außer an seiner Typlokalität Anloua in Kamerun konnte das Mineral bisher nur noch in Deutschland in einer Silbergrube bei Waidhaus im Oberpfälzer Landkreis Neustadt an der Waldnaab sowie in den alkalischen Basalten von „Pinciná maar“ im slowakischen Okres Lučenec entdeckt werden.[11]
Siehe auch
Literatur
- André-Mathieu Fransolet, P. Oustrière, F. Fontan, F. Pillard: La mantiennéite, une nouvelle espèce minérale du gisement de vivianite d'Anloua, Cameroun. In: Bulletin de Minéralogie. Band 107, 1984, S. 737–744, doi:10.3406/BULMI.1984.7815 (französisch).
- Pete J. Dunn, James A. Ferraiolo, Michael Fleischer, Volker Gobel, Joel D. Grice, Richard H. Langley, James E. Shigley, David A. Vanko, Janet A. Zilczer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 70, 1985, S. 1329–1335 (englisch, rruff.info [PDF; 731 kB; abgerufen am 26. Februar 2021]).
Weblinks
- Mantienneit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 24. Januar 2021.
Einzelnachweise
- Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2021. (PDF; 3,4 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2021, abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 511 (englisch).
- David Barthelmy: Mantienneite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- Mantienneite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 68 kB; abgerufen am 24. Januar 2021]).
- Mantienneite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- Ernst A. J. Burke: Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks. In: Mineralogical Record. Band 39, Nr. 2, 2008, S. 131–135 (englisch, cnmnc.main.jp [PDF; 2,4 MB; abgerufen am 24. Januar 2021]).
- Catalogue of Type Mineral Specimens – M. (PDF 326 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 26. Februar 2021.
- The Depositories of Mineral Type Specimens. (PDF 311 kB) Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 26. Februar 2021.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- Fundortliste für Mantienneit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 24. Januar.