Lilly Zelmanovic
Lilly Zelmanovic (geboren 1926 in Ungarn als Lilly Jacob; gestorben 17. Dezember 1999 in den Vereinigten Staaten) war eine US-amerikanische Holocaust-Überlebende ungarischer Herkunft. Sie wurde 1944 in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert und überlebte als einzige ihrer Familie. Sie wurde durch den Zufallsfund eines Fotoalbums der SS-Wachen bekannt, welches Aufnahmen aus Auschwitz enthielt und ein wichtiges Dokument zur Shoah ist.
Leben
Lilly Zelmanovic war das älteste Kind der Familie Jacob aus dem Dorf Bilky/Bilek und hatte fünf jüngere Brüder: Moshe-Aron, Zisl, Moshe-Hersh, die Zwillinge Zril und Zeilek. Lillys Vater Martin war Bauer und handelte mit Pferden. Lilly erlebte in ihrer Kindheit keinen Antisemitismus.
Sie wurde ab Mai 1944 ein Opfer der NS-Judenverfolgung in Ungarn und zusammen mit ihrer Familie in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Bei der Selektion auf der sogenannten „Rampe“ wurde sie von den übrigen Mitgliedern ihrer Familie getrennt, welche allesamt nicht überlebten. Sie überlebte die Haftzeit im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und im Konzentrationslager Mittelbau-Dora. In letzterem erkrankte sie an Typhus. Dort in Nordhausen wurde sie von amerikanischen Truppen befreit und auf eine vorher von der SS für deren Militärs genutzte Krankenstation gebracht. Am Tag ihrer Befreiung fand sie in den verlassenen Baracken ein Fotoalbum mit Aufnahmen aus dem KZ Auschwitz. Oft wird ihr Mädchenname mit diesem Foto-Album aus Auschwitz verknüpft (etwa als Lilly-Jacob-Album).
Nach dem Krieg heiratete sie Max Zelmanovic, einen Bekannten aus der Vorkriegszeit. Der Verkauf von Glasplattenfotografien aus dem Album an das jüdische Museum in Prag ermöglichte es dem Paar, im Jahr 1948 mit seiner 1946 geborenen Tochter Esther in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Sie zogen nach Miami. In den Folgejahren verbreitete sich, dass Zelmanovic im Besitz des Fotoalbums war, so dass häufig Angehörige von Opfern der Shoah sich bei Lilly meldeten und darum baten, die Fotos zu sehen. Diejenigen, die einen Angehörigen identifizieren konnten, durften das Foto oft behalten. Da es aber nur wenige Angehörige gab, auf die dies zutraf, war dies selten der Fall.
Als Zeugin nahm sie mit der Fotosammlung 1963 in Frankfurt am dortigen Auschwitz-Prozess teil (118. Verhandlungstag).
Nach dem Tod ihres Mannes heiratete sie 1978 Eric Meier aus Hannover.
1980 konnte Serge Klarsfeld sie davon überzeugen, das Album der Gedenkstätte Yad Vashem zur Verwahrung zu überlassen. Sie besuchte Jerusalem, zeigte es dem damaligen Premierminister Menachem Begin und übergab es an die Gedenkstätte, wo es bis heute aufbewahrt wird.
Der Name von Lilly Jacob-Zelmanovic Meier änderte sich durch Heirat in der Nachkriegszeit mehrfach (Zelmanovic, Meier; Lilly Jacob auch in der Schreibweise Lili).
Sie starb am 17. Dezember 1999.
Das Fotoalbum
Die 193 Fotos zeigen fast alle die Ankunft gefangen genommener ungarischer Juden aus der Karpato-Ukraine im Konzentrationslager Auschwitz im Frühsommer 1944. Viele der abgebildeten Personen wurden ebenso wie die Familie Jacob in Zugtransporten aus dem NS-Sammellager in Berehowe/Berehovo deportiert. Es ist, soweit bis heute bekannt, das einzige fotografische Beweismaterial von der Ankunft eines „Judentransports“ im Zug im NS-Judenvernichtungslager KZ Auschwitz II in der nach der polnischen Niederlage als deutsch annektierten "Provinz Schlesien" (bzw. Oberschlesien – westlich von Krakau). Die Fotografien sind wahrscheinlich von Mitgliedern der SS-Totenkopf-Wachmannschaft (professionellen Fotografen) bei der Ankunft von drei Zügen erstellt worden. Die Fotos im Album zeigen fast den gesamten Ablauf einer Selektion der ungarischen Gefangenen bis kurz vor ihrer Tötung in den Gaskammern. Dadurch unterscheidet sich die Bildqualität deutlich sehr stark von den vier heimlichen Aufnahmen des Häftlings Alex (= Alberto Errera) des Sonderkommandos von den Vernichtungsvorgängen, die etwa zeitgleich am gleichen Ort entstanden sein müssen.
Einige Fotos aus dem Album fehlen offensichtlich. Frau Jacob erklärt dies damit, dass sie einzelne Fotografien dann an Angehörige verschenkte, wenn die jemanden aus der eigenen Familie auf den Bildern gesehen haben. Einige Foto-Repros wurden bereits in der Nachkriegszeit mit ihrer Zustimmung für Ausstellungen zum Beispiel des jüdischen Museums in Prag und in der Gedenkstätte KZ Auschwitz verwendet und waren dadurch der Öffentlichkeit bereits vor der 1980 erfolgten Veröffentlichung des Albums durch Serge Klarsfeld, Paris, und der Übergabe an Yad Vashem bekannt.
Literatur
- Auschwitz-Birkenau State Museum (Hrsg.): "Auschwitz-Birkenau – The Place Where You Are Standing..." Oswiecim, 2012, 76 Seiten. ISBN 978-83-7704-035-5 (engl., pl.).
- Israel Gutman, Bella Gutterman (Hrsg. i. A. der Gedenkstätte Yad Vashem): Das Auschwitz Album. Die Geschichte eines Transports. Wallstein Verlag, 2005, 277 Seiten. ISBN 3892449112.
- Serge Klarsfeld (Hrsg.): L’Album d’Auschwitz; bzw. The Auschwitz Album. Lili Jacob’s Album. New York: The Beate Klarsfeld Foundation 1980; bzw. Random House, New York 1981, bzw. Berlin: Das Arsenal 1995, Hans-Jürgen Hahn, Hrsg. (Lili Meiers Album. ISBN 3921810825).
- Ota Kraus, Erich Kulka: The Death Factory: Document on Auschwitz, New-York, 1966 (engl.). Auf dt. Die Todesfabrik bei Dietz, Berlin. 375 Seiten. ISBN 3320016369.
- Bedřich Steiner: Tragédia slovenských Židov. Dokumenty a fotografie. (dt.: Tragödie der slowak. Juden. Dokumente und Photographien). Bratislava, 1949. (sl.)
Weblinks
- Lilly Jacob (Seite bei dem Internetauftritt von Yad Vashem, Jerusalem)
- Einleitung der Artikel über das Auschwitz-Album (am gleichen Ort)
- Video vom Auschwitz Album – bei YouTube, 5:52 Min
- Frau Zelmanovic, Sie sind hier benannt worden in erster Linie zum Beweise dafür, daß sich in Ihrem Besitz eine Anzahl von Originalfotografien von der Rampe ... (Protokoll F/M)
- USHMM: Vergleich beider Alben
- ZDF: Ein Fotoalbum als Vermächtnis. Mainz, 2012.